Echter Eibisch
Der Echte Eibisch (Althaea officinalis), auch Arznei-Eibisch genannt, gehört zur Familie der Malvengewächse (Malvaceae).
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Echter Eibisch (Althaea officinalis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Althaea officinalis | ||||||||||||
L. |
Namensgebung
Der botanische Name Althaea (von griechisch ἀλϑαία, „die Heilsame“; fälschlich auch Altea[1]) leitet sich von dem griechischen Wort ἄλθειν álthein ab, das so viel wie „heilen“ bedeutet. Der deutsche Pflanzenname Eibisch lässt sich über mittelhochdeutsch ībesch (auch ĩbeschenwurz) auf lateinisch (h)ibiscum zurückführen. Im Volksmund findet man für die Pflanze auch Bezeichnungen wie Althee, Alter Thee, Samtpappel, Ibischwurz, Heilwurz, Weiße Malve, Sumpfmalve, Adewurz oder Schleimwurzel. Lateinisch wurde der Eibisch auch Bismalva[2] genannt.
Weitere zum Teil auch nur regional gebräuchliche deutsche Bezeichnungen für den Echten Eibisch sind oder waren: Arteawurzel (Rendsburger Apotheke), Ebich, Ebiche (mittelhochdeutsch), alte Eh (Österreich), Eibesch, Eibich (Österreich), Eibischwurz, Eibschen (Zürich), Eisenkraut, Grozpapel (althochdeutsch), Heemst (Niederlande), Hemisch, Hemst (Niederlande), Homes, Hülfwurz, witte Hümst, Hünst (mittelniederdeutsch), Hüffwurzel (Schlesien), Ibisch, Ibischa, Ibischpappel, Ibsche (Bern, mittelhochdeutsch), Ibschge (Zürich), Ipsch (mittelhochdeutsch), witte Malve, Pallenblöm (bezogen auf die Blüte), weiße oder wilde Pappel, wilt Pippeln, Sammetpappeln, Rockwort (mittelniederdeutsch), Teewurzel (Rendsburger Apotheke), Ungerschkrud, Weizpappel, Ybesce, Ybesch, Ybesche, Ybischa, Ybischea, Ybize und Ywesche (mittelhochdeutsch).[3]
Beschreibung
Der Echte Eibisch ist eine aufrechte, mehrjährige krautige Pflanze mit kräftigen Sprossachsen (Stängeln). Er erreicht eine Größe von 60 bis 150 cm und blüht von Juli bis August. Die gestielten Laubblätter sind wechselständig. Sie sind eiförmig, teils drei- bis fünflappig, gesägt, spitz und samtig-flzig behaart. Die kleinen Nebenblätter sind früh abfallend.
Die Blüten erscheinen achselständig, einzeln oder in kleinen Gruppen oder endständig in kleinen Rispen. Die gestielten und fünfzähligen Blüten mit doppelter Blütenhülle und einem Außenkelch sind strahlend weiß bis blass-purpur. Die tief geteilte Kelch ist dicht behaart. Die Petalen sind verkehrt-keilförmig. Bei der Unterfamilie Malvoideae sind die vielen Staubblätter einbrüderig zu einer den Stempel umgebenden Röhre verwachsen, der sogenannten Columna. Der vielkammerige, abgeflachte Fruchtknoten ist oberständig und die Narbe ist vielästig.
Es werden abgeflacht rundliche und behaarte, vielsamige Spaltfrüchte mit beständigem Kelch gebildet. Die Samen in den einzelnen, kleinen „Cocci“ sind nierenförmig.
