Dewoitine D.520
Die Dewoitine D.520 war zu Beginn des Zweiten Weltkrieges das fortschrittlichste Jagdflugzeug der französischen Luftstreitkräfte, welches in den Kampfeinsatz gelangte. Von den reinen Leistungsdaten her war sie der Messerschmitt Bf 109, dem Standard-Jäger der deutschen Luftwaffe, unterlegen, hatte aber eine deutlich bessere Wendigkeit und bessere Eigenschaften im Sink- und Sturzflug.
Dewoitine D.520 | |
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Dewoitine D.520, ausgestellt im Musée de l’air et de l’espace, Le Bourget | |
Typ: | Jagdflugzeug |
Entwurfsland: | |
Hersteller: | Dewoitine |
Erstflug: | 2. Oktober 1938 |
Indienststellung: | Januar 1940 |
Stückzahl: | 910 |
Geschichte
Die Dewoitine D.520 wurde ab 1936 basierend auf der D.500 von einem Team um den französischen Konstrukteur Émile Dewoitine entwickelt. Ein großer Teil dieser Arbeit fand nach der Nationalisierung der Rüstungsbetriebe in Frankreich im März 1937, von der auch Dewoitine betroffen war, offiziell innerhalb der SNCAM (Societé Nationale de Constructions Aéronautiques du Midi, später im EADS-Konzern aufgegangen) statt. Die Entwicklung folgte der Spezifikation C1 für ein 520 km/h schnelles Jagdflugzeug, welche vom Technischen Dienst der Armée de l’air im Jahre 1936 herausgegeben wurde.
Nachdem der erste Prototyp nicht die erforderliche Geschwindigkeit aufbringen konnte, wurde das Projekt modifiziert und gelangte zusammen mit der Morane-Saulnier MS.450, der Caudron CR.780 und der Loire-Nieuport LN.60 im Januar 1937 in die Erprobung. Dabei stellte sich ein deutlicher Verbesserungsbedarf heraus, welcher den Fortschritt des Projekts verzögerte. Erst im Januar 1939 wurde ein zweiter Prototyp fertiggestellt, welcher zufriedenstellende Eigenschaften vorweisen konnte und im Februar des Jahres zur erneuten Erprobung durch die CEMA in Villacoublay gelangte. Diesem folgte bald ein dritter Prototyp, der mit einem stärkeren Motor vom Typ Hispano-Suiza 12Y-31 ausgestattet war. Auf Grund der Verzögerungen, die es bei der Entwicklung der Konkurrenztypen gegeben hatte, entschied sich die Armée de l’air schließlich für die Bestellung einer Vorserie von 200 Exemplaren mit Option auf weitere.
Einsatz
Zum Einsatz gelangte die D.520 ab 13. Mai 1940. Bei Ausbruch des Westfeldzuges mit Deutschland am 10. Mai 1940 waren jedoch nur 36 Maschinen einsatzbereit, zu wenige, um den französischen Streitkräften eine Chance gegen die Bf 109 der deutschen Luftwaffe zu geben. Die immer höhere Massenproduktion bewirkte, dass vor Inkrafttreten des Waffenstillstandes am 24. Juni 1940 nicht weniger als 294 einsatzfähige Exemplare an Fronteinheiten geliefert wurden, von denen ca. 50 im Luftkampf und ca. 5 durch deutsche Flak zerstört wurden.
Insgesamt wurden vor dem Waffenstillstand (25. Juni) 403 Maschinen an die Armée de l'Air ausgeliefert. Im Mai und Juni 1940 wurden von D.520s 108 sichere und 39 wahrscheinliche, insgesamt 147 Abschüsse feindlicher Flugzeuge erzielt: 7 italienische und 142 deutsche. So trafen am 9. Juni 1940 die deutsche II./JG 27 mit ihren Bf 109E und ein Teil der französischen GC I/3 mit ihren D.520s aufeinander. Es wurden 6 deutsche Jäger (Bf 109) abgeschossen – und eine D.520, die eine geglückte Bauchlandung machte. Deutsche Autoren wie z. B. Ring und Girbig (Buch Jagdgeschwader 27) sowie Jochen Prien in seiner Buchreihe über die deutschen Jagdfliegerverbände (Band 3, hauptsächlich über den Westfeldzug; undatiert, etwa im Jahr 2000 erschienen) bestätigen ihrerseits diese hohen Verluste gegen die D.520.
Die D.520 wurde auch durch das Vichy-Regime in Nordafrika und Syrien sowie von den mit Deutschland alliierten Nationen Bulgarien, Italien und Rumänien eingesetzt.
