Botschaft aus Amman
Die Botschaft aus Amman (arabisch رسالة عمان, DMG Risālat ʿAmmān, englisch Amman Message) ist eine öffentliche Stellungnahme hochrangiger islamischer Gelehrter, die am 9. November 2004[1] von König Abdullah II.[2] von Jordanien in Amman veröffentlicht und von insgesamt 552 islamischen Gelehrten und Persönlichkeiten unterzeichnet wurde.[3] Sie fordert Toleranz und Einheit in der muslimischen Welt und ruft diese dazu auf, den Extremismus beiseite zu lassen.[4] Vorsitzender ihres Lenkungsausschusses war Prinz Ghazi bin Muhammad,[5] ein Cousin des jordanischen Königs. Safaa M. Afifi El-Scheikh hat die Botschaft von Amman als eine islamische interreligiöse Initiative bezeichnet,[6] allerdings enthält der Text keine Aussagen zu anderen Religionen, sondern nur zur gegenseitigen Anerkennung der verschiedenen islamischen Lehrrichtungen.
Der Text wurde von Scheich al-Tamimi, dem Berater König Abdullahs II. für Islamische Angelegenheiten, Oberrichter und Vorsitzenden des Fatwarates, in Anwesenheit König Abdullahs II. während des Festes der Lailat al-Qadr (Nacht der Bestimmung) am 9. November 2004 in der Haschemiyya-Moschee im Bezirk Tla al-Ali im Nordwesten von Amman, vorgetragen. Die Rede wurde zeitgleich im jordanischen Fernsehen und im Radio ausgestrahlt.[7]
Drei Fragen König Abdullahs II.
2004 sandte König Abdullah II. von Jordanien folgende drei Fragen an vierundzwanzig bedeutende muslimische Gelehrte, die sämtliche Untergruppen und Schulen des Islam weltweit repräsentieren:
Drei-Punkte-Regelung
Anschließend wurde im Juli 2005 eine Drei-Punkte-Regelung[9] von 200 islamischen Gelehrten aus über 50 Ländern[10] aufgestellt, die sich auf folgende Punkte fokussiert:[11]
(1) Akzeptierung der Existenz der acht Rechts- und Denkschulen (Sg. maḏhab) und der unterschiedlichen Strömungen innerhalb der islamischen Theologie
- Hanafiten (Sunna)
- Hanbaliten (Sunna)
- Malikiten (Sunna)
- Schafi'iten (Sunna)
- Dscha'fariten (Schia, schließt Zwölfer-Schia und Ismailiten ein)
- Zaiditen (Schia)
- Ibaditen
- Zahiriten
(2) Verbot, Anhänger der folgenden Richtungen als Apostaten zu bezeichnen:
- der asch'aritischen Schule (traditionelle islamische Theologie)
- des Tasawwuf (islamische Mystik)
- des wahren Salafismus (Denkrichtung)
(3) Verbot, andere als Muslime Anerkannte zu Ungläubigen zu erklären (Takfir) (oder zu exkommunizieren)
Fatwas der ʿUlamā'
Dies ist eine Liste der Personen und Organisationen (ʿUlamā'), welche in Verbindung mit der Amman Message eine Fatwa erstellt haben (nach der Auflistung der offiziellen Website):[12]
Meinung von Jehan Sadat
„Vor einigen Jahren verfolgte ich mit Interesse die Veröffentlichung der sogenannten Amman Message (Botschaft von Amman), die in meinen Augen sowohl die Mannigfaltigkeit als auch die Einheit des Islam versinnbildlicht. 2004 schickte König Abdullah II. von Jordanien drei Fragen an vierundzwanzig der bedeutendsten muslimischen Gelehrten in der Welt, die sämtliche Untergruppen und Schulen des Islam weltweit repräsentierten: 1. Wer ist Muslim? 2. Ist es zulässig, jemanden zum Abtrünnigen zu erklären (Takfir)? 3. Wer hat das Recht, Fatwas (Rechtsgutachten) auszustellen? Basierend auf den Fatwas, die diese Gelehrten herausgegeben haben — darunter der Scheich der Al-Azhar, die höchste sunnitische Autorität, einige der herausragendsten schiitischen Ayatollahs sowie die bedeutendsten religiösen Führer muslimischer Staaten —, wurde im Juli 2005 in Amman eine internationale Islamkonferenz mit zweihundert der weltweit führenden Islamgelehrten abgehalten. Dort trafen diese Gelehrten, die aus unterschiedlichen Ländern und Traditionen kamen, einstimmige Entscheidungen zu den drei elementaren Fragen. Erstens bestätigten sie die grundsätzliche Gültigkeit aller acht traditionellen und offiziellen Schulen der islamischen Rechtsprechung; zweitens verurteilten sie kategorisch die Denunzierung eines Muslims als Takfir; und drittens legten sie fest, wer das Recht hat, im Namen des Islam Fatwas auszustellen. Seitdem ist die Amman Message von rund fünfhundert Gelehrten, Scheichs und Staatsoberhäuptern unterzeichnet worden, darunter Sunniten, Schiiten, Sufis und Vertreter wirklich aller muslimischer Traditionen. Dies ist nur ein Beispiel für die vielen bedeutenden (und im Westen zu wenig wahrgenommenen) Maßnahmen, durch die sich die Umma von der brutalen Gewalt distanziert, die in ihrem Namen verübt wird.[17]“
