Eugen Adelsmayr
Eugen Adelsmayr (* 2. Juni 1959 in Geinberg, Österreich[1]) ist ein österreichischer Anästhesist und Intensivmediziner. Ab 2009 erlangte er als Angeklagter in einem Mordprozess internationale Aufmerksamkeit: Die Staatsanwaltschaft Dubai beschuldigte ihn des Mordes an einem querschnittgelähmten pakistanischen Arbeiter; nach Einschätzung mehrerer westlicher Medien entsprach das Strafverfahren jedoch teilweise nicht den rechtsstaatlichen Prinzipien.
Leben
Adelsmayr wuchs in Bad Ischl auf. Nach der Matura auf dem Sportgymnasium in Saalfelden und nach dem Bundesheer studierte er bis 1984 in Wien Medizin.[1] Adelsmayr erhielt 1987 die Berufsberechtigung als praktischer Arzt und wurde, nachdem er die Ausbildung 1988 am Landeskrankenhaus Bad Ischl begonnen und sie an der Universität Innsbruck fortgesetzt hatte, im Februar 1992 als Facharzt für Anästhesiologie anerkannt.[2] Er arbeitete anschließend in Innsbruck und Kitzbühel im Bereich der Anästhesie und Intensivmedizin und erlangte neben dem European Diploma in Anaesthesiology and Intensive Care 1995 im Jahr 1997 auch das European Diploma in Intensive Care Medicine.[2]
Adelsmayr wechselte im Februar 2005, von der Klinik Innsbruck karenziert, auf eine Intensivstation der Sheikh Khalifa Medical City in Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate, und nahm dort nach einjähriger Oberarzttätigkeit ein Stellenangebot des Rashid Hospitals in Dubai als Leiter einer chirurgischen Intensivstation (sog. Trauma Center) mit ca. 120.000 Patienten pro Jahr an. Aufgrund der Vorwürfe zweier Mitarbeiter, er habe einen Patienten vorsätzlich getötet, wechselte Adelsmayr im Jahr 2009 als Vorsitzender des Instituts für Anästhesie und Intensivmedizin an das Al-Ain Hospital in Al-Ain, Vereinigte Arabische Emirate. Er ist seit 2012 wieder in Österreich als Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin selbstständig.[2]
Adelsmayr ist seit Ende Januar 2012 verwitwet und hat zwei Kinder.[3]
Der Prozess
In das Rashid Hospital wurde am 14. Januar 2009 ein 46-jähriger pakistanischer Arbeiter mit einer Halswirbelsäulenverletzung und mit einer Querschnittlähmung eingeliefert. Mitte Januar reichte Adelsmayr seine Kündigung ein und als der Patient am 21. Februar 2009 starb, war er 36 Stunden nicht mehr im Dienst.[4] Trotzdem beschuldigten zwei arabische Ärzte, die sich zuvor von Adelsmayr im Rahmen einer Mitarbeiterbewertung unfair behandelt gefühlt hatten, ihn und einen indischen Kollegen, den Patienten durch eine zu hohe Morphindosis, unzureichende Sauerstoffgabe und die Anordnung, den Patienten nicht wiederzubeleben, vorsätzlich getötet zu haben.[3]
Mehrere im Anschluss durchgeführte Untersuchungen, unter anderem von der österreichischen Ärztekammer, dem Higher Committee for Medical Liability (HCML) und der Dubai Health Authority ergaben, dass Adelsmayrs Handeln nicht zum Tod des pakistanischen Mannes geführt haben konnte.[3] Der Fall wurde 2010 an die Staatsanwaltschaft Dubai weitergeleitet. Die auf die Todesstrafe plädierende[5] Anklageschrift basierte im darauf folgenden Prozess auf der arabischen Übersetzung des auf Englisch verfassten Gutachtens der Dubai Health Authority, wobei ein mit einem der klagenden Ärzte befreundeter ägyptischer Arzt die Untersuchungen leitete.[3] Dieser steht im Verdacht, bei der Übersetzung ins Arabische für die von den Anwälten Adelsmayrs nachgewiesenen Manipulationen[4] verantwortlich zu sein: Es wurde „alles Entlastende weg[gelassen]“[3] und neue, belastende Abschnitte wurden hinzugefügt; insgesamt fehlen 19 Seiten.[4]
In der Folge der Ereignisse wurde Adelsmayr 2009 seine Ärztelizenz in Dubai und 2010 auch sein Pass entzogen. Er konnte dadurch nicht aus den VAE ausreisen. Aufgrund diplomatischer Bemühungen des österreichischen Außenministeriums und wegen der schweren Krankheit seiner Frau durfte Adelsmayr am 28. September 2011 erstmals wieder nach Österreich zurück und besuchte Dubai fortan nur noch zu Verhandlungsterminen. Aus familiären Gründen und da das Gericht fragwürdige Zeugenaussagen, das gefälschte Gutachten und weitere Unregelmäßigkeiten tolerierte und anerkannte, besuchte Adelsmayr 2012 erstmals einen Verhandlungstermin nicht.[4][6] Adelsmayrs Urteil zu lebenslanger Haft fällte der Richter am 21. Oktober 2012 in dessen Abwesenheit, womit es keine Rechtskraft erlangte.[4][7] Der mitangeklagte indische Kollege wurde freigesprochen.[8]
Adelsmayr lebt in Österreich und wird aufgrund eines Beschlusses des Europäischen Gerichtshofs nicht in die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert; die Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet, Auslieferungsgesuche abzulehnen.[7]
Literatur
- Eugen Adelsmayr: Von einem, der auszog. 4. Auflage. Seifert Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-902406-94-1.
Einzelnachweise
- Zur Person Eugen Adelsmayr. salzburg24.at, 21. Oktober 2012, abgerufen am 12. Oktober 2017: „Eugen Adelsmayr wurde am 2. Juni 1959 in Geinberg im Bezirk Ried im Innkreis im Innviertel geboren.“
- Eugen Adelsmayr – Lebenslauf. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Landtagswahl Oberösterreich 2015 – Profile. NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum, 30. März 2015, ehemals im Original; abgerufen am 12. Oktober 2017. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Elisalex Henckel: Wie ein Arzt zum Justizopfer in Dubai wurde. WELT, 14. April 2012, abgerufen am 12. Oktober 2017.
- Eugen Adelsmayr - die Chronologie. ORF (Sparte Oberösterreich), 21. Oktober 2012, abgerufen am 12. Oktober 2017.
- Nihad Amara: Eugen Adelsmayr: „Ich bin offiziell unschuldig“. kurier.at, 27. Januar 2014, abgerufen am 13. Dezember 2017: „Dem Arzt drohte die Todesstrafe.“
- Elisalex Henckel: Wie ein Arzt zum Justizopfer in Dubai wurde. WELT, 14. April 2012, abgerufen am 12. Oktober 2017: „Wenn ein meineidiger Fälscher als respektierter Zeuge einer Regierungsbehörde agieren darf, grenzt das an Verhöhnung. (Eugen Adelsmayr)“
- EuGH blockiert Auslieferung von Ischler Arzt. ORF (Sparte Oberösterreich), 12. September 2017, abgerufen am 20. November 2017.
- Markus Rohrhofer: Adelsmayr: "Würde jedem raten: Nichts wie weg". derStandard.at, 22. Oktober 2012, abgerufen am 23. November 2017.