Fallblattanzeige
Eine Fallblattanzeige, fälschlicherweise manchmal „Faltblattanzeige“ genannt, kommt vor allem als Anzeige bei Digitaluhren, insbesondere bei Synchronuhren, als Kalender, bei Aufrufanzeigen in Wartebereichen sowie bei Anzeigetafeln auf Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz. Sie wurde jedoch inzwischen weitgehend durch großformatige Segmentanzeigen, Matrixanzeigen oder bistabile Anzeigeelemente abgelöst. Eine alternative Bezeichnung für Module, die ganze Wörter auf einmal anzeigen, ist Palettenanzeiger,[1] bei rein numerischen Anzeigen spricht man auch von einer Klappzahlenanzeige.
Aufbau
Auf einer Achse sind in gleichmäßigem Abstand Fallblätter drehbar befestigt. Die Rückseite eines Plättchens und die Vorderseite des folgenden Plättchens zeigen zusammen jeweils ein aufgedrucktes Symbol.
Durch eine Rückhalteeinrichtung ist jeweils die Vorderseite und die Rückseite von zwei folgenden Plättchen sichtbar. Dreht sich die Achse, so rutscht das obere Plättchen durch die Rückhalteeinrichtung und klappt um. Dadurch wird das folgende Symbol sichtbar und es kommt – insbesondere bei älteren Fabrikaten – zum charakteristischen Klappern; daher wird diese Anzeigeart umgangssprachlich auch als „Klappertafel“ bezeichnet.
Die Anzahl der Blätter kann variieren. Einfach breite Module (für Ziffern und Buchstaben) beinhalten normalerweise 52 Fallblätter mit Ziffern, Großbuchstaben, Interpunktionszeichen sowie Umlauten. Breitere Module (mit zwei-, vier-, sechs-, acht- oder zehnfacher Breite) gibt es mit 40, 64 oder 80 Blättern.
Aufgrund der begrenzten Menge an Plättchen sind meist nur Großbuchstaben, Ziffern und einige wenige Sonderzeichen verfügbar. Die bis in die 2010er Jahre bei der Deutschen Bahn auf den Bahnsteigen als Zugzielanzeiger eingesetzten Module verfügten zum Beispiel nur über die Großbuchstaben A bis Z, die Umlaute Ä, Ö, Ü und Å sowie die Ziffern 0 bis 9 und die Sonderzeichen -, ., (, ), !, :, /, ", ,, =.
Einige modernere Anzeigen verfügen auch über ein € und ein @ Zeichen, da auch nach dem Jahr 2000, vor allem von der Firma Krone/MAN-Systeme, noch Fallblattmodule und Fallblatttafeln hergestellt wurden.
Alte Fallblattmodule der Firma Krone an Flughäfen haben hingegen, auf Grund der internationalen Verständlichkeiut, oft keine Umlaute sowie nur die drei wichtigsten Sonderzeichen -, _ und :.
Bei Zugzielanzeigern an Bahnsteigen kommen oft komplexe Texte (Zielbahnhöfe) und Symbole für Zuggattungen (IC, ICE, S usw.) und anderes zum Einsatz.
Die Darstellung der Symbole und Zeichen ist sehr gut, da diese aufgedruckt werden und daher keine Rasterung vorgenommen wird, wie zum Beispiel bei Anzeigen aus bistabilen Anzeigeelementen. Allerdings ist die Anzeige auf die vorhandenen (aufgedruckten) Symbole beschränkt und wird in der Mitte durch den relativ großen Spalt zwischen den Blättern und den Verbindungsringen gestört.
1 80 Blätter ausschließlich bei Modulen mit Zugzieltexten |
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Funktion
Der Aufbau und die Ansteuerung der Fallblattmodule hat sich über die Zeit stark verändert.
- Epoche 1: Die Weiterschaltung erfolgt über ein Relais, ähnlich einem Stromstoßschalter. Die Positionsfeststellung und „Nullstellung“ (Stellung auf Leerblatt-Anzeige) erfolgt über eine Lochtrommel (ähnlich einem Lochband). Hier gab es noch keine intelligente Adressierung des Moduls, sondern alle Module in einem Anzeiger wurden diskret verkabelt angesteuert.
