Fanconi-Bickel-Syndrom
Das Fanconi-Bickel-Syndrom ist eine seltene angeborene Stoffwechselkrankheit und eine Form der Glykogenspeicherkrankheit. Dabei wird in Leber und Niere Glykogen gespeichert, es kommt zu Nierenfunktionsstörung, erhöhtem Blutzucker und Galactose (Einfachzucker).[1][2]
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
E74.0 | Glykogenspeicherkrankheit [Glykogenose] |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Synonyme sind: Glykogenose Typ XI; Glykogenspeicherkrankheit Typ XI (oder Typ 11); Bickel-Fanconi Glykogenose; GSD Typ XI; Glykogenose (GSD) durch GLUT2-Mangel; Aminosäurediabetes; Fanconi-Syndrom[3]
Die Erkrankung ist benannt nach den Erstbeschreibern von 1949, dem Schweizer Kinderarzt Guido Fanconi und dem Hamburger Arzt Horst Bickel.[4][5]
Die Erkrankung ist nicht zu verwechseln mit dem De-Toni-Fanconi-Syndrom, einer Nierenerkrankung.
Vorkommen
Die Häufigkeit ist nicht bekannt, bislang sind wenige hundert Fälle beschrieben. Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt.[1]
Ursache
Der Erkrankung liegen ursächlich homozygote oder gemischt heterozygote Mutationen GLUT-2 (SLC2A2) -Gen auf Chromosom 3 Genort q26.1–q26.3 zugrunde, welches für einen SLC-Transporter (Facilitated glucose transporter member 2) kodiert.[6][1]
Mutationen in diesem Gen finden sich auch mit autosomal-dominantem Erbgang Diabetes Typ 2.[7]
Klinische Erscheinungen
Die Erkrankung ist charakterisiert durch Glyokogenspeicherung in der Leber mit konsekutiver Hepatomegalie und den Nieren mit schwerer tubulärer Nierenfunktionsstörung und gestörtem Glukose- und Galaktose-Stoffwechsel. Die Erkrankung fällt bereits in den ersten Lebensmonaten auf durch Gedeihstörung, Polyurie und (nierenbedingter) Rachitis, später treten Kleinwuchs, renale Osteopathie mit Osteoporose und Hepatosplenomegalie in den Vordergrund.[1]
Diagnose
Klinisch sind die Symptome wegweisend zusammen mit Zeichen einer Rachitis im Röntgenbild sowie den Laborbefunden mit Glukosurie, Proteinurie, Phosphaturie, Hypophosphatämie, Aminoazidurie und Hyperurikämie. Bei Biopsien zeigt die Histologie eine Lebersteatose und Glykogenspeicherung in den Hepatozyten und den proximalen Tubuluszellen der Nieren.
Die Diagnose kann durch den Nachweis von Mutationen im SLC2A2-Gen bestätigt werden. In Familien mit bekannten SLC2A2-Mutationen ist eine vorgeburtliche Diagnose möglich.[1]
Differentialdiagnose
Die wichtigste Differentialdiagnostik ist die Glykogenspeicherkrankheit Typ I A (Von-Gierke-Krankheit) sowie die anderen Formen der Glykogenspeicherkrankheit,[1] aber auch Galaktosämie, Hypophosphatämie.[2]
Therapie
Die Behandlung versucht, die Nierenproblematik durch Substitution von Wasser und Elektrolyten zu beherrschen. Zusätzlich ist die Gabe von Vitamin D und Phosphat notwendig.[1]
Aussichten
Die renale Tubulopathie scheint sich nicht bis zur Niereninsuffizienz zu verschlechtern.[1]
In der Tiermedizin
Das Syndrom wurde auch bei Rindern beschrieben.[8]
Literatur
- S. Sharari, M. Abou-Alloul, K. Hussain, F. Ahmad Khan: Fanconi-Bickel Syndrome: A Review of the Mechanisms That Lead to Dysglycaemia. In: International Journal of Molecular Sciences. Band 21, Nummer 17, August 2020, S. , doi:10.3390/ijms21176286, PMID 32877990, PMC 7504390 (freier Volltext) (Review).
- S. Karande, N. Kumbhare, M. Kulkarni: Fanconi-Bickel syndrome. In: Indian pediatrics. Band 44, Nummer 3, März 2007, S. 223–225, PMID 17413201.
- H. C. Koch, R. Mallmann: Fanconi-Bickel Syndrom. In: Klinische Pädiatrie. Band 202, Nr. 6, November–Dezember 1990, S. 422–426, ISSN 0300-8630. doi:10.1055/s-2007-1025559. PMID 2266709.
Einzelnachweise
- Fanconi-Bickel-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- Pschyrembel online
- Ludwig Weissbecker: Der Aminosäurediabetes (Fanconi-Syndrom). In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1115.
- G. Fanconi, H. Bickel: Die chronische Aminoacidurie (Aminosäurediabetes oder nephrotisch-glukosurischer Zwergwuchs) bei der Glykogenose und der Cystinkrankheit. In: Helvetica paediatrica acta. Band 4, Nr. 5, November 1949, S. 359–396, ISSN 0018-022X. PMID 15397919.
- Who named it
- Fanconi-Bickel syndrome. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- Diabetes mellitus, noninsulin-dependent. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
- S. Joller, M. Stettler, I. Locher, M. Dettwiler, F. Seefried, M. Meylan, C. Drögemüller: Fanconi-Bickel-Syndrom: eine bislang unerkannte Erbkrankheit beim Braunvieh. In: Schweizer Archiv fur Tierheilkunde. Band 160, Nummer 3, März 2018, S. 179–184, doi:10.17236/sat00152, PMID 29509141.