Camostat
Camostat ist ein synthetisch hergestellter Wirkstoff aus der Gruppe der Proteaseinhibitoren. Es ist in Japan als Foipan (Hersteller: Ono Pharmaceutical) zugelassen zur oralen Behandlung der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) und der postoperativen, durch Rückfließen von Magensäure verursachten Speiseröhrenentzündung (Refluxösophagitis).[2]
Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Freiname | Camostat (INNv) | |||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C20H22N4O5 | |||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||
ATC-Code |
B02AB04 | |||||||||||||||
Wirkstoffklasse |
Protease-Hemmer | |||||||||||||||
Wirkmechanismus |
Antifibrinolytikum | |||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 398,41 g·mol−1 | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Chemisch ist Camostat ein Abkömmling (Derivat) der p-Aminobenzoesäure. Arzneilich wird der Wirkstoff als Camostatmesilat,[3][4] also als das Salz der Methansulfonsäure, eingesetzt.
Wirkungsmechanismus
Camostat hemmt in vitro verschiedene pankreatische und plasmatische proteolytische Enzyme wie Trypsin, Plasmin, Pankreas-Kallikrein, Plasma-Kallikrein und Thrombin sowie die hydrolytische Aktivität der C1r- und C1-Esterase.[5]
Camostat hemmt ferner in vitro die zelluläre Protease TMPRSS2. Dieses Enzym wird nach autokatalytischer Aktivierung auf der humanen Zelloberfläche exprimiert, vor allem im Dünndarm und in geringerem Umfang in Leber, Herz, Prostata, Thymus und Lunge.[6]
Therapeutische und experimentelle Verwendung
Studien zufolge benötigt SARS-CoV-2, das für COVID-19 verantwortliche Virus, die im menschlichen Körper vorhandene TMPRSS2 um in die Wirtszelle einzudringen, was einen Ansatzpunkt für die Behandlung darstellen könnte.[7] Die Wirksamkeit des Medikaments in Zellkulturen wurde bereits nachgewiesen.[8] Eine therapeutische Wirksamkeit bei COVID-19-Patienten muss noch in klinischen Studien geprüft werden.[8][9] Ebenso soll am Primatenzentrum Göttingen untersucht werden, ob der Wirkstoff direkt in die Lunge gespritzt werden kann.[10] Es ist unklar, ob Camostat per se in der Lunge ausreichend verfügbar ist.[11] Laut Karl Broich, Leiter des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, wären die notwendigen Dosierungen, aus Ergebnissen aus den Zellkulturen hochrechnet, bei Patienten mit Standardgewicht derart stark, dass es zu gravierenden Nebenwirkungen kommen könnte.[12]
Foipan (Camostat) gehört zu den Arzneimitteln, für die das Bundesministerium für Gesundheit im April 2020 die zentrale Beschaffung zur Behandlung infizierter und schwer erkrankter COVID-19-Patienten in Deutschland eingeleitet hat. Da es sich bei einer COVID-19-Therapie um einen individuellen Heilversuch ohne klinischen Wirksamkeitsnachweis handele, solle der Einsatz vorrangig bei schweren Verlaufsformen patientenindividuell erwogen werden.[13]
Siehe auch
Einzelnachweise
- harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von Camostat Mesylate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 15. Juli 2020. Für diesen Stoff liegt noch keine
- Produktinformation FOIPAN Tablets 100 mg, Ono Pharmaceutical, Stand August 2009 (PDF), abgerufen am 25. März 2020.
- Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Camostatmesilat: CAS-Nummer: 59721-29-8, EG-Nummer: 694-565-6, ECHA-InfoCard: 100.222.806, PubChem: 5284360, ChemSpider: 39251, Wikidata: Q23731028.. Molare Masse: 494,52 g·mol. Summenformal: C21H26N4O8S.
- Camostat mesilate, Japanese Pharmacopoeia (J. P.), S. 204 (PDF 5 MB)
- S. Fujii, Y. Hitomi: New synthetic inhibitors of C1r, C1 esterase, thrombin, plasmin, kallikrein and trypsin. Biochimica et Biophysica Acta (BBA) – Enzymology, Band 661 (1981), S. 342–345 doi:10.1016/0005-2744(81)90023-1
- L. M. Reinke: Identifikation und funktionelle Charakterisierung von TMPRSS2-Spaltstellen im Spike-Protein des SARS-Coronavirus. Dissertation, Medizinische Fakultät der Georg-August-Universität zu Göttingen, 2016.
- T. Dingermann: Japanisches Medikament könnte gegen SARS-CoV-2 wirken. Pharmazeutische Zeitung, 6. März 2020.
- Anja Martini, Christian Drosten: Coronavirus-Update. (PDF) Folge 22. In: ndr.de. Norddeutscher Rundfunk, 26. März 2020, S. 8, abgerufen am 27. März 2020.
- S. Siebenand: Japanischer Wirkstoff wird in Dänemark bei Covid-19 getestet, Pharmazeutische Zeitung 1. April 2020.
- Julia Köppe: "Unsere Untersuchungen mit menschlichen Lungenzellen sind vielversprechend". In: spiegel.de. 25. März 2020, abgerufen am 26. März 2020.
- Veronika Hackenbroch, Kerstin Kullmann: Wann wird Covid-19 heilbar sein? In: Der Spiegel. Nr. 12, 2020, S. 46 f. (online – Dezember 2020).
- Ulla Thiede: Haben wir bald ein Medikament gegen Covid-19? In: general-anzeiger-bonn.de. 10. April 2020, abgerufen am 13. April 2020.
- Informationen der Institutionen und Behörden: BMG: Zentrale Beschaffung von Arzneimitteln zur Therapie schwerwiegender Verläufe COVID-19 infizierter Patienten und Verteilung an Apotheken durch die Bundeswehr, Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), Nachrichten vom 24. März 2020.