English Electric Lightning

Die English Electric Lightning, später BAC Lightning, w​ar ein zweistrahliger Abfangjäger d​es britischen Herstellers English Electric. Die Maschine w​urde ab Ende d​er 1950er-Jahre b​is 1988[1] v​on der Royal Air Force u​nd arabischen Luftstreitkräften eingesetzt.

English Electric Lightning
Typ:Abfangjäger
Entwurfsland:

Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich

Hersteller: English Electric/British Aircraft Corporation
Erstflug: 4. August 1954
Indienststellung: Dezember 1959
Stückzahl: 337
Cockpit
An der im Imperial War Museum Duxford ausgestellten XM135 sind die übereinander angeordneten Triebwerke erkennbar

Geschichte

Der Prototyp P.1A startete am 4. August 1954 zum Erstflug. Im Gegensatz zu damaligen NATO-Überlegungen hinsichtlich Mehrzweckkampfflugzeugen war die Lightning von vornherein nur als Abfangjäger konzipiert und fand auch nur als solcher Verwendung. Im Januar 1958 stellte das britische Luftfahrtmagazin Flight erstmals die P.1 als das „letzte bemannte Jagdflugzeug der R.A.F.“ mit einer Schnittzeichnung und Details zur Konstruktion der Tragflächen vor.[2] „The English Electric Co., Ltd.“ veröffentlichte Ende August 1958 ein Bild im Flug mit weiteren Details und erstmals mit dem Namen „P.1B Lightning“.[3]

Technik

Die Lightning erreichte d​ank ihrer kompromisslos schlanken Rumpfform m​it stark gepfeilten Tragflächen o​hne Grenzschichtzäune hervorragende Flugleistungen i​n Bezug a​uf Geschwindigkeit, Steigleistung u​nd Gipfelhöhe. Die Querruder w​aren wie b​ei Deltaflügeln q​uer zur Flugrichtung a​n den Hinterkanten d​er Flächenenden angebracht.

Sie w​ar das e​rste britische Jagdflugzeug, d​as mit d​em Einsatz d​es Nachbrenners e​ine Geschwindigkeit v​on Mach 2 erreichte u​nd eines d​er ersten Muster überhaupt, d​as ohne Nachbrenner über Mach 1 schnell fliegen konnte (sogenanntes Supercruise).[4] Ihre Nachteile w​aren die geringe Einsatzreichweite u​nd die k​napp bemessene Bewaffnung. Bemerkenswert war, d​ass die beiden Strahltriebwerke übereinander i​m Rumpf angeordnet waren: So b​lieb das Flugzeug b​eim Ausfall e​ines Triebwerks o​hne Maßnahmen d​es Piloten geradeausflugfähig.

Versionen

Für d​ie Streitkräfte d​es Vereinigten Königreiches wurden folgende Baureihen entwickelt (siehe a​uch die Informationen über d​as Bezeichnungssystem britischer Luftfahrzeuge):

