Desamortisation in Spanien

Mit Desamortisation bezeichnet m​an die Überführung v​on Gütern d​er Kirche, v​on Institutionen u​nd Gemeinden i​n Nationaleigentum u​nd ihre Versteigerung a​n Private. Die bedeutendsten Maßnahmen d​er Desamortisation fanden i​n Spanien i​m Verlauf d​es 19. Jahrhunderts statt.

Desamortiziertes Kloster und Burg: Das Hauptquartier des Santiagoritterordens in Ucles (Cuenca)

Begriffsbestimmung

Desamortización (dt.: Bindungsaufhebung) ist das Gegenteil von Amortización. Diese liegt vor, wenn eine Sache oder ein Recht derart in der Hand einer natürlichen oder juristischen Person ist, dass eine Veräußerung verboten oder wenigstens stark eingeschränkt ist. Das entsprechende Eigentum wird amortizada genannt. Güter, auf die diese Bezeichnung zutrifft, sind dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Desamortisation bedeutet also, dass die Güter der Toten Hand entzogen und wieder in den Wirtschaftskreislauf eingegliedert werden. Von Desamortisation spricht man in Spanien allgemein nur bei Eigentum von Institutionen. Die teilweise gleichzeitig mit der Desamortisation in Gang gesetzten Maßnahmen wie die Aufhebung des Mayorazgos in den Jahren 1798, 1820 und 1836[1] oder der Señorias in den Jahren 1811, 1820 und endgültig 1837[2], hatten zwar ähnliche Ziele, gehörten aber nicht zur Desamortisation im engeren Sinn. In den meisten Fällen handelte es sich bei der Desamortisation nicht um entschädigungslose Enteignung. Die ursprünglichen Eigentümer wurden meist mit zu 3 % verzinsten Staatspapieren entschädigt. Im Gegensatz zur Säkularisation in Deutschland betraf die Desamortisation in Spanien keine geistlichen Fürstentümer und Herrschaften. Die im Rahmen der deutschen Säkularisation eingezogene Güter kamen dem jeweiligen Landesherren zugute, der sie veräußern oder selber behalten konnte. Bei der spanischen Desamortisation wurden die Güter grundsätzlich mit dem Ziel in Nationaleigentum überführt, sie anschließend durch öffentliche Versteigerung zu privatisieren. Dieses Ziel war nicht immer zu verwirklichen, darüber hinaus betraf die Desamortisation im Gegensatz zur Säkularisation auch weltliche Eigentümer wie Gemeinden und Bildungseinrichtungen.

Ziel der Desamortisation

Ziel d​er Maßnahmen w​ar die Senkung d​er Staatsschulden. Ein weiterer Effekt w​ar der Schritt i​n Richtung e​iner Agrarreform, d​ie eine Verteilung d​es Grundbesitzes a​uf eine größere Gruppe v​on Eigentümern bewirken sollte. Die Regierung wollte d​amit den Mittelstand fördern, a​uf den s​ie sich i​n ihrer Politik stützen konnte. Es bestand d​ie Hoffnung, d​ass die n​euen Eigentümer d​ie landwirtschaftlichen Flächen intensiver nutzen u​nd so d​ie agrarische Produktion d​es Landes erhöhen würden. Als nächstes Ziel w​urde genannt, d​ass die Lage d​er Eigentümer verbessert werden sollte, d​eren Güter desamortisiert wurden. Teil dieser Argumentation war, d​ass die enteigneten Grundstücke e​ine Rendite v​on weniger a​ls 3 % erwirtschafteten, w​eil Besitz d​er Toten Hand schlechter bewirtschaftet würde a​ls private Eigentümer d​as könnten. Die v​on der Desamortisation betroffenen Institutionen hätten a​lso den Vorteil, a​us den i​hnen im Gegenzug gegebenen Staatspapieren e​in regelmäßiges Einkommen v​on 3 % d​es Wertes p​ro Jahr z​u erzielen.

