Emanuel Herigoyen
Emanuel Joseph von Herigoyen, auch d’Herigoyen, d’Irigoien, (port. José Manuel Herigoyen, * 4. November 1746 in Belas bei Lissabon; † 27. Juli 1817 in München) war ein portugiesischer Baumeister, Geodät und Kartograf. Ausgebildet wurde er in Paris und Wien. Seine wichtigsten Wirkungsstätten waren Aschaffenburg, Regensburg und München. Die frühklassizistischen Bauten weisen Elemente von Louis-seize und Palladianismus auf.
Leben
Herkunft
Der Vater Martin von Herigoyen (baskisch: hoher Fels oder hoher Berg) stammte aus einem uradeligen Geschlecht mit Stammsitz in Ustaritz im französischen Baskenland, war Truchsess des portugiesischen Infanten Dom Manuel Joseph Braganza (1697–1766) und Leutnant der Armee. Er lernte 1733/1734 auf einer diplomatischen Mission in Wien Anna Margaretha Falorsi (Valorsy) kennen, kehrte mit ihr nach Portugal zurück und heiratete sie am 5. November 1738 in Belas, wo sie auf den Gütern des Grafen Pombeiro ihren Wohnsitz nahmen.
Ausbildung
Herigoyen erhielt seine schulische Ausbildung auf dem Königlichen Kollegium Necessidades der Oratorianer des heiligen Philipp Neri in Lissabon. Im Zeichnen und Malen unterrichtete ihn wahrscheinlich der italienische Architekt Giovanni Antinori (1733–1792), der nach dem Erdbeben vom 1. November 1755 zum Wiederaufbau Lissabons nach Portugal gekommen war.
Von 1762 bis 1767 war Herigoyen im Dienst der königlich-portugiesischen Marine und unternahm dabei Fahrten nach Madeira, Brasilien und zur westafrikanischen Kolonie Guinea-Bissau.
Von 1767 bis 1769 studierte er Zeichnen, Architektur und Mathematik in Paris (Ecoles de Ponts et Chaussées oder Académie d'Architecture). In den Jahren 1769 bis 1773 war er in Wien vor allem als Wasserbauingenieur tätig und studierte an der Akademie für Bildende Künste.
Beruflicher Werdegang
1773 trat er in die Dienste des Grafen Wilhelm von Sickingen-Sickingen und übersiedelte nach Landstuhl als Geometer und Direktor der öffentlichen Straßen. 1776 wurde Herigoyen Architekt und Bauingenieur von Friedrich Karl Joseph von Erthal, Kurfürst und Erzbischof von Mainz. Ende 1792 wurde er Chef des Kurmainzischen Geniekorps, 1794 Ingenieurmajor sowie Architekt des Mainzer Domkapitels.
Ab 1804 war Herigoyen Stadt- und Landbaumeister des Kurfürsten und Erzkanzlers Karl Theodor von Dalberg in Regensburg, von 1810 bis 1817 Oberbaukommissar in München.
Familie
Joseph Emanuel d'Irigoyen heiratete zweimal. ⚭ I. 14. September 1775 in Landstuhl Christina Franziska Breunig († 12. Februar 1781 Mainz), Tochter des sickingen-sickingenschen Amtmanns in Landstuhl Emanuel Breunig und der Elisabeth Hansel. Drei Töchter aus dieser Ehe starben jung. ⚭ II. Josephine Kriegshäuser, Tochter des Hofmusikers Kriegshäuser aus Speyer. Das Paar hatte zwei Söhne, darunter:
- Carl (1807–1875) ∞ Charlotte von Gaertner († 1909), eine Tochter des Architekten Friedrich von Gärtner
Werke
Landstuhl
- Karte der Herrschaft Landstuhl (Exactissima Landstuhlana Tabula) (Maßstab ca. 1:27.000, undatiert, um 1775, Landesarchiv Speyer, Bestand X 3, Nr. 1992)
- Karte des Kleingerichts in der Herrschaft Landstuhl (Maßstab ca. 1:13.500, undatiert, um 1775, Stadtarchiv Landstuhl, Bestand K 6)
Mainz
- Dalberg-Hammelburger Hof im Bleichenviertel (1774)
- Weihergarten 10: Kurienhof für das Domkapitel; dreigeschossiger, siebenachsiger Putzbau, 1790/91
Aschaffenburg
- Landschaftsplanung für den Park Schönbusch in der Anfangszeit (etwa 1775 – 1783)
- Schloss Schönbusch (1778–1781, Innenausbau bis 1787) und weitere Gebäude im Park: Philosophenhaus (1785/87), Freundschaftstempel (1786/87), Speisesaal (1787/89), Dörfchen (1788/89), Rote Brücke (1789/90), Salettchen (1794) u. a.
- Jägerhaus in der Fasanerie (um 1780)
- Frühstückspavillon im Schlossgarten (1782)
- Umbau und Neugestaltung des Hofgutes Nilkheim zu einem landwirtschaftlichen Mustergut (1782–1786)
- Umgestaltung der Stadtmauer zwischen Schloss Johannisburg und Frühstückspavillon mit einem Laubgang als Mauerkrone (1788)
- Planungen für die Fasanerie und einen östlich daran anschließenden Wildpark (um 1789)
- Rathaus (1790)
- Schloss Johannisburg: Einbau einer Treppenanlage, klassizistische Innenausstattung (Ende 18. Jh.)
