David Garrett
David Garrett (* 4. September 1980[1] als David Christian Bongartz[2] in Aachen) ist ein deutscher Geiger.
Leben
Kindheit und Jugend, Erstkarriere in der Klassik
Garrett ist mittleres der drei Kinder des deutschen Juristen und Geigenauktionators Georg Paul Bongartz und der US-amerikanischen Primaballerina Dove-Marie Garrett. Seine Schwester ist die Sängerin Elena (Bongartz). Im Alter von vier Jahren machte er seine ersten Versuche auf der Geige.[3] Ersten Geigenunterricht erteilte ihm sein Vater, der nebenberuflich als Geigenlehrer arbeitete. Im Alter von fünf Jahren gewann Garrett einen Preis im Wettbewerb Jugend musiziert. Als er acht Jahre alt war, entschieden die Eltern, den Jungen unter dem Namen der Mutter auftreten zu lassen, da Garrett geläufiger klang als Bongartz.[4] Im Alter von neun Jahren debütierte er beim Festival Kissinger Sommer.[5] Mit zwölf erhielt er einen ersten Plattenvertrag und stand im Alter von 13 Jahren bereits exklusiv bei der Deutschen Grammophon unter Vertrag. Zusammen mit Claudio Abbado spielte er Mozart-Violinkonzerte ein. Als „größten Geiger seiner Generation“ bezeichnete ihn Yehudi Menuhin. Garrett gibt an, jeden Tag acht Stunden Geige geübt zu haben.[6] Von 1990 bis 1991 wurde Garrett von Zakhar Bron unterrichtet. Ab 1992 war er Schüler von Ida Haendel. Ein weiterer Lehrer von Garrett war Saschko Gawriloff.[7][8]
Nach dem Abitur am Aachener Einhard-Gymnasium schrieb sich Garrett seinen Eltern zuliebe am Royal College of Music im näheren London ein, obwohl er eigentlich nach New York wollte. Er musste aber bald die Schule verlassen, da er die Vorlesungen nie besuchte, und zog mit 19 Jahren zu seinem Bruder, der damals in New York lebte und dort studierte.[9][10] Garrett sagte in einem Interview: „Mir wurde immer alles aufoktroyiert: Was ich spielen sollte, wo ich auftreten sollte, was ich in Interviews sagen und nicht sagen sollte.“[11]
1999 wechselte er nach New York, um die Juilliard School zu besuchen, wo er unter Itzhak Perlman studierte. 2003 gewann er den Kompositionswettbewerb der Schule mit einer Fuge im Stil von Johann Sebastian Bach.
Zweitkarriere, Crossover-Musik
In den folgenden Jahren versuchte er, sich trotz Widerständen als Musiker neu zu etablieren. Als sein nunmehr eigener Karrieremanager dachte er sich das Konzept für ein Crossover-Album aus, das er zusammen mit dem Londoner Plattenlabel Decca produzierte. Das Album aber wurde nie veröffentlicht, da die Plattenfirma nicht überzeugt war, dass das funktionieren würde. Den Durchbruch in Deutschland schaffte er 2006 mit dem Berliner Konzertveranstalter DEAG, der stark auf den Event-Charakter klassischer Konzerte setzt und Garretts Cross-Over-Projekt übernahm. Ein neues Image wurde für ihn geschneidert, das des Geigenrebellen.[12] 2014 wurde sein Crossover-Projekt mit einer Tour quer durch Deutschland fortgesetzt.
2009 entwarf er eine T-Shirt-Kollektion für das Modehaus s.Oliver und 2010 kam ein eigenes Parfum mit passendem Duschgel namens Rock Symphonies heraus.[13]
Als Schauspieler
Im Jahr 2013 spielte Garrett die Hauptrolle als Niccolò Paganini in Bernard Roses Literaturverfilmung Der Teufelsgeiger.[14] Garrett war hier gleichzeitig Executive Producer.