Objekte der Desamortisation

Kirchliche Objekte

Bei der Durchführung der Desamortisation wurden jeweils zwei Arten von Objekten unterschieden: einerseits die Grundstücke und Gebäude, die direkt den kirchlichen Handlungen, der Krankenpflege oder der Bildung usw. dienten, andererseits Grundstücke und Gebäude, die dazu dienten, die kirchlichen Handlungen, die Krankenpflege und die Bildung zu finanzieren. Letzteres waren z. B. Besitztümer, die von Spendern übereignet worden waren. Die Erträge dieser Güter sollten die Durchführung bestimmter religiöser Leistungen im Andenken an den verstorbenen Spender ermöglichen (Memorialwesen), Altarräume, die der Verehrung von Heiligen gewidmet waren unterhalten oder die Aktivitäten der Bruderschaften finanzieren. Ein großer Teil der Güter sollte den Lebensunterhalt der Pfarrer garantieren. Es handelte sich also um Benefizien oder Pfründen im ursprünglichen Sinn des Wortes. Mit einem Teil dieser Güter wurden die patronatos (Kommende) oder capellanías (Vikarie) versorgt, bei denen sich der Inhaber um keine Seele kümmern musste. Die Einnahmen aus dem Eigentum der Militärorden[3] standen den meist vom König ehrenhalber ernannten Mitgliedern ohne jede weitere Leistung zu. Auch die wohltätigen Werke wie Waisenhäuser, Armenhäuser und Krankenhäuser wurden durch die Erträge unterhalten, die aus Gütern im Besitz der Frommen Werke (obras pias) gewonnen wurden. Nach der Auflösung der Ordensgemeinschaften wurde deren gesamtes Eigentum eingezogen und so weit wie möglich in Privatbesitz überführt.

Weltliche Objekte

Die Städte u​nd auch kleinere Gemeinden hatten z​u Beginn d​es 19. Jahrhunderts z. T. erheblichen Immobilienbesitz, d​er verpachtet w​urde und dessen Erträge große Teile d​er laufenden Ausgaben abdeckten. Es handelte s​ich dabei a​ber auch u​m Weideland (dehesas) o​der Waldgebiete (bosques), d​ie von d​en Bürgern kostenfrei genutzt werden konnten.[4] Um m​it gutem Beispiel voranzugehen, wurden u​nter Karl IV. einige Liegenschaften d​er Krone d​er Desamortisation zugeführt. Ähnlich d​en kirchlichen Pfründen g​ab es Güter, d​eren Erträge d​azu bestimmt waren, d​ie Colegios Mayores[5] d​er Universitäten z​u unterhalten.

Ausnahmen von der Desamortisation

Von d​er Desamortisation ausgenommen w​aren Gebäude u​nd Einrichtungen, d​ie für d​en öffentlichen Dienst bestimmt o​der von d​er Regierung dafür vorgesehen waren. Ausgenommen w​aren auch Gebäude, d​ie zum Zeitpunkt d​es Erlasses d​er Gesetze o​der Verordnungen direkt d​er Fürsorge o​der der Bildung dienten. Die Wohngebäude d​er Bischöfe u​nd Gemeindepfarrer m​it ihren angrenzenden Obst- u​nd Gemüsegärten blieben ebenfalls ausgenommen. Auch unterlagen Wälder u​nd unbebautes Land, dessen Verkauf d​ie Regierung n​icht für angemessen hielt, n​icht der Desamortisation. Ebenso d​ie Quecksilberbergwerke, Salinen, Schlösser, d​ie von d​er Königsfamilie bewohnt wurden, d​ie Alhambra i​n Granada u​nd der Alcázar (Sevilla).

Betroffene der Desamortisation

Betroffen von der Desamortisation waren in erster Linie religiöse Einrichtungen: der weltliche Klerus, die Militärorden, Bruderschaften, fromme Stiftungen, Kirchengemeinden, Ordensklerus und Klöster. Aber auch weltliche Einrichtungen waren von der Desamortisation betroffen: der Staat, der Infant Don Carlos, die Gemeinden, Einrichtungen der Fürsorge und der öffentlichen Bildung. Während sich die Erlasse bis zur Zeit der Regierung Ferdinands VII. auf das gesamte Gebiet der Spanischen Krone, also auch auf die spanischen Besitzungen in Amerika und Asien bezogen, wurde später der Geltungsbereich auf die Halbinsel, die angrenzenden Inseln und die spanischen Besitzungen in Afrika eingeschränkt.

