Dorfkirche Friedrichsfelde
Die evangelische Dorfkirche Friedrichsfelde (bzw. ihr Vorgängerbau) ist einer der ältesten Kirchenbauten des Berliner Bezirks Lichtenberg und eines von vier Gotteshäusern der Paul-Gerhardt-Gemeinde. Sie entstand anstelle einer ersten Dorfkirche aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Nach starken Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde sie 1951/1952 vereinfacht wiederaufgebaut und steht unter Denkmalschutz.[1] Das Kirchengebäude befindet sich an der Alfred-Kowalke-Straße /Ecke Am Tierpark auf dem denkmalgeschützten Dorfanger im Friedrichsfelder Kiez des Ortsteils Friedrichsfelde.
Dorfkirche Friedrichsfelde | |
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Ansicht von Südwesten | |
Baujahr: | vor 1265 |
Baumeister: | unbekannt |
Bauherr: | Kirchengemeinde Friedrichsfelde |
Lage: | 52° 30′ 21,2″ N, 13° 31′ 9,1″ O |
Anschrift: | Alfred-Kowalke-Straße Berlin-Friedrichsfelde Berlin, Deutschland |
Zweck: | evangelisch-lutherisch Gottesdienst |
Gemeinde: | Evangelische Paul-Gerhardt-Gemeinde |
Webseite: | www.paul-gerhardt.com |
Erstes Kirchengebäude
Niederdeutsche Siedler gründeten das Dorf Rosenfelde um 1230 und errichteten in seinem Zentrum eine Kirche aus gequadertem Feldsteinmauerwerk mit schiffsbreitem Westturm, Langhaus und eingezogenem Chor. Anders als von Pomplun dargestellt, es hätte sich um eine „vollständige Anlage“ gehandelt, hatte die Kirche keine halbrunde Apsis, denn der östliche Anbau trug kein Kegeldach, sondern ein Satteldach. Der Chor erhielt bald einen frühgotischen Blendengiebel aus Backstein.
Dorf und Kirche wurden am 2. April 1265 erstmals urkundlich erwähnt. Diese mittelalterliche Kirche wurde zwischen 1718 und 1728 durch den Hofbaumeister Martin Heinrich Böhme wesentlich erweitert und im Barockstil umgestaltet. Der Turm erhielt 1723 einen Verputz mit Ecklisenen sowie einen neuartigen Aufbau mit Laterne im Barockstil. Das Innere der Kirche wurde einschließlich des Altars und der Kanzel farbig ausgemalt. 1777 wurden die Fenster vergrößert, die Chöre erweitert, und das Gotteshaus erhielt eine Orgel von Ernst Julius Marx.
Zweites Kirchengebäude
Weil die Kirche für die zunehmende Anzahl an Gemeindemitgliedern bald zu klein wurde, beschloss der Kirchenrat einen Neubau, der unmittelbar neben der alten Kirche von 1887 bis 1890 errichtet wurde. Dieses neue Kirchengebäude wurde im neoromanischen Stil, einer Variante des seinerzeitigen Zeitstils des Historismus, gebaut. Es erhielt einen schlanken, hoch aufstrebenden Turm mit drei bronzenen Glocken und eine dreigeschossige Apsis als Ostschluss. Der Bau war reichhaltig mit Zierblenden geschmückt. Eigens für die beiden Kirchen wurde die Straßenführung so geändert, dass der Anger nicht mehr zwischen zwei Straßenbereichen liegt; die damalige Wilhelmstraße wurde verschwenkt.
Erst nach Einweihung der neuen (zweiten) Kirche wurde 1891 das erste Gebäude abgetragen. So waren einige Jahre beide Bauten dicht nebeneinander zu bewundern und dienten Malern und Fotografen als interessantes Motiv. Aus der früheren Kirche war die Altarkanzel recht gut erhalten; sie konnte nach Petershagen verkauft werden, die Orgel kam in das benachbarte Eggersdorf.[2]
Ein gesondertes Gemeindehaus, einige Meter weiter nördlich gelegen, vervollständigte bald das Kirchenensemble. (Darin befindet sich im 21. Jahrhundert das Café Kick.)
