Brauerei C. W. Naumann
Die Brauerei C.W. Naumann war eine Brauerei im Leipziger Stadtteil Plagwitz. Nach einer Betriebszeit von über 120 Jahren wurde die Produktion 1991 eingestellt. Nachdem das Gelände zur Brache verkommen war, wurde von 2017 bis 2019 hier das Wohnquartier „Naumann’sche Brauerei“ errichtet.
Lage
Die Brauerei C. W. Naumann befand sich in dem Geviert, das zwischen der Zschocherschen Straße und der Erich-Zeigner-Allee südlich der Eduardstraße liegt. Die Fläche des Betriebes umfasste etwa 2,75 Hektar. Das Gelände fällt von der Zschocherschen Straße zur Erich-Zeigner-Allee um über sechs Meter ab.
Geschichte
Im Jahr 1828 legte der aus Glaucha bei Halle stammende Bierbrauer Carl Wilhelm Naumann (1792–1876) den Brauer- und Mälzer-Eid vor dem Rat der Stadt Leipzig ab und gründete die Brauerei C. W. Naumann. Er braute zunächst in einem gepachteten Brauhaus in der Windmühlengasse. 1832 kaufte er das Gut Kleine Funkenburg im Ranstädter Steinweg, ließ ein Brauhaus errichten und braute 1835 hier das erste Bier. Zur kühlen Lagerung des Bieres kaufte er ein Grundstück in der Gemeinde Plagwitz und ließ einen Keller in das Erdreich graben, den er Felsenkeller nannte.
1857 erwarb Naumann das große Grundstück an der Zschocherschen Straße und errichtete hier zunächst einen weiteren Lagerkeller, dem bald eine Brauerei unter Nutzung einer Dampfmaschine (Dampfbrauerei) folgte. 1864 wurde die Produktion aufgenommen. In den Folgejahren wurde der Betrieb ständig erweitert. Es entstanden unter anderem ein neues Mälzerei-Gebäude, ein Sudhaus, ein Gleisanschluss und ein Kontor-Gebäude. 1884 machte eine Eismaschine die Lagerung im alten Felsenkeller überflüssig. 1901 begann die Abfüllung von Flaschenbier, nachdem bis dahin nur in Fässern gelagert und geliefert wurde.
Im Jahr 1887 war C. W. Naumann mit einer Jahresproduktion von 38.000 Hektolitern die drittgrößte Brauerei der Stadt Leipzig nach Riebeck & Co. und der Leipziger Vereinsbrauerei.
Zur Sicherung seines Absatzes kaufte, errichtete oder mietete Conrad Wilhelm Naumann zahlreiche Gaststätten: 1864 ein vierstöckiges Wohngebäude mit Gaststätte auf seinem Grundstück Kleine Funkenburg, 1877 Zills Tunnel mit Neuaufbau, 1890 das Ballhaus Felsenkeller auf dem Grundstück des alten Felsenkellers, 1913 das Naumann-Bräu im Dresdner Hof mit 1000 Plätzen und das Varieté Drei Linden, heute Musikalische Komödie.
Zunächst führte Naumann den Betrieb als offene Handelsgesellschaft mit seinen beiden ältesten Söhnen. Als 1891 die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erfolgte, aber weiter in Familienbesitz blieb, war schon die dritte Generation beteiligt. Nach einer Schwächung im Ersten Weltkrieg erfuhr die Firma in den 1920er Jahren einen erneuten Aufschwung. 1918 wurde die Dampfbrauerei Zwenkau übernommen und 1921 der ursprünglich größere Konkurrent, die Leipziger Vereinsbrauerei, mit der eines der ältesten Braurechte der Stadt verbunden war. Im Jahr 1929 produzierten etwa 300 Beschäftigte ca. 170.000 Hektoliter Bier.
Nachdem im Zweiten Weltkrieg wieder Schwierigkeiten aufgetreten waren, wurde der Betrieb 1946 enteignet und unter dem Namen VEB Westquell in Volkseigentum überführt. 1959 wurde daraus der Betriebsteil II des VEB Sachsenbräu, welcher 1968 im VEB Getränkekombinat Leipzig aufging. Nach der Reprivatisierung 1990 als Brauhaus Plagwitz wurde 1991 der Betrieb eingestellt und das Gelände verfiel.
- Die Brauerei um 1900
- Sudhaus Zschochersche Straße um 1929
- Aktie über 100 RM der Brauerei C. W. Naumann AG vom 6. Juni 1941
Wohnquartier
Nach fünfzehnjähriger Brachlage eröffnete der Discounter Lidl 2007 auf etwa einem Viertel des Geländes eine Filiale mit zugehörigem Parkplatz. Es dauerte weitere zehn Jahre, bis auf dem großen Rest des Geländes Bauarbeiten begannen. Nach dem Kauf des Geländes durch die Wiesbadener Haus & Capital Wirtschafts- und Finanzierungsberatungs GmbH wurden 2012 in einem Workshopverfahren Möglichkeiten der Umnutzung des Brauereigeländes durch sechs Architekturbüros begutachtet.[1] Nach der Planungsphase durch das Architekturbüro Mann & Schott begannen 2017 die Bauarbeiten. Erhalten wurden dabei die auf dem Areal befindlichen denkmalgeschützten Bauten: das ehemalige Sudhaus an der Zschocherschen Straße, der an die Erich-Zeigner-Allee angrenzende sogenannte „Eiskeller“ und das ehemalige zweigeschossige Kontorhaus. Neu errichtet wurden elf Stadtvillen mit vier bis sechs Geschossen. Die Gesamtzahl der Wohnungen beträgt 226. Das nach Osten abfallende Gelände wurde in gestuften Ebenen mit Fußwegen und Grünanlagen gestaltet und ist vollständig autofrei. Tiefgaragen führen bis unter die Häuser, von wo aus die Wohnungen per Fahrstuhl erreicht werden können.[2]
- Das sanierte Sudhaus
- Stadtvillen um Innenhof
- Gewölbefreilegung Eiskeller
- … und was daraus wurde. Der rekonstruierte Kühlkeller.
Literatur
- Peter Schwarz: Das tausendjährige Leipzig. Vom Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. 1. Auflage. Band 2. Pro Leipzig, Leipzig 2014, ISBN 978-3-945027-05-9, S. 142/143.
Weblinks
- Die Brauerei C. W. Naumann. In: Leipzig-Lexikon. Abgerufen am 24. August 2019.
- Brauerei C. W. Naumann AG, Leipzig. In: Staatsarchiv Leipzig. Abgerufen am 24. August 2019.
- Daniel Thalheim: Leipziger Industriekultur – Aller Anfang ist das Bier. In: Artefakte. Abgerufen am 24. August 2019.
- Historische Bieretiketten der Brauerei
Einzelnachweise
- Umnutzung 'Ehemalige Naumannsche Brauerei' Ergebnisse des Workshops werden ausgestellt. In: Website der Stadt Leipzig. Abgerufen am 25. August 2019.
- Jens Rometsch: Frühere Leipziger Großbrauerei macht Platz für 226 Wohnungen. In: LVZ 17. März 2017. Abgerufen am 26. August 2019.