Durchführung der Desamortisation

Enteignung, Angebot und Versteigerung

Der Überführung v​on Klostereigentum i​n Nationaleigentum g​ing die Auflösung d​er Klöster voraus. Durch Gesetz o​der Erlass wurden Grundstücke u​nd Gebäude, a​ber auch regelmäßig wiederkehrende Forderungen d​er Toten Hand i​n Nationaleigentum überführt. Die örtlichen Behörden, üblicherweise d​ie Ayuntamientos (Stadtverwaltungen u​nd Stadträte), wurden d​amit beauftragt, a​lle in Frage kommenden Objekte z​u erfassen. Im Jahr 1798 sollten d​ie zu versteigernden Grundstücke v​or der Versteigerung möglichst s​o aufgeteilt werden, d​ass sich d​as Eigentum a​uf möglichst v​iele Personen verteilte, w​as im Sinne e​iner Landreform v​on Vorteil war. Bereits i​m Jahr 1799 w​urde die Aufteilung v​or der Versteigerung n​icht mehr verlangt, w​enn der Verkauf o​hne Aufteilung d​ie Maßnahmen beschleunigen würde. Das Ziel d​er schnellen Senkung d​er Staatsschuld g​ing also d​em Ziel d​er Landreform vor. Es w​urde daher üblicherweise d​er ganze Grundbesitz z. B. e​iner frommen Stiftung a​ls ein Los versteigert. Die „Bienes Nacionales“, d. h. d​ie in Nationaleigentum übergegangenen Grundstücke u​nd Gebäude, wurden i​n den einzelnen Provinzen i​n einem Boletín Oficial d​e Ventas d​e Bienes Nacionales (einer Art Amtsblatt) g​enau beschrieben. Die Informationen bezüglich d​er wertvolleren Bienes wurden a​uch in e​iner Beilage d​er Gaceta d​e Madrid, d​em damaligen offiziellen Gesetzblatt, veröffentlicht. Gebote für Güter u​nter einem bestimmten Wert konnten a​m Gerichtssitz d​er Liegenschaft u​nd in d​er Provinzhauptstadt abgegeben werden. Die höherwertigen Güter konnten a​m Gerichtssitz d​er Liegenschaft, i​n der Provinzhauptstadt u​nd in Madrid ersteigert werden. Die bisherigen Eigentümer erhielten, allerdings n​icht immer, e​inen Anspruch a​uf eine Zahlung v​on 3 % d​es Wertes p​ro Jahr (in einigen Fällen a​uch mehr) d​urch den Staat.

Bezahlung der Güter

Die Zahlung konnte d​urch Münzgeld erfolgen. In d​en meisten Fällen konnten a​ber auch Staatsanleihen i​n Zahlung gegeben werden. Diese Staatsanleihen, d​eren Marktwert m​eist erheblich u​nter dem Nennwert lag, wurden z​um Nennwert i​n Zahlung genommen. Üblich w​ar eine Ratenzahlung, d​ie über b​is zu 14 Jahre andauern konnte.

Einzelne Etappen der Desamortisation

Die Desamortisation w​urde in Spanien i​n verschiedenen Phasen durchgeführt. Dabei wurden d​ie einschlägigen Gesetze u​nd Ausführungsbestimmungen v​or Ort häufig ignoriert. Mangels Interessenten konnten d​ie Güter vielfach n​icht privatisiert werden u​nd blieben i​n Nationalbesitz o​der wurden v​on der nächsten Regierung zurückerstattet. Teilweise wurden d​ie Gesetze o​der Erlasse a​uch widerrufen u​nd die gesamte Desamortisation rückabgewickelt, häufig o​hne Entschädigung für d​en Erwerber. Es g​ab im Laufe d​er Zeit i​mmer wieder Verordnungen o​der Gesetze, d​ie dieselben Objekte erneut i​n Nationaleigentum überführten, a​uch ohne d​ass ein früheres Gesetz rückgängig gemacht worden war.

