Eckart Roloff
Eckart Klaus Roloff (* 1944) ist ein deutscher Journalist, Medienforscher und Buchautor.
Leben
Roloff wuchs in Bayern auf: im Allgäu, in Donaustauf bei Regensburg, Lochham bei München und Bad Wiessee. Er ist der jüngste der vier Söhne des Arztes und Tuberkuloseforschers Wilhelm Roloff und dessen Frau Ingeborg. Nach dem Abitur am Gymnasium Tegernsee[1] studierte er, unterbrochen durch den 18-monatigen Zivildienst als Hilfspfleger in einem Frankfurter Krankenhaus, Publizistik, Soziologie, Politologie und Germanistik in Berlin, München und Salzburg; zudem arbeitete er als Praktikant in der Redaktion der Tiroler Tageszeitung in Innsbruck und in der Setzerei der Süddeutschen Zeitung in München. Von 1972 bis 1974 war er Volontär und Redakteur bei der Tageszeitung „Main-Echo“ (Aschaffenburg), dann Mitglied der Studiengruppe „Wissenschaft und Journalismus“ am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld.
Von 1975 bis 1988 war Roloff Referent im Bundespresseamt Bonn mit dem Aufgabenbereich Presseauswertung für Bundeskanzler und Regierungssprecher, Medienforschung. Von 1988 bis Ende 2007 leitete er beim „Rheinischen Merkur“ das Wissenschaftsressort und die Leserbriefredaktion; dort war er auch 14 Jahre lang Vorsitzender des Betriebsrates.
Wissenschaftliche Arbeit
Am Salzburger Publizistik-Institut arbeitete Roloff unter Günter Kieslich an Projekten zur Bonner Bundespressekonferenz, zur Ausbildung von Journalisten in Deutschland und zur Struktur der österreichischen Tagespresse mit. 1972 promovierte er mit der für den deutschsprachigen Raum ersten empirischen Studie zum Medizinjournalismus – im Mittelpunkt stand die Presseberichterstattung über die frühesten Herztransplantationen – zum Dr. phil. Gemeinsam mit Walter Hömberg und Manfred Hellmann erarbeitete Roloff am ZiF Bielefeld die erste große Studie zur Lage des Wissenschaftsjournalismus.
Nach 1974 hatte er Lehraufträge an Publizistik-Instituten und Journalistenschulen in Münster, Duisburg, Hagen, Bonn, Bochum, Eichstätt und Köln. 1982 lebte er fünf Monate in Norwegen. Dort begann er, als erster Ausländer die Geschichte und Struktur des dortigen Presse-, Rundfunk- und Buchmarktes zu erforschen; seitdem hat er dazu rund 100 Beiträge in Publikums- und Fachmedien veröffentlicht.[2][3][4] Er schrieb auch über die Medienlandschaft der samischen Minderheit in Norwegen[5][6] und das norwegische Rundfunksystem.[7]
Daneben beschäftigt er sich hauptsächlich mit Wissenschaftsjournalismus, den journalistischen Darstellungsformen, der Mediensprache, mit Wissenschaftssatiren (Marginalistik) wie etwa den Sprachen und Dialekten des Essbestecks[8] sowie mit der Medien-, Medizin- und Technikgeschichte[9]. Zu zwei weiteren Themen – den deutschen Museen für Medizin und Pharmazie sowie deutschen Medizin-, Pflege- und Pharmaskandalen – schrieb er gemeinsam mit der Wissenschaftsjournalistin Karin Henke-Wendt Bücher, die bei Hirzel erschienen.
