Egon Wochatz
Egon Wochatz (* 6. Dezember 1936 in Spremberg; † 14. Dezember 2020 ebenda) war ein deutscher Politiker (CDU).
Persönliches
Wochatz wuchs zusammen mit seiner älteren Schwester und seinem elternlosen Cousin in einfachen Verhältnissen in Spremberg auf. Seine Mutter war von Beruf Näherin, der Vater fiel im Zweiten Weltkrieg am 29. August 1942 in der Nähe von Stalingrad.
Er hat aus seiner ersten Ehe, die 1980 geschieden wurde, drei Kinder. Zwei weitere Kinder brachte seine Frau in zweiter Ehe mit.
Wochatz starb nach kurzer schwerer Krankheit am 14. Dezember 2020 in Spremberg.[1] Die Trauerfeier fand am 15. Januar 2021, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, in der Kreuzkirche in Spremberg statt. In ihrer Trauerrede würdigte die amtierende Bürgermeisterin Herntier Wochatz mit folgenden Worten:[2]
„Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie ein Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk an sich.
Dietrich Bonhoeffer
Sehr geehrte Frau Wochatz, sehr geehrte Angehörige, sehr geehrte Trauergemeinde,
die Bürger der Stadt Spremberg/ Grodk trauern um ihren ehemaligen Bürgermeister Egon Wochatz.
Zur Trauer gesellt sich die Erinnerung, aus Erinnerung wird Dankbarkeit und die Dankbarkeit beruht auf den Leistungen des Spremberger Bürgers Egon Wochatz, der im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Meister der Bürger geworden ist. Leistung vollbringen viele, aber wenn sich die Leistung ergänzt, wenn Leistung überstrahlt wird von einer tiefen Verbundenheit mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, dann entsteht eine tiefe gegenseitige Verbundenheit.
So war und ist es mit unserem „Altbürgermeister“ Egon Wochatz.
Wir, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Spremberg/Grodk werden ihn, unseren Egon Wochatz nicht vergessen. Wir werden uns an ihn erinnern an einen Menschen der seine Stadt geliebt hat, der für sie gekämpft hat und der trotz dieser großen Aufgabe immer ein Ohr für den einzelnen Bürger mit seinen unterschiedlichsten Anliegen hatte.
Ihnen, sehr geehrte Frau Wochatz, sowie Ihnen, sehr geehrte Angehörige, spreche ich im Namen aller Sprembergerinnen und Spremberger, aber auch in meinem eigenen Namen tiefes Mitgefühl aus.
Möge Ihnen die Wertschätzung für Ihren verstorbenen Ehemann, Vater, und Bruder ein Trost sein!
Mensch Egon, wir verneigen uns vor Dir!“
Die Urnen Beisetzung erfolgte anschließend auf dem Spremberger Georgenberg Friedhof.
Entwicklung
In den Jahren 1955 bis 1958 absolvierte Wochatz in Leipzig ein Studium zum Lehrer für Deutsch und Geschichte. Von 1958 bis 1960 diente er als Freiwilliger bei der Artillerie der Nationalen Volksarmee.
1960 wurde er dem Schulkombinat in Graustein zugeteilt, wo er ab dem 1. September 1960 als Lehrer in den Orten Graustein, Reuthen, Lieskau und Schönheide tätig war. 1965, mit Auflösung des Schulkombinates, wechselte Wochatz an die Rosa-Luxemburg-Oberschule nach Spremberg, an der er bis 1972 unterrichtete. Während dieser Zeit absolvierte er ein Zusatzfernstudium zur Lehrbefähigung für die Klassen 11 und 12.
Wochatz trat 1968 in die CDU, eine der Blockparteien in der DDR, ein. Mit dem Beitritt in die CDU wollte er zum Ausdruck bringen, dass er mit dem Vorgehen der verbündeten Warschauer Staaten gegen den Prager Frühling in der ČSSR nicht einverstanden war.
Von 1972 bis 1980 war er Lehrer an der Betriebsberufsschule Dr.Theodor Neubauer der Kraftwerke Lübbenau und Vetschau im Bereich Berufsausbildung mit Abitur. Im Jahr 1980 verließ er, nach gesundheitlichen und privaten Problemen, den Schuldienst. In den Jahren 1983 bis 1986 war er als Hausmeister in einem kirchlichen Altersheim in Spremberg tätig.
1986 wurde Wochatz Kreissekretär der CDU in Spremberg. Von 2003 bis Oktober 2010 war er Vorsitzender und von Oktober 2010 bis zu seinem Ausscheiden im Mai 2014 stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion des Kreistags des Landkreises Spree-Neiße.
Bürgermeister von Spremberg
Nach der politischen Wende in der DDR im Herbst 1989 fanden am 6. Mai 1990 die ersten freien Kommunalwahlen in Spremberg statt. Als stärkste Partei ging hierbei die CDU hervor. Keine der unterlegenen Parteien stellte, vermutlich aus Unkenntnis der Sachlage, einen Kandidaten für das Bürgermeisteramt auf. Egon Wochatz wurde vom Stadtverband der CDU für dieses Amt vorgeschlagen. Am 31. Mai 1990 wurde er zum Bürgermeister der Stadt Spremberg gewählt und nahm am 1. Juni 1990 seine Tätigkeit auf. Er war damit der erste Bürgermeister nach der politischen Wende und auch der letzte Bürgermeister der Stadt Spremberg in der DDR. Am 11. Dezember 1993 wurde Wochatz mit 65,5 % der abgegebenen Stimmen für weitere acht Jahre im Amt als Bürgermeister bestätigt. Im Mai 2002 schied er mit Erreichen des Rentenalters aus dem aktiven Berufsleben aus. Seitdem war er bis zu seinem Tod im Dezember 2020 in der CDU-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung Spremberg als Abgeordneter tätig.