Althaea officinalis ist eine wertvolle Bienenfutterpflanze.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 42.[4]
Vorkommen
Der Echte Eibisch kommt wild in den Steppenzonen Südrusslands und Kasachstans östlich bis zum Altai vor. Im Westen reicht die Verbreitung in Südeuropa vom Balkan über Italien bis zur Iberischen Halbinsel. Nach Mitteleuropa wurde die Pflanze durch den Menschen gebracht (Archäophyt), beständige verwilderte Vorkommen sind hier auf küstennahe Gebiete und Binnensalzstellen beschränkt. Vorübergehend taucht die Pflanze an Ruderalstellen, in Gartenanlagen oder auch auf Schuttplätzen auf. Bevorzugt werden sonnige warme Standorte mit nährstoffreichen, gut wasserversorgten Lehm- oder Tonböden. Er ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Soncho-Angelicetum archangelicae, kommt aber auch in anderen Gesellschaften der Ordnung Convolvuletalia oder der Ordnungen Molinietalia oder Agrostietalia vor.[4]
In Österreich gibt es ein autochthones Vorkommen in Zwingendorf (Niederösterreich).[5]
Krankheiten
Der Echte Eibisch wird vom Malvenrost befallen, der hier Teliosporen bildet.[6]
Verwendung
Kulinarische Verwendung
Aus Substanzen des Eibischs wurde ursprünglich die Süßware Marshmallow hergestellt, die heute vor allem mit den Vereinigten Staaten assoziiert wird, die aber auf die französische pâte de guimauve bzw. den sogenannten Eibischteig zurückgeht. Der Name Marshmallow leitet sich von der englischsprachigen Bezeichnung marsh mallow (deutsch: Sumpf-Malve) für den Eibisch ab. Verwendet wurden dafür sowohl die Sprossachsen (Stängel) und Blätter als auch die Wurzel; heute verwendet die Industrie dafür Ersatzstoffe.
Gegessen hat man früher auch die Wurzeln, die zuerst gekocht und dann gebraten wurden. Essbar sind auch die Blüten, und die jungen Blätter können im Salat mitgegessen werden. Die Römer verwendeten die Pflanze als Suppenkraut und zur Füllung von Spanferkeln.
Bei Hungersnöten hat man die weiße mohrrübenähnliche Wurzel als Nahrung verwendet. Die einzige Bezugnahme in der Bibel spielt auf den faden Geschmack des Eibischschleims an (Hi 6,6 ): „Wird Fades ohne Salz gegessen, oder ist Geschmack im Eibischschleim?“ Das weist darauf hin, dass man Eibischschleim keinesfalls ohne Gewürz oder in Zeiten des Wohlstands gegessen hätte.
Medizinische Verwendung
Als Droge werden verwendet:
- Die zur Blütezeit im Juli bis August gesammelten und getrockneten Blüten (Althaeae flos).
- Die vor und während der Blüte gesammelten und getrockneten Laubblätter (Althaeae folium).
- Die getrocknete Eibischwurzel (Althaeae radix).
Die Schleimstoffe wirken einhüllend, reizmildernd und lindernd[7]; im Tierversuch konnten auch entzündungshemmende und immunstabilisierende Wirkungen nachgewiesen werden.
Bereits in der Antike galt Eibisch als heilsam bei Gicht, Verhärtungen und Geschwulsten, Eingeweideschmerzen und Leistengeschwüren.[8] Auch die mittelalterliche Phytotherapie benutzte die (humoralpathologisch heiße und trockene), „erweichend“ wirkende Eibischwurzel (früher auch zur Herstellung einer Eibisch-Salbe, unguentum dialtheia, verwendet[9][10]) gegen „harte Geschwüre“ bzw. „Geschwülste“, „Brüche“, „Beulen und Apostemen“.[11][12] Neben der Wurzel wurden auch die Blätter und die Samen heilkundlich genutzt.[13]
In der traditionellen persischen Medizin wird Eibisch beispielsweise zur Behandlung des seborrhoischen Ekzems angewendet[14].
Laut dem Kräuter- und Heilpflanzenführer von David Hoffmann kann man die Wurzel bei Verdauungsstörungen, Entzündungen im Verdauungstrakt und der Haut verwenden, die Blätter für Lunge und ableitende Harnwege. Echter Eibisch werde für Bronchitis, Erkältung und Hustenreiz empfohlen und sei lindernd bei Urethritis (Harnröhrenentzündung) und Harngrieß sowie könne äußerlich bei Krampfadern und Furunkel angewendet werden.[7]
Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat eine Monographie zur Eibischwurzel veröffentlicht. Darin werden die traditionellen Indikationen für verschiedene Zubereitungen bestätigt, zum Beispiel als reizlinderndes Arzneimittel bei Entzündungen des Mund- und Rachenraums, zur Minderung des Hustenreizes und bei leichten Entzündungen im Magen-Darm-Bereich.[15]
- Echter Eibisch in Form der Blattdroge (Althaeae folium)
- Echter Eibisch in Form der Wurzeldroge (Althaeae radix)
Inhaltsstoffe
Inhaltsstoffe des Echten Eibisch sind Schleimstoffe (in den Wurzeln bis zu 25 %) besonders mit Galacturonorhamnanen und Arabinogalactanen; Pektine und in der Wurzel auch Stärke.
