Dieter Meier
Dieter Meier (* 4. März 1945 in Zürich) ist ein Schweizer Konzeptkünstler und Musiker, der vor allem als Sänger des Elektropop-Duos Yello international bekannt wurde.
Leben
Dieter Meier begann ein Jurastudium, brach es aber ab. Anschliessend arbeitete er in einer Bank und danach als Berufspokerspieler. Sein Vater – aus ärmlichen Verhältnissen stammend – war als Privatbankier ein erfolgreicher Unternehmer.
Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre machte Meier, der sich selbst als Individual-Anarchist bezeichnet, durch aussergewöhnliche Aktionen auf sich aufmerksam: Beispielsweise inszenierte er im Jahr 1968 am Haupteingang des Zürcher Warenhauses Magazine zum Globus ein Strassentheater und 1971 gab er in New York City jedem Passanten eine Quittung über einen US-Dollar, der zu ihm die Worte „Yes“ oder „No“ sagte.
1972 liess Meier als Beitrag zum Concept-Art-Programm der documenta 5 am Kasseler Hauptbahnhof eine Metalltafel mit folgender Aufschrift einbetonieren: „Am 23. März 1994 von 15.00 – 16.00 Uhr wird Dieter Meier auf dieser Platte stehen“. Dieses verwirklichte er dann auch. Noch am selben Tag wurde die Tafel entfernt.[1] Dazu erzählte er in der NDR Talk Show im April 2014: „Zeit und Endlichkeit, das beschäftigt mich in ganz vielen Aspekten. Das war ein wirklich berührendes Ereignis, 22 Jahre später dort zu stehen, was ja eine Anmaßung war [...] Da kamen ganz viele Leute, zum Teil sogar angeflogen. Hunderte von Leuten standen da. Für die war diese Tafel, über die sie täglich zur Arbeit gingen, dass da irgendein Meier 22 Jahre später stehen wird, das war wie ein Memento mori [...] Es war dieses unsinnige Datum einer höchst unwichtigen Tatsache [...] Die Leute kamen, um das zu sehen, was ist das für ein Kerl. Ich hatte mir vorgenommen, eigentlich nichts zu reden, sondern einfach dazustehen. Ich habe mit Dutzenden Leuten geredet, die mir sogar ihr Flugticket hingehalten haben zum Unterschreiben.“[2]
Ein weiteres Projekt von Meier heisst Le Rien En Or (Das Nichts in Gold). Abgesehen von einer Goldkugel hat er unter diesem Titel elf Alltagsgegenstände in der Innenstadt von Zürich vergoldet; dazu zählen beispielsweise Teile von Brückengeländern, Signaltafeln, Strassenpfosten und Dachrinnen. Durch diese Vergoldung sollen die Gegenstände mehr Beachtung erhalten. Die goldene Kugel La Boule d'Or Centenaire (Goldene Jahrhundertkugel) soll in den nächsten 100 Jahren an acht festgelegten Daten zwölf Meter auf einer Holzstrecke zurücklegen. Am 26. April 2008 geschah dies beispielsweise in Hamburg vor einem Spielkasino.
Dieter Meier ist seit 1974 in zweiter Ehe verheiratet, Vater von drei Töchtern und einem Sohn aus dieser Ehe sowie eines Sohns aus der ersten Ehe.[3] Er hat fünf Wohnsitze, die sich in Zürich, Berlin, Los Angeles, Argentinien und Ibiza befinden.[4] Als seine Markenzeichen gelten sein Schnauzbart, Halstuch, Einstecktuch und Zigarre.
Musik
Ende der 1970er Jahre traf Dieter Meier Boris Blank. Zusammen mit Carlos Perón bildeten sie die Band Yello. Meier ist Sänger und Texter bei Yello und zudem für die Produktion der Musikvideos zuständig. Einer der kommerziell erfolgreichsten Songs von Yello ist The Race. Er wurde 1988 bis 1990 als Titelmelodie der Musiksendung Formel Eins verwendet und später vom Fernsehsender Eurosport für Trailer.
Im Jahr 1988 startete Meier als Produzent, Regisseur und Schauspieler ein Filmprojekt mit der Musik von Yello. Der Film wurde im Jahr 2001 fertiggestellt und auf der Berlinale 2002 gezeigt. Eine überarbeitete Version wurde 2009 beim Zurich Film Festival gezeigt.