Ende 1944 wurden die verbliebenen D.520 von den französischen Streitkräften übernommen und dann gegen die sich zurückziehenden deutschen Truppen eingesetzt (insgesamt wurden mehr als 900 Maschinen produziert). Nach Kriegsende wurde ein Teil der Maschinen in doppelsitzige Ausbildungsflugzeuge umgebaut, die dann die Bezeichnung D.520 DC (Double commande) erhielten. Im September 1953 wurde die letzte D.520 in Frankreich ausgemustert.[1][2][3][4][5]
Produktion und Einsatz 1940 bis 1944
Die Fertigung der D.520 wurde mit Abschluss des Waffenstillstandes gestoppt. Mitte 1941 wurden Verträge über ein gemeinsames Flugzeugbauprogramm zwischen dem Reich und der französischen Regierung abgeschlossen. Darin war vorgesehen, in Toulouse insgesamt 350 D.520 für die Armée de l’Air zu fertigen.[6] Bis Ende 1941 wurden 74 Flugzeuge, bis Ende 1942 insgesamt 312 Flugzeuge gebaut.[7] Nach der deutschen Besetzung von Südfrankreich lief die Produktion im September 1943 nach weiteren 116 oder 128 Flugzeugen aus.[8] Damit wurden während dieses Zeitraums insgesamt 428 oder 440 Flugzeuge gebaut.
Bei der deutschen Besetzung im November 1942 wurden insgesamt 246 D.520 erbeutet, die an den Chef des Luftwaffen-Ausbildungswesens weitergeleitet wurden.[9] Ein Teil der Flugzeuge ging an Bulgarien. Am 31. Januar 1944 flogen noch insgesamt 44 D.520 bei der Luftwaffe, am 30. September 1944 nur noch sieben. Der nachweisbare Einsatz der Flugzeuge erfolgte bei den Jagdfliegerschulen JG 101 bis JG 107 und der Jagdlehrer-Überprüfungsstelle. Beim JG 101 wurden diese Maschinen wiederholt zur Abwehr feindlicher Bomberverbände eingesetzt.[10] In den Verlustunterlagen der Luftwaffe sind bis 30. September 1944 insgesamt 137 Unfälle vermerkt, davon etwa die Hälfte Totalschäden.[11]
Entwicklung und Technik
Auch bei Dewoitine experimentierte man zunächst noch mit der endgültigen Konfiguration des Jägers (vgl. mit der Entwicklung der Bf 109). Es war die Zeit des Überganges hin zu verstrebungsfrei gebauten Jägern mit hoher aerodynamischer Güte. So besaß der erste der drei Prototypen, der 1938 erstmals flog, noch ein offenes Cockpit, was vermutlich der besseren Sicht des Piloten zugutekommen sollte. Bereits beim zweiten Prototyp jedoch wurde eine Cockpithaube eingesetzt, da die D.520 so nicht in der Lage war, die angestrebte Geschwindigkeit von 520 km/h zu erreichen. Ebenso wenig konnte der 654 kW (890 PS) Motor befriedigen, den Hispano-Suiza lieferte. Der verwendete 12Y-31 konnte bei der vorgegebenen Aerodynamik nicht ausreichend gekühlt werden.
Das Serienmodell der D.520 wurde dann durch V-Motoren Hispano-Suiza 12Y-45 mit einer Leistung von 670 kW (910 PS) angetrieben. Vervollständigt wurde der Antrieb durch einen elektrisch verstellbaren 3-Blatt-Propeller. Der Rumpf wurde gegenüber den Prototypen verlängert. Die Serienmaschinen erhielten zusätzliche Panzerung und eine Bewaffnung mit einer 20-mm-Kanone, die durch die Propellernabe schoss, sowie vier 7,5-mm-MGs in den Tragflächen.
Es wurden insgesamt 910 D.520 aller Varianten (inkl. der drei Prototypen) gebaut.[12]
Weitere Varianten
In dem Bestreben, die Leistungsdaten der D.520 zu verbessern und den Engpässen bei der Produktion der einheimischen Hispano-Suiza-Motoren entgegenzukommen, wurde mit verschiedenen anderen Motoren experimentiert. Dabei entstanden bis zur französischen Kapitulation im Juni 1940 die folgenden Weiterentwicklungen der D.520:
- D.521 mit einem 768 kW (1044 PS) starken Rolls-Royce Merlin III. Der Motor erwies sich allerdings als zu schwer für die Konstruktion. Die D.521 ging daher nie in Serie.
- D.522 mit einem (USA) Allison V-1710C-1. Das Projekt wurde nach der französischen Kapitulation eingestellt.
- D.523 wurde mit einem 809 kW (1100 PS) starken Hispano-Suiza 12Y-51 und einem Szydlowski-Planiol-Turbolader ausgerüstet. Im Juni 1940 waren die ersten Vorserientests fast abgeschlossen und die Variante stand kurz vor der Serienproduktion.
- D.524 mit einem 883 kW (1200 PS) starken Hispano-Suiza 12Y-89. Ein Prototyp wurde gebaut, allerdings nie geflogen.
- D.525, eine geplante Weiterentwicklung der D.523.
- D.530, eine geplante Weiterentwicklung mit noch stärkerem Motor (1400 PS Rolls-Royce Merlin oder 1800 PS Hispano-Suiza-12Y).