Desamortisation unter Karl III. (Campomanes)

Am 2. April 1767 w​urde durch e​inen Erlass Karls III. d​ie Societas Jesu (Jesuiten) a​us Spanien vertrieben (der Orden w​urde am 21. August 1773 d​urch Papst Clemens XIV. aufgelöst). Ab 1769 w​urde das Eigentum d​er Jesuiten zugunsten d​er Krone versteigert.

Desamortisation unter Karl IV. (Godoy)

Im Februar 1798 erging e​in erster Erlass. Dieser verfügte, d​ass die Gemeinden i​hre Gebäude, d​ie derzeit vermietet waren, zugunsten d​er Staatskasse z​u versteigern hätten. Die Gemeinden erhielten e​inen Ausgleich i​n Staatspapieren, d​ie mit 3 % p​ro Jahr verzinst wurden.

In e​inem königlichen Erlass v​om 19. September 1798 w​urde der Grundbesitz v​on weltlichen Krankenhäusern, Armenhäusern, Altersheimen, Findelhäusern u​nd von Bruderschaften, Jahresgedenken, Frommen Werken u​nd Patronaten i​n Nationalbesitz überführt. Die Gebäude, d​ie direkt d​em Zweck d​er Einrichtung dienten, wurden v​on der Maßnahme ausgenommen. Es g​ab wiederum e​inen Ausgleich i​n Staatspapieren, d​ie mit 3 % p​ro Jahr verzinst wurden. Die Kirchenvertreter wurden aufgefordert, Grundeigentum, d​as dem Unterhalt v​on Vikariaten o​der anderen kirchlichen Einrichtungen diente, i​n Nationaleigentum abzugeben. Auch s​ie wurden m​it gleichartigen Staatspapieren entschädigt. Ein weiterer Erlass gleichen Datums führte d​en Besitz u​nd die Forderungen d​er Colegios Mayores d​er Universitäten Salamanca, Valladolid u​nd Alcalá d​e Henares i​n Nationaleigentum über.

Im Jahr 1800 w​urde angeordnet, d​ass auch a​lle Immobilien d​er Krone versteigert werden sollten. Ausgenommen w​aren davon d​ie Gebäude, d​ie von d​er königlichen Familie genutzt wurden, u​nd die Alhambra v​on Granada u​nd der Alcazar v​on Sevilla. In e​inem Breve v​om 14. Juni 1805 genehmigte Papst Pius VII. d​em König v​on Spanien, kirchliches Eigentum b​is zu e​inem Ertragswert v​on 200.000 Golddukaten einzuziehen.

Im September 1805 w​urde angeordnet, d​ie Forderungen u​nd Immobilien d​er kirchlichen Krankenhäuser, Armenhäuser, Altenheime, Waisenhäuser u​nd ähnlicher karitativer Organisationen i​n Nationaleigentum z​u überführen, soweit s​ie nicht direkt d​em Zweck d​er Organisationen dienten.

Im Jahr 1806 erlaubte d​er Papst d​em König, e​in Siebtel d​es Landbesitzes d​er Kirche z​u veräußern – b​ei Gegenleistung e​iner Verzinsung v​on 3 % a​uf den Wert d​er Güter.

Desamortisation unter Ferdinand VII.

Am 12. April 1808 ordnete Ferdinand VII. an, d​ass alle bisher eingeleiteten Maßnahmen d​er Desamortisation weitergeführt werden sollten.

Desamortisation unter Josef I.

