Bahnstrecke Meziměstí–Ścinawka Średnia
Die Bahnstrecke Meziměstí–Ścinawka Średnia war eine Eisenbahnverbindung im heutigen Tschechien und Polen, die ursprünglich durch die privilegierte österreichisch-ungarische Staatseisenbahn-Gesellschaft (StEG) als Hauptbahn erbaut und betrieben wurde. Sie verläuft von Meziměstí (Halbstadt) über Broumov (Braunau) nach Ścinawka Średnia (Mittelsteine).
Meziměstí–Ścinawka Średnia | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Kursbuchstrecke (SŽDC): | 029 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 24,2 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenklasse: | C3 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 60 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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In Betrieb ist heute nur noch der Abschnitt Meziměstí–Broumov, der grenzüberschreitende Verkehr wurde 1953 eingestellt. Zwischen Tłumaczów und Ścinawka Średnia wird die Strecke nach längerer Stilllegung seit Juli 2010 als nichtöffentliche Anschlussbahn genutzt.
Geschichte
Vorgeschichte und Bau
Am 14. September 1872 erhielt die k.k priv. österreichische Staatseisenbahn-Gesellschaft „das Recht zum Baue und Betriebe einer Locomotiveisenbahn von Chotzen nach Neusorge mit Anschlüssen einerseits über Braunau nach Neurode, andererseits gegen Waldenburg mit einer Zweigbahn von der Strecke Nachod–Neustadt an einen geeigneten Punct der südnorddeutschen Verbindungsbahn“ erteilt. Teil dieser Konzession war die Verpflichtung, ein zweites Gleis vorzusehen, „wenn der jährliche Rohertrag zweier aufeinanderfolgender Jahre die Summe von 180.000 fl. österreichischer Währung überschreitet“. Der Konzessionär wurde zudem verpflichtet, den Bau binnen sechs Monaten nach Konzessionserteilung zu beginnen und innerhalb von drei Jahren „die fertige Bahn dem öffentlichen Verkehre zu übergeben“.[1]
Die Kreuzungsgleise in den Bahnhöfen erhielten eine Nutzlänge von 330 Metern. Damit konnten Züge mit bis zu 70 Wagen verkehren.
Am 15. Juli 1875 wurde die Hauptverbindung von Chotzen über Halbstadt bis Braunau eröffnet. Ein Jahr später – am 26. Juli 1876 – ging noch die kurze Fortsetzung bis Ottendorf in Betrieb.
Die geplante Strecke über die Landesgrenze gegen Neurode konnte dort zunächst nicht realisiert werden. Auch in Halbstadt bestand zunächst nur eine provisorische Station, da die preußische Strecke Richtung Waldenburg und Breslau noch im Planungsstadium war. Der Bahnhof Halbstadt wurde schließlich als Bogendreieck realisiert. Das Empfangsgebäude und die Bahnsteige lagen dabei nur an den Gleisen Richtung Landesgrenze, sodass alle Reisezüge in der Relation Chotzen–Ottendorf dort fortan kopfmachen mussten. Der für diese Verkehrsrichtung vorgesehene Verbindungsbogen wurde nur vom Güterverkehr benutzt. Die Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft eröffnete die grenzüberschreitende Strecke Niedersalzbrunn–Halbstadt am 15. Mai 1878.
Grundlage für den Weiterbau der Strecke nach Preußen war schließlich ein Staatsvertrag zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich vom 14. März 1885. Er trat mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 5. Juni 1885 in Berlin in Kraft. Dabei verpflichtet sich die preußische Regierung, den auf eigenem Territorium gelegenen Abschnitt auf eigene Rechnung auszuführen. Österreich sicherte hingegen zu, dass die StEG den auf österreichischem Gebiet gelegenem Abschnitt gleichzeitig mit der preußischen Strecke fertigstellen und in Betrieb nehmen wird. Als Wechselstation zwischen den Bahnverwaltungen wurde der schon bestehende Bahnhof Mittelsteine an der Linie Dittersbach–Glatz bestimmt. Für den Betrieb der gesamten Strecke wurde die StEG verpflichtet, sie sollte darüber hinaus auch für die Instandhaltung und für etwaige Erweiterungen der preußischen Strecke zuständig sein.[2]
Am 5. April 1889 wurde die Strecke Ottendorf–Mittelsteine eröffnet.
