Batterie-Speicherkraftwerk
Ein Batterie-Speicherkraftwerk ist eine Form des Speicherkraftwerks, welches zur Energiespeicherung Akkumulatoren als Batteriespeicher verwendet, d. h. wiederaufladbare elektrochemische Zellen. Wichtige Kenngrößen von Speicherkraftwerken sind die Leistung und die Speicherkapazität. Letztere gibt an, welche Menge an Energie der Speicher aufnehmen kann (z. B. in MWh). Die installierten Leistungen von Batterie-Speicherkraftwerken bewegen sich im Bereich von einigen Kilowatt (kW) bei Batteriespeichern bis in den dreistelligen Megawatt-Bereich (MW). Das leistungsstärkste Batteriespeicherkraftwerk (Stand Januar 2021) befindet sich in Kalifornien, leistet bis zu 300 MW und hat eine Kapazität von 1200 MWh.[1] Im Vergleich dazu sind die größten Pumpspeicherkraftwerke deutlich leistungsstärker, da über 90 Pumpspeicherkraftwerke Leistungen von 1000 MW[2] und mehr haben, mit Kapazitäten im GWh-Bereich. Zusätzlich zu Leistung und Kapazität sind auch Start- bzw. Regelzeigen wichtige Kenngrößen von Speicherkraftwerken. Diese bewegen sich im Bereich von 20 ms auf Volllast, wenn Akkumulatoren genutzt werden, was im Vergleich zu anderen Speicherkraftwerken extrem kurz ist: Bei Pumpspeichern liegen sie im einstelligen Minutenbereich[3].
Im Jahr 2016 waren weltweit Batteriespeicher mit einer Leistung von 1,5 GW installiert,[4] mit stark steigender Tendenz: die im Jahr 2017 neu installierte Leistung wurde auf über 0,9 GW geschätzt.[5][6] Weltweit waren im Mai 2017 etwa 700 Batteriespeicherkraftwerke in Betrieb.[2] Davon nutzen 461, also etwa zwei Drittel der Werke, Lithium-Ionen-Akkumulatoren, 85 Bleiakkumulatoren, 70 Natrium-Schwefel-Akkumulatoren oder Natrium-Nickelchlorid, 69 Redoxflusszellen und sechs Nickel-Cadmium-Akkumulatoren.[2]
Beispiele von realisierten Anlagen findet sich in der Liste von Batterie-Speicherkraftwerken.
Geschichte
Batterie-Speicherkraftwerke wurden bereits gegen 1900 eingesetzt, um in vielen der damaligen dezentralen Gleichstromnetze die Lastspitzen zu decken. Während Schwachlastzeiten speicherten sie elektrische Energie ein, die sie später bei hoher Nachfrage wieder abgaben. Um 1905 stellten derartige Akkumulatorstationen mit rund 100 MW rund 15 % der installierten elektrischen Gesamtleistung in Deutschland. Ihr Nutzungsgrad betrug ca. 70 bis 80 %.[7] Da die dezentralen Gleichstromnetze durch zentrale Wechselstromnetze ersetzt wurden und die Umwandlung größerer Leistungen von Elektroenergie von Wechsel- in Gleichstrom (und umgekehrt) ziemlich aufwändig ist, war ein Weiterbetrieb dieser Anlagen nach Umstellung auf Wechselstrom zumindest nicht wirtschaftlich möglich, weshalb diese Anlagen durch andere Formen des Energiespeichers, wie Pumpspeicherkraftwerke, ersetzt wurden. Im Jahre 1984 wurde im damaligen West-Berlin in Berlin-Steglitz ein über Stromrichter mit dem Stromnetz verbundenes Batterie-Speicherkraftwerk mit einer Spitzenleistung von 17 MW eingerichtet, welches bis zum Synchronschluß 1994 in Betrieb war. Erst durch den Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung gewannen derartige Anlagen ab 2010 an Bedeutung.