Außerdem befasste sich Roloff in seinem Buch Göttliche Geistesblitze mit Theologen, die als Erfinder und Entdecker tätig wurden. Aufgrund seiner Publikationen und Vorträge zu diesem Thema beschloss der Rat der Stadt Querfurt 2014, in der Querfurter Altstadt eine Gasse nach Jakob Christian Schäffer zu benennen.[10] Außerdem gab die Lüftelberger Dorfgemeinschaft eine Bronzeskulptur zu Johann Adam Schall von Bell in Auftrag, die der Quedlinburger Künstler Jochen Müller gestaltete. Sie wurde am 14. September 2014 in der Petrusstraße in Lüftelberg, einem Stadtteil von Meckenheim, enthüllt.[11] Am 3. Juni 2018 wurde an der Querfurter St. Lamperti-Kirche das bundesweit erste Denkmal zu Jacob Christian Schäffer enthüllt, von Jochen Müller auf Roloffs Anregung gestaltet.[12]
Auszeichnungen
- 1964 1. Preis bei einem Wettbewerb des Bayerischen Landtags für Klassen an Gymnasien (Koordination der Arbeit über die politischen Beziehungen zwischen Frankreich und Rotchina)
- 1994 Theodor-Wolff-Preis des Bundesverbandes Deutscher Zeitungs-Verleger für die Berichterstattung zu zahlreichen tödlichen Infektionen durch HIV-kontaminierte Blutprodukte (sog. Bluter-Skandal)
- 1999 Lilly Schizophrenia Reintegration Award für das journalistische Engagement gegen die Stigmatisierung Schizophrener
Sonstiges / Nebentätigkeiten
1982 ist Roloff Mitbegründer der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft e. V., Bonn. Er war von 1988 bis 1990 deren Vorsitzender und danach bis 2012 Beisitzer im Vorstand. Vom Mai 2012 an war er 2. Vorsitzender, von April 2016 bis August 2018 Mitglied des Vorstands. Zusammen mit seiner Frau leitete er von 2007 bis 2018 die Redaktion der deutsch-norwegischen Zeitschrift „dialog“.
Gemeinsam mit seinen drei Brüdern stiftete er 1996 zur Erinnerung an seinen Vater und seine Mutter den Wilhelm und Ingeborg Roloff-Preis der Deutschen Lungenstiftung, mit dem alle zwei Jahre hervorragende journalistische Beiträge zur Lungenheilkunde ausgezeichnet werden. Der Preis wurde 2019 zum letzten Mal verliehen; bis dahin hatten ihn 50 Journalistinnen und Journalisten bekommen.[13] Roloff gehörte bis 2020 dem Kuratorium der Deutschen Lungenstiftung an.
Eckart Roloff ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie der Deutschen Gesellschaft für Post- und Telekommunikationsgeschichte. Von 1987 bis 1996 war er Beirat der evangelischen Medienzeitschrift „medium“.
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Eckart Klaus Roloff: Krankenhaus und empirische Sozialforschung. In: Deutsche Schwesternzeitung, 17. Jg. 1969, Heft 3, S. 122–124.
- Eckart Klaus Roloff: Kitsch und Wirklichkeit. (Über die Darstellung von Krankenschwestern und Ärzten in Trivialromanen.) In: Schwesternrevue, 8. Jg. 1970, Heft 11, S. 12–16, und Heft 12, S. 17–20.
- Eckart Klaus Roloff: Die Berichterstattung über Herztransplantationen in der westdeutschen Presse. Eine aussagenanalytische Fallstudie zu Phänomenen des Medizinjournalismus. Phil. Diss., Salzburg 1972.
- Eckart Roloff: Die publizistische Entdeckung des Patienten. Eine Presseanalyse zum Medizinjournalismus und zu den ersten Herztransplantationen. Nomos, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8487-0731-7 (leicht bearbeitete Fassung der Dissertation mit einem ausführlichen Vorwort von Beatrice Dernbach und einem Nachwort des Autors von 2013).
- Wolfgang Vyslozil, Heinz Pürer und Eckart Klaus Roloff: Die Struktur der österreichischen Tagespresse 1971. St. Pölten 1973.
