Bahnstrecke Uelzen–Langwedel
Die Bahnstrecke Uelzen–Langwedel ist eine überwiegend eingleisige, nicht elektrifizierte Nebenbahn, welche die Lüneburger Heide in ost-westlicher Richtung erschließt. Bekannt wurde die Strecke als Teil der sogenannten Amerikalinie.
Geschichte
Länderbahnzeit
Die „Bremer Staatsbahn“ wurde ursprünglich vom Bremer Senat errichtet und 1873 eröffnet.
Der Bau wurde anfänglich durch den Ingenieur Rudolph Berg geleitet, der 1872 zum Oberbaurat in Bremen ernannt wurde.[1] Die Linie führt vom niedersächsischen Langwedel nach Osten durch die Lüneburger Heide nach Uelzen. In Langwedel schloss sie an die Eisenbahnstrecke nach Wunstorf an, die je zur Hälfte Bremen und Hannover gehörte und von den Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen betrieben wurde. Die auf dem Abschnitt Langwedel–Uelzen erwirtschafteten Gewinne wurden zunächst im Verhältnis zwei (Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft, die die Amerikalinie betrieb) zu eins (Bremen) geteilt, bis der Betrieb durch Preußen übernommen wurde. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts rückte die Strecke als kürzeste Verbindung Berlins mit dem Flottenstützpunkt Wilhelmshaven in den Blickpunkt, weshalb mehrere Kasernen und Truppenübungsplätze in Munster (Örtze) eingerichtet und die Strecke 1904–1906 zweigleisig ausgebaut wurde.
Reichsbahnzeit
Zwischen den Kriegen verkehrten weiter einzelne Schnellzüge zwischen Berlin und Wilhelmshaven sowie Norddeich über diese Verbindung. Im Zweiten Weltkrieg waren die Bahnhöfe wiederholt Ziele von Luftangriffen. Ende der 1930er Jahre kam es im Bereich eines inzwischen nicht mehr existierenden Bahnübergangs bei Walle – heute ist hier eine Überführung der B 215 über die Bahnstrecke – zu einer Kollision eines Omnibusses mit dem Zug Adolf Hitlers, bei dem es zu mehreren Todesopfern kam. Der sogenannte „Führerzug“ setzte nach kurzem Aufenthalt in Kirchlinteln seine Fahrt fort.[2] Im Februar 1945 wurde bei einem Luftangriff nahe den Ortschaften Scharnhorst und Walle ein Flüchtlingszug zerstört, wobei es zahlreiche Todesopfer gab. Schließlich war die Strecke heftig zwischen zurückweichenden Wehrmachtsteilen und der vorrückenden britischen Armee umkämpft.
Bundesbahnzeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Verbindung durch die Lüneburger Heide schrittweise bis 1987 zu einer eingleisigen Nebenbahn zurückgebaut und einige Haltepunkte und Bahnhöfe für den Personenverkehr geschlossen, daneben wurden auch viele Güterverkehrsanlagen aufgehoben. 1987 wurden die meisten wärterbedienten Schranken durch automatische Bahnübergangssicherungsanlagen ersetzt.
Heutige Situation
Baulicher Zustand
Auch nach dem Fall der Mauer befindet sich die Verbindung als nicht elektrifizierte Strecke von geringer Bedeutung im Bestand der DB Netz. Sie wurde bisher kaum modernisiert. So finden sich zwischen Langwedel und Uelzen viele für Eisenbahnfreunde attraktive Bauwerke wie beispielsweise alte Stellwerksanlagen, Telegrafenmasten, Formsignale und Empfangsgebäude.
Sanierung
Im Frühjahr 2009 wurden Sanierungsarbeiten an der Trasse zwischen Langwedel und Soltau abgeschlossen, die seit den 1990er Jahren immer wieder aufgeschoben worden waren. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hatte der Deutschen Bahn unter Fristsetzung angedroht, den Betrieb zwischen Langwedel und Soltau ganz zu untersagen. Daraufhin wurde der Zugverkehr im Winterfahrplan 2008/2009 bis zum Februar zwecks umfassender Arbeiten an der Strecke und im Bahnhof Visselhövede unterbrochen. Diese Baumaßnahmen dienten der Existenzsicherung der Strecke.