  • English Electric P.1A
Einsitziges Überschallversuchsflugzeug zur Erprobung, 2 gebaut
  • English Electric P.1B
Einsitziges Vorserienmodell zur Erprobung, 3 Prototypen und 20 weitere gebaut[3]
  • Lightning F.Mk.1
Einsitzige Abfangjägervariante mit Triebwerken Avon 200R, Bewaffnung mit Firestreak-Lenkwaffen, 19 gebaut
  • Lightning F.Mk.1A
Einsitzige Abfangjägervariante mit Triebwerken Avon 210R und Betankungssonde, 28 gebaut
  • Lightning F.Mk.2
Einsitzige gegenüber der F.1 verbesserte Abfangjägervariante, 44 gebaut
  • Lightning F.Mk.2A
Einsitzige Abfangjägervariante (F.2 auf nahezu F.6-Standard modernisiert) mit Avon-211R-Triebwerken, Fanghaken und größerem Treibstofftank für 2 Stunden Flugzeit. Insgesamt 31 umgebaute F.Mk.2.
  • Lightning F.Mk.3
Einsitzige Abfangjägervariante mit Triebwerken Avon 301R, leistungsfähigerem Radar, ohne Aden-MK, Bewaffnung mit Red-Top-Lenkwaffen anstelle der Firestreak sowie einem vergrößerten Seitenleitwerk, 70 gebaut
  • Lightning F.Mk.3A
Einsitzige Abfangjägervariante mit größerem Treibstofftank und geänderter Flügelgeometrie, 16 gebaut
  • Lightning T.Mk.4
Doppelsitzige Trainervariante auf Basis der F.1A, 22 gebaut (inklusive zwei Prototypen)
  • Lightning T.Mk.5
Doppelsitzige Trainervariante auf Basis der F.3, 22 neu gebaut, zwei Prototypen entstanden aus T.4
  • Lightning F.Mk.6
Einsitzige Abfangjägervariante mit neuem Tragflächenprofil (analog F.3A) und Zusatztanks auf den Tragflächen, Rückbewaffnung mit Aden-MK, 39 neu gebaut, 9 umgebaute F.3 und 15 umgebaute F.3A

Die folgenden Versionen w​aren Bezeichnungen für d​en Export:

  • Lightning F.Mk.52
Einsitzige Abfangjägervariante für Royal Saudi Air Force (RSAF), 5 umgebaute F.Mk.2
  • Lightning F.Mk.53
Einsitzige Abfangjägervariante für Kuwait Air Force (KAF), basierend auf F.Mk.6 mit zusätzlichen Pylons, 46 neu gebaut, 1 umgebaute F.6
  • Lightning T.Mk.54
Doppelsitzige Trainervariante für die RSAF, entspricht der T.Mk.4, 2 Stück
  • Lightning T.Mk.55
Doppelsitzige Trainervariante für die KAF & RSAF, basierend auf T.Mk.5, 8 neu gebaut, 1 umgebaute T.5 (die jedoch bereits vor ihrer Auslieferung abstürzte)

Technische Daten

BAC Lightning F Mk.6
English Electric Lightning beim Landeanflug
Kenngröße Lightning F.Mk.3
Besatzung1
Länge16,84 m
Spannweite10,62 m
Höhe6,40 m
Flügelfläche35,31 m²
Flügelpfeilung60°
Flügelstreckung3,2
max. Startmasse19.000 kg
Triebwerke2 × TL Rolls-Royce Avon; je 5990 kp ohne, je 7530 kp mit Nachbrenner
Höchstgeschwindigkeit2450 km/h in 12.000 m Höhe
Marschgeschwindigkeit950 km/h
Steiggeschwindigkeit100 m/s
Dienstgipfelhöhe18.300 m
Reichweite2000 km
Start-/Landerollstrecke960 m
Insgesamt gebaute Stückzahl334 (inkl. Trainer)

Bewaffnung

Bordwaffen
  • 2 oder 4 × 30-mm-ADEN-Maschinenkanonen mit je 130 Schuss Munition in einer schnell ausbaubaren Waffenwanne
Luft-Luft-Lenkflugkörper
Ungelenkte Bomben
Luft-Boden-Flugkörper
  • 4–8 Raketen-Rohrstartbehälter MATRA 155 für je 18 × ungelenkte SNEB-(TDA)-Luft-Boden-Raketen, Kaliber 68 mm[5]
  • 4 × Raketen-Rohrstartbehälter MATRA JL100 für je 18 × ungelenkte SNEB-(TDA)-Luft-Boden-Raketen, Kaliber 68 mm[5]
Behälter
  • 2 × Zusatztank für je 1182 Liter Kerosin (Überflügel-Zusatztank)