Im Dezember 1943 beschädigte eine Luftmine bei einem alliierten Luftangriff die Kirche stark. Im April 1945 beschossen deutsche Tiefflieger das Gebäude, das nun ausbrannte und nicht mehr betretbar war. Auch Pfarrhaus und Gemeindehaus wurden durch Brände und Bombentreffer stark geschädigt. Eine Informationstafel in der Kirche zeigt eine frühere Ansicht der Kirche und Fotos von den Zerstörungen.
Die ersten Gottesdienste nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden zunächst in der Friedhofskapelle, dann in dem notdürftig reparierten Gemeindehaus statt.
Wiederaufbau des zweiten Gotteshauses
Äußeres
Das alte Gotteshaus stand noch bis 1950 als Ruine. Als schließlich etwas Geld aufgetrieben werden konnte, erhielt der Berliner Architekt Herbert Erbs den Auftrag, einen vereinfachten Wiederaufbau durchzuführen. Aus den alten Langhauswänden sowie zahlreichen Balken und Backsteinen entstand schließlich der verputzte und in der Länge verkürzte Bau mit einem rundbogigen Stufenportal und einfachen Rundbogenfenstern. Es handelt sich um einen rechteckigen Saalbau mit Sakristeianbau und quadratischem Dachturm. Der Bau wirkt sehr schlicht.
Aus verwaltungstechnischen Vorschriften musste dabei die zur damaligen Schloßstraße (seit 1961: Am Tierpark) zeigende Altarwand um rund zwölf Meter zurückgesetzt werden. Im Kirchenschiff hängen die Originalzeichnungen des Architekten, die die erhaltenen Gebäudeteile zeigen und die baulichen Veränderungen; insbesondere wurden die Fenster verkleinert und der Turm vereinfacht.
Im März 1951 konnte Richtfest gefeiert werden. Am 26. August erfolgte die Glockenweihe der drei von der Firma Schilling & Lattermann aus Morgenröthe-Rautenkranz im Jahr 1951 neu gegossenen Eisen-Glocken und zum 1. Advent wurde der Weihgottesdienst gehalten.
Der Turm hat eine Höhe von 39 Metern und einen verkupferten Helm. Bei dem Wiederaufbau wurden auch im Turm viele Fensteröffnungen zugemauert.
Nr. | Durchmesser | Gewicht | Schlagton | Inschrift |
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1 | 1260 mm | 910 kg | g´ | Der Vater hat euch lieb. (Joh 16.27) |
2 | 1090 mm | 680 kg | a′ | Freut euch in dem Herrn alle Wege (Joe 2.23) |
3 | 980 mm | 435 kg | h′ | Seid fleißig, zu halten die Einigkeit (Eph 4.3) |
Inneres
Das Tonnengewölbe des Kirchenhauptschiffes ist relativ schmucklos und mit dunklen Hölzern verkleidet. Ein einfacher Altar mit Pult und modernem Taufstein bilden die wesentliche Ausstattung des Chorraumes. Auf einer Empore steht eine Orgel (1380 Pfeifen, 19 Register, zwei Manuale und ein Pedal), die aus der Werkstatt von Alexander Schuke stammt.[3] Die Orgel wurde 1955, nach dem Wiederaufbau, installiert. Im Laufe der folgenden Jahre waren große Teile durch eindringende Feuchtigkeit wegen des undichten Kirchendaches unbrauchbar geworden. In mühseliger Handarbeit und mit Hilfe einer großzügigen Spende der Firma Verkehrsbau Union konnte das klangschöne Kirchenmusikinstrument von 1999 bis 2000 restauriert werden.