Die Bedeutung der Strecke steigt heute wieder. Das liegt zum einen am neuen Tiefwasserhafen JadeWeserPort und zum anderen an den weiter steigenden Gütermengen der Bremer Häfen, für die diese Strecke eine direkte Verbindung in Richtung Osten/Südosten darstellt. Aus diesem Grund wurde in der zweiten Jahreshälfte 2012 die bis dahin bei der Instandhaltung vernachlässigte Strecke zwischen Langwedel und Soltau gesperrt, um umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, unter anderem 36 km Gleiserneuerung.
Im Frühjahr 2013 wurde der Abschnitt zwischen Soltau und Ebstorf ebenfalls umfangreich saniert, so dass das Gleis jetzt auf ganzer Länge inklusive aller Bahnhofsgleise in Visselhövede, Soltau, Munster und Ebstorf erneuert wurde. Eine Elektrifizierung des Abschnittes ist aber noch nicht in Sicht, obwohl dieses die eigentliche Tragkraft der Strecke erst herstellen würde, um den nötigen Verkehr auf sich zu ziehen.
Personenverkehr
Personenverkehr fand bis zum Dezember 2008 in Form eines durch die DB Regio betriebenen, nicht durchgehend vertakteten Regionalbahnverkehrs der Relation Uelzen–Bremen statt. Mit Fahrplanwechsel im Dezember 2008 verkehrten die Regionalbahnen für ein Jahr nur noch zwischen Uelzen und Langwedel, wo in Richtung Bremen umgestiegen werden musste. Begründet wurde diese Angebotseinschränkung mit verschiedenen Baumaßnahmen. Seit Dezember 2009 wird wieder durchgehender Verkehr ab und bis Bremen angeboten.
Die Strecke kam bis zur Aussetzung der Wehrpflicht in den Genuss bescheidenen Fernverkehrs: Bundeswehr-Intercitys aus Köln, nach 1990 aus Leipzig, IC 1960 ab / bis Munster von Berlin, fuhren für Rekruten, die am Wochenende Urlaub hatten. Heute bedient Erixx am Sonntagabend mit dem „Spätzug“ 83018 um 23:07 Uhr ab Uelzen bis Soltau die Bundeswehr in Munster.
Die Osthannoversche Eisenbahnen AG (OHE) hatte 2011 die Ausschreibung für das Heidekreuz, den Verkehr Bremen–Uelzen und Buchholz–Hannover, gewonnen. Die neu gegründete Tochtergesellschaft Erixx übernahm zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 für acht Jahre den Betrieb, der bis 2021 verlängert wurde. Bis auf wenige abschnittsweise Ausnahmen zu werktäglichen Hauptverkehrszeiten wurde ein Zweistundentakt gefahren. Seit 12. Dezember verkehrt die Regionalverkehre Start Deutschland, die die Ausschreibung gewonnen hatte, mit denselben Triebzügen.
Die Pendler- und Schülerströme verlaufen nicht (mehr) entlang der Amerikalinie, daher überwiegt der Gelegenheitsverkehr.
Güterverkehr
Der nur geringfügige Güterverkehr, der Holztransportzüge, Übergaben an einen Visselhöveder Mineralölhändler sowie Containerzüge umfasst, wird durch die Osthannoverschen Eisenbahnen und DB Cargo betrieben. Selten gelangen auch Fahrzeuge der Mittelweserbahn oder der Verden-Walsroder Eisenbahn auf die Strecke. Bis 2019 befuhren auch Containerzüge (z. B. Enercon-Windradzüge) die Strecke. Zu besonderen Manövern wird die Amerika-Linie für Nato-Truppentransporte genutzt.
Planungen
Die Strecke soll für den Güterverkehr besonders als Anschluss zum JadeWeserPort elektrifiziert und ausgebaut werden[3]. Sie wurde im Bundesschienenwegeausbaugesetz 2004 sowie im Bundesverkehrswegeplan 2030[4] im „vordringlichen Bedarf“ enthalten.
