Carl Arnold Willemsen
Carl Arnold Willemsen (* 29. März 1902 in Uerdingen; † 10. August 1986 in Bonn) war ein deutscher Historiker, der insbesondere für seine langjährige Beschäftigung mit der Architektur im Umfeld Kaiser Friedrichs II. in Süditalien bekannt ist.
Leben
Carl A. Willemsen studierte in Marburg, München und Freiburg, wo er bei Heinrich Finke 1924 mit einer Arbeit über Kardinal Napoleone Orsini (1263–1342) promoviert wurde. 1928 habilitierte er sich an der Universität Freiburg mit der Schrift Die Geschichte des Königreichs Mallorka und war zunächst dort, ab 1932 an der Universität Münster als Privatdozent tätig. 1935 wurde er in Münster außerplanmäßiger, außerordentlicher Professor. An den Forschungsinteressen Finkes orientierten sich Willemsens im Anschluss an seine Dissertation unternommenen Studien zur Geschichte Aragons und seiner mittelmeerischen Territorien in der Zeit vor und nach 1300, deren Ergebnisse 1935, 1937 und 1940 in den Spanischen Forschungen der ihm nahe stehenden, 1941 von den Nationalsozialisten verbotenen Görres-Gesellschaft veröffentlicht wurden.
Ab November 1938 lehrte er als planmäßiger, außerordentlicher Professor an der Staatlichen Akademie Braunsberg in Ostpreußen. Sie galt 1933 nach Beginn der Zeit des Nationalsozialismus als „NS-Hochburg“, änderte jedoch nach dem päpstlichen Entzug der Lehrbefugnis 1934 des Rektors und eines weiteren Professors, beide katholische Priester und Theologieprofessoren, und dem Personalwechsel fast des gesamten Lehrkörpers in den folgenden Jahren insofern ihre Struktur.
Seit 1937 beschäftigte sich Willemsen mit den Stauferkaisern, insbesondere mit Friedrich II. Im gleichen Jahr begann er mit der Erarbeitung der ersten vollständigen kritischen Edition der sechs Bücher in lateinischer Sprache des Werkes von Kaiser Friedrich II. De arte venandi cum avibus („Die Kunst, mit Vögeln zu jagen“). Dafür legte er die älteste der in Frage kommenden Handschriften und zwar die aus der Universitätsbibliothek von Bologna zugrunde. Das Werk erschien 1942 im Insel-Verlag, Leipzig in einer Auflage von 600 Exemplaren. Der lateinischen Textausgabe sollten noch eine deutsche Übersetzung und ein Kommentarband folgen. Die Vorarbeiten waren schon weit fortgeschritten, als sie im Frühjahr 1945 kurz vor der deutschen Kapitulation mit allen Unterlagen durch Kriegseinwirkung vernichtet wurden. Willemsen konnte die deutsche Übersetzung in zwei Bänden daher erst 1964 im Insel-Verlag, Frankfurt am Main, unter Mitarbeit von Dagmar Odenthal veröffentlichen. Einen umfangreichen Kommentarband zur lateinischen und deutschen Übersetzung gab Willemsen 1970 heraus. Willemsen schrieb sodann noch den 1969 erschienenen Kommentar und eine erläuternde Beschreibung zu der Faksimileausgabe der reich farbig bebilderten Original-Handschrift König Manfreds von Sizilien der ersten beiden Bücher von De arte venandi cum avibus seines Vaters Kaiser Friedrich II.
Willemsen wurde während des Zweiten Weltkriegs im Mai 1941 zur Wehrmacht eingezogen und arbeitete im Wesentlichen als Sonderführer im Heeresarchiv, dessen Leiter der als Widerständler 1945 von den Nazis ohne Gerichtsverfahren ermordete General Friedrich von Rabenau ein Freund Willemsens war und ihn angefordert hatte. 1944 publizierte Willemsen seinen ersten eher kunsthistorischen Beitrag, den Text- und Bildband Apulien – Land der Normannen Land der Staufer. Diese Arbeit war die erste einer langen Reihe von thematisch ähnlichen Büchern und Schriften aus dem Grenzbereich zwischen Kunstgeschichte und der Geschichte des Mittelalters. 1946 und 1947 erschienen zwei Nachkriegspublikationen, die sich mit dem Dichterkreis um Friedrich II. beschäftigten.
Nach dem Krieg wurde Willemsen im Entnazifizierungsverfahren als „Entlasteter“ im Sinne des Artikels 13 des Befreiungsgesetzes eingestuft. 1945 bis 1950 war er für den Verleger Anton Kippenberg (Insel Verlag Leipzig) und den Scherpe-Verlag Krefeld tätig. 1950 wurde er Honorarprofessor für mittlere und neuere Geschichte an der Universität Bonn, 1955 außerordentlicher Professor und 1965 ordentlicher Professor ebendort. Seine Emeritierung erfolgte 1969.
Nachdem er 1950 an der Universität Bonn wieder eine Professur erhalten hatte, meldete sich Willemsen 1953 zunächst mit einer Publikation zum Brückentor von Capua wieder wissenschaftlich zur Stauferarchitektur in Süditalien zurück, 1955 gefolgt unter anderem von „Castel del Monte, die Krone Apuliens“, einem Kunstführer „Süditalien und Sizilien“ 1957 und „Kalabrien, Schicksal einer Landbrücke“ 1966. Im Jahr 1971 gab er mit Sigrid Schwenk und Gunnar Tilander die Festschrift „Et multum er multa“. Beiträge zur Literatur, Geschichte und Kultur der Jagd. für Kurt Lindner heraus. Es folgten noch eine Vielzahl von Schriften, zum Teil auf Italienisch, unter anderen „L’Enigma de Otranto 1980“. Letzteres wurde 1992 postum auch auf Deutsch unter dem Titel „Das Rätsel von Otranto – das Fußbodenmosaik in der Kathedrale – eine Bestandsaufnahme“ veröffentlicht. Die Ergebnisse der von ihm mitangestoßenen Grabungskampagnen in den verschiedenen Stauferkastellen Süditaliens veröffentlichte er gemeinsam mit dem Grabungsleiter Franco Schettini (damals Leiter der Denkmalpflege in Bari).
Ehrungen und Auszeichnungen
- 1964 Großkreuz des italienischen Verdienstordens
- 1972 Großes Bundesverdienstkreuz
- 1977 Ehrenbürger von Foggia (Apulien)
- 1980 Ehrendoktor an der Universität Bari (Apulien)
- 1982 Ehrenbürger von Andria/Apulien
- Vizedirektor des Centro di studi normanno-svevi in Bari.
Literatur
- „In memoriam Carl Arnold Willemsen“ Reden der Gedenkfeier der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn am 21. Januar 1987. (Alma Mater. Beiträge zur Geschichte der Universität Bonn. 65.) Bouvier, Bonn 1987. ISBN 3-416-09160-4.
- Hans Martin Schaller: „C. A. Willemsen 80, Grandseigneur“ in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. März 1982.