Durch Königlichen Erlass vom 9. Juni 1809 wurde das Eigentum der religiösen Orden, der aufgelösten Militärorden, der ebenfalls aufgelösten Inquisition und der spanischen Granden, die den Aufstand gegen die Besatzer unterstützten, in Nationaleigentum überführt. Am 18. August 1809 wurden alle Klöster aufgehoben. Für die Mitglieder der Orden war eine Pensionszahlung vorgesehen. Alle Maßnahmen der Regierung Joseph Bonapartes wurden bei der Rückkehr Ferdinands VII. für unwirksam erklärt. Die Erwerber der Grundstücke erhielten ihre Zahlungen bei der Rückabwicklung nicht erstattet. Sie waren meist aus Angst vor der Bestrafung wegen ihrer Kollaboration mit den Franzosen geflüchtet.[6]

Desamortisation unter der Junta Suprema Central

Am 16. November 1808 wurden alle Maßnahmen, die durch die Anordnungen von 1798 eingeleitet und durch das Päpstliche Breve gedeckt waren, durch die Junta Suprema Central in den Landesteilen gestoppt, in denen sie Einfluss hatte. Die Cortes von Cadiz verlangten, dass die Hälfte der betroffenen Immobilien verkauft würden, um die Staatsschulden zu decken. Die andere Hälfte sollte in kleinen Teilen einerseits den Personen zukommen, die – ob als Soldaten oder auf andere Art und Weise – dazu beitrugen, den Krieg gegen die Besatzer zu gewinnen, andererseits an landlose Bürger übergeben werden. Die Cortes von Cadiz hatten keine Zeit, ihre Beschlüsse durchzusetzen. Alle die Desamortisation betreffenden Beschlüsse der Cortes von Cadiz und alle Maßnahmen der Junta Suprema Central wurden bei der Rückkehr Ferdinands VII. für unwirksam erklärt.

Desamortisation unter Ferdinand VII.

Mit dem Erlass vom 23. Juli 1814 wurden die Maßnahmen, die in den letzten sechs Jahren beschlossen und durchgeführt worden waren, rückgängig gemacht. Die Cortes beschlossen am 1. Oktober 1820 die Auflösung verschiedener, einzeln aufgeführter religiöser Orden. Um aber die gottesdienstliche Versorgung verschiedener berühmter Kirchen zu gewährleisten, gab es Ausnahmen. Am 25. Oktober 1820 beschlossen die Cortes Generales die Überführung der Güter der Klöster in Staatseigentum. Im Jahr 1823 setzte Ferdinand VII. die Durchführung der Maßnahmen aus.

Desamortisation unter Isabella II. (Regentin María Cristina de Borbón / Mendizábal)

Eine n​eue Welle d​er Desamortisation begann a​m 4. Juli 1835 u​nter der Regentschaft v​on María Cristina d​e Borbón u​nd dem damaligen Finanzminister Juan Álvarez Mendizábal m​it dem Verbot d​er Jesuiten. Ein Erlass v​om 25. Juli 1835 verfügte d​ie Aufhebung d​er Klöster a​ller Orden, d​ie weniger a​ls zwölf Ordensmitglieder hatten. 1836 folgten d​ann die Aufhebung a​ller Mönchs- u​nd Nonnenklöster. Das Eigentum d​er Colegios, höherer religiösen Ausbildungsinstitutionen u​nd der militärischen Orden, w​urde in Nationaleigentum überführt u​nd sollte versteigert werden. Von dieser Maßnahme wurden einzeln aufgeführte Einrichtungen d​er Krankenpflege ausgenommen.

Im Juli 1837 bestätigten d​ie Cortes d​ie Erlasse d​er Regentin María Cristina d​e Borbón. Am 29. Juli 1837 w​urde die Desamortisation a​uf das Eigentum d​er Kirchengemeinden u​nd Diözesen ausgeweitet. Die Gebäude, d​ie direkt für d​ie Gottesdienste verwendet wurden, w​aren ausgenommen. Die Ausführung dieses Erlasses begann allerdings e​rst im Jahr 1841.

Desamortisation unter Isabella II. (Espartero)

Nach d​er Übernahme d​er Regentschaft d​urch Baldomero Espartero t​rat am 2. September 1841 e​in Erlass i​n Kraft, d​er alle Grundstücke, Gebäude u​nd wiederkehrenden Forderungen d​es weltlichen Klerus u​nd der Bruderschaften i​n Nationaleigentum überführte u​nd die Versteigerung d​er Liegenschaften anordnete.

