Carmen Mory
Carmen Maria Mory (* 2. Juli 1906 in Bern, Schweiz; † 9. April 1947 in Hamburg, Deutschland) war eine Schweizer Gestapo-Agentin. Während des Zweiten Weltkrieges war sie Häftling und Blockälteste im KZ Ravensbrück.
Leben
Carmen Mory wurde 1906 in Bern geboren und wuchs in Adelboden auf. Ihr Vater war Arzt, ihre Mutter hatte philippinische Wurzeln und starb unter mysteriösen Umständen, als Carmen vier Jahre alt war. Mory lebte nach eigenen Angaben in der Schweiz, Frankreich, England und den Niederlanden. Ab 1924 bereiste sie europäische Länder.
Sie nahm 1928 in München ein Gesangs- und Musikstudium auf, das sie jedoch 1932 abbrach. Sie musste ihren ursprünglichen Berufswunsch Sängerin nach einer Mandeloperation aufgeben. Danach ging sie nach Berlin, um als Journalistin zu arbeiten. Sie fühlte sich vom Glamour und der Macht der Nationalsozialisten angezogen und wurde 1934 Agentin der Gestapo, für die sie unter anderem in Paris deutsche Emigranten ausspionierte.
Im November 1938 wurde sie in Paris verhaftet und im April 1940 von den Franzosen wegen Spionage zum Tode verurteilt, aber vom französischen Staatspräsidenten am 6. Juni 1940 zu Gefängnishaft begnadigt. Während des deutschen Einmarschs gelang ihr die Flucht zurück ins Deutsche Reich. Dort war sie wieder für die Gestapo tätig, wurde aber nach einiger Zeit unter der Anschuldigung, sie sei eine Doppelagentin, verhaftet und im Februar 1941 in das Frauen-KZ Ravensbrück eingeliefert.
In Ravensbrück stieg sie zur Blockältesten auf und war als Häftlingskrankenschwester in Block 10 (Tbc-Kranke und verwirrte Frauen) eingesetzt. Die Zeugenaussagen über ihr Verhalten als Blockälteste sind widersprüchlich. Einerseits wurde sie als die „meistgefürchtete Frau in Ravensbrück“ bezeichnet, andererseits soll sie ihren Einfluss genutzt haben, um die Lage der Häftlinge zu erleichtern. Mit der ebenfalls als Häftling einsitzenden Anne Spoerry war sie zeitweise eng befreundet.[1] In Ravensbrück leistete sie für den Angehörigen der Lagergestapo Ludwig Ramdohr Spitzeldienste. Sie wurde auch als „Schwarzer Engel von Ravensbrück“ bezeichnet.[2]
Nach dem Krieg wurde Mory von ehemaligen Mithäftlingen beschuldigt, an Selektionen teilgenommen und in 60 Fällen selbst gemordet zu haben. Im ersten Hamburger Ravensbrück-Prozess wurde sie am 3. Februar 1947 zum Tode verurteilt.[3] Der Hinrichtung kam sie durch Suizid zuvor, indem sie sich mit einer Rasierklinge beide Schlagadern aufschnitt.[4]
Literatur
- Marco Jorio: Mory, Carmen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Caterina Abbati: Ich, Carmen Mory. Das Leben einer Berner Arzttochter und Gestapo-Agentin (1906–1947). Chronos, Zürich 1999, ISBN 3-905313-03-0.
- Lukas Hartmann: Frau im Pelz. Leben und Tod der Carmen Mory. Roman. Nagel & Kimche, Zürich 1999, ISBN 3-312-00250-8.
- als Taschenbuch: S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-14709-3.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
- Irina Nowak: „Eine Strafverfolgung ist zur Zeit nicht zweckmäßig…“ Die Gestapo-Agentin Carmen Mory zwischen Konzentrationslager und Justizgefängnis. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 59. Jg. (2011), H. 4, S. 312–332.
- Silke Schäfer: Zum Selbstverständnis von Frauen im Konzentrationslager. Das Lager Ravensbrück. Berlin 2002 (Dissertation TU Berlin), urn:nbn:de:kobv:83-opus-4303, doi:10.14279/depositonce-528.
Film
- Der Todesengel aus Adelboden. 4. Folge der DOK-Serie Kriminalfälle – Wenn Frauen töten. Regie: Michael Hegglin. Erstausstrahlung: SF 1, 28. Juli 2008.[5]
- Carmen Mory: Hände weg von diesem Weib. Regie: Michael Hegglin. SF 1, 2000
Weblinks
- Literatur von und über Carmen Mory im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ravensbrücker Mory-Taten. In: Der Spiegel, Ausgabe 4/1947 vom 25. Januar 1947, S. 4.
- Elf Todesurteile. In: Der Spiegel, Ausgabe 6/1947 vom 8. Februar 1947, S. 3.
Einzelnachweise
- A legendary flying doctors dark secret – Bericht über die Beziehung Morys zu Spoerry im KZ Ravensbrück in der Financial Times, engl.
- Jens Ebert, Insa Eschebach (Hrsg.): „Die Kommandeuse“ – Erna Dorn zwischen Nationalsozialismus und Kaltem Krieg. Dietz, Berlin 1994. ISBN 3-320-01838-8, S. 37f.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 417.
- Flucht in den Tod in: Der Spiegel 16/1947
- über den Film (PDF).