C/1911 S3 (Beljawsky)
C/1911 S3 (Beljawsky) war ein Komet, der im Jahr 1911 mit dem bloßen Auge gesehen werden konnte. Er wird von einigen zu den „Großen Kometen“ gezählt.
C/1911 S3 (Beljawsky)[ i ] | |
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Komet Beljawsky am 19. Oktober 1911 | |
Eigenschaften des Orbits (Animation) | |
Orbittyp | hyperbolisch (s. Artikeltext) |
Numerische Exzentrizität | 1,00015 |
Perihel | 0,303 AE |
Neigung der Bahnebene | 96,5° |
Periheldurchgang | 10. Oktober 1911 |
Bahngeschwindigkeit im Perihel | 76,5 km/s |
Geschichte | |
Entdecker | Sergei I. Beljawski |
Datum der Entdeckung | 29. September 1911 |
Ältere Bezeichnung | 1911 IV, 1911g |
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Entdeckung und Beobachtung
Der Komet wurde in der Morgendämmerung des 29. September 1911 von Sergei Iwanowitsch Beljawski am Observatorium von Simejis auf der Halbinsel Krim entdeckt, als er bereits eine Helligkeit von 2,5 mag und einen Schweif von 1° hatte. Kurz darauf gab es noch weitere unabhängige Entdeckungen. Der Komet wurde in den folgenden Tagen intensiv beobachtet, u. a. von Alexandre Schaumasse in Nizza, Svante Elis Strömgren und Carl Frederick Pechüle in Kopenhagen, Michel Giacobini in Paris, Alphonse Louis Nicolas Borrelly in Marseille und George Van Biesbroeck in Uccle.[1] Nach seiner Entdeckung bewegte sich der Komet am Himmel östlich und konnte ab Ende September mit dem bloßen Auge beobachtet werden.
Um den 10. Oktober ging der Komet nördlich an der Sonne vorüber und war für einige Zeit sowohl am Morgen- als auch am Abendhimmel sichtbar. Zu dieser Zeit war er zusammen mit dem 2 Monate eher entdeckten Kometen C/1911 O1 (Brooks) am westlichen Himmel zu sehen. In der Abenddämmerung des 11. Oktober 1911 näherten die beiden Kometen sich einander bis auf etwa 20° Abstand an. Ab Mitte Oktober erschien der Komet Beljawsky tief am westlichen Horizont in der Dämmerung mit einer Helligkeit von 1 mag, mit goldgelben Kopf und einem Schweif von über 15° Länge.
Ende Oktober wurde der Komet Beljawsky zuletzt mit bloßem Auge beobachtet als er sich nach Südosten bewegte. Erst Ende Januar 1912 wurde der Komet nach seinem erneuten Vorbeigang südlich der Sonne wieder von der Südhalbkugel aus entdeckt, er konnte aber nur noch wenige Male von der Sternwarte in Córdoba (Argentinien) aus beobachtet werden und die letzte Positionsbestimmung gelang dort am 17. Februar 1912.[2]
Der Komet erreichte eine maximale Helligkeit von 1 mag.[3]
Wissenschaftliche Auswertung
Im Jahr 1951 wurden erstmals Bahnelemente bestimmt, die darauf hindeuteten, dass der Komet sich auf einer Hyperbelbahn bewegte.[1] Damit zog der Komet das Interesse der Astronomen auf sich, die den möglichen interstellaren Ursprung der Kometen untersuchten.