Wochatz stellte sich von Beginn an uneingeschränkt in den Dienst der Sache, was ihm nicht nur in der Verwaltung der Stadt, sondern auch in weiten Teilen der Spremberger Bevölkerung Respekt einbrachte.[3] Ohne Erfahrungen für dieses Amt und in einem neuen Rechtssystem lenkte er, manchmal auch unkonventionell, die Geschicke der Stadt. In seine Amtszeit fallen kommunale Initiativen und Ereignisse wie:
- der Erhalt des Standortes des Gaskombinates Schwarze Pumpe, welches nach seiner Neustrukturierung nun als Industriepark Schwarze Pumpe bekannt ist
- des Kraftwerks Neubau der damaligen VEAG und dem damit verbundenen Weiterbetrieb des Tagebau Welzow-Süd
- der Ansiedlung eines neuen Kunststoffwerkes der Erhard Hippe KG und einer neuen Papierfabrik der Hamburger Rieger GmbH
- der Weiterbetrieb des Krankenhauses Spremberg, welches über ein in Deutschland einmaliges Gesellschaftermodell verfügt
Als sein größter Erfolg im innerstädtischen Bereich gilt die Bebauung des Marktplatzes von Spremberg, der seit seiner Zerstörung zum Kriegsende 1945 an zwei Seiten unbebaut geblieben war und die komplette Sanierung der Haupteinkaufsstraße (Lange Straße). Aber auch den Verlust von Traditionsunternehmen wie die Stilllegung des Kraftwerk Trattendorf, die Abwicklung der Spremberger Textilbetriebe oder die Schließung des Spremberger Vordruckverlages musste er hinnehmen.
Sonstiges
- 1997 wurde Wochatz von einem Mann darauf angesprochen, ob es möglich wäre in Spremberg, wo er als 18-Jähriger in der 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“ gedient hatte, für seine gefallenen Kameraden einen Gedenkstein aufstellen zu lassen. Ohne Rücksprache mit der Stadtverordnetenversammlung oder anderen Gremien befürwortete Wochatz dies, bestand jedoch auf eine neutrale Inschrift. Ohne weitere Absprachen über diese Inschrift wurde der Gedenkstein dann im Frühjahr 1998 nach Spremberg verbracht. Wochatz lehnte die schon eingearbeitete Inschrift – „Zu Ehren unser gefallenen Kameraden“ – Die Veteranen der Panzerdivision Frundsberg – ab, da die Inschrift keineswegs neutral sei und auf den Zusatz „Panzerdivision“ verzichtet werden müsste. Nachdem der Sachverhalt öffentlich geworden war, sah sich Wochatz massiven Protesten aus allen politischen Lagern ausgesetzt. Der sichergestellte Stein wurde letztendlich nicht aufgestellt und den Stiftern zurückgegeben.[4]
- Am 13. Februar 1999 kam es in Guben zu Übergriffen auf Asylbewerber, wobei Farid Guendoul, der unter falscher Identität als Omar Ben Noui in Deutschland eingereist war, zu Tode kam. Darauf angesprochen, erwiderte Wochatz: „Was hatte der nachts auf der Straße zu suchen? Noch dazu in einem Ort, wo sich nicht sein Asylbewerberheim befand.“, und meinte, ein Ausländer, der hier mit einer verheirateten Frau anbandele, müsse damit rechnen, Ärger zu bekommen. Später entschuldigte er sich für seine Wortwahl.
- Am 6. Juni 2004 nahm Wochatz in Spremberg in seiner Funktion als Vertreter der Deutschen Kriegsgräberfürsorge an einer Gedenkfeier für Gefallene der 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“ teil, die in den letzten Kriegstagen 1945 im Raum Spremberg gekämpft hatten. Durch einen Zeitungsbericht bekannt geworden, sah er sich einer bundesweiten Medienkampagne ausgesetzt.[5]
Quellen
- Egon Du wirst ein Offizier!, Märkischer Bote, Ausgabe vom 17. Dezember 2011, Porträtserie zum 75. Geburtstag von Egon Wochatz
- Mit mir für Spremberg, Märkischer Bote, Ausgabe vom 24. Dezember 2011, Porträtserie zum 75. Geburtstag von Egon Wochatz
- Auch das Halten einer Stellung ist ein Erfolg, Märkischer Bote, Ausgabe vom 31. Dezember 2011, Porträtserie zum 75. Geburtstag von Egon Wochatz
Weblinks
- Trauerfeier für Egon Wochatz in der Kreuzkirche in Spremberg, Erstveröffentlichung am 16. Januar 2021
Fußnoten
- Egon Wochatz Sprembergs-Altbürgermeister ist im Krankenhaus verstorben In: LR-Online, 14. Dezember 2020
- Rede von Bürgermeisterin Christine Herntier anlässlich des Trauergottesdienstes für Altbürgermeister Egon Wochatz am 15. Januar 2021 Internetauftritt der Stadt Spremberg
- Wochatz bleibt mit Abstand Symphatieträger Nummer eins In: LR-Online, 27. Oktober 2003
- „Wirbel um einen Gedenkstein in Spremberg“, Lausitzer Rundschau 11. September 1998
- CDU Mann unter SS Kameraden In: Spiegel Online, 24. Juni 2004