- Günter Kieslich: Der journalistische Nachwuchs in der Bundesrepublik Deutschland. Daten zur Volontärausbildung in der Tagespresse. Bearbeitet von Eckart Klaus Roloff. Bund-Verlag, Köln 1974, ISBN 3-7663-0080-6.
- Eckart Klaus Roloff: Medizinjournalismus in der Kritik der Mediziner. Symptome gestörter Kommunikation. In: Publizistik, 21. Jg. 1976, Heft 3, S. 320–327, ISSN 0033-4006.
- Eckart Klaus Roloff: Journalistische Textgattungen. Oldenbourg, München 1982, ISBN 3-486-85141-1.
- als Hrsg.: Journalisten-Werkstatt. Schreibprozesse – zehn Beispiele aus der Praxis. Sauerländer, Aarau/Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-7941-3218-1.
- Eckart Klaus Roloff: Die Entwicklung von Patientenbedürfnissen durch die Medien - Treibt die Journaille die Leistungsexplosion voran? In: Klaus Merkle: Umbau oder Abbau im Gesundheitswesen? Innovationen im Gesundheitswesen. Band 1. Quintessenz, Berlin u. a. 1997, S. 419–424, ISBN 3-87652-116-5.
- Eckart Klaus Roloff: Gefahren für die Gesellschaft durch Epidemien und Seuchen? Sind wir vorbereitet? Synopse einer Podiumsdiskussion. In: Johannes Dingler u. a.: Epidemien und Seuchen. Eine Herausforderung für Wissenschaft und Gesellschaft? Zentrum für Umweltforschung der WWU Münster, Münster 2003, S. 111–118, ISBN 3-9808840-15
- Eckart Klaus Roloff: Verbände und Organisationen im Medienbereich. In: Peter Schiwy, Walter J. Schütz und Dieter Dörr (Hrsg.): Medienrecht. Lexikon für Praxis und Wissenschaft. Carl Heymanns Verlag, Köln 2010, S. 666–693, 5. Auflage, ISBN 978-3-452-27153-2.
- Walter Hömberg und Eckart Klaus Roloff (Hrsg.): Jahrbuch für Marginalistik I. Lit, Münster 2000, ISBN 3-8258-2385-7.
- Eckart Roloff: Göttliche Geistesblitze. Pfarrer und Priester als Erfinder und Entdecker. Wiley-VCH, Weinheim 2010; 2., aktualisierte Auflage 2012, ISBN 978-3-527-32864-2.
- Walter Hömberg und Eckart Roloff (Hrsg.): Jahrbuch für Marginalistik II. Lit, Münster 2011, ISBN 978-3-8258-6052-3.
- Walter Hömberg und Eckart Roloff (Hrsg.): Jahrbuch für Marginalistik III. Lit, Berlin/Münster 2014, ISBN 978-3-643-99840-8.
- Eckart Roloff und Karin Henke-Wendt: Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Eine Tour durch Deutschlands Museen für Medizin und Pharmazie. Hirzel, Stuttgart 2015. Band 1, Norddeutschland, ISBN 978-3-7776-2510-2, und Band 2, Süddeutschland, ISBN 978-3-7776-2511-9.
- Walter Hömberg und Eckart Roloff (Hrsg.): Jahrbuch für Marginalistik IV. Lit, Berlin 2016, ISBN 978-3-643-99793-7.
- Eckart Roloff und Karin Henke-Wendt: Geschädigt statt geheilt. Große deutsche Medizin- und Pharmaskandale. Hirzel, Stuttgart 2018. ISBN 978-3-7776-2763-2.
- Eckart Roloff: Diagnose: ein Defizit auf Dauer. Warum Heimärzte die Versorgung verbessern könnten. In: Dr. med. Mabuse, 46. Jg. 2021, Heft 254, S. 44–46.
Übersetzung
- Harald L. Tveterås: Geschichte des Buchhandels in Norwegen. Aus dem Norwegischen übersetzt von Eckart Klaus Roloff. Verlag Harrassowitz, Wiesbaden 1992, ISBN 3-447-03172-7.
