Emil Steinberger
Emil Steinberger (* 6. Januar 1933 in Luzern; heimatberechtigt ebenda) ist ein Schweizer Kabarettist, Schriftsteller, Regisseur und Schauspieler, der seit den 1970er Jahren einem breiten Publikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz dank seiner TV-Sketche als Emil bekannt ist.
Leben und Werk
Emil Steinberger ist der Sohn des Buchhalters Rudolf Steinberger und dessen Frau Creszentia, geb. Horat. Schon als Junge improvisierte er Sketche. Nach einer Ausbildung zum Postbeamten und neun Jahren Schalterdienst besuchte er ab 1960 fünf Jahre lang die Luzerner Schule für Gestaltung (heute Fachklasse Grafik Luzern) und wurde diplomierter Grafiker. Schon damals spielte er im Kabarett «Cabaradiesli» mit. 1966 heiratete er Maya Rudin; Sohn Philipp wurde 1969 geboren. Im September 1967 eröffneten sie zusammen das Kleintheater am Bundesplatz, heute Kleintheater Luzern, in dem Jazzkonzerte, Theater- und Kabarettvorstellungen stattfanden und wo er seine ersten eigenen Programme aufführte. Er führte in Luzern zudem während einiger Jahre das unter gleichem Namen existierende Kino moderne und baute 1973 selbst ein Studiokino mit 150 Plätzen auf, das 2008 geschlossene Atelier-Kino.
Anfang der 1970er Jahre füllte Steinberger mit seinen Soloprogrammen «Geschichten, die das Leben schrieb», «E wie Emil» und «Emil träumt» alle Theater der Schweiz und bald auch in Deutschland. Zur Bekanntheit in Deutschland trugen die von der ARD ausgestrahlten Emil-Aufzeichnungen bei. Es folgten diverse Tourneen und einzelne Auftritte in den deutschsprachigen Ländern.
Im Jahr 1977 stand er für neun Monate in der Manege des Circus Knie.
Ein weiterer Meilenstein seiner Karriere war eine der beiden Hauptrollen in dem Film Die Schweizermacher unter dem Regisseur Rolf Lyssy.
1980 war er finanzieller Geburtshelfer und Regisseur beim Neustart des Circus Roncalli in Köln. Im selben Jahr wurde sein zweiter Sohn Martin geboren.[1] Sein Bühnenprogramm Feuerabend, das er 1980 begann, war so erfolgreich, dass er beschloss, nur noch Emil zu sein.
In der französischen Schweiz spielte er in den 1980er Jahren seine Nummern auch auf Französisch in den Programmen «Une heure avec Emil» und «Feu et flamme». In dem 1986 von Willy Bogner produzierten Sportfilm Feuer und Eis übernahm er in der deutschsprachigen Synchronisation die Rolle des Erzählers. 1987 trat er zum letzten Mal als Emil auf und beendete damit vorläufig seine Bühnenkarriere.
1989 wurde seine Ehe mit Maya geschieden.
Von 1990 bis 1991 gehörte Emil Steinberger zum Rateteam in Ja oder Nein, einem Was bin ich?-Remake mit Joachim Fuchsberger. Gleichzeitig war er erfolgreich in der Werbung tätig. Er schrieb und inszenierte unter anderem 100 Werbespots für Melitta-Kaffee, mit denen der Melitta-Mann Egon Wellenbrink berühmt wurde. Auch für Fisherman’s Friend und Bico-Matratzen schrieb er Werbespots und führte Regie. In dieser Zeit inszenierte er eine grosse Werbetour für «Schweiz Tourismus» unter dem Titel «Schweiz Plus» und tourte mit einer Truppe durch Deutschland. 2008 wurde Steinberger nochmals als Werber aktiv, indem er zehn TV-Werbespots für Rivella International schrieb und spielte.
Ende 1993 ging er nach New York, um dort ein Leben in der Anonymität zu führen. Am 28. Mai 1999 heiratete er in New York Niccel (eigentlich: Nicole) Kristuf (* 1965). 1999 kehrten sie zusammen in die Schweiz zurück und lebten 15 Jahre lang am Genfersee.
