Flagge der Bretagne
Die Flagge der Bretagne, auch bekannt unter dem Namen Gwenn ha Du (bretonisch Weiß und Schwarz), ist de facto die Flagge der Region Bretagne und der historischen Provinz Bretagne. Sie wird auch im Département Loire-Atlantique benutzt, obwohl dieses verwaltungsmäßig nicht mehr zur Bretagne gehört. Kulturell und historisch war sie lange und ist weiterhin auch im Selbstverständnis alteingesessener Einwohner Teil der Bretagne. Nantes (Naoned), ihre Präfektur, war die Hauptstadt der Bretagne.
Beschreibung
Sie setzt sich aus neun schwarzen und weißen horizontalen Streifen gleicher Breite, die abwechselnd angeordnet sind, zusammen. Hinzu kommen in der oberen mastseitigen weißen Vierung („Gösch“) punktförmig verteilte Hermeline.
Die neun horizontalen Streifen stellen die neun historischen bretonischen Provinzen dar, die traditionellen Herzogtümer. Die fünf schwarzen Streifen symbolisieren die französisch- und Gallo-sprachigen Provinzen Dol, Nantes, Rennes, Saint-Malo und Saint-Brieuc. Die vier weißen Streifen stehen für die bretonischsprachigen Provinzen Trégor, Léon, Cornouaille und Vannes. Die 11 Hermelinschwänze erinnern an das Wappen des Herzogtums der Bretagne.
Die Anzahl der Hermeline und deren Form ist nicht genau festgelegt; meistens sind es elf, die in drei horizontalen Reihen gruppiert werden.
Geschichte
Die Provinz Bretagne war bis 1514, als der französische König Karl VIII. die Alleinerbin Anne de Bretagne ehelichte, ein selbständiges Herzogtum. In der Provinz Bretagne waren mindestens zwei Flaggen gebräuchlich: die Hermelinflagge und die Kroaz du (schwarzes Kreuz), wobei beide schwarz-weiß waren. Das Kroaz du wurde seit dem 14. Jahrhundert vor allem für die bretonischen Soldaten und deren Kriegsschiffe verwendet.
Roter Drache
Im frühen Mittelalter war das gemeinsame Feldzeichen der britannischen Völker der rote Draco (ein stilisierter Drachenkopf, dessen Ende aus einer Tuchröhre bestand, die im Wind flatterte). Dieser Draco war das erste Emblem der Bretonen, als sie sich im 5. Jahrhundert in Armorica niederließen (der rote Drache ist bis heute die Hauptfigur der Flagge von Walisien geblieben). Später machten sie Gebrauch von Flaggen, von denen man nur weiß, dass sie „glänzend“ und „farbig“ waren. Eine Ausnahme ist das Rolandslied, das eine „grüne Flagge der sieben Heiligen der Bretagne“ beschreibt.
Wappen Peters von Dreux
Es war Herzog Peter I. Mauclerc der zuerst Hermeline für seinen Wappen wählte. Im 13. Jahrhundert war oft Hermelin ein Teil der Kleidung der prominenten Kleriker (seine weiße Farbe war ein Symbol der Reinheit und Makellosigkeit). Der Kapetinger Peter von Dreux hatte dem Wappen seiner Familie ein Hermelin-Freiviertel hinzugefügt, weil er ursprünglich in den Klerus eintreten sollte. 1213, als Mauclerc die Herzogin Alix heiratete, wurden Hermeline Teil des Schilds der Bretagne (zuvor hatte das Herzogtum vermutlich kein Wappen).
Kreuzzüge
Während der ersten Kreuzzüge war das rote Kreuz das Symbol der christlichen Kämpfer, seit dem Aufruf Papst Urbans II. 1095 in Clermont und vielleicht seit der Reconquista in Spanien und Sizilien. Tatsächlich hatte Urban in Clermont gesagt: „Christus […] zeigt euch sein Kreuz. Tragt es auf Schulter und Brust.“ 1188 wurde entschieden, dass die Franzosen in Outremer ein rotes, die Engländer ein weißes und die Flamen ein grünes Kreuz tragen sollten.[1]
1249 nahm Peter Mauclerc am Sechsten Kreuzzug unter Ludwig dem Heiligen teil, also benutzten seine Soldaten Schilde und Flaggen mit dem roten Kreuz.