- Epoche 2: Die Weiterschaltung erfolgt hier über einen Synchronmotor, welcher über eine Darlington-Schaltung aktiviert wird. Die Positionsfeststellung und „Nullstellung“ erfolgt hier über zwei Magneten, die Hall-Sensoren aktivieren. Die intelligente Schaltung mittels Mikrocontroller befand sich außerhalb des Moduls im Gehäuse des entsprechenden Anzeigers. Ebenso wurde die „Adresse“ des Moduls fest in den entsprechenden Mikrocontroller einprogrammiert.
- Epoche 3: Die Weiterschaltung erfolgt über einen Synchronmotor, der über einen Optotriac aktiviert wird. Die Positionsfeststellung und „Nullstellung“ erfolgt über Lichtschranken, die durch entsprechende Zahnradstellungen ausgelöst werden.[2] Bei dieser Epoche befindet sich der Mikrocontroller mit all seinen dazugehörigen Bauteilen mit auf dem Fallblattmodul. Die Adressierung des Moduls erfolgt durch eine kleine „Adressplatine“, die sich üblicherweise im Gehäuse befand und in die das Modul beim Einbau eingesteckt wurde. Auf einem DIP-Schalter konnte dann die Adresse des Moduls individuell binär eingestellt werden. Bei dieser Epoche wurden die ICs zuerst in THT-Variante verbaut, kurz darauf dann aber auch als SMD.[3]
- Epoche 4: Die Weiterschaltung erfolgt über einen Schrittmotor, der über einen entsprechenden Motortreiber aktiviert wird. Die Positionsfeststellung und „Nullstellung“ erfolgt hier wieder über Magneten und Hall-Sensoren, da sich dieses System als beständiger gegen Staub und Schmutz erwiesen hat.[4] Die Adressierung der Module kann entweder fest einprogrammiert, oder an entsprechenden DIP-Schaltern eingestellt werden. Je nach Anforderung wurden die Module ausgeliefert. Der Vorteil des Schrittmotors war bei diesen Anzeigen die geringere Geräuschentwicklung, sowie das Entfallen einer Wechselstromversorgung die für einen Synchronmotor nötig gewesen wäre. Dieses System wurde nur noch von OMEGA für die SBB in der Schweiz produziert und verwendet und die Produktion 2006 endgültig eingestellt. In Deutschland stieg man schon vorher auf Digitaldisplays (LCD, TFT, LED) um.
- Lochtrommel einer alten Krone-Fallblattanzeige (Epoche 1)
- Epoche-2-Platine von Krone
- Modulplatine einer MAN-Systeme-Fallblattanzeige (Epoche 3, SMD-Variante, Modulreihe B)
- Adressplatine MAN-Systeme (Epoche 3, SMD-Variante)
- Modulplatine einer OMEGA-Fallblattanzeige (Epoche 4)
Vertikal umklappende Anzeigeblätter
Eine Sonderform der Fallblattanzeige entwickelte das italienische Unternehmen Solari di Udine in den 1960er Jahren. In ihren Uhren verbaute es vertikal umklappende Anzeigeblätter, auch „Buchklappzahlen“ genannt. An jedem Anzeigeblattlager befand sich eine kleine Spiralfeder, die das Blatt seitlich umklappen ließ. Diese Uhren gab es auch mit Wochentag und Datum in verschiedenen Größen, wobei der Wochentag auf Grund seiner Textlänge meist auch horizontal nach unten klappte. Uhren mit Datumsanzeige waren mit einem „ewigen Kalender“ ausgestattet, der die kürzeren Monatslängen sowie die Schaltjahre berücksichtigte.