1999 erschien sein erstes Buch «Wahre Lügengeschichten». Im Jahr 2000 gründete er mit seiner Frau Niccel einen eigenen Verlag, die Edition E, in der 2001 sein zweites Buch «Emil via New York» erschien. In diesem Verlag veröffentlichen Steinbergers ihre Bücher und auch CDs und DVDs mit Emils früheren Programmen. 2013 ging die Edition E eine Kooperation mit dem Oltner Knapp Verlag ein. Seit 1999 war er zunächst mit Lesungen unterwegs, die sich zu einem neuen Bühnenprogramm, «Drei Engel!», entwickelten. Mit diesem Programm trat er mehr als 850-mal auf. Von 2015 bis Ende 2017 machte er eine Tournee mit dem Programm «Emil – no einisch» («Emil – noch einmal»), das er auf Schweizerdeutsch, Deutsch mit Schweizer Lokalkolorit und Französisch gespielt hat[2] und in dem viele erfolgreiche Nummern aus seinen Programmen der 1960er bis 1980er Jahre enthalten sind. Im November 2017 wurde im Gloria-Theater in Bad Säckingen eine Aufzeichnung dieses Programmes für das Schweizer Radio und Fernsehen gemacht[3] und am 6. Januar 2018 anlässlich seines 85. Geburtstages auf SRF 1 ausgestrahlt.[4]
Zwischendurch war er auch als Sprecher in Kinderhörspielen (z. B. in Michel vo der Schwand (Michel aus Lönneberga) von Astrid Lindgren). Auch für Hans Fischers Kindergeschichte Pitschi wirkte er als Sprecher. Im Auftrag des Diogenes-Verlages las er für eine Hörbuch-Produktion auch Hugo Loetschers «Der Waschküchenschlüssel».
2006 stellten Emil und Niccel Steinberger im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn zum ersten Mal ihre gemeinsam gezeichneten «Wochenblätter» aus. Es folgten Ausstellungen in Göttingen, Stuttgart, Lauchheim, Luzern, Montreux und anderen Orten.
Zu seinem 75. Geburtstag wurde er 2008 von der Stadt Luzern zum Ehrenbürger ernannt. 2013 brachte der Knapp-Verlag anlässlich des 80. Geburtstags Steinbergers neuestes Buch «Lachtzig» in der Perlenreihe heraus. Anlässlich seines 88. Geburtstags zeigte das Schweizer Fernsehen SRF 1 am 16. Januar 2021 sein aktuelles Programm «Alles Emil, oder?!»[5]
Emil Steinberger lebte 15 Jahre in Montreux, seit 2014 lebt er mit seiner Frau Niccel, die in unregelmässigen Abständen «Lachseminare» anbietet,[6] in Basel.[7]
Filmografie (Auswahl)
Kino
- 1976: Die plötzliche Einsamkeit des Konrad Steiner
- 1978: Die Schweizermacher
- 1979: Messidor
- 1980: Die Formel (The Formula)
- 1981: Kassetten-Liebe (Titel für Schweiz)
- 1982: Video-Liebe (Titel für Deutschland)
- 1985: Kaiser und eine Nacht
- 1985: Ein Sonderling gerät in ein geheimnisvolles Milieu
- 1991: Niklaus und Sammy
Fernsehen
- 1975: Emil auf der Post
- 1984: Frisch, frech, fröhlich – frei? – Eine Olympische Kabarettsendung
- 1987: Flucht mit Luzifer (Miniserie)
Werke
Schallplatten und CDs
- 1970: Geschichten, die das Leben schrieb
- 1971: Geschichten, die das Leben schrieb, Teil 2
- 1972: EMIL improvisierte...
- 1973: E wie Emil
- 1976: Emil träumt...
- 1981: Feuerabend
- 2005: Eine kabarettistische Lesung (späterer Programmtitel: Drei Engel)
- 2008: E wie Essen (schweizerdeutscher Titel: Suppe, Wurscht und Brot)
als Erzähler:
- 1999: Astrid Lindgren: Immer dä Michel, 3 CDs
- 2004: Astrid Lindgren: Karlsson vom Dach / Karlsson fliegt wieder, 2 CDs
- 2010: Hugo Loetscher: Der Waschküchenschlüssel oder Was – wenn Gott Schweizer wäre
- 2014: Schwyzerdütsch mit The Grooves
Bücher
- Feuerabend. Diogenes, Zürich 1985
- Wahre Lügengeschichten. Kein & Aber, Zürich 1999; Ullstein, München 2000
- erweiterte Neuauflage: Edition E, Territet 2004, ISBN 978-3-905638-23-3
- Emil via New York. Edition E, Territet 2001; leicht überarb. A. 2009, ISBN 978-3-905638-39-4
- Lachtzig. Knapp, Olten 2013, ISBN 978-3-905848-78-6
- Hans Fischer: Pitschi. Ins Schweizerdeutsche übersetzt von Emil Steinberger. NordSüd, Zürich 2016, ISBN 978-3-314-10388-9
Liste seiner wichtigsten Sketche (eine Auswahl)
Hochdeutsch | Schwyzerdütsch | Französisch |
---|---|---|
Am Fenster | Am Fänschter | A la fenêtre |
Am Matterhorn | Am Matterhorn | Au Cervin |
Das Steuerformular | Stüürformular | – |
Der Blutspender | Dä Bluetspänder | Donneur du sang |
Der Feinschmecker | Dä Gourmet | Le gourmet |
