Carbonado
Carbonado (spanisch für verkohlt), oft auch schwarzer Diamant genannt, ist eine sehr selten vorkommende polykristalline Varietät des Minerals Diamant.
Als ein aus vielen kleinen Diamantkristalliten zusammengesetztes, poröses Aggregat von überwiegend unregelmäßiger – selten auch würfeliger oder abgerundet würfeliger – Form enthalten Carbonados viele Beimengungen wie Kohlenstoff bzw. Graphit, verschiedene Metalloxide, sowie kalium-, aluminium- oder siliciumhaltige Minerale. Als weitere Porenfüllung wurden noch Eisen, Nickel, Chrom, Kupfer, Magnesium, Beryllium und manchmal Calcium gefunden. Nach Auffassung verschiedener Forscher wurden sie jedoch erst nach der Entstehung der Carbonados eingebracht und können daher nicht zur Erklärung von dessen Entstehungsgeschichte herangezogen werden. Diese Beimengungen sind auch für die dunkelgraue oder rostbraune bis schwarze Farbe verantwortlich.
Eigenschaften
Die Größe der Einzelaggregate schwankt im Allgemeinen zwischen 0,001 und 0,2 Millimetern. Bisher fand man nur ein einziges Mal einen Carbonado von außergewöhnlicher Größe, der sogar den berühmten Cullinan-Diamanten übertraf. Der Carbonado do Sérgio wurde 1895 im Gebiet um Lençois (Bahia) entdeckt und hatte ein Gewicht von 3167 Karat (Cullinan: ≈3106 Karat), also etwa 633 Gramm.
Die Dichte von Carbonado schwankt zwischen 3,1 und 3,4 g/cm³ (Fundort: Macaúbas-Becken). Die von Stephen E. Haggerty 1998 untersuchten Carbonados unbekannter Herkunft hatten sogar nur eine Dichte von 2,8 g/cm³. Bei Diamanten liegt die Dichte dagegen üblicherweise bei etwa 3,515 g/cm³. Trotz seiner im Vergleich zum Diamanten geringen Dichte ist die Härte eines Carbonados derart hoch, dass er mit normalen Schleifmethoden nicht zu bearbeiten ist. Einer Forschergruppe unter K. De Corte gelang es 2004 nur mithilfe eines Lasers, Carbonados zu formen und zu polieren. Seine große Härte und im Zuge dessen seine entsprechend hervorragenden abrasiven Eigenschaften wären von großem Nutzen für die technische Industrie. Einer großangelegten industriellen Verwendung als Schleifmittel steht jedoch sein überaus seltenes Vorkommen entgegen. Vordringliches Ziel der Forschung ist es daher, die Bildungsbedingungen von Carbonados zu entschlüsseln und diesen wenn möglich synthetisch herzustellen.
Geschichte
Die frühesten Berichte von Carbonadofunden und ihrer Zuordnung zum Diamanten stammen aus dem Jahre 1840 aus „Chapada Diamantina“ (Bahia), wo sie aus den dortigen Flussseifen gewaschen wurden.
Nach der Entdeckung großer Diamantvorkommen in Südafrika brach die Gewinnung brasilianischer Diamanten zwar ein, die Nachfrage von Carbonados blieb jedoch aufgrund seiner für die Industrie wertvollen Eigenschaften fast unverändert hoch. So stieg der Anteil an Carbonados auf 60 bis 70 % im Vergleich zur Gesamtproduktion (Stand: 2004). Bahia fördert heute jedoch weder Diamanten noch Carbonados. Mit der Erklärung des gesamten Gebietes zum Nationalschutzgebiet wurde auch jede Schürfaktivität streng verboten.
