Frank Lynder
Frank Lynder (Pseudonym von Franz Leuwer (Sohn); * 1916 in Bremen; † 1984 in Kiel) war ein deutscher Kaffeemakler und Journalist. Lyndner arbeitete während des Zweiten Weltkriegs für den britischen Geheimdienst und den von den Alliierten betriebenen deutschen Kurzwellensender Atlantik.
Leben
Frank Lynder war der Sohn des Bremer Buchhändlerehepaars Franz Leuwer und Johanna Leuwer.[1][2]
1938 wanderte er nach London aus und trat ins Royal Pioneer Corps ein. Er lernte den Journalisten Sefton Delmer kennen und schloss sich dessen Geheimorganisation zum Aufbau deutschsprachiger Propagandasender gegen Deutschland an. Lynder wurde zu einer zentralen Figur beim deutschen Kurzwellensender Atlantik und lieferte dem britischen Geheimdienst Analysen von Informationen der deutschen Kriegsmarine.[3] Delmer schrieb über die Zusammenarbeit mit Lynder, dass die Moderatoren wegen Lynders präziser Kenntnisse und Geheimdienstkontakte manchmal über den Atlantiksender die Besatzungen einzelner deutscher U-Boote ansprechen konnte, die gerade ausgelaufen waren, und spielte ihnen dann angebliche „Musikwünsche“. Lynders Stimme hatte in diesen Sendungen meist einen charakteristischen Bremer Akzent.[4]
Nach dem Krieg erhielt er die britische Staatsbürgerschaft, arbeitete kurz bei der Nachrichtenagentur Reuters und, zurück in Deutschland, beim Axel Springer Verlag. Hier lernte er seine spätere Frau kennen, Inge Springer. Ab 1954 war Lynder Korrespondent des Verlags in London und Kopenhagen. Er schuf die Comicfigur »Detektiv Schmidtchen« für die Bild.[5]
Basierend auf den Aussagen von Max Merten in einem Verfahren in Athen, eröffnete Fritz Bauer im Juni 1960 ein Ermittlungsverfahren gegen Hans Globke. Am 29. Juni 1961 brach Lynder mit Rolf Vogel in das Zimmer von Friedrich Karl Kaul im King David Hotel ein und entwendete Unterlagen, darunter Prozessvollmachten von Opfern des KZ Auschwitz, um als Nebenkläger im Eichmann-Prozess aufzutreten.[6]
1979 schrieb Lynder einen Nekrolog auf Sefton Delmer.[7]
Einzelnachweise
- Hans-Peter Schwarz, Axel Springer: die Biografie, Propyläen, 1. Februar 2008 - 733 S., S. 20
- Aschenbeck, Nils: 100 Jahre Buch- und Kunsthandlung Franz Leuwer; mit einem Beitr. von Erwin Miedtke. Bremen, Donat (um) 2003, ISBN 978-3-934836-62-4
- The Times vom 6. Juni 1984, Nachruf auf Frank Lyndner, S. 16. In diesem Artikel wird Lynders Bekanntschaft mit dem späteren Gründer des Sunday Telegraph, Donald McLachlan, erwähnt. McLachlan arbeitete für den Marinenachrichtendienst und dessen Propagandaabteilung NID 17Z. Lyndner übersetzte und analysierte die Spionagedokumente und nutzte sie auch für seine Arbeit im Rundfunk.
- Siehe Sefton Delmers Nachlass
- 24. April 1954, comicforschung (PDF-Datei; 368 kB)
- Der Spiegel, 2. September 2010, Kalter Krieg beim Eichmann-Prozess Aktenklau für die Adenauer-Republik; Nils Aschenbeck, Leseprobe, Agent wider Willen: Frank Lynder, Axel Springer und die Eichmann-Akten (PDF-Datei; 133 kB); Herausgegeben von Ursula E. Koch, Markus Behmer, Deutsche Publizistik im Exil, 1933 bis 1945: Personen – Positionen, S. 205
- Andreas Dornheim, Röhms Mann fürs Ausland, S. 229
Literatur
- Nils Aschenbeck: Agent wider Willen: Frank Lynder, Axel Springer und die Eichmann-Akten. Wiesbaden: Marix, 2012
- Ellic Howe: Die schwarze Propaganda : ein Insider-Bericht über die geheimsten Operationen des britischen Geheimdienstes im Zweiten Weltkrieg, München: Beck, 1983