In den Jahren 1988 und 2000 erfolgte eine grundlegende Instandsetzung und Sanierung des Pfarrhauses und des Kirchengebäudes, das dabei neuen Außenputz erhielt. Die Kirche und das Pfarrhaus stehen unter Denkmalschutz.[4][5]
Dokumentenfund
Am 21. Juni 2010 fanden Archäologen bei Vorbereitungsarbeiten zur Verbreiterung der Straße Am Tierpark die Grundsteinkassette, die 1887 unter dem Altar platziert worden war. Wegen der vereinfachten Wiederherstellung des Kirchengebäudes nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich die verlötete Kupferkassette nun außerhalb des Gebäudes. Sie wurde fachgerecht geöffnet und enthielt: die Friedrichsfelder Zeitung und die Preußische Zeitung vom 13. Oktober 1887, einen Eisenbahnfahrplan vom 1. Oktober 1887, ein Heftchen über die Sonnenfinsternis vom 19. August 1887 sowie Satzungen und Statute des Gesangsvereins, der Ortskrankenkasse und des Bürgervereins mit den Namen der Mitglieder sowie das Programm und natürlich die Urkunde zur Grundsteinlegung.[6]
Pfarrhaus
Auf dem Areal des Pfarrgartens wurde von 1860 bis 1875 ein Pfarrhaus (siebenachsig und mit Satteldach) aus Backsteinen gebaut. Nach rund 100 Jahren (1979–1983) wurde das Gebäude unter Leitung des Architekten Joachim Ludewig um- und ausgebaut.
Zusammenschluss und Gemeindearbeit
Im Jahr 2001 schlossen sich die vier evangelischen Gemeinden Friedrichsfelde, Karlshorst Zur frohen Botschaft, Nöldnerstraße (Erlöserkirche) und Eitelstraße (Barmherzigkeit) zur Paul-Gerhardt-Gemeinde zusammen, wodurch nun mit drei Pfarrstellen vier vormals eigenständige Kirchengemeinden betreut werden können. Einzelne Arbeitsbereiche wie die Jugendarbeit werden gemeinsam betrieben, an den bisherigen Standorten gibt es jedoch auch weiter gesonderte Gottesdienste und Veranstaltungen, in Friedrichsfelde wird z. B. eine eigene Bläsergruppe unterhalten, die auch öffentlich auftritt.
Literatur
- Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Berlin II. Hrsg. Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, Berlin 1987.
- Jan Feustel: Spaziergänge in Lichtenberg. Verlag Haude und Spener, Berlin 1996, ISBN 3-7759-0409-3.
- Kurt Pomplun: Berlins alte Dorfkirchen. Verlag Haude und Spener, Berlin, ISBN 3-7759-0261-9.
- Theodora Paeslack: 700 Jahre Friedrichsfelde; das Dorf und seine Kirche 1265–1965. In: Lichtenberger Hefte, 1, 1991; Hrsg. Bezirksamt Lichtenberg.
- Festschrift zur 100-Jahr-Feier der Kirche; Hrsg. Gemeinde Friedrichsfelde, 1991.
- Markus Cante: Kirchen bis 1618. In: Berlin und seine Bauten, Teil VI: Sakralbauten. Hrsg.: Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin, Berlin 1997.
- Gespräch mit dem Pfarrer Kind im Januar 2008.
Weblinks
Einzelnachweise
- Alfred-Kowalke-Straße, Ev. Kirche, 1950–1952 von Herbert Erbs
- Geschichte der Eggersdorfer Orgeln Institut für Orgelforschung Brandenburg
- Information zur Schuke-Orgel
- Berliner Landesdenkmalliste: Dorfkirche Friedrichsfelde
- Berliner Landesdenkmalliste: Pfarrhaus der Dorfkirche Friedrichsfelde
- Der Schatz von Friedrichsfelde. In: Berliner Zeitung, 24. Juni 2010