Edward Wegener
Edward Wegener (* 17. Dezember 1904 in Kiel; † 30. Dezember 1981) war ein deutscher Konteradmiral der Bundesmarine und zuletzt von 1963 bis 1965 als Vizeadmiral Befehlshaber der Seestreitkräfte im NATO-Kommando Ostseezugänge. Er war ein Sohn des Vizeadmirals Wolfgang Wegener (1875–1956).
Militärische Laufbahn
Reichsmarine und Kriegsmarine
Nach dem Abitur in Wilhelmshaven trat Wegener 1923 als Offizieranwärter in die Reichsmarine ein. Er diente auf Linienschiffen, Kreuzern und Torpedobooten. Anfang der 1930er Jahre erhielt er eine artillerie-technische Ausbildung an der Technischen Hochschule Charlottenburg und wurde 1936 Kommandant des Torpedoboots Kondor. 1938 wurde er Referent im Oberkommando der Kriegsmarine.
Während des Zweiten Weltkriegs diente Wegener zunächst als Artillerieoffizier auf dem Schweren Kreuzer Admiral Hipper, später als Admiralstabsoffizier beim Marinegruppenkommando West und im Flottenkommando.
Nachkriegszeit und Bundesmarine
Nach Ende des Krieges war Wegener anfangs als Abteilungsleiter in der Leitung des Deutschen Minenräumdiensts tätig. Danach wurde er Direktionsassistent in einem Industrieunternehmen.
1956 trat er in die Bundesmarine ein und wurde als Kapitän zur See der erste deutsche Marineattaché der Nachkriegszeit in Washington, D.C. 1960 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde als Flottillenadmiral Leiter der Unterabteilung Führung im Führungsstab der Marine. Während dieser Verwendung war er für die erste Konzeption der Marine verantwortlich, die Ende Dezember 1962 durch den Inspekteur der Marine erlassen wurde. Er fasste die dieser Konzeption zugrunde liegenden Annahmen zur Bedrohung in einem Dokument "Ostseelage Marine" zusammen.[1] Darauf aufbauend hat Wegener sich nach seiner Pensionierung mit der sowjetischen Marineplanung befasst und seine Gedanken in dem Buch "Moskaus Offensive zur See" veröffentlicht.
1963 wurde er als Vizeadmiral NATO-Befehlshaber der Seestreitkräfte Ostseezugänge. Von diesem Dienstposten aus wurde er 1965 pensioniert.
Im Ruhestand als Konteradmiral a. D. kandidierte er, als Ausdruck seiner politischen Überzeugungen, für die CDU zum 5. Deutschen Bundestag. Er verfehlte knapp das Mandat, setzte seine politische Tätigkeit aber noch mehrere Jahre als ehrenamtlicher Stadtrat in Kiel fort.
Auszeichnungen
Unter den zahlreichen Auszeichnungen sind das Deutsche Kreuz in Gold, die US-amerikanische Legion of Merit und das Grosse Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland hervorzuheben.
Militärtheoretische Tätigkeit
In den Jahren seines Ruhestands entfaltete er eine rege historische, seestrategische und militärpolitische Publikationstätigkeit. Auch an den Angelegenheiten der Bundesmarine nahm er, in zahlreichen beratenden Funktionen, als Mitbegründer des Deutschen Marine-Instituts und Wiederbegründung der Marine-Rundschau etc. teil.
Zeitlebens galten seine Interessen, weit über den fachlichen Bereich hinaus, strategischen und geschichtlichen Zusammenhängen, wobei Fragen der Seemacht und des Verhältnisses von Seemacht und Außenpolitik (vor allem in Anwendung auf das deutsche Schicksal) im Vordergrund standen. Er erarbeitete ein modernes "seestrategisches Begriffssystem", dem er für die Wirkung von Seestreitkräften im Nichtkrieg ein "Begriffssystem der maritimen Macht" an die Seite stellte. Von seinem Vater, Admiral Wolfgang Wegener, übernahm er dabei den Einblick in den Rang der "seestrategischen Position" für Seeherrschaft, die zentrale Aufgabe der Sicherung der Seewege als Überlebensbedingung moderner Staaten, und die Bedeutung seehaften Denkens gerade in einem von kontinentalem Denken geprägten Land wie Deutschland. Seine Analyse der Bedeutung von Seestreitkräften im Nuklearzeitalter wurde insbesondere auch in den USA – wo er häufig publiziert hat – als wegweisend empfunden; er ist vom US Naval Institute als "the finest naval strategic thinker born in the 20th century" apostrophiert worden. Er hat in der Gründungsphase der Bundesmarine und zugunsten einer konzeptionellen Fundierung ihres Auftrages einen bedeutenden Beitrag geleistet, der heute gerade auch in seinen theoretischen Prämissen und in den Marinen anderer NATO-Partner anerkannt ist.
Werke
- Moskaus Offensive zur See. MOV-Verlag, Bonn-Bad Godesberg 1972 (mit Lebenslauf).
- Selbstverständnis und historisches Bewusstsein der deutschen Kriegsmarine, Marine-Rundschau 67 (1970), S. 321
- Die Elemente von Seemacht und maritimer Macht, in: Seemacht und Aussenpolitik, hrsg. Von D. Mahncke und H.P. Schwarz, Frankfurt 1974
- Theory of Naval Strategy in the Nuclear Age, Naval Review 1977, US Naval Institute
- Das Kräftespiel der Bündnisse und Nationen zur See heute, Symposium des Deutschen Marine Instituts
- Die Seeinteressen der Bundesrepublik Deutschland, 1979
- Das deutsch-britische Verhältnis vor den Weltkriegen, Marine-Forum 12-1980
- Nachworte (als Herausgeber) z. B. zu Paul M. Kennedy, Aufstieg und Verfall der britischen Seemacht, MOV-Verlag 1978
Literatur
- Johannes Berthold Sander-Nagashima: Die Bundesmarine 1950 bis 1972: Konzeption und Aufbau. Oldenbourg Verlag, München 2006, ISBN 978-3-486-57972-7
Weblinks
Einzelnachweise
- Sander-Nagashima: Die Bundesmarine 1955 bis 1972, S. 237 ff.