Anwendung
Batterie-Speicherkraftwerke dienen primär zur Erbringung von Systemdienstleistungen. Eine Anwendung im kleineren Rahmen ist die Netzstabilisierung in Stromnetzen mit ungenügender Regelleistung. Ein weiterer, wesentlicher Anwendungsbereich ist der Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch, insbesondere der Leistungsausgleich von nicht nachfragorientierten erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Solarstromkraftwerken. Speicherkraftwerke erlauben in diesem Anwendungsbereich die Einsetzung höherer Anteile erneuerbarer Energieträger.[8] Neben Regelleistung können Batteriespeicher aufgrund der praktisch trägheitslosen Steuerung und schnellen Reaktionsfähigkeit auch zur Spannungsregulierung in Wechselspannungsnetzen eingesetzt werden. Sie dienen dabei der Steuerung der Blindleistung und können statische Blindleistungskompensatoren in deren Funktion ergänzen. Außerdem sind Batterie-Speicherkraftwerke grundsätzlich schwarzstartfähig.[9]
Der Übergang von Batterie-Speicherkraftwerken zu den kleineren Batteriespeichern mit ähnlichem Anwendungsgebiet ist fließend. Sogenannte Solarbatterien mit wenigen kWh Speicherkapazität werden zumeist im privaten Bereich im Zusammenspiel mit kleineren Photovoltaikanlagen betrieben, um Ertragsüberschüsse tagsüber in ertragsärmere bzw. ertragslose Zeiten am Abend bzw. in der Nacht mitzunehmen, den Eigenverbrauch zu stärken, die Autarkie zu erhöhen oder die Versorgungssicherheit zu erhöhen.[10] Mit Stand März 2018 liegen bei größeren Lithium-Ionen-Batterie-Speicherkraftwerken die Kosten für eine gespeicherte kWh elektrischer Energie bei ca. 10 ct/kWh, Tendenz fallend.[11]
Aufbau
Vom Aufbau sind Batterie-Speicherkraftwerke mit unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV) vergleichbar, wenngleich die Ausführungen größer sind. Die Akkus werden aus Sicherheitsgründen in eigenen Hallen, oder bei provisorischen Anlagen in Containern, untergebracht. Wie bei einer USV besteht das Problem, dass elektrochemische Energiespeicher grundsätzlich nur in Form von Gleichspannung Energie speichern bzw. abgeben können, während elektrische Energienetze im Regelfall mit Wechselspannung betrieben werden. Aus diesem Grund sind zusätzliche Wechselrichter nötig, welche bei Batterie-Speicherkraftwerken aufgrund der höheren Leistung und Anbindung mit Hochspannung arbeiten. Es kommt dabei Leistungselektronik mit GTO-Thyristoren zur Anwendung, wie sie auch bei der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungen (HGÜ) üblich sind.
Als Akkumulatoren werden je nach Anlage verschiedene Systeme eingesetzt. Waren es seit den ersten Batterie-Speicherkraftwerken in den 1980er-Jahren überwiegend Bleiakkumulatoren, fanden in den Folgejahrzehnten auch zunehmend Nickel-Cadmium-Akkumulatoren und Akkumulatortypen wie der Natrium-Schwefel-Akkumulator Anwendung.[12] Durch fallende Preise in den 2010er Jahren sind Lithium-Ionen-Akkumulatoren die mittlerweile am häufigsten eingesetzten Akkumulatoren, wie beispielsweise bei dem Batteriepark Schwerin, Batterie-Großspeicher Dresden oder dem Speicher von BYD in Hongkong der Fall. Allerdings kommen auch weitere Technologien wie Redox-Flow-Batterien zum Einsatz.[13]
Betriebsverhalten
Der Vorteil von Batterie-Speicherkraftwerken sind die für energietechnische Systeme extrem kurzen Regelzeiten und Startzeiten im Bereich von 20 ms auf Volllast, da keine mechanisch zu bewegenden Massen vorhanden sind. Damit können diese Kraftwerke nicht nur zur Abdeckung von Spitzenleistung im Minutenbereich dienen, sondern auch zur Dämpfung von kurzfristigen Oszillationen im Sekundenbereich, bei an den Kapazitätsgrenzen betriebenen elektrischen Energienetzen. Diese Instabilitäten äußern sich in Spannungsschwankungen mit Perioden bis zu einigen 10 Sekunden und können sich in ungünstigen Fällen zu hohen Amplituden aufschwingen, welche zu überregionalen Stromausfällen führen können. Dem können ausreichend stark dimensionierte Batterie-Speicherkraftwerke entgegenwirken. Daher finden sich Anwendungen primär in jenen Regionen, wo elektrische Energienetze an ihrer Kapazitätsgrenze betrieben werden und in der Netzstabilität gefährdet sind. Weitere Anwendung sind Inselnetze, welche zur Stabilisierung nicht mit Nachbarnetzen elektrische Energie kurzfristig austauschen können.
