Artilleriezugmaschine
Artilleriezugmaschinen (auch Artillerieschlepper oder Artillerietraktoren) sind Zugmaschinen bzw. Traktoren, die zum Fortbewegen schwerer Geschütze und der dazugehörigen Munition konzipiert sind.
Vorgeschichte
Die Vorgeschichte von Artilleriezugmaschinen und motorisierten Militärfahrzeugen hat gemeinsame Wurzeln mit der allgemeinen Geschichte zur Motorisierung. Bereits 1769 stellte der französische Artillierieoffizier Nicholas Cugnot den ersten selbstfahrenden Motorwagen vor, der mit einer Dampfmaschine betrieben wurde. Darauf folgten weitere Erfindungen zu dampfbetriebenen Fahrzeugen von Oliver Evans (Patentanmeldung 1783)[1], in 1786 je ein Fahrzeug „Steam-Carriage“ von William Symington und ein Erprobungsdampffahrzeug von William Murdock.[2] Richard Trevithick stellte 1802 den „Puffing Devil“ vor.[3] Im 19. Jahrhundert wuchsen Verbreitung und Zuverlässigkeit der Fahrzeuge. So stieg die Zahl der Erfindungen zu Lokombilen für den Straßenverkehr und im Bereich des Schienenverkehrs die Zahl der Neuerungen für Lokomotiven. Pedro Ribera verbesserte ein englisches Lokomobil und bewältigte damit im Jahr 1860 eine Strecke von etwa 200 Kilometern zwischen Valladolid und Madrid in 19 Tagen.
Geschichte der Artilleriezugmaschinen
Ab den 1870er Jahren experimentierte die Preußische Armee mit Artilleriezugmaschinen auf Basis von Lokomobilen. Die ersten brauchbaren Artilleriezugmaschinen traten noch vor dem Ersten Weltkrieg in Erscheinung. Dabei handelte es sich meist um modifizierte landwirtschaftliche Traktoren oder Lastkraftwagen mit Allradantrieb wie der Daimer-Krupp KD 1. Diese Schlepper vermochten die Geschütze schneller zu bewegen als Pferde und erhöhten die Mobilität militärischer Einheiten. Obschon der Motorisierungsgrad nach dem Ersten Weltkrieg in den Streitkräften insgesamt zunahm, bildeten immer noch Pferde das Rückgrat für die Bewegung von Artillerie. Nicht zuletzt aus Kostengründen wurde in einigen Armeen auf das Ersetzen von Pferden verzichtet.
In der modernen Kriegsführung spielen Artilleriezugmaschinen so gut wie keine Rolle mehr, da inzwischen das allgemein etablierte maximale Kaliber für Feldhaubitzen bei 155 mm liegt. Das sind Dimensionen, bei denen als Zugmittel ein normaler geländegängiger Lastkraftwagen ausreicht. Moderne Panzerhaubitzen oder Selbstfahrlafetten haben lafettierte Einzelgeschütze weitgehend verdrängt. Lediglich bei der Raketenartillerie werden noch im 21. Jahrhundert leistungsfähige Zugmaschinen gebraucht.