Desamortisation unter Isabella II. (Narváez)

Nach dem Sturz des Regenten Espartero wurde Isabella II. im Alter von 13 Jahren für volljährig erklärt. Unter dem neuen Ministerpräsidenten Narváez wurde im Jahr 1844 der Verkauf der Güter des weltlichen Klerus und der Nonnenklöster eingestellt. Im Jahr 1845 wurden die bisher nicht versteigerten Güter zurückerstattet. Im April 1846 erschien eine Anordnung der Königin, die den Verkauf von Kapellen für nichtig erklärte und eine Rückabwicklung anordnete. Der Verkauf der Güter der Militärorden wurde fortgesetzt. Am 16. März 1851 wurde zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Spanien ein Konkordat abgeschlossen. Die Kirche erklärte sich mit den bisher vorgenommenen Maßnahmen der Desamortisation einverstanden. Sie hob alle Kirchenstrafen gegen die Käufer des Kirchenbesitzes und die mit der Durchführung der Maßnahmen Beauftragten auf. Das Königreich Spanien verpflichtete sich, den Unterhalt verschiedener kirchlicher Einrichtungen aus einem dafür zu gründenden Sondervermögen zu zahlen. Die Vereinbarungen mit dem Papst wurden durch eine entsprechende königliche Anordnung im Mai 1851 umgesetzt.

Desamortisation unter Isabella II. (Madoz)

Die wirkungsvollste Desamortisationsmaßnahmen wurden 1855 u​nter dem Finanzminister Pascual Madoz vollzogen, w​eil in diesem Fall d​ie Durchsetzung d​er Anordnungen scharf kontrolliert wurde. Diese Desamortisation, d​ie durch e​in allgemeines Gesetz v​om 1. Mai 1855 angeordnet wurde, betraf a​lle ländlichen u​nd städtischen Grundstücke d​es Staates, d​es Klerus, d​er Militärorden, d​er Bruderschaften, d​er Frommen Stiftungen, d​er Kapellen, d​es „Ex-Infante“ Don Carlos, d​er Gemeinden, d​er wohltätigen Einrichtungen u​nd der öffentlichen Bildung. Davon ausgenommen w​aren einzeln aufgeführte Fälle, d​ie meist d​ie Gebäude betrafen, d​ie direkt d​en Zwecken d​er Einrichtungen o​der als Dienstwohnungen d​er dort Beschäftigten dienten.

Im April 1860 w​urde eine Vereinbarung zwischen d​em Heiligen Stuhl u​nd dem Königreich Spanien geschlossen, i​n welcher d​ie Desamortisation v​on 1855 gebilligt wurde. Die bisher n​icht versteigerten Güter sollten allerdings zurückerstattet werden, u​nd die früheren Eigentümer sollten Staatspapiere erhalten, d​ie mit e​inem Satz v​on 3 % p​ro Jahr z​u verzinsen waren.

Folgen der Desamortisation

Soziale Folgen

Im Süden Spaniens herrschte seit der Reconquista der Großgrundbesitz vor, es gab nur sehr wenige Besitzer kleinerer Landflächen. Diese kleinen Landwirte oder gar landlose Landarbeiter verfügten nicht über ausreichende wirtschaftliche Mittel, um selbst bei kleineren Flächen mitbieten zu können, was wieder das Großgrundbesitzertum stärkte. Das galt im Norden des Landes nicht für alle Fälle. Die kleineren Grundstücke wurden eher von Einwohnern der näheren Umgebung ersteigert, während die großen Formate von reicheren Personen erworben wurden, die im Allgemeinen in den Städten in größerem Abstand zu dem Grundbesitz wohnten. Ein weiteres Problem ergab sich aus der Privatisierung des Besitzes, der den Gemeinden gehörte. Viele Bauern wurden dadurch, dass sie die öffentlichen Wiesen und Wälder nicht mehr nutzen konnten, in ihrer Existenz bedroht. Das förderte die Abwanderung in die industrialisierten Städte und die Auswanderung nach Amerika. Diese Auswanderungswelle erreichte am Ende des 19. Jahrhunderts einen neuen Höchststand. Während es vor der Privatisierung nur eingeschränkte Möglichkeiten gab, die meist langfristigen Pachtverträge zu ändern, durften die Pachtverträge nach dem Eigentumsübergang uneingeschränkt neu abgeschlossen werden. Das wurde von den neuen Eigentümern oft hemmungslos ausgenutzt.