Instrumente
Im Alter von 13 Jahren wurde ihm von der Aachener Talbot-Stiftung für mehrere Jahre eine von Antonio Stradivari gefertigte Violine zur Verfügung gestellt, die San Lorenzo von 1718. Seit 2003 besitzt er eine Violine von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahre 1772 (diese wurde im Jahre 2008 bei einem Sturz schwer beschädigt).[15] Seit 2010 spielt er wieder eine Stradivari (zur Verfügung gestellt vom anonym bleibenden Eigentümer): Die Ex A. Busch von 1716,[16][17] die von 1913 bis 1933 im Besitz des Violinisten Adolf Busch war.
Rezeption
Erfolge
Von Ende Mai 2008 bis April 2010 war er im Guinness-Buch der Rekorde als schnellster Geiger der Welt eingetragen. Bei einem Auftritt in der britischen Kinder-Fernsehshow Blue Peter spielte Garrett den Hummelflug von Rimski-Korsakow fehlerfrei in nur 66,56 Sekunden, das sind 13 Noten pro Sekunde. Seinen eigenen Rekord unterbot er am 20. Dezember 2008 bei der Guinness-World-Records-Show um 1,3 Sekunden mit einer Zeit von 65,26 Sekunden. Am 7. April 2010 wurde er von Ben Lee geschlagen: Lee benötigte 64,21 Sekunden für dasselbe Stück.[18] Von 2008 bis 2009 war Garrett Botschafter der UNESCO.
Am 17. Oktober 2010 wurde Garrett in Essen der Echo Klassik, der Musikpreis der Deutschen Phono-Akademie, für seinen Spitzenplatz im Plattenverkauf als Bestseller des Jahres verliehen.[19] Nur wenige Monate später erhielt er bei der 20. Echo-Musikverleihung am 24. März 2011 zwei Echos, einen in der Kategorie Erfolgreichste Musik-DVD-Produktion (national) und den anderen in der Kategorie Künstler Rock/Pop (national). Am 26. Oktober 2014 wurde er mit einem weiteren Echo Klassik in der Kategorie Bestseller des Jahres für sein Album Garrett vs. Paganini ausgezeichnet.
Kritik
In der Presse wurde er als ein „besonders schrilles Beispiel für einen genialischen Geiger, der trotzdem scheitert“,[20] als „Fernsehgeiger“, „Jörg Pilawa der klassischen Musik“,[21] oder „David Hasselhoff der Klassik“[22] bezeichnet. Seine Musik wird unter anderem als „Softpornopopklassikjunkfood“ kritisiert.[6]
Garrett weist die Kritik regelmäßig als „Musik-Snobismus“ zurück und betont seinen Anspruch, mit seinem Mix aus E- und U-Musik Bevölkerungsgruppen erreichen zu wollen, die der Klassik sonst fernblieben.[23]
Diskografie
Studioalben
Jahr | Titel Musiklabel |
Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen (Jahr, Titel, Musiklabel, Platzierungen, Wochen, Auszeichnungen, Anmerkungen) |
Anmerkungen | ||||
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DE | AT | CH | UK | US | |||
1995 | Beethoven “Frühlings-Sonate • Spring” Deutsche Grammophon (UMG) |
— | — | — | — | — |
Erstveröffentlichung: 1. Februar 1995 |
Mozart: Violinkonzerte Deutsche Grammophon (UMG) |
— | — | — | — | — |
Erstveröffentlichung: 23. Oktober 1995 mit Claudio Abbado | |
1997 | Paganini Caprices Deutsche Grammophon (UMG) |
