Bracht (Brüggen)
Bracht ist ein Ortsteil der Gemeinde Brüggen im Kreis Viersen mit circa 6700 Einwohnern (Stand 30. November 2016). Es liegt ungefähr vier Kilometer von der Innenstadt entfernt. Bracht wird oft auch als „Dohlendorf“ bezeichnet. Zum Ort gehören die Honnschaften Alst (Jralst), Angenthoer, Boerholz (Boeren), Heidhausen (Hedes), Hülst, Stevensend und Stieg.
Bracht Gemeinde Brüggen | |
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Höhe: | 29–60 m |
Fläche: | 35,87 km² |
Einwohner: | 6700 |
Bevölkerungsdichte: | 187 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1970 |
Postleitzahl: | 41379 |
Vorwahl: | 02157 |
Geschichte
Schriftlich erstmals auf der Rückseite einer Urkunde von 1116 als „BRATH“ erwähnt, wurde Bracht schon in der Keltenzeit besiedelt. Unter den Karolingern war die Region als Mühlgau bekannt. Bracht wurde daher auch als „Mühlbracht“ bezeichnet. 1317 waren Bracht und die Honschaften Alst, Angenthoer, Boerholz, Heide, Heidhausen, Stevensend und Haus Schleveringhoven Teil des Amtes Brüggen, dem nördlichsten Amt im Herzogtum Jülich-Berg. 1798 wurde von der französischen Verwaltung der neue Kanton Bracht geschaffen. 1801 kam das gesamte Gebiet als Roerdepartement an Frankreich.
Bracht war während der Zugehörigkeit des linken Rheinufers zu Frankreich Kantonsitz. Zum Kanton Bracht gehörten die Mairien (Bürgermeistereien) Bracht, Kaldenkirchen, Breyell, Schaag, Boisheim, Brüggen-Born, Amern St. Anton, Amern St. Georg, Burgwaldniel, Kirspelwaldniel, Dülken, Steyl (NL) und Tegelen (NL).[1]
1815 wurde das Rheinland preußisch und Brüggen und Bracht dem neugeschaffenen Kreis Kempen zugeordnet.
Am 9. Juni 1830 stürzte der baufällige Kirchturm der Brachter Kirche ein.[2]
Am 21. März 1879 verfügte die Regierung, die vakante Bürgermeisterei Bracht und diejenige von Brüggen in Personalunion zu verbinden. Mitte des Jahres 1919 wurde diese aufgehoben.[1]
Im Herbst 1944 wurde die Maas-Rur-Stellung ausgebaut; diese Linie verlängerte den Westwall, dessen nördliches Ende bei Heinsberg lag. Nach dem Ende der Operation Blackcock (Januar 1945) und nach dem Beginn der Operation Grenade räumte die Wehrmacht das Maas-Rur-Dreieck zwischen Venlo, Roermond und Wassenberg am 27./28. Februar kampflos, um einer Einschließung zu entgehen. Am 1. März 1945 stieß eine Kampfgruppe der US Army (im Rücken der Maas-Rur-Stellung) über Niederkrüchten – Brüggen - Bracht - Kaldenkirchen nach Venlo vor.[3]
Zum 1. Januar 1970 wurde Bracht in die Nachbargemeinde Brüggen eingegliedert.[4]
Die Unterlagen des Brachter Gemeindearchivs befinden sich im Kreisarchiv des Kreises Viersen in Kempen.[5]
In die Schlagzeilen geriet der Ortsteil 2016, als das alternativmedizinische „Biologische Krebszentrum“ nach einer Reihe von Todesfällen geschlossen wurde.[6][7][8]
Wappen
Das alte Wappen Mühlbrachts zeigte die Patronin der Brachter Pfarrkirche St. Mariae Himmelfahrt in rot-grüner Kleidung auf der linken Seite und den gelben Löwen Gelderns mit einem Lehensstander mit dem schwarzen Löwen Jülichs. Dieses alte Wappen war bereits im 12. Jh. das Siegel eines Schöffengerichts und galt als eines der schönsten in Deutschland.
Veranstaltungen
Jeweils donnerstags wird ein Wochenmarkt auf dem Weizer Platz abgehalten. Im Laufe des Jahres werden in Bracht verschiedene Feste wie das ökumenische Pfarrfest, Dohlenfest, Mühlenfest, Schützenfest und die Kirmes gefeiert. Außerdem gab es bisher im Dezember einen Nikolausmarkt, der im Jahr 2011 nicht stattfand. Als Ersatz gibt es seitdem die Brachter Mühlenweihnacht am 2. Adventswochenende.[9] Am Karnevalssamstag gibt es einen Karnevalsumzug, der der erste Umzug in der Region ist. Die KKG Brachter Wasserratten veranstaltet Büttenabende und eine Kindersitzung.
Infrastruktur
In Bracht gibt es neben vier Kindergärten auch zwei Schulen: für die 5. bis 8. Jahrgangsstufe der Standort Bracht der Gesamtschule Brüggen sowie die Katholische Grundschule. Weitere religiöse Einrichtungen in der Stadt sind die Katholische Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt, die Evangelische Kirchengemeinde Bracht-Breyell sowie der baptistische Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. Zu diesen Kirchen gehört seit 2019 ein neu erbautes Pfarrheim auf dem Bischof-Dingelstad-Platz, das ökumenisch genutzt wird.
Es gibt einen Bürgersaal und mehrere Senioren-Treffs. Für ältere Menschen gibt es zudem das Seniorenheim Haus Franziskus, das im ehemaligen Kastell Haus Schleveringhoven untergebracht ist. Zudem bietet der Brüggener Tafel e. V. für bedürftige Menschen eine Tafel an.
