Erdfall
Ein Erdfall ist eine Senke an der Erdoberfläche, die durch das Einbrechen bzw. Nachbrechen nicht wasserlöslicher Deckschichten über einem natürlichen Hohlraum im Untergrund entsteht. Ursächlich für die Höhlenentstehung ist Subrosion, die Auflösung relativ leicht löslicher Gesteine (Steinsalz, Gips, Kalkstein) im Untergrund. Es handelt sich somit um eine Karsterscheinung.[1]
Die durch einen Erdfall entstehende Erdsenkung wird im geotechnischen Sprachgebrauch als Erdfalltrichter oder -absturz bezeichnet, geomorphologisch auch als Erdfalldoline. Letztere muss abgegrenzt werden von der Lösungsdoline, die typisch für Kalksteinkarst ist und durch Lösungsprozesse an der Oberfläche entsteht. Ferner müssen Erdfälle unterschieden werden von Tagbrüchen oder Pingen, bei denen der einbrechende Hohlraum nicht natürlich entstanden ist, sondern durch Bergbau verursacht wurde.[2]
Verbreitung
Erdfälle sind unter anderem im Zechsteingebiet am Südrand des Harzes häufig anzutreffen. In Norddeutschland entstanden Erdfalltrichter über Salzstöcken, die zuvor durch Grundwasserablaugung (Subrosion) ausgehöhlt worden waren und einstürzten. Oft entwickelten sich darin Seen oder Moore. Beispiele sind:
- Großes Heiliges Meer und Erdfallsee bei Hopsten
- Arendsee bei Salzwedel
- Maujahn bei Dannenberg
- Bullenkuhle bei Uelzen
- Wiedensee bei Herzberg am Harz
- Rudower See (über dem Salzstock Gorleben-Rambow)
- Sager Meer im Landkreis Oldenburg
- Seeburger See im Eichsfeld
- Bernshäuser Kutte in Südthüringen
- Burgsee in Bad Salzungen in Südthüringen
- Zwischenahner Meer
- Landkreis Nordhausen: Erdfallseen bei Liebenrode (Lage: 51° 32′ 15,0″ N, 010° 38′ 40,0″ O ), zahlreiche Erdfälle in Krimderode, Rüdigsdorf, Salza und am Salzagraben
- Probst Jesarer See bei Lübtheen
Ein natürlicher Erdfall in Brandenburg befindet sich südöstlich des Naturschutzgebietes Sperenberger Gipsbrüche.[3]
Das Träbeser Loch bei Träbes und Stepfershausen, Stadt Meiningen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen (Lage: 50° 34′ 55,4″ N, 010° 17′ 38,2″ O ) ist ca. 27 m tief und 80 m breit und existiert mindestens seit dem Jahr 1700.[4]
Im Gebiet der Valdorfer Mulde bei Vlotho liegende Erdfälle mit Moorausbildung waren im 19. Jahrhundert Anlass zur Gründung von Kur- und Badeeinrichtungen in dieser Region.[5] Noch im Jahre 1970 gab es in dieser Gegend einen bedeutenden Erdfall.[6]
Aktuelle Erdfälle
Im Juni 2010 ereignete sich ein Erdfall im schleswig-holsteinischen Quickborn (Kreis Pinneberg).[7] Als Ursache wird ein um Hamburg liegender Salzstock vermutet.[8]
Am 1. November 2010 kam es in einem Wohngebiet im thüringischen Schmalkalden zu einem 20 m tiefen Erdfall, bei dem etwa 20.000 m³ Erdreich in die Tiefe rutschten. Die Anwohner wurden durch ein Geräusch aufmerksam. Die Straße wurde durch das Loch unterbrochen, Erdkabel hingen durch, sicherheitshalber wurden Gas-, Wasser- und Stromversorgung abgesperrt. 9 Häuser (25 Bewohner) wurden geräumt.[9]
Am 19. Februar 2016 trat in Nordhausen am Harz auf dem ehemaligen Katastrophenschutz-Gelände (Lage: 51° 30′ 30,1″ N, 010° 46′ 07,8″ O ) ein 400 m² großer und etwa 40 m tiefer Erdfall ein. Das Gelände war kurz zuvor für den neuen Nutzer, die Servicegesellschaft des Landkreises für den Straßenbetriebsdienst, freigegeben worden. Feuerwehrleute, die in unmittelbarer Nähe übten, wurden über Geräusche auf den Rutschvorgang aufmerksam. Personen kamen nicht zu Schaden. Nachdem eine Sperrzone eingerichtet worden war, stürzte kurz nach 19 Uhr die Ecke eines zweistöckigen Gebäudes in den Erdfall.[10][11][12] Bereits im März 2010 hatte es auf dem Gelände einen kleineren Erdfall gegeben, doch es waren weder Wasser noch Hohlräume gefunden worden.[13]
Literatur
- Karl-Heinz Büchner: Die Gefährdung von Bauwerken durch Erdfälle im Vorland des Westharzes in: Geologisches Jahrbuch C 59, Hannover, 1991
Weblinks
- Literatur von und über Erdfall im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Harald Zepp: Geomorphologie : eine Einführung. 6., aktualisierte Auflage. Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-8252-4030-1, S. 246.
- Wolfgang R. Dachroth: Handbuch der Baugeologie und Geotechnik. Springer, Berlin 2002, S. 189. hier online
- Landkreis Teltow-Fläming, Amt für Landwirtschaft und Umwelt (Hrsg.): Auf gutem Grund. Begleitheft zum Boden-Geo-Pfad im Landkreis Teltow-Fläming, 1. Auflage, 2008, S. 20.
- thueringen.info
- O. Deutloff, H. Hagelskamp, G. Michel: Über die Erdfall-Quelle von Bad Seebruch in Vlotho, Ostwestfalen. Fortschritte in der Geologie von Rheinland und Westfalen 20, 27–40, Krefeld 1974
- Geschichtswerkstatt Exter: Hans-Peter Märgner, Die Erdfälle in Vlotho
- Hamburger Abendblatt: Plötzlich sackte der Boden weg
- Hamburger Abendblatt: Salzstöcke unter Hamburg: „Risiko muss bewertet werden“. 8. Oktober 2010. Abgerufen am 21. Februar 2016, Abruf kostenpflichtig.
- Focus: Schmalkalden : Krater hatte natürliche Ursache. 1. November 2010. Abgerufen am 21. Februar 2016.
- Erdfall am Salzagraben: Erstes Gebäude eingestürzt. NNZ-Online.de, 20. Februar 2016. Abgerufen am 21. Februar 2016. – Bilderserie, Video vom Absturz der Hausecke (5:43; Absturz bei 04:35).
- meinkaese: In Nordhausen tut sich die Erde auf. YouTube-Video, 19. Februar 2016, Länge 05:43, Absturz der Hausecke bei 04:35. Abgerufen am 6. Februar 2017.
- Erdfall am Salzagraben: Gebäude evakuiert. NNZ-Online.de, 20. Februar 2016. Abgerufen am 21. Februar 2016.
- Gebiet weiträumig abgesperrt. orf.at, 20. Februar 2016. Abgerufen am 21. Februar 2016.