- Jagdverwalterhaus mit Jagdzeugscheune an der Fasanerie (Ende 18. Jh.)
- Orangerie im Schöntal (Ende 18. Jh.)
- Taubenschlag im Hofgut Nilkheim, klassizistischer Zentralbau mit Säulenportikus und Rundturm (um 1800)
- Wohn- und Geschäftshäuser Steingasse 1 und Steingasse 20 (1804)
- Säulenhalle Webergasse 5, sog. Kornhäuschen (1805)
- Stadttheater (Entwürfe von 1805 und 1808, nicht ausgeführt)
Bei folgenden Gebäuden wird Emanuel Herigoyen als Urheber für wahrscheinlich angenommen:
- Wohnhaus Dalbergstraße 49a (1803)
- Wohnhaus Webergasse 4 (1804)
- das sogenannte Dreidippehaus am Schlossplatz (1803, nicht mehr vorhanden)
Esselbach
- Pfarrkirche St. Margaretha (1779)
Sulzbach am Main
- Pfarrkirche St. Anna und Margaretha (1789)
Regensburg
- Württembergisches Palais (1804), heute Naturkundemuseum Ostbayern.[1]
- Verwaltungsgebäude der ehemaligen Porzellanfabrik in der Westnerwacht (1804).[2] Privatvillen am Nonnenplatz[3]
- Französische Gesandtschaft am Bismarckplatz (1804/05), ab 1810 Präsidialpalais.[3]
- Stadttheater (1804) am Bismarckplatz (1805).[4][3]
- Gartencasino Sternberg (1804–1805). 1809 beschädigt, Renovierung als Sommerschloss Theresens Ruh (1813), Bombentreffer März 1945; Abriss 1949.[3]
- Dörnbergpalais im Dörnbergpark (1805).[5]
- „Rotes Haus“, ein als Ersatz für den 1792 abgebrannten Freisinger Hof am Emmeramsplatz erbautes Mietshaus (ca. 1805). Das Gebäude ist heute nach mehreren Umbauten weitgehend verändert.[6] Es ist jetzt Sitz der Regierung der Oberpfalz.
- Obelisk Fürstenallee (1806), Denkmal für den Stifter der die heutige Innenstadt umschließenden Baumallee Carl Anselm von Thurn und Taxis.[3]
- Erweiterung des katholischen Siechenhauses St. Joseph in der Kapuzinergasse mit einem Seitenflügel für Kranke evangelischer Religion.[3]
- Denkmal (1806/08) für Johannes Kepler an der Fürst-Anselm-Allee, in der Nähe des ehemaligen Kepler Grabes auf dem alten, im Dreißigjährigen Krieg bei den Kämpfen um Regensburg zerstörten Petersfriedhof.[7]
- Katholische Akademie, ehemaliges Domkapitelsches und Evangelisches Krankenhaus, Ostengasse 27, östlicher Flügel, 1807
- Fassade des Thon-Dittmer-Palais am Haidplatz (1809).[8]
- Neubau des evangelischen Waisenhauses am Emmeramsplatz (1809), heute Bestandteil des ehem. evang. Kranhauses.[3]
Die Hauptwache (1818 nach Plänen von Michael Dobmayr errichtet) wird zu Unrecht Emanuel d'Herigoyen zugeschrieben, der aber als Leiter des Oberbaukommissariats in München die Pläne von Dobmeyer kritisierte und in Teilen korrigierte.[9][3]
Werke in Regensburg
- Württembergisches Palais
- Porzellanfabrik
- Französische Gesandtschaft
- Dörnberg-Palais
- Stadttheater am Bismarckplatz in Regensburg
- Thon-Dittmer-Palais
München
- Isartortheater (1811)
- Palais Montgelas (1811–1813)
- Torbau an der Ostseite im Alten Botanischer Garten (1812)
Literatur
- Heinrich Habel: Herigoyen, Emanuel Joseph von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 615 f. (Digitalisat).
- Michael Petzet (Hrsg.): Denkmäler in Bayern. Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Geländedenkmäler (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland). Band 37, 3: Anke Borgmeyer, Achim Hubel, Andreas Tillmann, Angelika Wellnhofer: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. Mittelbayerische Druck- und Verlags-Gesellschaft, Regensburg 1997, ISBN 3-927529-92-3.
- Hermann Reidel: Emanuel Joseph von Herigoyen. Kgl. Bayer. Oberbaukommissar 1746–1817. Schnell und Steiner, München u. a. 1982, ISBN 3-7954-0429-0 (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1980).
- Hermann Reidel: Die Architektur der Dalbergzeit 1802/3–1810. In Peter Schmid (Hrsg.): Geschichte der Stadt Regensburg. Band: 2. Friedrich Pustet, Regensburg 2000, ISBN 3-7917-1682-4, S. 1177–1190.
Weblinks
- Herigoyen-Nachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek
- Herigoyen, Emmanuel Josef von. Hessische Biografie. (Stand: 18. April 2021). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 70–71.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 78–79.
- Karl Bauer: Regensburg Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte. MZ-Buchverlag in H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH, Regenstauf 2014, ISBN 978-3-86646-300-4, S. 445, 415 f., 419 f., 341 f., 550 f., 397, 183, 149.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 120–124.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 356–358.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 224–225.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 254–255.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 294–295.
- Anke Borgmeyer u. a.: Oberpfalz. Kreisfreie Städte. Stadt Regensburg. 1997, S. 404.