Es gibt eine Einfachturnhalle, eine Doppelturnhalle und eine Außensportanlage mit Kunstrasenplatz, auf dem die Turn- und Sportfreunde (TSF) Bracht spielen.
Angrenzend an Bracht liegt der Brachter Wald, ein 1328,17 ha großes Naturschutzgebiet, auf dem sich bis 1996 das Munitionsdepot Brüggen-Bracht befand, bevor 1998 große Teile durch die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege erworben und mit Rad- und Wanderwegen ausgestattet wurden.
Prägend für die Ortsstruktur sowie die Anbindung an das Eisenbahnnetz 1911 war der Brachter Ziegelhersteller Gebr. Laumans Ziegelwerke. Der Standort wurde hinsichtlich des Vorkommens des bekannten "Tegelen-Ton" im Brachter Wald zur Dachziegel-Produktion bis heute erhalten. Die Dachziegel- und Tonindustrie machte aus dem Dorf "Bracht" eine der reichsten Gemeinden der Region.[10]
Vereine
Sportvereine
Turn- und Sportfreunde 1901/20 Bracht e.V. (TSF Bracht) mit den Abteilungen Fußball, Turnen, Leichtathletik, Badminton, Volleyball, Tischtennis, Basketball, Fit und mobil für Männer ü50 (FIMO50+) und Koronarsport. Seit Mitte 2013 auch Handball.
Theatervereine
Theaterverein "Einigkeit" Alst 1929: Jährliche Theateraufführungen im wohl letzten Kneipentheater Deutschlands bis einschließlich der Spielzeit 2016. Danach wurde die Gaststätte geschlossen. Neuer Aufführungsort ist seit Frühjahr 2017 der Brachter Bürgersaal.
Karnevalsverein
KKG Brachter Wasserratten e.V. 1976: Die Kinderkarnevalsgesellschaft Brachter Wasserratten besteht aus Komitee, Elferrat, Tanzgarden und Ehrengarde (Reihenfolge nach Gründungsjahr) und organisiert neben dem Nelkensamstagszug diverse weitere karnevalistische Veranstaltungen.
Sehenswürdigkeiten
Bracht hat verschiedene Sehenswürdigkeiten wie die Brachter Mühle (in der Entwicklung zum Heimatmuseum), die Evangelische Kirche von 1699, die Katholische Pfarrkirche St. Mariä-Himmelfahrt (gotischer Kirchenbau aus dem Jahre 1484), das Brachter Rathaus, das Haus Schlevringhoven und einen Historischen Rundweg (Beschilderung an den einzelnen Bauwerken). Ein Jüdischer Friedhof befindet sich an der Stiegstraße, im Gebiet Christenfeld.
- Brachter Mühle
- Ehemalige Schule, 1920, Altkevelaer Straße 12–14
- Pfarrheim St. Mariä Himmelfahrt, Ecke Schulstrasse / Altkevelaer Straße
- Pfarrheim St. Mariä Himmelfahrt, Mittelteil, Plastik von Anton van Eyk (Vergrößerung – Hitler-Persiflage)[11]
→ Siehe auch Liste der Baudenkmäler in Brüggen
Persönlichkeiten
- Hermann Jakob Dingelstad (1835–1911), Theologe und katholischer Bischof
- Hendrick Goltzius (1558–1617), Maler und Kupferstecher
- Ferdinand Jorißen (1924–1990), Heimatkundler, Rektor (1959–1989) der Volks- und später der Hauptschule Bracht
- Helmut Wolters (* 1960 in Bracht), Kernphysiker an der Universität Coimbra (Portugal)
- Daniel Laumans (* 1972), Pianist, Komponist und Notenforscher
- Otto H. Jacobs (* 1939), Wirtschaftswissenschaftler und emeritierter Professor für Steuerlehre an der Universität Mannheim
- Jörg Kupjetz (* 1975), Professor für Wirtschaftsrecht
Verschiedenes
Die Kinderbuchverfilmung Die Vorstadtkrokodile aus dem Jahre 1977 wurde größtenteils in Bracht gedreht.
Einzelnachweise
- www.archive.nrw.de
- Leo Peters: Das Schicksal hat es so gewollt. Rheinische Post (Grenzland-Kutrier) vom 5. Juni 2010, S. B6. Am 23. Februar 1828 hatte es ein Erdbeben gegeben und am 20. April 1830 einen Orkan.
- www.feststellung-weststellung.de
- Martin Bünermann: Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1970, S. 114.
- www.kreis-viersen.de
- Catrin Risch, Moritz Börner: Krebszentrum Brüggen: Ermittlungen in 70 Todesfällen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www1.wdr.de. 19. August 2016, archiviert vom Original am 24. August 2016; abgerufen am 24. August 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Tim Röhn: Die seltsamen Tode in der alternativen Krebsklinik. In: welt.de. 5. August 2016, abgerufen am 24. August 2016.
- Hinnerk Feldwisch-Drentrup: Candidate cancer drug suspected after death of three patients at an alternative medicine clinic. In: sciencemag.org. 12. August 2016, abgerufen am 24. August 2016.
- http://www.brachter-muehlenweihnacht.de/
- Ina Germes-Dohmen: Mit den Ziegeln kam der Wohlstand. In: RP-Online. RP Digital GmbH. 20. August 2016. Abgerufen am 30. Januar 2019.
- Birgit Sroka: Brachter Häuser erzählen Geschichten. In: rp-online. Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH (Deutschland), 19. August 2017, abgerufen am 21. August 2017.
Weblinks
- Website der Gemeinde Brüggen
- Website des Heimatmuseums
- Kreisarchiv Viersen: Findbuch Bracht (PDF; 428 kB)