1996 kaufte Meier die ehemalige Villa des Stummfilmstars Antonio Moreno in Los Feliz, einem Stadtteil von Los Angeles. In dem dortigen Musikstudio arbeitet Meier zusammen mit Boris Blank an Filmmusik und Videos.
Im Frühjahr 2014 veröffentlichte Meier das erste Soloalbum seiner Musikkarriere (Titel Out of Chaos).
Am 26. Oktober 2016 gab Yello erstmals ein Konzert – es wurde mit einer elfköpfigen Band durchgeführt und fand in Berlin statt.[5]
Unternehmer und Investor
Als Unternehmer ist Dieter Meier an Euphonix beteiligt, einer zu AVID gehörenden Firma für digitale Mischpulte und DAW-Controller im Silicon Valley. Zudem lässt Meier Biogemüse und Rotwein anbauen, entwirft Uhren und züchtet Rinder.
1973 kam er auf die Idee, eine Biofarm in Argentinien zu betreiben, als er auf einer Reise die Möglichkeiten der dortigen Landwirtschaft erkannte. 1997 kaufte er sich 2200 Hektar Land, das vier Autostunden von Buenos Aires entfernt ist. Auf den in der Pampa Humeda gelegenen Estancias Ojo de Agua und Algarobo betreibt Meier auf einer Fläche von ca. 20'000 Hektar eine rund 10'000 Rinder umfassende Zucht der Rassen Hereford und Aberdeen Angus. Der Wein, den er im Weinbaugebiet Agrelo Alto in Mendoza anbauen lässt, ist Bio-zertifiziert.[6] Sein Geschäft heisst Ojo de Agua (Wasserauge), in dem Meier Wein, Fleisch, Mais, Soja, Getreide und Gemüse anbietet. Inzwischen beschäftigt er 20 Mitarbeiter.
Im Herbst 2008 eröffnete Meier in Zürich ein Restaurant mit Namen Bärengasse, wo ebenfalls Produkte seiner Farm Ojo de Agua angeboten werden. Ende November 2013 wurde dann sein erstes Restaurant in Deutschland in Frankfurt am Main eröffnet,[7] im März 2015 folgte in Berlin das Ojo de Agua Beef & WineKontor.[8]
Am 7. April 2010 wurde aus von der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange publizierten Meldungen bezüglich der Offenlegung von Beteiligungen bekannt, dass Meier über seine auf den Britischen Jungferninseln eingetragenen Campdem Development SA mehrere Beteiligungen hält wie beispielsweise 13,6 Prozent an der BVZ Holding und 13,99 Prozent an der Orell Füssli Holding.[9][10] Damit ist er nach der Schweizerischen Nationalbank, die einen Anteil von 33 Prozent hält, zweitgrösster Einzelaktionär der Orell Füssli Holding.[11][12][13] Die nach dem Schweizer Börsengesetz vorgeschriebene Meldepflicht trat laut der Schweizer Börse mehrere Jahre zuvor ein, jedenfalls vor dem 1. Januar 2009, und wurde von Dieter Meier nie offengelegt. Der Wert der beiden Beteiligungen betrug zum Zeitpunkt der Offenlegung 51,6 Millionen Schweizer Franken.[14]
Diskografie
Studioalben
- 2014: Out of Chaos
- 2016: Toy (Yello mit Boris Blank)
Kompilationen
- 2008: Dieter Meier liest Hermes Baby
Singles
- 1978: Cry for Fame
- 1978: Jim for Tango
- 2002: I Want You Back (X-Press 2 featuring Dieter Meier)
- 2002: Side by Side (Com&Com featuring Dieter Meier)
- 2009: Gimme (Headman featuring Dieter Meier)
- 2014: Paradise Game
- 2014: Buffoon
- 2016: Limbo (Yello mit Boris Blank)
Filmografie
- 1976: Mädchen, die am Wege liegen – Darsteller
- 1981: Jetzt und alles – Darsteller, Musik, Regie, Drehbuch
- 1985/1986: Zoning – Darsteller
- 1986–1988: Dandy – Darsteller
- 1989: Leo Sonnyboy – Darsteller, Musik
- 1991/1992: Zwischensaison – Darsteller
- 2001: The Lightmaker – Darsteller, Regie, Produzent
- 2002: Lemmy – Mitwirkung, Produzent
- 2013: Finsterworld – Darsteller
- 2015: Solness – Darsteller (Knut)
- 2019: Dieter Meier – Ein Zufall (Dokumentarfilm)
Musikvideos
Neben den Musikvideos für Yello hat Meier auch Musikvideos für andere Künstler erstellt, unter anderem:
- 1982: Da Da Da ich lieb dich nicht du liebst mich nicht aha aha aha von Trio
- 1984: Big in Japan von Alphaville
- 1985: Ready for you von Trio
- 1990: Scandalo von Gianna Nannini
Literatur
- Hans-Kurt Boehlke: Kunst im öffentlichen Raum – Kassel 1950 – 1991; Marburg 1991, ISBN 3-89445-109-2.