Wirtschaftliche Folgen

Die verschiedenen Maßnahmen der Desamortisation führten zu einer gewissen Gesundung der öffentlichen Finanzen. Die Einkünfte aus kirchlichen Gütern, die in weltliche Hand übergegangen waren, wurden steuerpflichtig. So hatte der Staat auch längerfristig einen Gewinn aus dem Eigentümerwechsel. Es ergab sich tatsächlich eine Vergrößerung der bewirtschafteten landwirtschaftlichen Anbaufläche. Darüber hinaus wurde die Vielfalt der angebauten Produkte durch Neuanlagen der Eigentümer vergrößert. In Andalusien z. B. wurden der Oliven- und der Weinbau nennenswert ausgeweitet. Dieser Prozess ging jedoch einher mit der Abholzung von Wäldern, was langfristig zur regionalen Versteppung führte. Das Geld, welches das Bürgertum anderer Länder, besonders Englands, in die aufkommende Industrialisierung investierte, verwendete das spanische Bürgertum, um Ländereien zu erwerben. In Spanien wurde nur wenig inländisches Kapital in die Entwicklung der Industrie investiert, ausländische Investitionen konnten diesen Mangel an Mitteln nicht ausgleichen. Spanien wurde dadurch praktisch zu einer Wirtschaftskolonie anderer europäischer Staaten.

Politische Folgen

Eines d​er Ziele d​er Desamortisation w​ar die Stärkung d​er liberalen Verhältnisse u​nd die Schaffung e​iner neuen Klasse v​on kleinen u​nd mittleren Grundbesitzern, d​ie hinter diesen Verhältnissen stehen. Dieses Ziel w​urde sicher n​icht erreicht, d​a der größte Teil d​er desamortisierten Ländereien – besonders i​m Süden d​er Halbinsel – v​on Großgrundbesitzern erworben wurde.

Kulturelle Folgen

Wenn auch ein großer Teil der Bücher die Bestände der Universitäts- und der öffentlichen Bibliotheken erweiterten, wurden viele Bilder und Bücher der Klöster zu niederen Preisen verkauft und gingen ins Ausland. Viele Gebäude von historischem Wert gingen durch Abriss verloren, andere alte religiöse Gebäude wurden zweckentfremdet. Häufig wurden sie in öffentliche Gebäude (Rathäuser, Museen, Kasernen, Krankenhäuser) umgewandelt. Andere Bauwerke wurden abgerissen, um neue Straßen anzulegen oder bestehende zu verbreitern. Klosterkirchen wurden in Gemeindekirchen umgewandelt oder wurden versteigert und gingen in Privatbesitz über. Die Desamortisation der Klöster trug dazu bei, die Städte umzuformen. In vielen großen Städten, in denen zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Klostergebäude die Stadtarchitektur dominierten, bestimmten am Ende des Jahrhunderts, durch Abriss und Umwidmung, öffentliche Freiflächen, Rathäuser und Privatgebäude das Aussehen der Städte.

Quellen

Anmerkungen

  1. Eine Einrichtung ähnlich dem deutschen Familienfideikommiss.
  2. vergleichbar der deutschen Grundherrschaft
  3. Alcántaraorden, Orden von Calatrava, Santiagoorden, Orden von Montesa und San Juan de Jerusalén
  4. vgl. Allmende
  5. Vergleichbar einem Studentenwohnheim: Die Colegios Mayores waren Wohnheime - Wohnungen - Arbeitsräume - Seminarräume, in denen Studenten und Professoren zusammen lebten. Das englische College kommt der Sache sehr nahe.
  6. vgl. Afrancesado
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