Quellen
- Broschüre zur Vergabe des Theodor-Wolff-Preises 1993, hrsg. vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, S. 50.
- Kurt Koszyk, Volker Schulze (Hrsg.): Die Zeitung als Persönlichkeit. Festschrift für Karl Bringmann. Verlag Droste, Düsseldorf 1982, S. 434.
- Karin Hoff u. a. (Hrsg.): Poetik und Gedächtnis. Festschrift für Heiko Uecker zum 65. Geburtstag. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2004, S. 444.
- Eckart Klaus Roloff (Hrsg.): Journalisten-Werkstatt. Schreibprozesse – zehn Beispiele aus der Praxis. Verlag Sauerländer, Aarau/Frankfurt am Main 1990, S. 4.
- Matthias Kohring: Die Funktion des Wissenschaftsjournalismus. Ein systemtheoretischer Entwurf. Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, S. 37 f.
Einzelnachweise
- Eckart Roloff: Auf ewig umgarnt vom 'Genius loci tegernseensis'. Unauslöschliche Erinnerungen an die Schulzeit im Schloss. In: Tegernseer Tal, Heft 172/2020, S. 40–42
- Presseforschung in Norwegen. In: Publizistik. Heft 4/1982, S. 596–604.
- Oslo und seine Zeitungen. Aufklärung über eine unbekannte Pressestadt. In: Kurt Koszyk, Volker Schulze (Hrsg.): Die Zeitung als Persönlichkeit. Verlag Droste, Düsseldorf 1982, ISBN 3-7700-4036-8, S. 305–318.
- Als Gutenberg nach Volda kam. Die norwegische Provinz Møre og Romsdal – ein Paradies für Pressehistoriker, Zeitungsstatistiker und Journalistenausbilder. In: Beate Schneider, Kurt Reumann, Peter Schiwy (Hrsg.): Publizistik. Beiträge zur Medienentwicklung. UVK Konstanz 1995, ISBN 3-87940-551-4, S. 353–371.
- Eckart Klaus Roloff: Sámi Radio Kárašjohka – Massenmedium einer Minderheit. Der Hörfunksender im norwegischen Teil Lapplands. In: Rundfunk und Fernsehen, 35. Jg. 1987, Heft 1, S. 99–107.
- Eckart Klaus Roloff: „Lapplands unbeachtete Literatur.“ In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 42. Jg. 1986, Nr. 30, S. 1050–1053
- Eckart Klaus Roloff und Gunnar Köhne: Das Rundfunksystem in Norwegen. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch für Rundfunk und Fernsehen 1990/91, Nomos, Baden-Baden/Hamburg 1990, S. 160-D 167, ISBN 3-7890-1991-7.
- Wie Messer und Gabel auf den Zeiger gehen können. Aufklärung über die Bestecksprache. In: Walter Hömberg (Hrsg.): Marginalistik. Almanach für Freunde fröhlicher Wissenschaft. Allitera Verlag, München 2019, S. 181–200, ISBN 978-3-96233-179-5.
- Eine starke Stimme für die Frauen. Hedwig Dohm. In: Michael Haller, Walter Hömberg (Hrsg.): „Ich lass mir den Mund nicht verbieten!“ Journalisten als Wegbereiter der Pressefreiheit und Demokratie. Reclam Verlag, Ditzingen 2020, S. 114–117, ISBN 978-3-15-011277-9
- alt-querfurt.de
- rundschau-online.de
- Universalgenie Jacob Christian Schäffer (Memento vom 12. Juni 2018 im Internet Archive)
- Eckart Roloff: WIR-Preis der Deutschen Lungenstiftung zum letzten Mal überreicht - doch es wird weitergehen. In: Lunge, Luft und Leben, 24. Jg. 2019, Nr. 45, S. 21–22.