- Heiner Georgsdorf: Kunst im öffentlichen Raum Band 2 – Kassel 1992 – 2005; Marburg 2007, ISBN 3-89445-347-8.
- Ausstellungskatalog (mit Ergänzungen): documenta 5. Befragung der Realität – Bildwelten heute; Katalog (als Aktenordner) Band 1: (Material); Band 2: (Exponatliste); Kassel 1972.
- 2011: Works 1969 – 2011 and the Yello Years, Sammlung Falckenberg, Hamburg und danach im ZKM, Karlsruhe; Werkschau über die Konzeptkunst und die Elektropop-Musik des Künstlers
Weblinks
- Literatur von und über Dieter Meier im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- dietermeier.com Website von Dieter Meier
- ojodeagua.ch Website von Meiers Farm Ojo de Agua
- Dieter Meier in der Internet Movie Database (englisch)
- Lightmaker (2001) in der Internet Movie Database (englisch)
- Materialien von und über Dieter Meier im documenta-Archiv
- Dieter Meier bei Discogs
- Der König der Dilettanten. Porträt in der Rheinischen Post, 2011
- Was heisst hier Meier! Dieter Meier im Gespräch mit eiskellerberg.tv (2012)
- Roger Schawinski im Gespräch mit Dieter Meier. Schawinski. SRF 1 vom 7. April 2014, 27 Minuten
- Kornelia Imesch: Meier, Dieter. In: Sikart
Einzelnachweise
- Sachbuch: Kunst im öffentlichen Raum. 3-bändig, mit Essay und Fotografie der 61x61 Zentimeter grossen Gusseisenplatte. Jonas Verlag, Marburg. Herausgeber: Magistrat der Stadt Kassel (Kulturamt)
- Sebastian Fuchs, Carola Conze: NDR Talk Show. Fernsehsendung. In: Norddeutscher Rundfunk. 11. April 2014, archiviert vom Original am 17. April 2014; abgerufen am 13. April 2014 (120 Min.).
- Stefan Lüscher: Dieter Meiers Sohn will nicht vergessen werden. In: Bilanz. 26. Februar 2015. Abgerufen am 12. August 2017.
- Dieter Meier – Millionär im Müßiggang. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Juni 2010, abgerufen am 26. Januar 2011.
- Simon Brauer: Zwei vergnügliche Stunden mit Yello in Berlin. In: RBB Online. 27. Oktober 2016, abgerufen am 27. Oktober 2016.
- Unsere Weine. Weingut Ojo de Agua, Argentinien, abgerufen am 1. September 2019.
- Der Lokaltermin: Rind und Traube. FAZ.net vom 11. Mai 2014.
- Ojo de Agua Beef & WineKontor Berlin.
- Bedeutende Aktionäre der BVZ Holding AG gem. Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, SIX Swiss Exchange, 8. April 2010.
- BVZ Holding AG: Ad-hoc-Medienmitteilung vom 7. April 2010 (PDF) (Memento vom 7. Februar 2016 im Internet Archive).
- Bedeutende Aktionäre der Orell Füssli Holding AG gem. Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, SIX Swiss Exchange, 8. April 2010.
- Swissinfo 7. April 2010: Dieter Meier legt Beteiligungen offen.
- Dieter Meier legt Beteiligungen offen. (Memento vom 28. April 2015 im Internet Archive) Handelszeitung, 7. April 2010.
- Dazu in einem Porträt der Rheinischen Post vom 14. März 2011: „‚Und weil mein Vater eine Bank hatte, investierte er das Geld. Ich habe mich darum nicht gekümmert.‘ […] Meier ignorierte aus Unwissen die meldepflichtige Schwelle für Aktienbesitz von drei Prozent, und nun hat die Börsenaufsicht eine Strafe verhängt: 200 000 Franken. ‚Ich war ganz überrascht, was da zusammengekommen ist‘, sagt Meier.“
- Chartquellen: DE CH