Erste Betriebsjahre
Nach der Verstaatlichung der StEG am 1. Januar 1908 ging die Strecke an die k.k. Staatsbahnen (kkStB) über. Nach dem Ersten Weltkrieg traten an deren Stelle die neu gegründeten Tschechoslowakischen Staatsbahnen ČSD. Der erste Fahrplan der ČSD von 1919 verzeichnete zwei durchgehende Reisezugpaare von Chotzen über Halbstadt nach Mittelsteine. Weitere Züge endeten von Chotzen bzw. Wekelsdorf (Teplice nad Metuji) kommend bereits in Braunau. Die Fahrzeit der Züge zwischen Halbstadt und Braunau betrug etwa eine Stunde.[3]
Im Zweiten Weltkrieg
Nach der Angliederung des Sudetenlandes an Deutschland im Herbst 1938 kam die Strecke zur Deutschen Reichsbahn, Reichsbahndirektion Breslau. Im Reichskursbuch war die Verbindung nun als Kursbuchstrecke 155e Mittelsteine–Halbstadt–Wekelsdorf–Matha-Mohren enthalten. Der Fahrplan von 1944 enthielt insgesamt sieben täglich verkehrende Personenzugpaare auf der Gesamtstrecke, weitere verkehrten zwischen Wekelsdorf, Halbstadt und Braunau. Die Fahrzeit für die 24 Kilometer lange Strecke betrug zwischen 45 und 53 Minuten.[4] Am Ende des Krieges im Mai 1945 wurde der Betrieb eingestellt.
Der Niedergang nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam der auf böhmischem Gebiet gelegene Abschnitt wieder zu den ČSD. Niederschlesien wurde 1945 entsprechend dem Potsdamer Abkommen polnisches Staatsgebiet, Eigentümer des dortigen Streckenabschnittes waren nun die Polnischen Staatsbahnen (PKP). Der Zugverkehr wurde zunächst nicht wieder aufgenommen. Im Jahr 1946 entfernte die PKP an der Grenze einen Gleisabschnitt. Begründet war das mit dem Konflikt zwischen Polen und der Tschechoslowakei um das Gebiet der vormaligen Grafschaft Glatz, welche in jener Zeit von der Tschechoslowakei als historisches Staatsgebiet beansprucht wurde. Durch die Unterbrechung der Strecke sollte einer schnellen Besetzung des Landes durch tschechoslowakische Truppen vorgebeugt werden.[5]
Nach Beilegung des Konfliktes nutzten die PKP die Strecke für einen privilegierten Durchgangsverkehr (PED) in der Relation Ścinawka Średnia–Meziměstí–Boguszów (Mittelsteine–Halbstadt–Gottesberg), da die eigene, parallel verlaufende Verbindung Wałbrzych–Kłodzko (Waldenburg-Dittersbach–Glatz) wegen der Kriegszerstörungen an Tunneln und Brücken noch nicht durchgehend befahrbar war. Nach Wiederherstellung dieser Strecke im Jahr 1953 wurde der PED eingestellt und die Gleise an der Grenze abgebaut.
Die PKP betrieb den polnischen Abschnitt fortan nur noch im Güterverkehr bis zur Ladestelle des Steinbruches in Tłumaczów. Der Reiseverkehr wurde nicht mehr aufgenommen. Am 28. August 1969 wurde die verbliebene Strecke schließlich zur Anschlussbahn des Steinbruches Tłumaczów erklärt. Ende der 1980er Jahre wurde sie endgültig stillgelegt.
Die ČSD nutzte die Trasse im Reiseverkehr auch weiterhin bis zum letzten auf tschechoslowakischen Staatsgebiet liegenden Haltepunkt. Der Fahrplan von 1988 verzeichnete insgesamt 14 Personenzüge zwischen Meziměstí und Broumov, von denen zwölf weiter bis Otovice zastavka verkehrten.[6] Der Güterverkehr wurde bis Broumov zurückgezogen, die entsprechenden Anlagen im Bahnhof Otovice abgebaut.
Im Betrieb der České dráhy
Am 1. Januar 1993 kam der tschechische Abschnitt im Zuge der Auflösung der Tschechoslowakei zur neu gegründeten tschechischen Staatsbahnorganisation České dráhy (ČD). Der Fahrplan 1995 verzeichnete insgesamt elf Reisezugpaare zwischen Meziměstí und Otovice zastávka. Weitere fünf Züge verkehrten nur zwischen Mezimesti und Broumov. Eine Durchbindung der Züge aus Richtung Choceň erfolgte in jener Zeit nicht.[7]
Als Eisenbahninfrastrukturunternehmen fungiert seit 2003 die staatliche Organisation Správa železniční dopravní cesty (SŽDC).
