Deutscher Hanfverband
Der Deutsche Hanfverband ist ein Interessenverband, der sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzt. Er wurde 2002 in Berlin gegründet und besitzt Stand 2021 mehr als 9000 Mitglieder[1] sowie 24 lokale Ortsgruppen.[2]
Deutscher Hanfverband (DHV) | |
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Rechtsform | Einzelunternehmen |
Zweck | Interessenvertretung der Legalisierungsbefürworter von Cannabis in Deutschland |
Sitz | Berlin |
Gründung | 2002 |
Ort | Berlin |
Geschäftsführer | Georg Wurth |
Mitglieder | 9213 |
Mitarbeiter | 9 |
Website | https://hanfverband.de/ |
Geschichte
Der Deutsche Hanfverband wurde im Mai 2002 als eigenständige Abteilung der Agentur Sowjet gegründet. Im Oktober 2004 erfolgte die Ausgliederung und der DHV wurde zum eigenständigen Unternehmen. Inhaber des Unternehmens ist seitdem der heutige Geschäftsführer Georg Wurth. Anfangs verstand sich der Deutsche Hanfverband als Branchenverband der Unternehmen der Cannabiswirtschaft. Seit 2006 traten vermehrt private Fördermitglieder bei. Anfang 2020 wurde dieser Entwicklung Rechnung getragen und der Branchenverband Cannabiswirtschaft mitbegründet, dessen Geschäftsführer der ehemalige DHV-Mitarbeiter Jürgen Neumeyer wurde. Seitdem versteht sich der DHV ausschließlich als Bürgerrechtsbewegung für die Legalisierung von Cannabis.[3]
Aufgaben
Die Hauptaufgaben des Deutschen Hanfverbands umfassen politischen Lobbyismus und Öffentlichkeitsarbeit bezüglich einer umfänglichen Regulierung und Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Weiterhin bietet der DHV seinen Mitgliedern Beratung zum Drogenstraftrecht und Führerscheinproblemen in Zusammenhang mit Cannabis an.
Politische Einflussnahme und Kampagnen
Cannabis-Petition 2010
Der DHV startete über das E-Petitionenportal der Bundesregierung im Oktober 2010 eine Petition zur Entkriminalisierung von Cannabis. Diese zeichneten 21309 Unterstützer online und weitere 10.420 postalische Unterzeichner.[4][5]
Die Forderungen umfassten:[4]
- Die bundeseinheitliche Anhebung der geringen Menge auf 30 g, sowie ein Verzicht auf Beschlagnahmungen und Eröffnung von Strafverfahren unterhalb dieser Menge.
- Die Entkriminalisierung des Anbaus von Cannabis zum Eigenbedarf sowie die Gründung von Cannabis Social Clubs.
- Die Einführung eines THC- Grenzwertes für die Teilnahme am Straßenverkehr.
- Das Ablassen von schweren Grundrechtseingriffen wie z. B. Hausdurchsuchungen und erkennungsdienstliche Behandlungen seitens der Exekutive in Hinblick auf geringe Mengen von Cannabis.
Nach einer abschließenden Beratung am 20. Februar 2014 im Petitionsausschuss des Bundestags wurde beschlossen:
"Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte."
Zukunftsdialog der Bundesregierung 2012
Die deutsche Bundesregierung veranstaltete von Mai 2011 bis Juli 2012 ein Diskussionsforum mit Wissenschaftlern und Fachleuten unter dem Titel "Menschlich und erfolgreich. Dialog über Deutschlands Zukunft".[6] Ergänzert wurde dieser um einen Bürgerdialog auf der Internetplattform dialog-ueber-deutschland.de, auf welcher Einzelpersonen Fragen an die damalige Kanzlerin Angela Merkel stellen konnten. Die 20 Fragen mit den meisten Zustimmungen der Nutzer wurden anschließend von der Kanzlerin persönlich beantwortet und der DHV belegte mit seiner Frage den zweiten Platz.[7] Die Kanzlerin stand der vom DHV formulierten Frage nach einer Regulierung des Cannabismarktes in Deutschland ablehnend gegenüber[8], versprach aber auf einem Treffen mit den 20 erfolgreichsten Fragestellern sich der Thematik nochmals zu öffnen und traf sich im März 2013 mit Experten aus Medizin, Betäubungsmittelregulierung und Prävention zum Meinungsaustausch.[9]
Werbespots für Cannabislegalisierung in deutschen Kinos
Ende 2014 produzierte der Deutsche Hanfverband Werbespots für eine Cannabislegalisierung. Nach der Weigerung vieler Fernsehsender, die Spots auszustrahlen,[10] liefen sie deutschlandweit in 390 Kinos[11] und sorgten dafür, dass das Thema Cannabislegalisierung in breite Teile der deutschen Bevölkerung getragen wurde. Finanziert wurden die Werbeclips durch die Mittel, die der DHV Geschäftsführer Georg Wurth bei der Fernsehshow Millionärswahl gewonnen hatte. Die Spots generierten ein hohes Maß an medialem Interesse[10][12][13], so dass sie als der Teil der Berichterstattung letztendlich doch im Fernsehen gezeigt wurden.[14]
Cannabispetition im Bundestag 2017