Zusätzlich kann eine Nutzung auf verschiedenen Energiemärkten in Betracht gezogen werden. Als Beispiel dient hier Arbitrage-Handel auf dem Spotmarkt und Systemdienstleistungen durch Frequenzstabilisierung durch Bereitstellung von Regelleistung.[14]
Ein Nachteil, insbesondere bei der Verwendung von Bleiakkumulatoren, ist die begrenzte Lebensdauer der als Verschleißteil ausgelegten Akkumulatoren und die damit verbundenen Kosten, welche diese Systeme oft unwirtschaftlich werden lassen. Durch Überbeanspruchung wie Tiefentladung und vergleichsweise sehr hohe Lade- und Entladeströme (Ströme über 700 A sind üblich) können Defekte wie Überhitzung an den Akkumulatoren auftreten, die Lade/Entladezyklen sind in diesem Anwendungsbereich auf einige 100 bis zu 1000 Zyklen limitiert. Durch mechanische Schäden an den Gehäusen kann weiters Säure oder Elektrolyt aus dem Inneren der Akkuzellen austreten. Bei der elektrischen Ladung bilden sich je nach Akkutyp mit Luft explosive Gase wie Knallgas, welches aus den Hallen permanent abgesaugt werden muss. Lithium-Ionen-Akkumulatoren mit einer geeigneten Steuerelektronik haben diese Probleme nicht, auch die Zyklenfestigkeit ist gegenüber Bleiakkumulatoren verbessert. Die Preise von Lithium-Ionen-Akkus sind mit Stand 2016 sinkend, so dass diese Systeme wirtschaftlicher betrieben werden können als noch einige Jahrzehnte zuvor.
Marktentwicklung
2016 schrieb der britische Netzbetreiber National Grid technologieoffen 200 MW an Regelleistung aus, um die Systemstabilität zu erhöhen. Hierbei setzten sich ausschließlich Batterie-Speicherkraftwerke durch.[15] In den USA ist der Markt für Speicherkraftwerke 2015 um 243 Prozent gegenüber 2014 gestiegen.[16]
Auf dem Markt für Konsumenten gibt es eine Vielzahl von Speichersystemen. In Untersuchungen der HTW Berlin wurden im Rahmen der Inspektion im Jahr 2018[17] und 2019[18] derartige System untersucht sowie die Gesamteffizienz mit dem englisch System Performance Index (SPI) bewertet.
Im Rahmen des Wandels von Förderung der reinen Erzeugungskapazität klimafreundlicher Energie hin zur netzdienlichen Erzeugung fördern zahlreiche Länder die dezentrale Errichtung vergleichsweise kleiner Batteriespeicher (bis ca. 10 kWh) insbesondere als Ergänzung zu PV-Anlagen.[19] Dies hat zu einen deutlichen Anstieg der Anzahl an Batterie-Speicherkraftwerken, bei gleichzeitiger Verringerung der durchschnittlichen Kapazität geführt.
Kombination mit Gasturbine
Die Technischen Werke Ludwigshafen haben ein Patent angemeldet auf ein Regelkraftwerk, das auf Batterie (mit 8 MW Leistung) für Kurzzeitbedarf plus Gasturbine (5 MW) für beliebig lange Leistungslieferung basieren wird. Der Bau, Teil des bundesdeutschen Forschungsprojekts SINTEG, startete 2017.[20]
Literatur
- Speicher oder Netzausbau: Batteriespeicher im Verteilnetz. In: netzpraxis Nr. 10/2018, S. 80–83
- E. Schoop: Stationäre Batterie-Anlagen: Auslegung, Installation und Wartung, Huss, Berlin, 2. Auflage von 2018, ISBN 978-3-341-01633-6
- B. Riegel, W. Giller: Bleibatterien als stationäre Anwendung im Wettbewerb zu stationär eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien. In: E. Fahlbusch (Hrsg.): Batterien als Energiespeicher: Beispiele, Strategien, Lösungen, Beuth, Berlin/Wien/Zürich 2015, ISBN 978-3-410-24478-3, S. 353–374
- Jörg Böttcher, Peter Nagel (Hrsg.): Batterie-Speicher: Rechtliche, technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2018, ISBN 978-3-11-045577-9
- Chapter 30: Abbas A. Akhil, John D. Boyes, Paul C. Butler, Daniel H. Doughty: Batteries for Electrical Storage Applications. In: Thomas B. Reddy (Hrsg.): Linden's Handbook of Batteries. 4. Auflage. McGraw-Hill, New York 2011, ISBN 978-0-07-162421-3
- Michael Sterner, Ingo Stadler (Hrsg.): Energiespeicher. Bedarf, Technologien, Integration. 2. Auflage, Berlin Heidelberg 2017, ISBN 978-3-662-48893-5.