- Roter Drache
- Wappen von 1213
- Die Kreuzfahrer unter Ludwig IX.
Hermelinschild
Ab dem Jahre 1316 verwendete Johann III. einen vereinfachten Hermelinschild. Seit jener Zeit ist das Hermelin das Symboltier der Bretagne.
- Siegel von Franz I.
- Herzog Franz I. und sein Onkel Arthur von Richemont
- Wappen ab 1316 (semé d’hermine)
Schwarzes Kreuz
Kreuzflaggen wurden wieder am Ende des Hundertjährigen Krieges verwendet, aber dann hatten die Engländer ein rotes Kreuz auf weißem Grund und die Franzosen ein weißes Kreuz auf rotem oder blauem Grund. Es ist vielleicht Herzog Johann IV. der ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund wählte.
- Die Kroaz Du war während des Mittelalters die meistbenutzte Flagge. Sie wurde beim Turnier der Dreißig, im Hundertjährigen Krieg und von bretonischen Seeleuten benutzt. Sie wird von vielen für die wahre Flagge der Bretagne gehalten.
- Wappen der heutigen bretonischen Hauptstadt Rennes
Heute
Der erste Gwenn ha Du wurde zwischen 1923 und 1925 vom Architekten und militanten bretonischen Nationalisten Morvan Marchal (1900–1963, Architekt und Mitglied verschiedener politischer Organisationen) entworfen. Er hat sich dabei vom Wappen der Stadt Rennes und der Flagge der Vereinigten Staaten inspirieren lassen.
Erstmals öffentlich zu sehen war die bretonische Flagge 1925 im Rahmen der Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes in Paris. Sie wurde in den 1920er und 1930er Jahren von verschiedenen kulturellen und autonomen Organisationen verwendet. Seit 1960 sieht man die »Gwenn ha du« immer häufiger. Heute betrachtet man sie als die bretonische Flagge.
Besonders seit den 1950er- und 1960er-Jahren findet diese Flagge bei kulturellen bretonischen Bewegungen Verwendung. Sie ist heute sogar in Gesellschaftsschichten verbreitet, welche historisch nie die Hermelinflagge verwendet haben. Man sieht sie auf Korsos, Arbeiterstreiks, Studentendemonstrationen und anderen Veranstaltungen.
Nicht nur kulturelle Vereine oder die Autonomisten, sondern die meisten Bretonen fühlen sich zur Flagge gehörig. Früher wurde die Flagge nur als die Fahne der Autonomisten angesehen, inzwischen wird sie auch amtlich genutzt, z. B. an öffentlichen Gebäuden.
Die unter Bretonen verbreitete Ansicht, die bretonische Flagge sei die einzig existierende ohne Farben, weil sie nur aus schwarzen und weißen Elementen besteht, ist falsch. Die Flaggen der schweizerischen Kantone Freiburg und Basel-Stadt, der spanischen Stadt Ceuta oder der englischen Grafschaft Cornwall bestehen ebenfalls aus Schwarz und Weiß.
- Wappen 1213 (échiqueté d’or et d6azur au franc-quartier d’hermine et à la bordure de gueules)
- Wappen 1316 (semé d’hermine)
- Wappen von Rennes
- Wappen der Bretagne über dem Stadttor von Saint-Malo
Literatur
- Philippe Rault: Les drapeaux bretons, des origines à nos jours. Coop Breizh, Spézet 2006, ISBN 2-8434-6088-3.
Weblinks
- Bannieloù Breizh, Bretonische Gesellschaft für Flaggenkunde (Französisch und Bretonisch)
- Gwenn ha du, eine Website über die bretonische Flagge (Französisch und Bretonisch)
Einzelnachweise
- Ottfried Neubecker: Heraldik. Wappen - Ihr Ursprung, Sinn und Wert. Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-8105-1306-7, zitiert nach geschichtsforum.de