Engelbosteler Damm
Der Engelbosteler Damm (kurz E-Damm) im hannoverschen Stadtteil Nordstadt ist als Hauptgeschäftsstraße die älteste und wichtigste Straßenverbindung des Stadtteils. Der Engelbosteler Damm unterteilt den Stadtteil in einen nach 1946 wieder aufgebauten Ostteil und einen in den 1980er Jahren sanierten Kernbereich. Benannt wurde sie nach dem Ort Engelbostel, der heute ein Ortsteil der Stadt Langenhagen ist.[1]
Verlauf
Der Engelbosteler Damm beginnt an der Christuskirche, wo er an die Straße An der Christuskirche anschließt, die wiederum an der Kreuzung Klagesmarkt, Schloßwender Straße und Arndtstraße beginnt. In nordnordwestlicher Richtung durchquert er auf einer Länge von etwa 1,5 km den Stadtteil Nordstadt und endet auf Höhe der S-Bahn-Station Hannover-Nordstadt, wo er in die Schulenburger Landstraße mündet.
Ein großer Teil der Straße ist gesäumt von Geschäften, Supermärkten, Restaurants, Kiosken, Arztpraxen, Bars und Kneipen. Insbesondere der Bereich zwischen Christuskirche und Kopernikusstraße lädt zum Flanieren ein. Auch der weitere Verlauf bis etwa zur Ecke Bodestraße ist geprägt von Geschäften und Dienstleistungsanbietern. Auf einem kurzen Stück zwischen den Einmündungen Am Kläperberg und Bodestraße ist die Straße für den Autoverkehr gesperrt und als Fußgängerzone ausgewiesen.
- Christuskirche – Blick vom Engelbosteler Damm
- Geschäftshaus (Hausnummer 5)
- Ecke An der Lutherkirche (Hausnummer 47)
- Carl-Morotini-Haus (Hausnummer 72)
- Engelbosteler Damm Ecke Haltenhoffstraße (Hausnummer 101)
Geschichte
Kleine Chronik
Ein Knüppeldamm existierte bereits im 15. Jahrhundert als Vorläufer des heutigen Engelbosteler Damms,[2] der durch Aufschüttungen als Landstraße nach Engelbostel führte.[3]
Noch zu Zeiten des Königreichs Hannover und zu Beginn der Industrialisierung verlegte der Chemiker Carl Hornemann 1840 seine kurz zuvor gegründete Farben- und Tintenfabrik an den Engelbosteler Damm. Aus dieser Fabrik, die dann von Günther Wagner übernommen wurde, entstand später die Pelikan AG.[4] Hornemann zu Ehren wurde der an den E-Damm heranreichende Teil der Rehbockstraße in Hornemannweg umbenannt.[5]
1845 erhielt der Engelbosteler Damm seinen heutigen Namen.
Nach der Ausrufung des Deutschen Kaiserreichs und der dann folgenden Gründerzeit war der „E-Damm“ 1886 die erste Straße, die mit dem vom Direktor der Deutschen Asphalt-Aktiengesellschaft (DASAG) Emil Heuser patentierten Stampfasphalt belegt wurde.[6] Im selben Jahr eröffnete Heinrich Wilhelm Appel ein Geschäft im Engelbosteler Damm 72, das sich bald zu der weltweit bekannten Delikatessen-Großhandlung Appel Feinkost entwickeln sollte. 1955 baute der Architekt Ernst Zinsser an dieser Stelle ein neues Fabrikgebäude für Appel Feinkost.
Ende des 19. Jahrhunderts wählte der „Engelbostelerdamm-Distrikt“ im Jahr 1894 den Architekten Friedrich Remmer zum Bürgervorsteher und damit in das hannoversche Bürgervorsteherkollegium.[7] Etwa zu jener Zeit fuhr auf den Schienen der hannoverschen Straßenbahn noch der Pferdeomnibus, stadteinwärts mit Endstation Große Barlinge.[8]
Am 25. Juni 1897 erfolgte ein Eigentums-Übertrag des Grundstücks unter der – damaligen – Anschrift Engelbosteler Damm 32; dort hatte die Feuerspritzen-Fabrik Chr. Spengler ihren Sitz.[9]
1912 eröffnete Johann Weishäupl, der bald zu einem der größten Fleischwarenfabrikanten aufsteigen sollte, am E-Damm sein erstes Geschäft, bevor er zum Klagesmarkt umsiedelte.[10]
Leo Brawand, Journalist und Mitbegründer des Spiegels, zog zu seiner Jugendzeit und in der Zeit des Nationalsozialismus vom Puttenser Felde an den Engelbosteler Damm. Seine Erlebnisse beschrieb er ausführlich in dem Buch Die Leute vom Damme (siehe Literatur).
Vor dem Haus Engelbosteler Damm 2 erinnern Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig an die 1941 von den Nationalsozialisten in das Ghetto Riga deportierte Familie Rolf, Rosa und Jochen Becher.