— | — | — | — | — |
Erstveröffentlichung: 29. Juni 1997 |
2001 | Tchaikovsky, Conus: Violin Concertos Deutsche Grammophon (UMG) |
— | — | — | — | — |
Erstveröffentlichung: 22. Oktober 2001 |
2007 | Free (auch bekannt als: Virtuoso) Decca Records (UMG) • DEAG Music (Warner) |
DE32 ×3 (44 Wo.)DE |
AT51 (2 Wo.)AT |
CH96 (1 Wo.)CH |
UK17 (3 Wo.)UK |
— |
Erstveröffentlichung: 2. März 2007 Verkäufe: + 300.000 |
2008 | Encore (auch bekannt als: David Garrett) Decca Records (UMG) |
DE7 ×5 (114 Wo.)DE |
AT9 Gold (58 Wo.)AT |
CH31 (31 Wo.)CH |
— | US116 (6 Wo.)US |
Erstveröffentlichung: 24. Oktober 2008 Verkäufe: + 510.000 |
2009 | Classic Romance Decca Records (UMG) |
DE4 Platin (49 Wo.)DE |
AT12 (17 Wo.)AT |
CH21 (18 Wo.)CH |
— | — |
Erstveröffentlichung: 6. November 2009 Verkäufe: + 200.000 |
2010 | Rock Symphonies Decca Records (UMG) |
DE1 ×5 (72 Wo.)DE |
AT3 ×2 (46 Wo.)AT |
CH4 (30 Wo.)CH |
UK21 (4 Wo.)UK |
US41 (7 Wo.)US |
Erstveröffentlichung: 20. Juli 2010 Verkäufe: + 540.000 |
2011 | Legacy Decca Records (UMG) |
DE6 Platin (19 Wo.)DE |
AT8 Gold (10 Wo.)AT |
CH18 (12 Wo.)CH |
UK87 (1 Wo.)UK |
— |
Erstveröffentlichung: 4. November 2011 Verkäufe: + 210.000 |
2012 | Music Decca Records (UMG) |
DE2 ×2 (50 Wo.)DE |
AT3 Platin (54 Wo.)AT |
CH7 (25 Wo.)CH |
— | — |
Erstveröffentlichung: 12. Oktober 2012 Verkäufe: + 420.000 |
2013 | Garrett vs. Paganini (auch bekannt als: Caprice) Decca Records (UMG) |
DE8 Gold (14 Wo.)DE |
AT5 Platin (11 Wo.)AT |
CH19 (11 Wo.)CH |
UK60 (1 Wo.)UK |
— |
Erstveröffentlichung: 25. Oktober 2013 Verkäufe: + 115.000 |
2014 | Timeless – Brahms & Bruch Violin Concertos Decca Records (UMG) |
DE11 Gold (13 Wo.)DE |
AT9 (9 Wo.)AT |
CH25 (9 Wo.)CH |
— | — |
Erstveröffentlichung: 24. Oktober 2014 Verkäufe: + 100.000 mit Zubin Mehta & Israel Philharmonic Orchestra |
2015 | Explosive Decca Records (UMG) |
DE4 Gold (20 Wo.)DE |
AT4 Gold (19 Wo.)AT |
CH7 (18 Wo.)CH |
— | — |
Erstveröffentlichung: 4. September 2015 Verkäufe: + 107.500; mit Royal Philharmonic Orchestra |
2017 | Rock Revolution Decca Records (UMG) |
DE5 Gold (20 Wo.)DE |
AT5 Gold (23 Wo.)AT |
CH12 (15 Wo.)CH |
— | — |
Erstveröffentlichung: 15. September 2017 Verkäufe: + 107.500 |
2020 | Alive – My Soundtrack Universal Music (UMG) |
DE4 (21 Wo.)DE |
AT12 (2 Wo.)AT |
CH7 (7 Wo.)CH |
— | — |
Erstveröffentlichung: 9. Oktober 2020 |
Auszeichnungen
- Bambi
- 2013: Kategorie Klassik
- ECHO
- ECHO Klassik
- ECHO Pop
- 2011: für Erfolgreichste Musik-DVD-Produktion (national)
- 2011: für Künstler Rock/Pop (national)
- 2013: für Künstler Rock/Pop (national)
- Goldene Kamera
- 2010: für Beste Musik International
- Goldene Feder
- 2009
- BZ Kulturpreis
- 2020
Literatur
- Michael Fuchs-Gamböck, Thorsten Schatz: David Garrett. Der Rebell mit der Geige. 1. Auflage. Knaur-Taschenbuch-Verlag, München 2010, ISBN 978-3-426-78431-0.
- Carolin Pirich: Auf beiden Saiten. In: Die Zeit, Nr. 6/2013.
