Dutch-Paris
Dutch-Paris ist der Name eines westeuropäischen Fluchtnetzwerks im Zweiten Weltkrieg, das mehr als 1.000 Verfolgte aus den von Deutschland besetzten Niederlanden, Belgien und Frankreich entweder in die Schweiz oder nach Spanien in Sicherheit brachte. Darunter befanden sich etwa 800 Juden, mehr als 100 Besatzungsmitglieder von abgeschossenen alliierten Flugzeugen und zahlreiche weitere Personen.
Entstehung, Funktionsweise und Wirkung
Nach dem Westfeldzug, der mit der Besetzung der Beneluxländer und dem Waffenstillstand von Compiègne endete, war es Johan Hendrik Weidner, einem in Paris lebenden niederländischen Geschäftsmann, nicht mehr möglich, sich den alliierten Truppen anzuschließen, und so führte er sein Unternehmen von Lyon und Annecy aus weiter. Als gläubigem Siebenten-Tags-Adventisten war es ihm wichtig, seinen Mitmenschen durch Taten zu helfen. Deshalb baute der passionierte, an der Schweizer Grenze in Collonges sous Salève aufgewachsene Bergsteiger mit Freunden ab 1941 das aus Geheimhaltungsgründen namenlose Fluchtnetzwerk auf, um verfolgte Menschen durch Frankreich und dann auf unwegsamen Bergpfaden entweder in die Schweiz oder über die Pyrenäen nach Spanien in Sicherheit zu bringen. Dem Netzwerk gelang es, etwa 800 Juden, mehr als 100 abgeschossene alliierte Besatzungsmitglieder und zahlreiche weitere Menschen über die Grenzen zu bringen. Es bestand während der Blütezeit aus bis zu 300 Fluchthelfern, von denen etwa 150 gefangen genommen wurden.
Finanziert wurde es durch geheime Geldtransfers der niederländischen Exil-Regierung und alliierter Geheimdienste über die niederländische Botschaft in der Schweiz und durch Willem Adolf Visser ’t Hooft vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Das Netzwerk beförderte auch geheime Informationen aus den Niederlanden in die Schweiz und umgekehrt, was als The Swiss Way bezeichnet wurde. Wichtige Mitarbeiter waren Jacques Rens, Edmond Chait, Suzanne Hiltermann-Souloumiac, Jef Lejeune, Paul Veerman, Benno Nijkerk, Hans Wisbrun, Aan de Stegge, Vital Dreyfus und Herman Laatsman von der früheren niederländischen Botschaft in Paris, der 1943 ein eigenes Untergrundnetzwerk mit einbrachte. Als eines Tages ein alliierter Pilot Laatsman nach dem Namen des Netzwerks fragte, antwortete dieser angeblich Dutch in Paris (Holländer in Paris), wodurch dann die Bezeichnung Dutch-Paris entstand.
Wichtige Flüchtlinge waren u. a. François de Menthon, Gerrit Jan van Heuven Goedhart und Xavier de Gaulle.
Literatur
- Herbert Ford: Flee the Captor, Review and Herald Publishing Association, 1994, ISBN 0-8280-0882-5.
- Kurt Ganter: A Heart Open to the Suffering of Others - The John Henry Weidner Story pdf, The Journal of Adventist Education, 2013
- Megan Koreman: Ordinary Heroes of the Nazi Occupation: The Dutch-Paris Escape Line, Bloomsbury Academic, 11. August 2016, ISBN 978-1474263931.
Weblinks
- "Way to Freedom", Dokumentarfilm, von Dick Verkijk, 1967 auf YouTube
- The Dutch Escape Lines der WW2 Escape Lines Memorial Society
- The John Weidner Foundation
- Johan Hendrik Weidner auf der Website von Yad Vashem
- How to Flee the Gestapo - Searching for the Dutch-Paris Escape Line