- Lucien F. Trueb, Paul Rüetschi: Batterien und Akkumulatoren. Mobile Energiequellen für heute und morgen. Springer, Heidelberg u. a. 1998, ISBN 3-540-62997-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Andy Colthorpe: At 300MW / 1,200MWh, the world’s largest battery storage system so far is up and running. In: www.energy-storage.news. 7. Januar 2021, abgerufen am 10. Januar 2021 (englisch).
- DOE Global Energy Storage Database
- https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/eignung-von-speichertechnologien-zum-erhalt-der-systemsicherheit.pdf?__blob=publicationFile&v=9
- Studie: Speichermarkt wächst rasant. In: IWR, 25. August 2016. Abgerufen am 25. August 2016.
- Lithium-ion batteries for large-scale grid energy storage (ESS). In: Research Interfaces. Research Interfaces, Montreal, Canada, 14. April 2018, abgerufen am 10. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
- CNESA Storage Market Analysis – 2017 Q4. Abgerufen am 10. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
- Thomas Bohm, Hans-Peter Marschall, Die technische Entwicklung der Stromversorgung, in: Wolfram Fischer (Hrsg.), Die Geschichte der Stromversorgung. Frankfurt am Main 1992, 39-122, S. 49.
- Michael Sterner, Ingo Stadler: Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration. Berlin - Heidelberg 2014, S. 649f.
- Peter Stenzel, Johannes Fleer,Jochen Linssen, Elektrochemische Speicher, in: Martin Wietschel, Sandra Ullrich, Peter Markewitz, Friedrich Schulte, Fabio Genoese (Hrsg.), Energietechnologien der Zukunft. Erzeugung, Speicherung, Effizienz und Netze, Wiesbaden 2015, S. 157–214, S. 193.
- Michael Sterner, Ingo Stadler: Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration. Berlin - Heidelberg 2014, S. 652.
- Großspeicher: Entdeckungstour für neue Anwendungsfälle geht weiter. In: PV-Magazine, 15. März 2016. Abgerufen am 19. März 2016.
- Batteries for Large-Scale Stationary Electrical Energy Storage (PDF; 826 kB), The Electrochemical Society Interface, 2010, (engl.)
- Große Batteriespeicher erobern die Stromnetze. pv-magazine.de. Abgerufen am 11. März 2016.
- Felix Nitsch, Marc Deissenroth-Uhrig, Christoph Schimeczek, Valentin Bertsch: Economic evaluation of battery storage systems bidding on day-ahead and automatic frequency restoration reserves markets. In: Applied Energy. 298, 15. September 2021, ISSN 0306-2619, S. 117267. doi:10.1016/j.apenergy.2021.117267.
- Vattenfall meldet Zuschlag für Batterie-Großprojekt. In: IWR, 1. September 2016. Abgerufen am 1. September 2016.
- USA: Speichermarkt wächst um 243 Prozent im Jahr 2015. pv-magazine.de. Abgerufen am 11. März 2016.
- Johannes Weniger, Selina Maier, Lena Kranz, Nico Orth, Nico Böhme, Volker Quaschning: Stromspeicher-Inspektion 2018. (PDF; 7,0 MB) htw-berlin.de, November 2018, abgerufen am 2. November 2019.
- Johannes Weniger, Nico Orth, Nico Böhme, Volker Quaschning: Stromspeicher-Inspektion 2019. (PDF; 3,0 MB) htw-berlin.de, Juni 2019, abgerufen am 2. November 2019.
- Förderung für Photovoltaik Stromspeicher nach Bundesland. In: solarwatt.de. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- TWL: Baut kombiniertes Regelkraftwerk aus Batterie und Gasturbine ee-news.ch, 1. Februar 2017, abgerufen am 11. November 2017.