Weblinks
- Offizielle Website von David Garrett
- David Garrett in der Internet Movie Database (englisch)
- David Garrett bei MusicBrainz (englisch)
- Ausführliches Interview mit David Garrett. planet-interview.de
- Burkhard Schäfer: David Garrett: „Musik ist keine Religion“. In: Zeit Online. 15. Januar 2009, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Frederik Hanssen: Stargeiger: Gute Saiten, schlechte Saiten. In: Zeit Online. 6. Januar 2010, abgerufen am 14. Dezember 2014.
Einzelnachweise
- Johannes Rothenbaum: David Garrett: Die exklusive Biografie. 1. Auflage. mvg Verlag, München 2013, ISBN 978-3-86882-478-0, S. 12 f. „Die Frage, wann alles begann, wird von Fans des Virtuosen heiß diskutiert. Dass David Garrett am 4. September Geburtstag hat, ist unter seinen Anhängern unbestritten, das Jahr, in dem er geboren wurde, sorgt allerdings für Kontroversen. Während die einen steif und fest behaupten, Garrett sei 1980 geboren worden, legen sich andere mit gleicher Vehemenz auf das Jahr 1981 fest. Garrett selbst trug in der Vergangenheit wenig zur Aufklärung bei. Vielmehr gab er in Interviews gelegentlich 1981 an, bestätigte andererseits aber auf Nachfrage 1980 als sein Geburtsjahr. Vergessen – oder ignoriert – wird bei dieser nicht enden wollenden Diskussion, dass es längst eine offizielle Angabe gibt: Garrett wurde am Donnerstag, den 4. September 1980 geboren.“
- Todesanzeige von Garretts Großmutter – abgerufen am 16. März 2013
- David-Garrett-Support – Biographie (Memento des Originals vom 14. August 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- www.kultiversum.de abgerufen am 10. März 2013
- musik-heute.de
- Carolin Pirich: Geiger David Garrett: Auf beiden Saiten. In: Die Zeit, Nr. 6/2013
- musikzeitung.ch
- ndr.de
- David Garrett: Als Kind immer Traurigkeit gespürt (Memento vom 1. September 2013 im Internet Archive) In: noz.de vom 18. Juni 2009, abgerufen am 14. Dezember 2014
- Interview mit Star-Violinist David Garrett: Pullern am Broadway. In: stern.de. 24. April 2008, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Kai Luehrs-kaiser: Durch den Dreck gegangen. In: welt.de. 9. Februar 2008, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Aus der alten Marke „Wunderkind“ wurde die neue Marke „Geigenrebell“. Zeit Online, abgerufen am 11. März 2013.
- ROCK SYMPHONIES: Star-Geiger David Garrett bringt seine erste Duftlinie auf den Markt. (Nicht mehr online verfügbar.) Online-Magazin COSMOTY.de, archiviert vom Original am 26. November 2015; abgerufen am 12. März 2013. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Cordula Dieckmann: David Garrett spielt Teufelsgeiger Paganini. In: Welt Online. 17. September 2012, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Experience: I crushed my £1m violin, The Guardian, 16. April 2011
- Busch Stradivari Nachweis
- Beschreibung der Busch Stradivari aus der Bongartzwebseite
- Ben Lee from FUSE Break Official Violin World Speed Record in: prlog.org vom 7. August 2010, abgerufen am 25. Oktober 2010
- news.de (Memento des Originals vom 26. Juli 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Harald Eggebrecht: Geiger David Garrett – Von der Tragik eines ehemaligen Wunderknaben. In: sueddeutsche.de. 18. November 2011, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Tobias Rüther: Der Fernsehzaubergeiger vom Dienst. In: FAZ.net. 20. November 2011, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Frederik Hanssen: Stargeiger: Gute Saiten, schlechte Saiten. In: Zeit Online. 6. Januar 2010, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- Burkhard Schäfer: David Garrett: „Musik ist keine Religion“. In: Zeit Online. 15. Januar 2009, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- david-garrett.com
- David Garrett erhält einen ECHO Klassik für den „Bestseller des Jahres“. (Memento vom 19. April 2015 im Internet Archive) Website echoklassik.de, 30. Juli 2012, abgerufen am 14. Oktober 2012.
- david-garrett.com