Nutzer

Militärische Nutzer

120 (100 F.1/F.2/F.2A/F.3/F.3A/F.6 und 20 T.4/T.5)
Die erste Einsatzstaffel war ab 1960 die 74. Squadron in RAF Coltishall. Die zur Luftraumverteidigung eingesetzten britischen Modelle wurden in dieser Rolle beginnend in den 1970er-Jahren durch die McDonnell Douglas F-4 Phantom II ergänzt, nach der Einführung des Panavia Tornado F3 Ende der 1980er-Jahre schließlich ganz aus dem Dienst genommen. Bei der RAF Germany wurden Lightnings der Baureihe F2a von 1965 bis 1977 auf dem Flughafen Gütersloh bei der 19. und 92. Squadron betrieben, letztere erst ab 1968 in Gütersloh, nach drei Jahren Betrieb auf der Air Base Geilenkirchen. Sie stellten unter anderem die Quick Reaction Alert (QRA) Alarm-Rotten für Nordwestdeutschland.
41 (35 F.52, 2 T.54, 6 T.55)
14 (12 F.53, 2 T.55)

Private Nutzer

Flugfähige Exemplare mit Möglichkeit zum Mitflug gab es bis November 2009 beim Unternehmen Thunder City auf dem Flughafen Kapstadt (Südafrika), wo zwei F.Mk.6-Einsitzer sowie ein T.Mk.5-Doppelsitzer flugbereit gehalten wurden. Der zweite von dem Unternehmen betriebene Doppelsitzer ZU-BEX (RAF-Nr. XS451) stürzte am 14. November 2009 bei der zweijährlich stattfindenden 'South African Air Force Overberg Airshow' auf der Air Force Base Overberg bei Bredasdorp ab.[6] Anfang 2014 wurde eine flugfähige Maschine mit dem Kennzeichen ZU-BBD in Betrieb genommen.[7]

Stationierungsorte in Deutschland

In d​er Flugausstellung Hermeskeil w​ird die XN782 ausgestellt u​nd im Militärhistorischen Museum d​er Bundeswehr i​n Berlin-Gatow d​ie XN730.

Sonstiges

Der Fotograf Jim Meads fotografierte a​m 13. September 1962 e​ine senkrecht abstürzende EEL k​urz vor d​em Aufprall; d​er Fallschirm d​es Schleudersitzes d​es Piloten öffnete s​ich gerade.[8] Außerdem k​am es a​m 22. Juli 1966 z​u einem unbeabsichtigten Flug d​er Lightning XM135.[9]

Commons: English Electric Lightning – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dokumentarfilm auf youtube.com mit vielen Details (englisch)
  2. Making the P.1 Wing. (PDF) Details of the Structural Design and Production Problems. In: Flight International. 10. Januar 1958, S. 47–51, abgerufen am 28. Januar 2019 (englisch).
  3. P.1B Lightning. (PDF) Details of the Structural Design and Production Problems. In: Flight International. 29. August 1958, S. 313, abgerufen am 29. Januar 2019 (englisch): The next, and possibly the last, intercepter for the R.A.F., the P.IB will beable to exceed Mach 2 and has already flown at well over 1,200 m.p.h.
  4. Ferdinand C. W. Käsmann: Weltrekordflugzeuge. Band 2, 2. Auflage, Aviatic Verlag, Oberhaching 1999, S. 60.
  5. Bill Gunston: Modern Air Combat: The Aircraft, Tactics and Weapons Employed in Aerial Warfare Today. Crescent, 1st edition 1988, ISBN 978-0-517-41265-7, S. 88, 89.
  6. Eintrag in der Aviation Safety Net Wikibase (englisch)
  7. siehe auch www.incredible-adventures.com und www.historicandclassicaircraftsales.com
  8. Sylvia Wrigley: The Story Behind an Unbelievable Photograph. In: Fear of Landing. 1. November 2013, abgerufen am 27. Januar 2019 (englisch).
  9. ניצן סדן: טייס בלי כוונה: המכונאי שהמריא בטעות במטוס הכי חזק בעולם. 5. April 2019, abgerufen am 19. Januar 2020.
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