BGH Edelstahl Freital
BGH Edelstahl Freital ist ein in der Stahl- und Montanindustrie tätiges Unternehmen mit Sitz in Freital (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Sachsen). Es ist ein Tochterunternehmen der BGH-Holding (Boschgotthardshütte), die ursprünglich aus der nordrhein-westfälischen Großstadt Siegen stammt und nun ihren Hauptsitz in Freital hat.[1] Im Jahr 2011 waren 607 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt.[2] Geschäftsführer ist Alexander Große.[3]
BGH Edelstahl Freital | |
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Rechtsform | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
Gründung | 1855 |
Sitz | Freital, Deutschland |
Leitung | Alexander Grosse |
Mitarbeiterzahl | ca. 700 |
Branche | Stahlindustrie, Montanindustrie |
Website | www.bgh.de |
Stand: 2018 |
Das Werksgelände erstreckt sich auf einer Fläche von 3,6 Kilometer mal 600 Meter zwischen den Stadtteilen Deuben und Hainsberg.[4] Der Holding gehören neben dem Freitaler Standort auch die BGH-Werke in Siegen, Lugau, Lippendorf, Kattowitz, Elbląg, Lublin (alle drei in Polen) sowie Isernhagen und Leuth.
Geschichte
Die 1855 gegründete Sächsische Gußstahlfabrik in Döhlen entwickelte sich, begünstigt durch die Lage an der Bahnstrecke Dresden–Werdau (Albertbahn) und dem reichen Vorkommen von Kohle und Erz im Osterzgebirge und dem Döhlener Becken, schnell zu einem wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen der Region. Im Jahr 1862 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unter der Firma Sächsische Gußstahl-Werke Döhlen AG. Die Fabrik- und Lagerhallen dehnten sich schnell über große Teile des Gebiets links der Weißeritz aus.
Nach dem Zweiten Weltkrieg – die 1921 aus Döhlen und zwei Nachbargemeinden gegründete Stadt Freital war von Bombenangriffen weitgehend verschont geblieben – wurde das Stahlwerk durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland vollständig demontiert. Ab 1947 begann der Wiederaufbau und Ausbau des Werks. Es entstand der VEB Edelstahlwerk 8. Mai 1945, der zu DDR-Zeiten der größte Edelstahlproduzent des Landes wurde.[5] Jährlich produzierte das Unternehmen etwa 300.000 Tonnen Walz- und Schmiedeprodukte. Im Freitaler Edelstahlwerk kamen der erste 30-Tonnen-Plasmaofen sowie der erste Elektronenstrahl-Mehrkammerofen der Welt zum Einsatz.[2]
Zu Zeiten der DDR waren Jugendliche im Alter von 15 Jahren und 18 Jahren zur Zwangsarbeit in drei Schichten eingesetzt, die im angeschlossenen Jugendwerkhof „Junge Welt“ untergebracht waren. Oberhalb des Jugendwerkhofs befand sich eine Uranwaschanlage der SDAG Wismut. Heute ist der Bereich wegen der extrem hohen Strahlenbelastung gesperrt. Die Jugendlichen waren im Bereich des Edelstahlwerkes zu verschiedenen Arbeiten in der Schmiede und in der Qualitätssicherung rund um die Uhr eingesetzt.[6][7]
Für die ungefähr 5.000 Angestellten wurde im Freitaler Stadtteil Zauckerode ein großes Neubaugebiet in Plattenbauweise errichtet. Noch heute erinnern Straßennamen wie „Straße der Stahlwerker“ an die früheren Bewohner des Viertels. Aber auch in den übrigen Stadtteilen, beispielsweise in Niederhäslich, kam es zur Errichtung größerer Neubausiedlungen. Als Betriebssportgemeinschaft des Werks wurde die BSG Stahl Freital gegründet. Das Unternehmen kam des Weiteren in den Besitz von über 170 Kunstwerken, wie Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen. Der Künstler Gottfried Bammes, ein Ehrenbürger Freitals, wirkte ab 1950 regelmäßig im Edelstahlwerk.[8] Auch ein Kunstpreis wurde ausgelobt. Im Klub der Edelstahlwerker, dem betrieblichen Kulturhaus, gab es regelmäßig Veranstaltungen und Auftritte namhafter Künstler.