Verwendung an Fahrzeugen
Fallblattanzeigen werden bzw. wurden fast ausschließlich stationär eingesetzt. Eine Ausnahme stellt die Nutzung als Linien- und/oder Zielanzeige an Fahrzeugen des Öffentlichen Personennahverkehrs dar, wobei sie sich in diesem Bereich nie gegen die ältere Technik der Rollbandanzeige durchsetzen konnten. Beispiele für eine solche Verwendung sind:
- die Baureihen A, B 1.4 und B2.7 der U-Bahn München (gebaut zwischen 1967 und 1987)
- die Baureihen F79, F79. 3, F84 und F87, A3L82 zur Auslieferung sowie vier Doppeltriebwagen der Baureihe A3L71 im Zuge der Super-SELTRAC-Ausrüstung der U-Bahn Berlin
- bei der S-Bahn Hamburg alle Züge der Baureihe 472 (gebaut zwischen 1974 und 1984) sowie 36 Züge der Baureihe 470 (ab 1980 nachträglich eingebaut)[5]
- die Breda-Triebwagen der Greater Cleveland Regional Transit Authority (gebaut zwischen 1979 und 1982)
- der Typ KT8D5CS der Straßenbahn Prag (gebaut zwischen 1986 und 1990)
- ein Teil der auf der Linie 1 der Metro Athen eingesetzten Züge (gebaut zwischen 1993 und 1995)
- viele italienische Stadtbusse während der 1960er bis 1980er Jahre, teilweise ebenfalls mit vertikal umklappenden Anzeigeblättern von Solari di Udine
- Münchner U-Bahn mit zweigeteilter Fallblattanzeige für die Liniennummer einerseits und das Fahrtziel andererseits
- Zusätzliche Fallblattanzeige für die Liniennummer im Innenraum einer Münchner U-Bahn
Geräuschentwicklung
Typisch für größere Fallblattanzeigetafeln an Flughäfen und Bahnhöfen war deren Geräuschentwicklung beim Aktualisieren des Anzeigenbildes. Um Passagiere auch bei modernen Digitalanzeigen auf die alle paar Minuten stattfindenden Änderungen aufmerksam zu machen, ahmen manche von ihnen die Akustik, das heißt das charakteristische Klappern, Klackern respektive Rauschen, der früheren Anzeigen künstlich nach. Am Flughafen Köln/Bonn ging dabei 2014 eine Anlage in Betrieb, die sich nicht nur akustisch, sondern auch gestalterisch an ihrem klassischen Vorbild orientiert und das frühere Umblättern optisch imitiert.[6][7]
Trivia
- Im Film Colossus aus dem Jahr 1970 kommuniziert der Computer, der die Weltherrschaft ergriffen hat, über eine Fallblattanzeige.
- Im Film Und täglich grüßt das Murmeltier aus dem Jahr 1993 kündigt ein Radiowecker mit Fallblattanzeige den sich ständig wiederholenden Tag an.
- In der Serie Lost muss alle 108 Minuten eine bestimmte Zahlenkombination in einen Computer eingegeben werden. Ein Countdown mit Fallblattanzeige zeigt die verbleibende Zeit in Minuten (in den letzten 4 Minuten auch mit Sekunden) an.
- Improvisierte Fallblattanzeigen finden neuerdings in der Animationskunst Anwendung[8]
Weblinks
Einzelnachweise
- Runde Infos für den Ring – Vorschläge für Grundsätze für die Beschilderung von Zügen auf signalarchiv.de, abgerufen am 3. Februar 2019
- mezgrBlog: Fallblatt, die Erste. Abgerufen am 27. Januar 2019.
- Fallblattanzeiger. Abgerufen am 27. Januar 2019.
- SBB-Fallblattanzeiger mit esp8266/Arduino/RasPi ansteuern! Abgerufen am 27. Januar 2019.
- nimmbus.de, abgerufen am 6. Februar 2019
- Köln Bonn Airport (CGN): Wenn die Anzeigetafel digital klappert (Memento vom 22. April 2019 im Internet Archive) auf t-systems.com, abgerufen am 31. Januar 2019
- Moderne Elektronik macht nostalgische Geräusche – Digitale „Klappertafeln“ am Köln Bonn Airport, Artikel auf flugrevue.de vom 24. Oktober 2014, abgerufen am 31. Januar 2019
- Juan Fontanive: Together (2015)