Enigma-Gleichung
Die Enigma-Gleichung beschreibt die bei der Verschlüsselung mithilfe der Rotor-Schlüsselmaschine Enigma auftretende Permutation (Buchstabenvertauschung). Sie wurde vom polnischen Codeknacker Marian Rejewski bei seiner Arbeit im Biuro Szyfrów (deutsch: „Chiffrenbüro“) in Warschau aufgestellt und bildete die Grundlage für die Ermittlung der Walzenverdrahtung der deutschen Maschine. Damit schuf Rejewski die entscheidenden Voraussetzungen zur Entzifferung der Enigma im Zweiten Weltkrieg.
Bedeutung
Die Gleichung lautet wie folgt (wobei für die Komposition zweier Abbildungen steht):
- .
Sie beschreibt den Zusammenhang zwischen
- einem Klartextbuchstaben (p für plaintext; deutsch: „Klartext“) und
- dem dazugehörigen Geheimtextbuchstaben (c für ciphertext; deutsch: „Geheimtext“)
sowie den die Permutation und damit die Verschlüsselung bewirkenden kryptographischen Elementen der Maschine, nämlich
- dem „Steckerbrett“, das eine involutorische Substitution T verursacht,
- dem Walzensatz, der aus (zumeist drei) rotierenden Walzen besteht, die eine polyalphabetische Substitution hervorrufen, sowie
- der feststehenden Umkehrwalze (UKW), die eine weitere involutorische Permutation U erzeugt.
Da der die Maschine durchfließende elektrische Strom nach Passieren der UKW den Walzensatz erneut durchläuft, nun in umgekehrter Richtung, und abschließend noch einmal durch das Steckerbrett fließt, treten die beiden Terme und am Ende der Enigma-Gleichung in invertierter Form erneut auf.
Aufgrund der Involutorik (Verschlüsseln = Entschlüsseln) gilt die Enigma-Gleichung wie für den Verschlüsselungsvorgang ebenso für die Entschlüsselung.
Geschichte
Die Gleichung wurde vom damals 27-jährigen polnischen Kryptoanalytiker Marian Rejewski bei seiner Arbeit in der polnischen Dechiffrierstelle, dem Biuro Szyfrów im Jahre 1932 aufgestellt und stellte die Grundlage dar für die Ermittlung der von den deutschen Militärs (damals) streng geheim gehaltenen Walzenverdrahtung der drei Walzen I bis III sowie der Umkehrwalze A der Enigma. Damit legte Rejewski die entscheidenden Voraussetzungen für die Entzifferung des geheimen militärischen Nachrichtenverkehrs der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.
Der amerikanische Historiker David Kahn würdigte dies als kryptanalytische Meisterleistung, die Rejewski „in das Pantheon der größten Kryptoanalytiker aller Zeiten erhebt“ (im Original: „elevates him to the pantheon of the greatest cryptanalysts of all time“). Der englische Codeknacker Irving J. Good bezeichnete Rejewskis Gleichung als „The theorem that won World War II“ (deutsch: „Das Theorem, das den Zweiten Weltkrieg gewann“).
Literatur
- Friedrich L. Bauer: Entzifferte Geheimnisse. Methoden und Maximen der Kryptologie. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-540-67931-6.
- Philip Marks, Frode Weierud: Recovering the wiring of Enigma's Umkehrwalze A. PDF; 0,2 MB. Abgerufen: 16. Februar 2016.
- Kris Gaj, Arkadiusz Orłowski: Facts and myths of Enigma: breaking stereotypes. Eurocrypt, 2003, pp. 106–122. PDF; 0,1 MB
- Michael Pröse: Chiffriermaschinen und Entzifferungsgeräte im Zweiten Weltkrieg - Technikgeschichte und informatikhistorische Aspekte. Dissertation, Leipzig, 2004, p. 97 PDF; 7,9 MB
- Marian Rejewski: An Application of the Theory of Permutations in Breaking the Enigma Cipher. Applicationes Mathematicae, 16 (4), 1980, pp. 543–559 PDF; 1,7 MB.