Der Reiseverkehr zwischen Broumov und Otovice zastávka wurde am 11. Dezember 2005 eingestellt. Die Umsetzmöglichkeit im neuen Endbahnhof Broumov ermöglichte nun auch den Durchlauf einiger Züge zwischen Broumov und Týniště nad Orlicí. Erstmals wurde das im Fahrplanjahr 2007/2008 im größeren Stil praktiziert. In jenem Jahr gab es drei solcher Zugpaare, weitere verkehrten von und nach Starkoč oder Trutnov.[8]
Im Fahrplan 2010 gibt es zwischen Meziměstí und Broumov werktags einen festen Einstundentakt, an Wochenenden fahren mindestens aller zwei Stunden Züge. Eingesetzt werden alternierend Eil- und Personenzüge mit Halt auf allen Unterwegsbahnhöfen. Die Eilzüge verkehren stets von und nach Starkoč, wo direkter Anschluss an eine Schnellzugverbindung nach Prag besteht. Die Personenzüge bedienen zumeist nur die Strecke Meziměstí–Broumov, zum Teil werden sie auch von und nach Náchod durchgebunden. In Ruprechtice, Hynčice und Broumov-Olivětín halten die Züge nur noch bei Bedarf.[9]
Der Wiederaufbau zwischen Tłumaczów und Ścinawka Średnia
Im Jahr 2009 gab die Firma Strateg Capital Sp. z o.o. bekannt, dass sie nach über 30 Jahren Stillstand den Abbau von Melaphyr in Tłumaczów wieder aufnehmen möchte. Geplant ist eine jährliche Fördermenge von 2 Millionen Tonnen Gestein. Der tägliche Ausstoß des Steinbruches wird 8000 Tonnen betragen, eine Menge, die nur per Bahntransport zu bewegen ist.
Der erste Plan zum Wiederaufbau der Eisenbahnlinie auf dem alten Planum bis Tłumaczów sah eine Fertigstellung bis Ende März 2010 vor. Letztlich begannen die Bauarbeiten auf dem sieben Kilometer langen Abschnitt im Sommer 2009. Neben dem Neubau des Gleises war auch eine Erneuerung sämtlicher Brücken unumgänglich. Sie entstanden in Vollwandträgerbauweise auf Betonpfeilern vollkommen neu. Als Betriebsmittelpunkt wurde ein neuer Bahnhof mit einem Haupt- und zwei Abstellgleisen in Ścinawka Górna konzipiert. Sicherungstechnisch ist die neue Strecke wie eine Hauptbahn ausgerüstet, die Streckengeschwindigkeit liegt bei 80 km/h.
Am 30. Juli 2010 – vier Monate nach dem avisierten Termin – wurde die neue Strecke schließlich in Betrieb genommen. Da die Verladeanlage in Tłumaczów noch nicht fertiggestellt ist, wird der produzierte Schotter zunächst provisorisch mit Förderbändern verladen. Die Beförderung der Güterzüge übernimmt die polnische Eisenbahngesellschaft PKP Cargo.[10][11]
Literatur
- Miroslav Jelen: Zrušené železniční tratě v Čechách, na Moravě a ve Slezsku, Dokořán, Praha 2009, ISBN 978-80-7363-129-1
- Zdeněk Hudec u. a.: Atlas drah České republiky 2006–2007. 2. Auflage. Dopravní vydavatelství Malkus, Praha 2006, ISBN 80-87047-00-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder vom 22. Oktober 1872
- Staatsvertrag zwischen Österreich Ungarn und dem Deutschen Reiche, betreffend mehrere Eisenbahnanschlüsse an der österreichisch-preußischen Landesgrenze vom 14. März 1885
- Fahrplan der ČSD von 1919
- Deutsches Kursbuch, Jahresfahrplan 1944/45 – gültig vom 3. Juli 1944 an bis auf weiteres
- JELEN S. 132f.
- Fahrplan 1988/89 der ČSD
- Jahresfahrplan 1995/1996 der ČD
- Jahresfahrplan 1997/1998 der ČD
- Jahresfahrplan 2010 der ČD
- Bericht zum Wiederaufbau der Strecke Ścinawka Średnia–Tłumaczów auf www.k-report.cz (tschechisch)
- Homepage von Strateg Capital