Nach der Wende wurde aus dem Volkseigenen Betrieb 1990 die Sächsische Edelstahlwerke GmbH Freital (SEW). Zuerst war eine Privatisierung des Unternehmens durch die Thyssen AG angedacht.[1] Als diese scheiterte, war 1992 seitens der Treuhandanstalt die Abwicklung des Edelstahlwerks vorgesehen. Diese konnte jedoch durch Protestaktionen der Stahlwerker verhindert werden.[9] Trotzdem wurden viele Mitarbeiter entlassen und der Betrieb deutlich verkleinert. Arbeiteten 1992 noch 2.600 Menschen im Edelstahlwerk, waren es 1997 nur noch 640.[4]
Der Unternehmer Rüdiger Winterhager aus Siegen übernahm die Sächsische Edelstahlwerke GmbH 1993. Daraufhin kaufte die SEW das Stammwerk Boschgotthardshütte O. Breyer GmbH. Neuer Unternehmenssitz wurde Freital.[1] Danach begann die Sanierung der Produktionshallen und -maschinen. Unter anderem wurden eine moderne Stabstahl-Draht-Walzstraße und ein zweiter Drehtellerofen in Betrieb genommen.[2] Viele der ehemaligen Produktions- und Lagerhallen des Edelstahlwerks wurden abgerissen, oder es fand sich ein neues Nutzungskonzept für die Gebäude. Ende 1997 waren rund 90 Prozent der Produktionsanlagen für 300 Millionen DM erneuert worden.[9] Das Geschäftsjahr 1998 konnte erstmals seit der Wende mit Gewinn abgeschlossen werden.[10] Danach brach der Umsatz wieder ein, sodass zwischen 2002 und 2003 sowie zwischen 2009 und 2010 auf Kurzarbeit ausgewichen werden musste.[11][12]
Ende 2010 produzierte das Werk etwa 100.000 Tonnen Stahl pro Jahr. Es verfügt über die Möglichkeit der Herstellung von etwa 700 Sorten Stahl.[13]
Weblinks
- Tochtergesellschaft BGH Edelstahl Freital auf der Website der Boschgotthardshütte
- Frühe Dokumente und Zeitungsartikel zur BGH Edelstahl Freital in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Verzeichnis der Reklamemarken & Siegelmarken in veikkos-archiv.
- Video von der Inbetriebnahme der SDS (Stab-Draht Straße) im Jahr 1996 auf YouTube
Einzelnachweise
- Ernst W. Raymund: 800 Spezialstähle aus sächsischen Edelstahlwerken Freital. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 4. Februar 1998.
- Präsentation der BGH-Gruppe (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF-Datei; 9,7 MB)
- Standort Freital auf BGH-Webseite
- Hannelore Schuster: Konkurrenzlos bei Sonderstählen für Implantate und Turbinen. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 19. Juni 1997.
- Thomas Hoinka: Nachwuchsförderung und Fachkräfteentwicklung – Erfahrungsbericht der BGH Edelstahl Freital GmbH (Memento vom 23. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF-Datei; 55 kB)
- Theresa Authaler, Peter Wensierski: Angeln im Atomteich. In: spiegel.de. 21. Dezember 2013, abgerufen am 19. Januar 2021.
- Maria Neuendorff: Die Haldenkinder. In: moz.de. 20. November 2013, abgerufen am 19. Januar 2021.
- Hannelore Schuster: Edelstahlwerk besitzt 171 Kunstwerke von Bammes bis Haselhuhn. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 30. Oktober 1997.
- Hannelore Schuster: Stahlwerkertag in Freitaler Edelstahlwerk. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 16. Oktober 1997.
- Thomas Stölzel: Stahlwerk Freital erstmals mit Gewinn. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 19. Juni 1999.
- Thomas Stölzel: Ab Mai Kurzarbeit im Stahlwerk Freital. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 5. April 2002.
- Stahlwerk Freital schickt Hunderte Mitarbeiter in die Kurzarbeit. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 21. März 2009.
- Tony Keil: 100 000 Tonnen glühender Stahl. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 12. November 2010.