Frau-Nauses
Die ehemalige Gemeinde Frau-Nauses wurde 1961 in die Nachbargemeinde Wiebelsbach eingegliedert und ist mit dieser zusammen seit 1971 ein Stadtteil von Groß-Umstadt im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg. Der Ort besteht aus etwa zehn bebauten Grundstücken, darunter fünf Bauernhöfen. Mit zuletzt 64 gezählten Einwohnern ist Frau-Nauses der bei weitem kleinste Teil von Groß-Umstadt, wird jedoch nach wie vor als eigenständige Gemarkung geführt.
Frau-Nauses Stadt Groß-Umstadt | |
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Höhe: | 243 m ü. NHN |
Einwohner: | 64 (1970) |
Eingemeindung: | 1. Januar 1961 |
Eingemeindet nach: | Wiebelsbach |
Postleitzahl: | 64823 |
Vorwahl: | 06078 |
Lage von Frau-Nauses in Groß-Umstadt | |
Geographische Lage
Frau-Nauses liegt 243 Meter hoch im Odenwald im Quellgebiet des Wiebelsbachs, hier auch Pferdsbach genannt, in einer engen Tallage.
Geschichte
Steinbeilfunde unter anderem in einem Steinbruch bei Frau-Nauses und "Am Eichkopf" (Frau-Nauses) belegen eine Besiedlung in der Steinzeit vor etwa 7000 Jahren.
Eine erste erhalten gebliebene urkundliche Erwähnung als Nydern-Nauwesse datiert von 1359.[1] 1376 in einer Urkunde des Abt von Fulda als Nusseste bezeichnet.[1] Zu dieser Zeit waren hier die Gans von Otzberg begütert. Als Frauwennusaß wird der Name des Ortes 1454 dokumentiert. Der Namenszusatz „Frauwen-“ leitet sich von der Zugehörigkeit zum Frauenkloster Höchst ab.[2] Im Mittelalter unterstand es in der Rechtsprechung der Zent Höchst. Den großen und kleinen Zehnten erhielt das Kloster Höchst.[1] 1524 gehört der Ort mit der Veste Otzberg zur Kurpfalz. Das Oberamt Otzberg kam 1803 infolge des Reichsdeputationshauptschlusses an Hessen-Darmstadt. Mit dem Tauschvertrag zwischen der Hessen-Darmstadt und dem Herren von Löwenstein-Wertheim vom 5. Februar 1805[3] kam es zum Amt Habitzheim, das 1806 durch die Rheinbundakte an das Großherzogtums Hessen fiel. Die Niedere Gerichtsbarkeit blieb bis 1822 bei den Herren Löwenstein-Wertheim.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über GGG:
»Frauennauses (L. Bez. Breuberg) kathol. und reform. Filialdorf; liegt 1 1⁄2 St. von Breuberg. und gehört dem Fürsten von Löwenstein–Wertheim–Rosenberg. Das Dorf zählt 9 Häuser und 62 Einw., unter diesen sind 56 Kath. 4 Reform. und 2 Lutheraner. Frauennauses gehörte zu dem ehemaligen Nonnenkloster Höchst. Im Jahr 1802 kam es von Pfalz an Hessen und 1805 durch Tausch an Löwenstein und 1806 unter Hess. Hoheit.«[4]
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Frau-Nauses lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][3]
- vor 1390: Heiliges Römisches Reich, Kloster Fulda Zent Umstadt (Kondominat)
- ab 1390: Heiliges Römisches Reich, Kurpfalz (durch Kauf; bis 1427 an Herrschaft Hanau verpfändet), Zent Umstadt
- ab 1524: Heiliges Römisches Reich, Kurpfalz, Oberamt Otzberg(, Zent Höchst)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (durch Reichsdeputationshauptschluss), Oberamt Otzberg
- ab 1805: Heiliges Römisches Reich, Herren von Löwenstein-Wertheim (durch Tausch), Amt Habitzheim
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Fürstentum Starkenburg, Amt Habitzheim (Niedere Gerichtsbarkeit weiter bei Löwenstein-Wertheim)
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Habitzheim (zur Standesherrschaft Löwenstein-Wertheim gehörig)
- ab 1822: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Breuberg (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Höchst) und Verwaltung)
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Erbach
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Neustadt
- ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Neustadt
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Neustadt
- ab 1874: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Dieburg (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
- am 31. Dezember 1961 zur Gemeinde Wiebelsbach
- am 31. Dezember 1971 mit Wiebelsbach zur Stadt Gross-Umstadt
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg (in dem die Landkreise Dieburg und Darmstadt im Zuge der Gebietsreform in Hessen aufgingen)
Da Frau-Nauses nicht mehr als einhundert Einwohner zählte, lag nach der Hessischen Gemeindeordnung vom 25. Februar 1952 die Verwaltung bei der Gemeindeversammlung und dem Bürgermeister. Die Gemeindeversammlung bestand aus den wahlberechtigten Bürgern und trat als wesentliches Element der Direkten Demokratie an die Stelle der Gemeindevertretung.