2017 startete der Deutsche Hanfverband erneut eine Petition zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Die Petition zeichneten 78.974 Unterstützer und sie ist Stand 2022 noch immer anhängig im Petitionsausschuss des Bundestages. Die Petition forderte:
"Der Bundestag möge den Markt für Cannabis als Genussmittel regulieren und dabei besonders die Aspekte Jugendschutz, Prävention, Verbraucherschutz und Qualitätskontrolle berücksichtigen."[15]
Es handelt um die erste Cannabispetition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, die das Quorum von 50.000 Unterzeichnern erreichte und wurde folglich auch offiziell im Petitionsausschuss des Bundestages durch den DHV Geschäftsführer Georg Wurth vorgestellt und durch den Ausschuss diskutiert.[16]
Studie "Die Kosten der Cannabis-Prohibition in Deutschland" 2018
Der Deutsche Hanfverband gab bei dem renommierten Wettbewerbsökonomen Prof. Justus Haucap des Düsseldorf Institute for Competition Economics eine Studie über die wirtschaftlichen und fiskalischen Auswirkungen der Cannabisprohibtion in Auftrag, welche im November 2018 erschien.[17] Die Studie lieferte erstmals belastbare Zahlen hinsichtlich der Kosten der deutschen Prohibitionspolitik und erregte deutschlandweit mediale und politische Aufmerksamkeit.[18][19][20] Die Studie errechnete, dass der deutsche Staat im Falle einer Cannabislegalisierung 2,6 Mrd. € einnehmen bzw. einsparen könnte durch Steuereinnahmen und Einsparungen bei der Strafverfolgung in Zusammenhang mit Cannabis. Im November 2021 veröffentlichte Prof. Justus Haucap ein Update der Studie und bezifferte das Einsparungspotential auf 4,7 Mrd. €.[21]
Justizoffensive 2019 – Mustervorlage für Verfassungsbeschwerden
Mit dem Ziel das Cannabisverbot auch wieder vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen, ließ der Deutsche Hanfverband von den Anwälten Henriette Scharnhorst und Johannes Honecker eine Mustervorlage für Verfassungsbeschwerden erstellen.[22] Diese konnte sowohl von Beschuldigten als auch Richtern verwendet werden, um einen Normenkontrollantrag nach Art 100 Abs. 1 GG (Richter) oder eine Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG (Beschuldigter) einzulegen. Stand 2022 sind aktuell drei Normenkontrollanträge beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig.[23][24][25] Der Antrag des Bernauer Richters Andreas Müller bezieht sich direkt auf die Mustervorlage des DHV.[26] Das Bundesverfassungsgericht kündigte in seiner Jahresvorschau für 2022 an, die Normenkontrollanträge aller Gerichte gebündelt im zweiten Senat zu verhandeln[27].
"Mehrheit für Legalisierung 2020" Kampagne
Im Hinblick auf die nahende Bundestagswahl 2021 sprach der Deutsche Hanfverband mit der Kampagne "Mehrheit für Legalisierung" vor allem Cannabis- kritische Bevölkerungsgruppen an, um die Mehrheit der deutschen Bevölkerung von der Richtigkeit einer Legalisierung zu überzeugen.[28] Dazu wurde im September 2020 die Website cannabisfakten.de als Portal für belegbare und seriöse Informationen rund das Thema Cannabis erstellt und öffentlich mit Großplakaten und Werbematerial beworben.[29] Ergänzt wurde dies durch die Aktion "Promis für Legalisierung", bei der sich Prominente deutsche Persönlichkeiten wie Hella von Sinnen, Claus Dieter Clausnitzer, Klaus Nierhoff, Mark Benecke und Rainer Biesinger für eine Legalisierung von Cannabis und eine neue Drogenpolitik einsetzten.[30] Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) startete im Oktober 2020 ein eigenes Infoportal unter cannabispraevention.de im Rahmen der "Mach dich schlau"- Kampagne.[31][32]
"Zeit für Legalisierung!" Kampagne 2021
Zur Bundestagswahl 2021 startet der Deutsche Hanfverband die Kampagne "Zeit für Legalisierung!" mit dem Ziel die Cannabislegalisierung zum Wahlkampfthema zu machen.[33][34] Dazu rief der DHV auf, den jeweiligen Wahlkreiskandidaten postalisch bzw. über soziale Netzwerke aufzufordern, sich für die Legalisierung von Cannabis einzusetzen. Dazu bot der DHV die Kontaktadressen sowie Formulierungsvorschläge auf seiner Homepage an.[33] Beworben wurde die Kampagne auch auf Großplakaten deutschlandweit, die zum Teil direkt durch Spenden finanziert wurden. Das Thema Cannabis wurde im Wahlkampf teils kontrovers diskutiert und war mit unterschiedlichen Vorschlägen in den Wahlprogrammen der Parteien SPD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthalten.[35]
Finanzierung
Der Deutsche Hanfverband finanziert sich hauptsächlich durch Mitgliederbeiträge, Privatspenden und Firmensponsoring. Weiterhin werden zudem Einnahmen über den eigenen Internetshop generiert.