Literatur
- Robert Bentley, Henry Trimen: Medical Plants. Vol. I, J. & A. Churchill, 1880, Nr. 35.
- Werner Ratfisch: Zur Geschichte der medizinischen Verwendung des Eibisch (Althaea officinalis L.). Medizinische Dissertation, Leipzig 1936.
- Oskar Sebald (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Ulmer, Stuttgart 1990–1998 (8 Bände).
- Wolfgang Adler, Karl Oswald, Raimund Fischer: Exkursionsflora von Österreich. Hrsg.: Manfred A. Fischer. Ulmer, Stuttgart/Wien 1994, ISBN 3-8001-3461-6.
- Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. Area, Erftstadt 2006, ISBN 3-89996-682-1.
- Ingrid Schönfelder, Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen, Franckh-Kosmos Verlagsgesellschaft, 2004, ISBN 3-440-09387-5.
- K. Hiller, M. F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage, 2010, Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-8274-2053-4.
Weblinks
- Echter Eibisch. FloraWeb.de
- Verbreitungskarte für Deutschland. In: Floraweb.
- Althaea officinalis L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 8. Dezember 2015.
- Die Verbreitung auf der Nordhalbkugel nach Eric Hultén
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Literatur zu Althaea officinalis in den Kew Bibliographic Databases (englisch)
- Hermann Adolf Köhler: Köhler’s Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen Abbildungen mit kurz erläuterndem Texte Buchscan bei Biolib.de
Einzelnachweise
- Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 32 (Altea „[ei]jbisch“).
- Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 136.
- Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Verlag von Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 23.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 657.
- Thomas Holzer: Salzstandorte im nördlichen Weinviertel um Zwingendorf. In: Georg Wolfram et al. (Hrsg.): Salzlebensräume in Österreich. Umweltbundesamt, Wien 2006. S. 118 (PDF; 3,6 MB - aufgrund einer ungewöhnlichen Codierung nicht automatisch durchsuchbar).
- Peter Zwetko: Die Rostpilze Österreichs. Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1, Uredinales. (PDF; 1,8 MB).
- David Hoffmann: Natürlich gesund – Kräutermedizin. Über 200 Kräuter und Heilpflanzen und ihre Wirkung auf die Gesundheit, Teil Drei: Das Pflanzenverzeichnis, S. 55, Übersetzer Mosaik Verlag, Originaltitel: The Complete Illustrated Holistic Herbal. Element Books, Shaftesbury, England 1996, ISBN 1-85230-847-8.
- Hans Zotter: Antike Medizin. Die medizinische Sammelhandschrift Cod. Vindobonensis 93 in lateinischer und deutscher Sprache. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1980 (= Interpretationes ad codices. Band 2); 2., verbesserte Auflage ebenda 1986, ISBN 3-201-01310-2, S. 108–111.
- Dieter Lehmann: Zwei wundärztliche Rezeptbücher des 15. Jahrhunderts vom Oberrhein. Teil I: Text und Glossar. Horst Wellm, Pattensen/Han. 1985, jetzt bei Königshausen & Neumann, Würzburg (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 34), ISBN 3-921456-63-0, S. 167 f.
- Vgl. auch Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 124 (dialtheia, dialtea; „ditz pflaster hayst dyaltei“).
- Barbara Fehringer: Das „Speyerer Kräuterbuch“ mit den Heilpflanzen Hildegards von Bingen. Eine Studie zur mittelhochdeutschen „Physica“-Rezeption mit kritischer Ausgabe des Textes. Würzburg 1994 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Beiheft 2), S. 61 f.
- Petrus Uffenbach (Hrsg.): Pedacii Dioscoridis Anazarbaei Kraeuterbuch … (ins Deutsche übersetzt von Johannes Danzius), Frankfurt am Main (bei Johann Bringern) 1610, S. 238 f.
- Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 198.
- Successful Treatment of Chronic Scalp Seborrheic Dermatitis Using Traditional Persian Medicine: A Case Report and Literature Review, Galen Medical Journal, 2018 Vol 7
- European Union herbal monograph on Althaea officinalis L., radix