Einwohnerentwicklung
• 1633: | 10 Einwohner[1] |
• 1829: | 62 Einwohner, 9 Häuser[4] |
Frau-Nauses: Einwohnerzahlen von 1829 bis 1970 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1829 | 62 | |||
1834 | 64 | |||
1840 | 55 | |||
1846 | 46 | |||
1852 | 55 | |||
1858 | 61 | |||
1864 | 48 | |||
1871 | 84 | |||
1875 | 44 | |||
1885 | 49 | |||
1895 | 53 | |||
1905 | 59 | |||
1910 | 50 | |||
1925 | 45 | |||
1939 | 37 | |||
1946 | 62 | |||
1950 | 61 | |||
1956 | 65 | |||
1970 | 64 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1] |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Natur und Schutzgebiete In der Gemarkung von Frau-Nauses liegt das Naturschutzgebiet Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau-Nauses.[5] In dem stillgelegten Steinbruchgelände brüten unter anderem Wanderfalke und Uhu. Das Schutzgebiet ist gleichzeitig eine Teilfläche des größeren Natura2000-Gebiets „Felswände des nördlichen Odenwaldes“ (EU-Vogelschutzgebiet 6119-402).[6]
Verkehr
Bei Frau-Nauses bündelt sich der gesamte Schienen- und Straßenverkehr vom hinteren Odenwald in das Rhein-Main-Gebiet. Die Bundesstraße 45 umgeht die Ortslage nördlich in Hanglage, weil sie hier mit einer langgezogenen Steigung zum Rondell den 290 Meter hohen Sattel des Höhenzuges überwinden muss, der das Odenwald-Vorland vom Mümlingtal trennt. Hier verschwindet auch die Odenwaldbahn mit einer in die Talsohle eingeschnittenen Rampe im Nordportal des nach diesem Ort benannten Frau-Nauses-Tunnel.
Weblinks
- Frau-Nauses. Private Website zu Wiebelsbach, archiviert vom Original .
- Frau-Nauses, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- FAZ.net vom 16. Dezember 2007: Frau Nauses’ Linsengericht mit Hering Wenn Kommunen lustige Namen haben
Einzelnachweise
- Frau-Nauses, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 1. September 2012.
- Frau Nauses. Die älteste Frau des Odenwalds? (Memento vom 7. Februar 2015 im Internet Archive) In: wiebelsbach.info. Abgerufen am 28. Juli 2017.
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 47 §§ 14–15 (Online bei google books).
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 76 (Online bei google books).
- Verordnung über das Naturschutzgebiet „Sandsteinbrüche am Burzelberg bei Frau-Nauses“ vom 14. Dezember 1994. (PDF) Staatsanzeiger für das Land Hessen, Ausgabe Nr. 1/1995, S. 39, Nr. 23, abgerufen am 26. Juli 2020.
- 6119-402 „Felswände des nördlichen Odenwaldes“. Natura2000-Verordnung. Regierungspräsidium Darmstadt, abgerufen am 26. Juli 2020.