Literatur
- Hannelore Müller: Religionen im Nahen Osten: Irak, Jordanien, Syrien, Libanon. 2009 (Online-Auszug)
- Safaa M. Afifi El-Scheikh: Westliche Kirchen im Bild der zeitgenössischen ägyptischen und arabischen Religionsgelehrten: Ein Beitrag zum Offenen Brief an Papst Benedikt XVI. (Promotion der HU zu Berlin) Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der Philosophie 2012 (Online; PDF; 1,8 MB)
- Jamal Al Shalabi (Hashemite University, Zarqa, Jordan); Menawer Bayan Alrajehi (Kuwait University, Kuwait, Kuwait): "The Amman Message: Arab Diplomacy in the Dialogue of Civilizations (PDF; 130 kB)" – Online unter eis.hu.edu.jo (Journal of US-China Public Administration, ISSN 1548-6591, December 2011, Vol. 8, No. 12, 1375–1392)
- Jehan Sadat: Meine Hoffnung auf Frieden, Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt, Hoffmann und Campe, 2009, ISBN 3-455-50126-5 (Online-Auszug)
- Die Erklärung der 138 – ein Unterzeichner spricht (Dr. Murad Wilfried Hofmann) – ev-akademie-boll.de
Weblinks
- ammanmessage.com (Offizielle Website)
- jordanembassy.de (a) (PDF; 68 kB) (b) (Text der Botschaft aus Amman von Scheich Izz-Eddine Al-Khatib Al-Tamimi, Berater König Abdullahs II. für Islamische Angelegenheiten auf der Website der Jordanischen Botschaft)
- dradio.de: Zwischen Fortschritt und Scharia : Moderater Islamismus und Demokratisierung im Königreich Jordanien (von Susanne El Khafif)
- spiegel.de: Den Preis zahlen wir alle (König Abdullah II. im Spiegel-Interview)
- cnewa.org (Website der Catholic Near East Welfare Association)
Videos
- Kurzeinführung auf YouTube (englisch)
- The Global Relevance of the Amman Message - An Interfaith Dialogue auf YouTube (Redebeitrag von Prinz Ghazi bin Muhammad, König-Hussein-Moschee, Amman, 12. März 2013)
Einzelnachweise und Anmerkungen
- 27. Ramadan 1425 AH
- Geb. 30. Januar 1962 in Amman; Staatsoberhaupt des Haschemitischen Königreichs von Jordanien seit dem 7. Februar 1999. - Siehe auch: King Abdullah: Our Last Best Chance: The Pursuit of Peace in a Time of Peril. 2011 (Online-Auszug)
- Siehe Liste der Unterzeichner bei ammanmessage.com: Grand list of endorsements of the Amman Message and its three points
- P. Federico Lombardi SJ, Leiter des Pressebüros des Heiligen Stuhls (nach zenit.org)
- Safaa M. Afifi El-Scheikh, S. 150 („Dabei handelt es sich um einen Aufruf zur Verständigung zwischen den Religionen und einen Versuch, das Bild des Islams in der nicht-islamischen Welt zu präzisieren und zu Recht zu rücken.“)
- Safaa M. Afifi El-Scheikh, S. 150
- dradio.de: Zwischen Fortschritt und Scharia : Moderater Islamismus und Demokratisierung im Königreich Jordanien (von Susanne El Khafif)
- Zur "Für-Ungläubig-Erklärung" (takfīr), siehe auch Kufr.
- 'Three Points of the Amman Message' - The Amman Message summary - Offizielle Website
- ammanmessage.com (Liste mit den Namen der Unterzeichner der Internationalen Islamischen Konferenz)
- ammanmessage.com: The Three Points of The Amman Message V.1, 2
- ammanmessage.com:Fatwas of the 'Ulama / فتاوى العلماء. – Die Liste wurde nach der Auflistung der offiziellen Website angeordnet und nummeriert.
- statt: ... Al-Najan
- arabisch حسين إسماعيل الصدر; statt: Hassan ...
- siehe auch Jawad Al-Khoei
- arabisch لحركة التوحيد والعمل الإسلامي
- Jehan Sadat: Meine Hoffnung auf Frieden. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt. 2009 (Online-Auszug)
Botschaft aus Amman (Alternativbezeichnungen des Lemmas) |
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Amman Message; Botschaft Ammans; Amman-Botschaft; Botschaft von Amman; Amman-Botschaft; Risalat Amman; Risalat 'Amman; Amman Letter; رسالة عمان; Risālat ʿAmmān; Risalat ‘Amman |