Im Januar 2011 erhielt der neue Erweiterungsbau Schwarzer Diamant des Deutschen Bergbau-Museums Bochum einen Carbonado mit einem Gewicht von ≈3,4 Karat. Der Juwelier Michael Mauer begründete seine Schenkung humorvoll mit den Worten „In den Schwarzen Diamant gehört ein schwarzer Diamant“ und dass er hier auf Kohle stünde, hier gelernt habe, "Kohle" zu machen und deshalb auch etwas Kohle an die Stadt zurückgeben könne.[1]
Der bisher größte bekannte schwarze Diamant ist The Enigma mit einem Gewicht von 555,55 Karat (ct) und 55 Facetten. Sein Gewicht übertrifft damit selbst den als „Großer Stern von Afrika“ bekannten Cullinan I (530,2 ct). Sein Alter wird auf mindestens 2,6 Mrd. Jahre geschätzt.[2]
Bildung und Fundorte
Da ein Diamant unter irdischen Bedingungen nur in großer Tiefe bei hohem Druck und hoher Temperatur entsteht, was einen kompakten Aufbau in der bekannten Form zur Folge hat, wurde schon früh vermutet, dass Carbonado nicht auf der Erde entstand. Seine Poren enthalten Wasserstoff und sind zudem mit Quarz aufgefüllt, was eine Untersuchung des Infrarotspektrums zur Klärung seiner Herkunft bisher unmöglich machte. Jozsef Garai und Stephen Haggerty von der Florida International University fanden jedoch eine Möglichkeit: Sie zermahlten Proben von Carbonado und entfernten den Quarz mithilfe von Salz- und Flusssäure. Bei anschließender Bestrahlung mit intensiver Synchrotronstrahlung wurde festgestellt, dass das Spektrum der Carbonados dem von Diamanten aus Meteoriten sehr ähnlich ist.[3][4]
Tatsächlich gibt es jedoch nach wie vor nur Vermutungen über die genauen Bildungsbedingungen von Carbonados, mehr oder weniger gestützt auf der Zusammensetzung der bisher untersuchten Proben bzw. den geologischen Eigenschaften der jeweiligen Fundorte.
Besonders auffällig ist dabei, dass die „schwarzen Diamanten“ nie isoliert, sondern immer zusammen mit normalen Diamanten gefunden werden. Dagegen traf man sie bisher nicht in Kimberliten oder verwandten Gesteinen, den typischen Muttergestein von Diamanten, an, sondern nur sekundär in Seifen. So ist beispielsweise die Region des Macaúbas-Flusses in Minas Gerais durch glaziale (eiszeitliche) Sedimentation vor etwa 950 Millionen Jahren (nach Pedrosa-Soares et al., 2000) entstanden. Da zudem im Macaúbas-Becken neben Diamanten und Carbonados auch Chrysoberyll, Monzanit, Staurolith und Almandin gefunden wurden, die ihren bekannten Bildungsbedingungen zufolge nicht in den dort vorhandenen geologischen Formationen entstanden sein können, kommt nur ein Transport durch eiszeitliche Gletscher aus nordnordwestlicher Richtung (Bahia) mit anschließender alluvialer Anreicherung in Frage.
Als Fundorte wurden bisher insgesamt nur Diamantina und Lençois in Bahia, die Region des Macaúbas-Flusses (auch Macaúbas-Formation, früher Macahúbas) in Minas Gerais, die Zentralafrikanische Republik, Western Australia, Venezuela, Englisch-Guyana, Nordchina, Borneo sowie Sacha (Jakutien) in Russland bekannt.
Literatur
- Joachim Karfunkel, Vitaly Petrovsky, Maximiliano S. Martins, Mário L. S. C. Chaves, Reinhard Wegner: Carbonado – Schwarzer Diamant – aus Minas Gerais, Brasilien: geologisches Vorkommen und Überlegungen zu seiner Entstehung. In: Der Aufschluss. Zeitschrift für die Freunde der Mineralogie und Geologie. Band 5. VFMG e. V., Heidelberg 2008, S. 258–266.
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 88, 282.
Weblinks
- Jozsef Garai, Stephen E. Haggerty, Andriy Durygin: Investigating the optical properties of carbonado-diamonds. (PDF 189 kB) In: arxiv.org. Deptartment of Earth Sciences, Florida International University, 19. Januar 2006, abgerufen am 14. Oktober 2019 (englisch).
- Graham Wilson: Diamonds, II: Diamond and Carbonado: Crystal Habits and Surface Morphology. In: turnstone.ca. 9. März 2015, abgerufen am 14. Oktober 2019 (englisch).
- Carbonado. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 11. April 2021 (englisch).
Einzelnachweise
- Ronny von Wangenheim: Geschenkt: Das kleine Schwarze. In: ruhrnachrichten.de. Ruhr Nachrichten, 13. Januar 2011, abgerufen am 14. Oktober 2019.
- Franz Nestler: Mysteriöser Diamant kommt unter den Hammer. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Januar 2022, abgerufen am 19. Januar 2022.
- Jozsef Garai, Ute Kehse: Schwarze Diamanten aus der Ewigkeit. In: wissenschaft.de. Bild der Wissenschaft, 11. Januar 2007, abgerufen am 14. Oktober 2019.
- Rainer Kayser: Schwarzer Diamant aus dem All. In: astronews.com. Astronews, 15. Januar 2007, abgerufen am 14. Oktober 2019.