Der Kinderwagen | Dä Chinderwage | La poussette |
Der Wahlverlierer | Dä Wahlverlüürer | Politicien flambant |
Hochzeitsglückwünsche | Hochzitsglückwünsch | – |
Im Zug | Im Zug (enthält Chileli vo Wasse) | Dans le train |
Mengenlehre | Mängelehr | La théorie des ensembles |
Polizeihauptwache | Polizeiposchte | Poste de police |
Telegrafenamt | S Telegrafenamt | – |
Der Pilot | Dä Pilot | – |
– | Am Kiosk | Le kiosque |
– | De Quizmaster | – |
Auszeichnungen
Emil Steinberger erhielt eine grosse Anzahl von Auszeichnungen:
- 1970: Anerkennungspreis der Stadt Luzern für kulturelle Tätigkeiten
- 1976: Deutscher Kleinkunstpreis in der Kategorie Kabarett
- 1981: Prix Walo
- 1986: Karl-Valentin-Orden
- 1988: Hans Reinhart-Ring der Schweizer Gesellschaft für Theaterkultur
- 1993: Morenhovener Lupe
- 1996: Ehrennadel der Stadt Luzern
- 1996: Goldene Schallplatten in Deutschland für die Videoalben Emil Steinberger – Volume 1 und Emil Steinberger – Volume 2[8]
- 2003: Rose d’Or (Ehrenrose)
- 2003: Oertli-Preis für seinen Sprachgrenzen überschreitenden Humor
- 2004: Göttinger Elch für sein Lebenswerk
- 2004: Deutscher Comedypreis (Ehrenpreis für sein Lebenswerk)
- 2005: Salzburger Stier (Ehrenstier für sein Lebenswerk)
- 2006: Bayerischer Kabarettpreis (Ehrenpreis)
- 2007: Schweizer Kabarett-Preis Ehrencornichon
- 2007: Goldener Akustikus Nürnberg
- 2008: Ehrenbürger der Stadt Luzern anlässlich seines 75. Geburtstages
- 2008: Das große Kleinkunstfestival Ehren-Preis
- 2009: Anerkennungspreis der Stadt Montreux
- 2009: Münchhausen-Preis, Bodenwerder
- 2009: Stern der Satire Mainz
- 2010: Arosa Humorfüller – Jurypreis des Arosa Humor-Festivals für sein Lebenswerk
- 2011: SwissAward – Lifetime Award 2010 für sein Lebenswerk
- 2012: Ehrenpreis für Zweisprachigkeit Biel-Bienne
- 2012: Hall of Fame der German Speakers Association
- 2013: Radio Pilatus Ehren-Rüüdige Lozärner
- 2013: Preis für Menschenwürde
- 2014: Friedestrompreis[9]
- 2019: Anerkennungspreis des Kantons Luzern[10]
- 2021: Deutscher Kleinkunstpreis (Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz)
Literatur
- Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 978.
- Hansruedi Lerch: Emil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Mats Staub: Emil Steinberger. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 3, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1745 f.
- Emil Steinberger im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Emil Steinberger, Franz Hohler: Schweizer Kreuzverhör zwischen den Kabarettisten Emil Steinberger (E) und Franz Hohler (H). In: Ernst Günther, Heinz P. Hofmann, Walter Rösler (Hrsg.): Kassette. Ein Almanach für Bühne, Podium und Manege (= Kassette). Nr. 4. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1980, S. 191–213 (mit dem Text der Nummer Der Pilot).
Weblinks
- Eigene Webpräsenz
- Verlag Edition E
- Literatur von und über Emil Steinberger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Emil Steinberger in der Internet Movie Database (englisch)
- Sendung «Schawinski». Roger Schawinski im Gespräch mit Emil. Video in: Schweizer Fernsehen vom 1. Oktober 2012 (Online, 27 Minuten)
Einzelnachweise
- Emil lüftet Geheimnis: Da ist noch ein Sohn, Schweiz am Wochenende, 13. April 2013
- Kabarettist wird 85:: Kein «Parkieren» für Emil Steinberger, dzonline.de, 6. Januar 2018
- Viel Beifall für den ewig jungen Emil, Badische Zeitung, 13. November 2017 (Archiv)
- Emil Steinberger feiert seinen 85. Geburtstag, Radio Pilatus, 6. Januar 2018
- SRF Medienportal: «Alles Emil, oder?!» bei Schweizer Radio und Fernsehen, abgerufen am 17. Januar 2021
- LachsemiNarre. Abgerufen am 14. Dezember 2021.
- Emil Steinberger und Ehefrau Niccel ziehen nach Basel, aargauerzeitung.ch, 28. Februar 2014, abgerufen am 22. September 2014
- Gold-/Platin-Datenbank des Bundesverbandes Musikindustrie, Abruf vom 27. Juni 2016
- Friedestrompreis für "Schweizer Original". In: rp-online.de. 2. Oktober 2014, abgerufen am 12. Juli 2016.
- Hugo Bischof: Emil Steinberger erhält vom Kanton Luzern den Anerkennungspreis – dotiert mit 10'000 Franken. In: luzernerzeitung.ch. 19. April 2019, abgerufen am 7. Mai 2019.