- Foster-Daimler Artilleriezugmaschine 1917
- Austro Daimler Artilleriezugmaschine 1917
- Fiat-SPA TL37 Artilleriezugmaschine 1938
- Raupenschlepper Ost Typ RSO/1 Artilleriezugmaschine 1943
Liste von Artillerieschleppern
Vollkettenfahrzeuge
- Hornsby tractor (1910)
- Holt Tractor
- Landwirtschaftliche Traktoren der Firma Best
- T-20 – Sowjetunion
- Ja-12 – Sowjetunion
- Komintern – Sowjetunion
- Woroschilowez – Sowjetunion[4]
- AT-S – Sowjetunion
- AT-T – Sowjetunion
- AT-L – Sowjetunion
- ATS-59 – Sowjetunion
- MT-T – Sowjetunion
- STZ-5 – Sowjetunion
- M4 High-Speed Tractor – USA
- M5 High-Speed Tractor – USA
- M6 High-Speed Tractor – USA
- Raupenschlepper Ost – Deutschland
- Saurer RR-7 Rad-Kette-Hybrid – Österreich
- Vickers 6-ton: Dragon, Medium Mark IV (Mark E) als Artillerieschlepper für die britische Armee
- M3 Lee/Grant: M33 Prime Mover
- M4 Sherman: M34 Prime Mover, M35 Prime Mover, Sherman Gun Tower, Wolverine Gun Tower
- Crusader: Crusader II, Gun Tractor Mk I
- C2P – Polen, auf TKS-Fahrgestell basierend
- C7P – Polen, auf 7TP-Fahrgestell basierend
- Renault UE Chenillette – Frankreich
- Șenileta T-1 – Rumänien
- TAR-76 – Rumänien
- TMA-83 – Rumänien
- Typ 92 I-Ke – Japan
- Typ 92 Ni-Ku – Japan
- Typ 94 Yo-Ke – Japan
- Typ 95 Ho-Fu – Japan
- Typ 98 Ro-Ke – Japan
- Typ 98 Shi-Ke – Japan
- Typ 4 Chi-So – Japan
Halbkettenfahrzeuge
- C4P – Polen
- Unic P107 – Frankreich, 1934
- SOMUA MCG – Frankreich
- Sd.Kfz. 6 – Deutschland
- Sd.Kfz. 7 – Deutschland
- Sd.Kfz. 8 – Deutschland
- Sd.Kfz. 9 – Deutschland
- Sd.Kfz. 10 – Deutschland
- Sd.Kfz. 11 – Deutschland
- Maultier – Deutschland
- Halbkettenfahrzeug M2 – USA, 1940
- Halbkettenfahrzeug M3 – USA, 1940
- ZIS-22 – Sowjetunion
- ZIS-42 – Sowjetunion
Radfahrzeuge
- Land Rover Forward Control – Großbritannien
- Pinzgauer – Österreich
- ADAZ – Österreich
- PZInż 342 – Polen
- CMP FAT – Kanada
- Panzerspähwagen M3 – USA
- Laffly V 15 T – Frankreich
- Laffly S 25 T – Frankreich
- AEC Matador – Großbritannien
- Morris C8 – Großbritannien
- Morris CDSW – Großbritannien
- Scammell Pioneer – Großbritannien
- Krupp-Protze – Deutschland
- Fiat-SPA TL37 – Italien
- Radschlepper Ost – Deutschland
Literatur
- Artilleriezugmaschine. In: Luegers Lexikon der gesamten Technik. 2. Auflage. Band 10, Deutsche Verlags-Anstalt, Leipzig/Stuttgart 1920, S. 44–45. (Geschichtlicher Abriss über Artilleriezugmaschinen)
- Otfried Layritz: Der mechanische Zug mittels Dampf-Straßenlokomotiven. E. S. Mitter & Sohn, Berlin 1906 (Archivversion (Memento vom 21. Oktober 2021 im Internet Archive) [PDF]).
- The Beginning of War-Machines. Military Traction Enginges. In: The Illustrated war news. 3, Part 25. News and Sketch Ltd., London 29. November 1916, S. 10–11 (Online=Textarchiv – Internet Archive).
- Charles W. Carey: Biographical dictionary of American inventors, entrepreneurs, and business visionaries. Facts on File, New York 2002, S. 114.
Weblinks
Einzelnachweise
- Carey: Biographical dictionary, S. 114
- Encyclopædia Britannica, Eintrag: William Murdock
- The Beginning of War-Machines. Military Traction Enginges, S. 10–11
- Voroshilovets Artillery Prime Mover (Memento vom 6. Juni 2011 im Internet Archive) (englisch)