Um etwaiger Kritik hinsichtlich des Bestehens als Privatunternehmen entgegenzuwirken, veröffentlicht der DHV jährlich seine Einnahmen-Überschussrechnung.[36]
Weblinks
Einzelnachweise
- deradmin: Mitglieder & Partner. 8. März 2010, abgerufen am 19. Januar 2022.
- Maximilian Plenert: Aktiv vor Ort / DHV-Ortsgruppen. 25. Oktober 2012, abgerufen am 19. Januar 2022.
- deradmin: Wer wir sind. 8. März 2010, abgerufen am 19. Januar 2022.
- Petitionen: Petition 14613. Abgerufen am 19. Januar 2022.
- Pet 2-17-15-2127-015279 Suchtgefahren. Abgerufen am 19. Januar 2022.
- Über den Zukunftsdialog. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Florian Gathmann: Wie Merkel mit den Bürgern diskutiert. In: Der Spiegel. 3. Juli 2012, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 20. Januar 2022]).
- Die Kanzlerin antwortet - Teil 3. Abgerufen am 20. Januar 2022 (deutsch).
- Überall Gras. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Neue Kinospots werben für den legalen Rausch. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Kinos, in denen Hanf-Spots laufen. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Hannah Beitzer: Deutscher Hanfverband wirbt für Cannabis-Legalisierung. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Hanf-Spots feiern Deutschland-Premiere: Legalisierung von Cannabis. In: Der Spiegel. 26. November 2014, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 20. Januar 2022]).
- n-tv NACHRICHTEN: Hanfverband startet emotionale Werbe-Kampagne. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Petitionen: Petition 73900. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Götz Hausding: Deutscher Bundestag - Cannabis-Legalisierung und Missbrauch von Abmahnungen. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Maximilian Schmitt: Studie: Kosten der Cannabis-Prohibition in Deutschland. 22. Januar 2020, abgerufen am 20. Januar 2022.
- Süddeutsche Zeitung: Cannabis-Legalisierung bringt 2,7 Milliarden Euro. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Felix Sommerfeld: Cannabis: Legalisierung könnte Steuereinnahmen von 2,4 Milliarden Euro bringen. In: Der Spiegel. 16. November 2018, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 20. Januar 2022]).
- Cannabis legalisieren? So viel Geld lässt sich der Staat jedes Jahr entgehen. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Georg Wurth: Studie: Cannabislegalisierung bringt dem Staat jährlich 4,7 Milliarden Euro – rund 27.000 legale Arbeitsplätze würden entstehen. 16. November 2021, abgerufen am 20. Januar 2022.
- Maximilian Schmitt: Das Cannabisverbot ist verfassungswidrig! 1. September 2019, abgerufen am 20. Januar 2022.
- LTO: Richtervorlage: Cannabis-Verbot erneut vorm BVerfG. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- LTO: AG Münster: Cannabisverbot ist verfassungswidrig. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- LTO: AG Pasewalk: Cannabis-Verbot verfassungswidrig. Abgerufen am 20. Januar 2022.
- Sascha Waterkotte: Bundesverfassungsgericht vor Prüfung des Cannabisverbots. 20. April 2020, abgerufen am 20. Januar 2022.
- Bundesverfassungsgericht - Jahresvorausschau 2022. Abgerufen am 24. Februar 2022.
- Florian Rister: Mehrheit für Legalisierung 2020 - cannabisfakten.de. 7. September 2020, abgerufen am 21. Januar 2022.
- Sascha Waterkotte: Hanfverband startet deutschlandweite Plakat-Aktion. 7. Oktober 2020, abgerufen am 21. Januar 2022.
- Maximilian Schmitt: Promis für Legalisierung. 21. September 2020, abgerufen am 21. Januar 2022.
- Start von 'Mach dich schlau' und cannabispraevention.de - Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Abgerufen am 27. Januar 2022 (deutsch).
- HanSulu sagt: Mach Dich Schlau! Abgerufen am 21. Januar 2022 (deutsch).
- chris: Zeit für Legalisierung! 1. Juni 2021, abgerufen am 21. Januar 2022.
- Zeit für Legalisierung! Abgerufen am 21. Januar 2022 (deutsch).
- Cannabis als Wahlkampfthema. Abgerufen am 21. Januar 2022.
- Georg Wurth: DHV-Finanzen. 23. September 2014, abgerufen am 19. Januar 2022.