Bilder aus der Zeit um 1900
- Blick 1903 durch die Straße An der Christuskirche in Richtung Klagesmarkt
- Blick in Höhe der Gustav-Adolf-Straße in die Straße An der Christuskirche
- Blick von der Christuskirche in den Engelbosteler Damm;
- Blick in Richtung Christuskirche
- Im Gebäude mit der Hofschönfärberei A. & G. Dreyer (heute: Hans Fleischmann Fahrradhandel, Hausnummer 45) wohnte später der Spiegel-Journalist Leo Brawand
- Blick in Richtung zum Bahnhof Hannover-Nordstadt
Bilder der frühen Nachkriegszeit (Auswahl)
Nach den Luftangriffen auf Hannover im Zweiten Weltkrieg wurden in den Wiederaufbaujahren insbesondere östlich des Engelbosteler Dammes Neubauten errichtet.[11]
- 1949: Erste „Wiederaufbau“-Arbeiten mit Trümmersteinen am Haus Schuh Seffer
- Durch die Nähe zur Continental AG hatten die Luftangriffe auf Hannover insbesondere die östliche Straßenseite zerstört
- Teils mit bloßen Händen wurde die Straße wieder befestigt
- Straßenansicht an der Ecke Asternstraße, um 1954
- Ursprünglich für Feinkost Appel baute der Architekt Ernst Zinsser das heutige Carl-Morotini-Haus
Einrichtungen
Gegenüber der Christuskirche befindet sich das türkische Generalkonsulat (offizielle Adresse ist allerdings An der Christuskirche 3), das als Reaktion auf die Aktivitäten der kurdischen Untergrundorganisation PKK seit 1993 ununterbrochen von der Polizei bewacht wird. 2011 wurde der an der Straße stehende Polizeiwagen durch einen festinstallierten Container ersetzt.[12]
Am Engelbosteler Damm befindet sich der Hauptgeschäftssitz des Instituts für technisch-wissenschaftliche Hydrologie. Im Carl-Morotini-Haus haben sich mehrere Institutionen der Behinderten- und Sozialhilfe, wie zum Beispiel eine Werkstatt des Deutschen Caritasverbandes, niedergelassen.
Der spanische Bildhauer und Künstler Jorge La Guardia bezog unter der Hausnummer 13 sein Atelier.[13]
Öffentlicher Personennahverkehr
Zwischen Christuskirche und Kopernikusstraße verläuft der C-Nord-Tunnel der Stadtbahn Hannover mit den Linien 6 und 11 unterhalb des Engelbosteler Damms. Der Tunnel wurde 1993 als letzter Abschnitt der C-Strecke eröffnet. Diese gelangt kurz hinter der U-Bahn-Station Kopernikusstraße über eine Rampe an die Oberfläche. Sie folgt dann im Straßenraum dem Verlauf des Engelbosteler Damms und passiert die Haltestellen An der Strangriede und Bahnhof Nordstadt.
Der Bahnhof Nordstadt, 1996/97 als Ersatz für den zuvor geschlossenen Bahnhof in Hainholz entworfen von dem Künstler Hansjörg Göritz,[14] wird von den S-Bahn-Linien 1, 2, 4 und 5 bedient.
Die Busringlinien 100 und 200 halten auf dem Engelbosteler Damm an den Stationen Christuskirche, Lilienstraße und Kopernikusstraße. Zwischen An der Strangriede und Bahnhof Nordstadt fährt außerdem die Buslinie 121.
- U-Bahn-Station Kopernikusstraße
- Haltestelle Strangriede
Medienecho (Auswahl)
- Bärbel Hilbig: Die enge Fahrbahn gefährdet Radfahrer / Bezirksrat sorgt sich um die Verkehrsführung am Engelbosteler Damm. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ), Stadtanzeiger Nord vom 6. November 2014, S. 1
Literatur
- Leo Brawand: Die Leute vom Damme. Familiäres und Geschichtliches aus Hannover. Leuenhagen & Paris, Hannover 1998, ISBN 3-923976-25-9
- Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): Geschichte der Stadt Hannover, Band 2: Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, Hannover: Schlüter, 1994, ISBN 3-87706-364-0, passim; großteils online über Google-Bücher
Weblinks
Einzelnachweise
- Ausschnitt aus Adressbuch für die Stadt Hannover, Ausgabe 1942, Teil II, Seite 68; auf Wikimedia Commons
- Geschichte der St. Marien-Kirche auf den Seiten der Kirchengemeinde Hainholz
- Helmut Zimmermann: Engelbosteler Damm. In: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover, Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 72
- Waldemar R. Röhrbein: HORNEMANN, Carl. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 178; online über Google-Bücher
- Helmut Zimmermann: Hornemannweg. In: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover, Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 121
- Waldemar R. Röhrbein: Asphaltfabriken. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 36f.
- eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Ansichtskarte Nummer 310 aus dem Verlag von Georg Kugelmann
- Adreßbuch, Stadt- und Geschäftshandbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Hannover, der Stadt Linden, sowie der Ortschaften Döhren-Waldhausen, Limmer und Ricklingen, Abtheilung I, Teil 3: Alphabetisches Verzeichnis der Einwohner und Handelsfirmen, S. 207; Digitalisat der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek über den DFG-Viewer der Deutschen Forschungsgemeinschaft
- Waldemar R. Röhrbein: WEISHÄUPL, Johann. In: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 380; online über Google-Bücher
- Hans-Herbert-Möller (Hrsg.): Wiederaufbau und Neubebauung nach 1945,. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, [Bd.] 10.1, ISBN 3-528-06203-7, S. 115; sowie Nordstadt. In: Anlage Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege), Stand 01.07.1985, Stadt Hannover, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt - Institut für Denkmalpflege, S. 6f.
- Polizei wacht von neuem Container über türkisches Konsulat Artikel auf haz.de vom 8. Juli 2011
- Jorge La Guardia: Impressum seiner Webseite
- Helmut Knocke, Hugo Thielen: Engelbosteler Damm. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 104