In einer Untersuchung von 1978 fanden auch Marsden, Sekanina und Everhart aus 66 Beobachtungen über einen Zeitraum von 140 Tagen für die ursprüngliche Bahn vor dem Durchlaufen des inneren Sonnensystems noch eine hyperbolische Form, allerdings lag die Bahnexzentrizität sehr nahe bei 1, und eine ursprünglich elliptische Bahn wurde als möglich angesehen, wenn zusätzlich nicht-gravitative Einflüsse berücksichtigt worden wären. Für die zukünftige Bahn des Kometen wurde aber bereits eine geschlossene elliptische Form mit einer Umlaufzeit in der Größenordnung von 430.000 Jahren ermittelt.[4]
Obwohl einige Astronomen einen interstellaren Ursprung dieses Kometen vermuteten, kam Kresák in seiner Bewertung 1992 zum Schluss, dass für den Kometen Beljawsky eine möglich erscheinende hyperbolische Bahnform allein in der Unsicherheit der Bahnbestimmung begründet sei und kein interstellarar Ursprung angenommen werden könne.[5]
In einer neueren Untersuchung von 2014 wurde durch Królikowska u. a. nachgewiesen, dass nur dann signifikante Aussagen über die ursprüngliche und die zukünftige Bahn des Kometen gemacht werden können, wenn zur Ermittlung der Bahnelemente außer den gravitativen Störungen durch alle Planeten auch zusätzlich nicht-gravitative Einflüsse bei der Berechnung berücksichtigt werden. Die von ihnen aus 162 Beobachtungen über einen Zeitraum von 141 Tagen ermittelten Bahnelemente enthalten daher auch einen nicht-gravitativen Parameter.[6] Die Berechnungen bestätigen nicht nur die Annahme einer ursprünglich bereits elliptischen Bahnform des Kometen, sondern ergeben auch für die zukünftige Bahn des Kometen eine elliptische Charakteristik mit einer Umlaufzeit nur noch in der Größenordnung einiger zehntausend Jahre.[7]
Umlaufbahn
Für den Kometen konnte eine Umlaufbahn bestimmt werden, die um rund 96° gegen die Ekliptik geneigt ist.[8] Die Bahn des Kometen steht damit fast senkrecht zur Bahnebene der Planeten. Im sonnennächsten Punkt der Bahn (Perihel), den der Komet am 10. Oktober 1911 durchlaufen hat, befand er sich mit etwa 45,4 Mio. km Sonnenabstand im Bereich innerhalb der Umlaufbahn des Merkur, dem er sich bereits am 30. September bis auf 23,2 Mio. km genähert hatte. Am 6. Oktober war er in 100,4 Mio. km Abstand an der Venus vorbeigegangen und am darauf folgenden Tag hatte er mit 0,97 AE/145,0 Mio. km die größte Annäherung an die Erde erreicht.[9]
Die folgenden Aussagen beruhen auf den nicht-gravitativen Bahnelementen von Królikowska u. a. Der Komet bewegte sich demnach zu keiner Zeit auf einer hyperbolischen, sondern bereits lange vor seiner Annäherung an das innere Sonnensystem im Jahr 1911 auf einer extrem langgestreckten elliptischen Bahn mit einer Bahnexzentrizität von etwa 0,99976 und einer Großen Halbachse von etwa 1250 AE. Er hatte damit eine Umlaufzeit in der Größenordnung von 45.000 Jahren. Durch die Anziehungskraft der Planeten, insbesondere während eines relativ nahen Vorbeigangs am 12. Mai 1912 am Jupiter in etwa 3 ½ AE Distanz, wurde die Exzentrizität auf einen Wert von etwa 0,99969 und die Große Halbachse auf etwa 960 AE verringert. Der Komet wird wahrscheinlich nach etwa 30.000 Jahren in das innere Sonnensystem zurückkehren.[7]
Siehe auch
Einzelnachweise
- C. Grubissich: Orbita definitiva della cometa 1911g (Beljawsky). In: Memorie della Società Astronomia Italiana. Vol. 22, 1951, S. 251–267, bibcode:1951MmSAI..22..251G.
- John E. Bortle: International Comet Quarterly – The Bright-Comet Chronicles. Abgerufen am 17. September 2015 (englisch).
- P. Moore, R. Rees: Patrick Moore’s Data Book of Astronomy. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-89935-2, S. 271.
- B. G. Marsden, Z. Sekanina, E. Everhart: New Osculating Orbits for 110 Comets and Analysis of Original Orbits for 200 Comets. In: The Astronomical Journal. Vol. 83, No. 1, 1978, S. 64–71 doi:10.1086/112177.
- Ľ. Kresák: Are there any comets coming from interstellar space? In: Astronomy and Astrophysics. Vol. 259, 1992, S. 682–691, bibcode:1992A&A...259..682K.
- Solar System Dynamics & Planetology Group: C/1911 S3 Beljawsky. Abgerufen am 21. September 2015 (englisch).
- M. Królikowska, G. Sitarski, E. M. Pittich, S. Szutowicz, K. Ziołkowski, H. Rickman, R. Gabryszewski, B. Rickman: New catalogue of one-apparition comets discovered in the years 1901–1950. I. Comets from the Oort spike. In: Astronomy & Astrophysics. Vol. 571, A63, 2014, S. 1–19 doi:10.1051/0004-6361/201424329 PDF; 1,6 MB.
- C/1911 S3 (Beljawsky) in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch).
- SOLEX 11.0 von A. Vitagliano. Archiviert vom Original am 18. September 2015; abgerufen am 2. Mai 2014 (englisch).