Beutekunst

Beutekunst n​ennt man zusammenfassend Kulturgüter, d​ie sich jemand i​n einem Krieg o​der kriegsähnlichen Zustand widerrechtlich (entgegen Art. 56 d​er Haager Landkriegsordnung) aneignet (Kunstraub). Dies geschieht gewöhnlich, u​m sich selbst, d​ie eigene Partei o​der den eigenen Staat z​u bereichern; manchmal auch, u​m den Gegner z​u demütigen. Oftmals i​st der Kunstraub a​uch Ausdruck staatlicher Ideologie.

In d​er Rechtswissenschaft w​ird von d​er Beutekunst d​er Begriff d​er Raubkunst abgegrenzt. Unter Raubkunst verstehen Juristen Kulturverluste, d​ie dadurch entstanden sind, d​ass das NS-Regime Kunstsammler – a​lso Privatpersonen – verfolgt, erpresst, i​hres Besitzes beraubt u​nd in vielen Fällen ermordet hat. Beutekunst i​st ein kulturelles Phänomen, d​as es a​ls Folge v​on Kriegen s​eit jeher gegeben hat.

Die Quadriga auf dem Brandenburger Tor wurde auf Befehl Napoléon Bonapartes 1807 als Beutekunst nach Paris geschafft
Johannisfriedhof in Nürnberg, Aquarell von Albrecht Dürer als Beispiel für Beutekunst der Alliierten
Der von Heinrich Schliemann entdeckte Schatz des Priamos (vor dem Zweiten Weltkrieg im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte, heute als Beutekunst im Puschkin-Museum in Moskau)

Beispiele in der Geschichte

  • Napoléon Bonaparte nahm auf seinen Feldzügen zahlreiche wertvolle Kunstwerke für Frankreich in Besitz, die nach dem Ende des Kaiserreiches 1814 von den Alliierten wieder zurückgefordert wurden (siehe Chaptal-Erlass).
  • Französische und englische Truppen plünderten und zerstörten 1860 den Alten Sommerpalast in Beijing. Viele Kunstwerke wurden vor Ort unter den Soldaten versteigert und gelangten auf verschiedenen Wegen in europäische Sammlungen.
  • Französische Truppen eroberten 1892 das Königreich von Danhomè und nahmen Kunstwerke aus den Königspalästen mit in ihr Heimatland zurück.
  • Englische Soldaten zerstörten 1897 den Königshof von Benin und nahmen dabei einige Tausend Bronzen – Beispiele hochwertiger afrikanischer Kunst – mit, die teilweise weltweit an Sammler und Museen verkauft oder britischen Museen gestiftet wurden, teilweise aber auch in Privatbesitz verblieben.
  • Beutekunst der Alliierten: Die Alliierten, insbesondere die Sowjetunion und Polen, aber auch die Westalliierten nahmen nach der Niederlage des Deutschen Reiches deutsche Kulturgüter in ihren Besitz. Vonseiten der Westalliierten wurden die meisten Kunstgegenstände, soweit noch auffindbar, wieder zurückgegeben. In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion bzw. in Osteuropa befinden sich noch heute umfangreiche Kunstbestände und Bestände aus deutschen Bibliotheken. Häufig sind diese der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Eines der bekanntesten Beispiele für diese Art Beutekunst ist der Schatz des Priamos (heute in Moskau).

Siehe auch

Literatur

  • Bénédicte Savoy: Kunstraub. Napoleons Konfiszierungen in Deutschland und die europäischen Folgen. Böhlau Verlag, Köln/ Weimar/ Wien 2010, ISBN 978-3-205-78427-2. (Übersetzung von Bénédicte Savoy: Patrimoine annexé. Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Éditions de la Maison des sciences de l'homme, Paris 2003, ISBN 978-2-7351-0988-3).
  • Hector Feliciano: Das verlorene Museum. Vom Kunstraub der Nazis. Aus dem Englischen übertragen von Chris Hirte. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-351-02475-4.
  • Gilbert H. Gornig: Kulturgüterschutz – internationale und nationale Aspekte. Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12525-8, (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht 24).
  • Waldemar Ritter: Kulturerbe als Beute? Die Rückführung kriegsbedingt aus Deutschland verbrachter Kulturgüter – Notwendigkeit und Chancen für die Lösung eines historischen Problems (Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums Band 13), Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1997, ISBN 3-926982-49-7.
  • Merten Lagatz, Bénédicte Savoy, Philippa Sissis (Hrsg.): Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe. Matthes & Seitz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7518-0311-3.
  • Isabelle Dolezalek, Bénédicte Savoy, Robert Skwirblies (Hrsg.): Beute. Eine Anthologie zu Kunstraub und Kulturerbe. Matthes & Seitz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7518-0312-0.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.