Auch nach der Kapitulation wurde das Design im unbesetzten Teil Frankreichs (Vichy-Frankreich) weiterentwickelt. Dabei entstanden folgende Varianten:
- D.520 amélioré, eine Serienmaschine mit minimalen Designänderungen, mit denen die Höchstgeschwindigkeit verbessert werden sollte.
- D.520Z, eine leistungsstärkere Variante mit 1177 kW (1600 PS) Hispano-Suiza-12Z-Motor. Es wurde ein Prototyp gebaut, die Tests wurden aber durch die deutschen Autoritäten unterbunden. Sie wurden nach der Befreiung Frankreichs 1944 wieder aufgenommen, aber endgültig 1949 beendet.
- M.520T, eine Variante mit verändertem Rumpfdesign, welche aber nie gebaut wurde.
Im November 1942 wurde auch der bis dato unbesetzte Teil Frankreichs von den Deutschen besetzt und alle Weiterentwicklungen gestoppt.
Nach dem Krieg wurden 13 D.520 zur Zweisitzer-Trainings-Version D.520 DC (double commande, doppelte Steuerung) umgebaut und von der Armée de l’air verwendet.
Das Design der D.520 war direkte Grundlage für die Entwicklung folgender weiterer Typen von Dewoitine:
- HD.780: Wasserflugzeug-Variante, von der nur ein Prototyp gebaut wurde.
- D.790: Konzept einer Flugzeugträger-Variante für die Aéronautique Navale.
- D.550: unbewaffnete Rekordflugzeug-Variante mit reduziertem Gewicht, von der ein Exemplar gebaut wurde und noch 1939 flog. 1944 zerstört.
- D.551: Auf D.550 basierende Militärvariante mit 809 kW (1100 PS) starkem Hispano-Suiza 12Y-51 Motor. Vor der französischen Kapitulation wurden nur wenige Exemplare gebaut, die nicht geflogen wurden. Die Arbeiten wurden 1941 wieder aufgenommen, von den Deutschen aber bald wieder unterbunden.
- Hispano-Suiza HS.50: Version mit Hispano-Suiza 12Z, die SNCASE auf Anfrage Spaniens auf der Basis der D.551 entwickelte. Zur Serienproduktion in Spanien kam es nicht. Es wurde in Sevilla lediglich ein nicht flugfähiger Demonstrationsrahmen gebaut.
Einsatzländer
Technische Daten
Kenngröße | Daten |
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Besatzung | 1 |
Länge | 8,76 m |
Spannweite | 10,20 m |
Höhe | 2,57 m |
Flügelfläche | 15,95 m² |
Flügelstreckung | 6,5 |
Leermasse | 2092 kg |
Startmasse | 2783 kg |
Marschgeschwindigkeit | 370 km/h |
Höchstgeschwindigkeit (MSL) | 425 km/h |
Höchstgeschwindigkeit (in 5500 m Höhe) | 534 km/h |
Dienstgipfelhöhe | 11.000 m |
Reichweite | 1530 km |
Triebwerk | 1 × Hispano-Suiza 12Y-45 |
Motorleistung | 670 kW (ca. 910 PS) auf 4200 m |
Bewaffnung | 1 × 20-mm-MK durch Propellernabe 4 × 7,5-mm-MG in Tragfläche |
Siehe auch
Literatur
- Olaf Groehler: Geschichte des Luftkriegs 1910 bis 1980, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981.
Weblinks
- (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Die Dewoitine D.520 bei EADS)
Einzelnachweise
- R. Danel, J. Cuny: Le Dewoitine D.520 (Typen-Monographie). Éditions Larivière, ca. 1975.
- Hans Ring, Werner Girbig: Jagdgeschwader 27. Motorbuch Verlag, 1991.
- Jochen Prien: Die Jagdfliegerverbände der Deutschen Luftwaffe 1934 bis 1945. Teil 3, S. 252 und 258.
- Paul Martin: Invisibles vainqueurs, Beitrag von Yves Michelet auf S. 471–500, Éditions Yves Michelet, 1991.
- Yves Michelet selbst, März 2009.
- Bettina Glaß: Der lange Schatten der Rüstung: Die Entwicklung der Luftfahrtindustrie im Raum Toulouse von der Mitte der 1930er Jahre bis 1970. Dissertation, Bochum 2004, S. 78 ff.
- SHHA Z.11609: L’industrie Aéronautique sous l’Occupation Allemande: Production de Matériel Aéronautique de 1940–1944.
- Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg: Produktionsprogramme, nennen 116 bestellte und gelieferte D.520. SHHA Z.11609 geht von 128 Flugzeugen im Jahre 1943 aus.
- Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg: Aufstellung über die bei der Besetzung Südfrankreichs angefallenen französischen Flugzeuge.
- Waffen-Arsenal Band 071 – Fremde Vögel unterm Balkenkreuz, Podzun-Pallas Verlag GmbH, S. 20.
- Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg: Verluste Schulen und Sonstige Verbände RL 2III, Bestandslisten Januar bis September 1944.
- Laut Olaf Groehler: Geschichte des Luftkriegs 1910 bis 1980, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981, S. 237 wurden 910 Stück produziert.