Arthur Nicolaier
Arthur Nicolaier (* 4. Februar 1862 in Cosel/Oberschlesien; † 28. August 1942 in Berlin) war ein deutscher Internist.
Lebenslauf
Der aus einer oberschlesischen jüdischen Familie stammende Arthur Nicolaier studierte in Heidelberg, Berlin und Göttingen Medizin und promovierte 1885 in Göttingen mit der Arbeit „Beiträge zur Aetiologie des Wundstarrkrampfes“. Ab 1885 war er an der Göttinger Universitätsklinik als Assistent bei Wilhelm Ebstein (Medizinische Klinik), ab 1897 dort als Oberarzt tätig, bis er 1900 einem Ruf nach Berlin folgte. 1921 wurde er dort zum außerordentlichen Professor für Innere Medizin ernannt. Er wirkte an der Charité.[1] Wegen seiner Herkunft wurde Nicolaier – der 1921 aus dem Judentum ausgetreten war – am 14. September 1933 gem. § 3 des Berufsbeamtengesetzes die Lehrbefugnis entzogen. Anders als viele seiner verfolgten Kollegen wanderte Nicolaier nicht aus und betrieb eine Arztpraxis in der Prager Straße 1/2 (heute: Grainauer Straße 2) in Berlin-Wilmersdorf. Als ihm nach der Vertreibung aus seiner Wohnung 1941 die Deportation in das sogenannte Altersghetto Theresienstadt angekündigt worden war, nahm er sich am 28. August 1942 in seiner damaligen Wohnung in der Kurfürstenstraße 99 (heute: Budapester Straße 41)[2] in Charlottenburg das Leben.[3][4]
Wissenschaftliche Leistungen
Bereits in seiner Göttinger Zeit, als Assistent des Hygienikers Carl Flügge (1847–1923), entdeckte Nicolaier 1884 das Bakterium Clostridium tetani. Das grampositive, obligat anaerobe, bewegliche und sporenbildende Bakterium ist Erreger des Wundstarrkrampfes (Tetanus). Er führte 1894 Hexamethylentetramin unter dem Namen Urotropin in die Chemotherapie vor allem zur Behandlung von bakteriellen Harnwegsinfektionen ein.[5]
Gedenken
Am 24. April 2014 wurde vor seinem ehemaligen Wohnhaus, Grainauer Straße 2 in Berlin-Wilmersdorf, ein Stolperstein verlegt.
Literatur
- Cäcilie Bley: Arthur Nicolaier 1862–1942. Ein Bild seines Wirkens. Diss. Göttingen 1946.
- Juan Alberto Galán Torres: Arthur Nicolaier (1862–1942). Descubridor del bacilo del tétanos. Dykinson, Madrid 2009, ISBN 978-84-9849-463-1.
- Volkmar Felsch: Arthur Nicolaier (Onkel Arthur). In: Volkmar Felsch: Otto Blumenthals Tagebücher. Ein Aachener Mathematikprofessor erleidet die NS-Diktatur in Deutschland, den Niederlanden und Theresienstadt. Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn, Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 2011, ISBN 978-3-86628-384-8, S. 504–510.
- M. Frink, C. W. Muller, S. Ziesing, C. Krettek: Tetanusprophylaxe in der Notaufnahme. Unfallchirurg. 2006 Nov;109(11):977-83 PMID 17021900.
- Tim Ohnhäuser: Der Arzt und Hochschullehrer Arthur Nicolaier (1862–1942) – Eine Annäherung an die Suizide der als „nicht arisch“ verfolgten Ärzte im Nationalsozialismus. In: Richard Kühl, Tim Ohnhäuser und Gereon Schäfer (Hrsg.): Verfolger und Verfolgte. Bilder ärztlichen Handelns im Nationalsozialismus. (= Medizin und Nationalsozialismus, 2). Münster 2010, S. 15–38.
- Werner Köhler: Nicolaier, Arthur. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1047 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- W. U. Eckart, Christoph Gradmann (Hrsg.): Ärzte-Lexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. Springer Verlag, Heidelberg 2006, S. 240 f.
- Historische Stadtpläne in Berlin. Vergleiche damaligen Stadtplan mit heutigem. Abgerufen am 16. Dezember 2020.
- Helmut Scherer: Zu Göttingen an Rühlenders Tafel. Vortrag anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Münchhausen – Vom Jägerlatein zum Weltbestseller“ am Sonntag, dem 20. September 1998 in der Paulinerkirche, Göttingen. Text (Memento vom 6. November 2010 im Internet Archive)
- StA Charlottenburg von Berlin, Sterbeurkunde Nr. 3737/1942
- Dr. Wilhelm Foerst (Hrsg.): Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie. Urban & Schwarzberg, München/Berlin 1954, 3. Aufl., Bd. 5, S. 229.