Im dritten Gutachterentwurf des Deutschlandtakts ist ein abschnittsweiser zweigleisiger Ausbau sowie zusätzliche Kreuzungsbahnhöfe vorgesehen. Dafür sind, zum Preisstand von 2015, Investitionen von 110 Millionen Euro vorgesehen. Für weitere 55 Millionen soll eine niveaufreie Anbindung der Strecke im Bahnhof Langwedel entstehen.[5][6]
In Kirchlinteln wird ein neuer Haltepunkt für den Personenverkehr eingerichtet. Man plant hierfür einen im Vergleich zum früheren Bahnhof zentraleren Standort („Kirchlinteln-Ort“).[7][8] Dieses wurde am 28. März 2019 zwischen dem Land Niedersachsen, der LNVG und der DB vereinbart.[9] Die Inbetriebnahme sollte nach Planungsstand August 2020 zum Dezember 2023 erfolgen.[10]
In Visselhövede wurde gelegentlich eine Schließung des Bahnhofes und die Einrichtung eines weiter östlich gelegenen, innenstadtnäheren Haltepunktes angeregt. Derzeit wird der Bahnhof barrierefrei mit moderneren Bahnsteigen am bisherigen Standort hergerichtet.
Der Abschnitt Tadel (zwischen den aufgelassenen Bahnhöfen Jeddingen und Bendingbostel)–Langwedel hätte als Teil der Y-Trasse Hannover–Bremen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr zweigleisig ausgebaut werden sollen. Der Bau der Y-Trasse wird jedoch nach Planung der Alpha-E-Variante nicht mehr verfolgt.
Fahrzeuge
Auf der Strecke waren früher regelmäßig die Baureihen 03 und 50 anzutreffen, die unter anderem in Uelzen stationiert waren. Insgesamt gilt die Verbindung als eine der am längsten regulär mit Dampflokomotiven befahrenen Verbindungen in Westdeutschland.
Ferner traf man bei Nahverkehrszügen direkt nach dem Krieg auf dampflokbespannte Züge sowie auf den Wittfelder Akkumulatortriebwagen. Diese wurden später durch Schienenbusse der Baureihe 798 und Vorserien-Triebwagen der Baureihe 628.0 ersetzt. In den 1980er und 1990er Jahren verkehrten regelmäßig die Baureihen 216 und 624 sowie die Baureihen 218 oder vereinzelt 212 vor lokbespannten Eilzügen.
Bis zum 10. Dezember 2005 fuhren Triebwagen der Baureihe 634, im Dezember 2008 endete der Einsatz der Triebwagen der Baureihe 614, mit dem Fahrplanwechsel Dezember 2011 wurden auf der Strecke auch die Dieseltriebwagen der Baureihen 628.2 und 628.4 abgelöst.
Derzeit verkehren Triebwagen vom Typ Alstom Coradia LINT. Eisenbahnverkehrsunternehmen war die Erixx GmbH. Vor den bis zum Fahrplanwechsel 2013 verkehrenden Intercity-Zügen zwischen Munster und Uelzen wurde die Baureihe 218 eingesetzt. Im Güterverkehr findet man gelegentlich die mit Red Tiger beschrifteten Streckendiesellokomotiven der Baureihe ADtranz DE-AC33C vor Holz- und Containerzügen sowie die Baureihen MaK G 1202 BB, MaK G 1204 BB oder MaK G 1205 BB vor kleineren Übergabezügen der OHE.
Weblinks
Einzelnachweise
- Aiko Schmidt: Berg, Theodor Friederich Rudolph (online auf der Seite der Naturforschenden Gesellschaft zu Emden von 1814).
- Weblink zur Geschichte der Amerikalinie mit Unglücksfällen
- "Amerikalinie": Bahn baut Strecke Langwedel–Uelzen aus, Weser-Kurier vom 6. Juni 2020, abgerufen am 7. Juni 2020
- Bundesverkehrswegeplan 2030
- Marten Maier: Infrastrukturliste Bewertung: Maßnahmen des Planfalls „Deutschlandtakt“, laufende Nummer 44 des Unterabschnitts 2, Vorhaben des Potentiellen Bedarfs des Bedarfsplans der Bundesschienenwege. (PDF) In: bmvi.de. SMA und Partner, 17. August 2021, S. 26, 28, abgerufen am 19. August 2021 („2-00“, „Entwurf“).
- Deutschlandtakt: Bewertung Infrastrukturmaßnahmen für den 3. Gutachterentwurf. (PDF) In: downloads.ctfassets.net. Intraplan Consult, TTS TRIMODE Transport Solutions, 17. August 2021, S. 2, abgerufen am 19. August 2021 („Entwurf, Stand: 17.08.2021“).
- Wiedereröffnung des Bahnhofs
- NDR-Fernsehen: Bahnhof soll Kirchlinteln aufwerten
- Reaktivierung von Stationen. Abgerufen am 30. März 2019.
- Bahn hält frühestens 2023. 19. August 2020, abgerufen am 10. Oktober 2020.