Coudenhove-Kalergi (Adelsgeschlecht)
Coudenhove-Kalergi ist ein katholisches böhmisches Adelsgeschlecht.
Franz Karl von Coudenhove, dessen Familie seit 1790 Reichsgrafen waren, war mit Maria von Kalergi (1840–1877) verheiratet. Der gemeinsame Sohn Heinrich Graf von Coudenhove-Kalergi war der erste Graf, der seit 1903 den Doppelnamen führte.[1] Väterlicherseits hatten die brabantischen Coudenhoves den Adelstitel für die Teilnahme am Kreuzzug 1099 erhalten und konnten lückenlos zurückblicken auf den am 3. März 1259 verstorbenen Vorfahren Gerolf. Der Name Kalergi stammt von dem gleichnamigen byzantinisch-kretischen Adelsgeschlecht (mit Nebenlinie Callergi in Venedig). Die Coudenhove beerbten 1805 das bedeutende fränkische Adelsgeschlecht von Erthal. Da der Adelsstand 1919 in der neuen Republik Österreich aufgehoben wurde, hatte die Familie mit dem Adelsaufhebungsgesetz auch das Adelsprädikat „von“ in ihrem Namen verloren.
1864 erwarb Graf Franz Karl von Coudenhove den westböhmischen Gesamtbesitz Ronsperg (Poběžovice) mit Wasserau und Bernstein sowie das Gut Stockau um eine Million Gulden von den Grafen Thun-Hohenstein. 1869 kaufte er noch die Herrschaft Muttersdorf mit Schwanenbrückl und in Oberösterreich Schloss Ottensheim sowie Besitzungen in Ungarn hinzu. Von diesen Besitzungen blieben lediglich Ronsperg und Stockau – späterer Witwenwohnsitz von Mitsuko Coudenhove-Kalergi mit ihren Kindern, bevor sie nach Wien bzw. Mödling umzog – bis 1945 im Eigentum der Familie; das Gut Muttersdorf wurde im Rahmen der Bodenreform in der 1. Tschechoslowakischen Republik in den Zwanzigerjahren enteignet.
Der Familienstammsitz der Coudenhove-Kalergis, Schloss Ronsperg (Poběžovice), war im Besitz des Alleinerben Johann Graf Coudenhove-Kalergis, als es 1945 infolge des für Deutschland verlorenen Krieges vom tschechoslowakischen Staat enteignet wurde. Die Familie, die tschechisch sprach, sich aber dem Deutschtum angehörig fühlte, wurde auch aus dem Land vertrieben.[2] Die heutige Familie lebt in sehr verschiedenen Teilen der Welt. Der Film „Europa im Herzen, zuhause in der Welt“ porträtiert die derzeitige Familie.[3]
Mit dem Familiennamen Coudenhove-Kalergi verbunden ist heute auch eine rechtsextreme, antisemitische Verschwörungserzählung, der sogenannte Kalergi-Plan, der im Rahmen der Vorstellung einer sogenannten Umvolkung fälschlicherweise als Beleg genannt wird.[4] Als Urheber dieses Plans wird Richard Coudenhove-Kalergi, der Begründer der Paneuropa-Union angesehen.
Der verwandten Familie Coudenhove-Honrichs gehörten Schloss Kunštát und Schloss Dalečín.
Familienmitglieder:
- Maximilian Coudenhove (1805–1889), österreichischer Feldmarschallleutnant
- Karl Graf von Coudenhove (1814–1868), österreichischer Feldmarschallleutnant
- Franz Karl von Coudenhove (1825–1893), österreichischer Großgrundbesitzer und Politiker
- Karl Maria von Coudenhove (1855–1913), österreichischer Verwaltungsjurist
- Heinrich von Coudenhove-Kalergi (1859–1906), österreichischer Diplomat und Weltbürger
- Max von Coudenhove (1865–1928), österreichischer Diplomat
- Mitsuko Coudenhove-Kalergi (1874–1941), japanische Ehegattin von Heinrich von Coudenhove-Kalergi
- Johann Graf Coudenhove-Kalergi (1893–1965), böhmischer Schlossherr auf Schloss Ronspereg, österreichischer Autor
- Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi (1894–1972), österreichischer Schriftsteller, Politiker und Gründer der Paneuropa-Bewegung
- Gerolf Coudenhove-Kalergi (1896–1978), böhmisch-österreichischer Jurist und Japanologe
- Ida Friederike Görres (1901–1971), Geburtsname Elisabeth Friederike, Reichsgräfin Coudenhove-Kalergi, deutsche Schriftstellerin und engagierte Katholikin
- Barbara Coudenhove-Kalergi (* 1932), böhmisch-österreichische Journalistin
- Michael Coudenhove-Kalergi (1937–2018), österreichischer Maler[5]
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Coudenhove, die Familie. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 3. Theil. Verlag der typogr.-literar.-artist. Anstalt (L. C. Zamarski, C. Dittmarsch & Comp.), Wien 1858, S. 22 (Digitalisat).
- Barbara Coudenhove-Kalergi. Zuhause ist überall, 2015. Frankfurt: Fischer.
- Bernhard Setzwein. Der böhmische Samurai, 2017. Innsbruck: Haymon. (Roman)
Weblinks
- Ahnentafel Carl Graf von Coudenhove, 1899, Heinrich Graf von Coudenhove, 1846 und Maximilian Casimir Phillip Graf von Coudenhove, 1836 bei Collection: Wien, Deutschordenszentralarchiv (DOZA) – Ahnentafeln (1365-1937). In: Monasterium.net. ICARUS – International Centre for Archival Research
Einzelnachweise
- Ronsperg (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive) auf bischofteinitz.de
- Barbara Coudenhove-Kalergi. Zuhause ist überall, 2015. Frankfurt: Fischer.
- YouTube
- https://archive.org/stream/Honsik-Gerd-Rassismus-legal-Der-Juden-drittes-Reich/HonsikGerd-RassismusLegal-DerJudenDrittesReich2005268S. Scan_djvu.txt
- orf.at: Maler Michael Coudenhove-Kalergi ist tot. Artikel vom 5. Jänner 2019, abgerufen am 5. Jänner 2019.