Arbeitslosengeld
Als Arbeitslosengeld bezeichnet man eine Unterstützungsleistung für Arbeitssuchende. Zu unterscheiden ist zwischen Versicherungsleistungen aus einer Arbeitslosenversicherung und staatlich mit Steuergeldern finanzierten Mindestsicherungssystemen in Sozialstaaten. Die Leistungen ermöglichen Arbeitslosen eine angemessene Lebenshaltung in Form einer Entgeltersatzleistung, einer Sicherstellung des individuellen Lebensstandards auf niedrigem Niveau oder eines armutsvermeidenden Existenzminimums.
Deutschland
In Deutschland gibt es Arbeitslosengeld als Versicherungsleistung der Arbeitslosenversicherung in Form einer Entgeltersatzleistung.
Zu unterscheiden ist das Arbeitslosengeld vom Arbeitslosengeld II. Zur Abgrenzung vom Arbeitslosengeld II wird das Arbeitslosengeld deshalb umgangssprachlich oft auch als Arbeitslosengeld I bezeichnet. Das Arbeitslosengeld II ist jedoch kein „Arbeitslosengeld“ im Sinne des Gesetzes, also keine Versicherungsleistung und keine Entgeltersatzleistung, sondern eine Sozialleistung.
Geschichte
Nach dem Ende des zeitlich befristeten Anspruchs auf Arbeitslosengeld wurde bis Ende 2004 Arbeitslosenhilfe gewährt, deren Höhe sich an der Höhe des Arbeitsentgelts vor Eintritt der Arbeitslosigkeit orientierte. Die Arbeitslosenhilfe wurde im Zuge der Hartz-4-Gesetzgebung[1] abgeschafft. Stattdessen wurde das Arbeitslosengeld II als Grundsicherungsleistung für Arbeitssuchende eingeführt. Seine Höhe orientiert sich nicht an dem früheren Arbeitsentgelt des Leistungsberechtigten, sondern einem gesetzlich festgelegten Bedarf, der es dem Leistungsberechtigten ermöglichen soll, ein menschenwürdiges Leben zu führen (§ 1 Abs. 1 SGB II). Ein vorheriger Bezug von Arbeitslosengeld ist im Unterschied zur früheren Arbeitslosenhilfe keine Voraussetzung für den Bezug des Arbeitslosengeld II. Erwerbsfähige Arbeitslose, die früher Sozialhilfe erhielten, sollen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützt werden, damit sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können (§ 1 Abs. 2 SGB II). Dies wurde im Bericht der Hartz-Kommission als „Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ bezeichnet,[2] geregelt seit dem 1. Januar 2005 im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Das dafür neu geschaffene Instrument ist die zwischen dem Leistungsberechtigten und der Bundesagentur für Arbeit zu schließende Eingliederungsvereinbarung (§ 15 SGB II).
Österreich
Im Anschluss an die Leistung Arbeitslosengeld kann die bedürftigkeitsgeprüfte staatliche Notstandshilfe gezahlt werden.
Schweiz
Die Schweizer Arbeitslosenversicherung leistet in berechtigten Fällen Arbeitslosenentschädigung in Form von Taggeldern.
Europa
Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bieten eine Absicherung bei Arbeitslosigkeit an. Dabei unterscheidet sich die konkrete Ausgestaltung jedoch erheblich. Zumeist ist die Arbeitslosenversicherung eine gesetzliche Pflichtversicherung für Arbeitnehmer, deren Beiträge anteilig von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt werden. Nur in Dänemark und Schweden besteht eine freiwillige Versicherung.
Voraussetzung für den Arbeitslosengeld-Bezug ist meistens eine Mindestdauer, in der Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurden; in Deutschland, Italien und Österreich müssen für mindestens 12 der letzten 24 Monate (in der BRD 30 statt 24 Monate ab 2020) Beiträge gezahlt worden sein. In Frankreich müssen für mindestens 6 der letzten 22 Monate Beiträge geleistet worden sein. In Spanien beträgt die Mindestdauer für Einzahlungen 12 Monate.
In vielen Ländern ist die Arbeitslosengeld-Bezugsdauer begrenzt; meist schließen sich dann staatlich finanzierte ergänzende Unterstützungssysteme an, z. B. in Schweden seit 1998 ähnlich wie in Deutschland ab 2005 eine Grundsicherung.
In praktisch allen EU-Staaten setzt der Arbeitslosengeld-Bezug die Arbeitsfähigkeit und die Meldung als Arbeitssuchender voraus. In Finnland und in Großbritannien ist der Arbeitslosengeld-Bezug an den Wohnsitz im jeweiligen Land gekoppelt, in den anderen Ländern genügt es, Bürger eines EU- oder EWR-Landes zu sein. Staatliche Leistungen erhalten bei Zuzug EU-Bürger nach den Bestimmungen des jeweiligen Landes, ein Transfer beispielsweise von deutschen „Hartz-IV“-Leistungen ins Ausland ist daher nicht möglich.
In den meisten EU-Ländern gilt für Bezieher der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld ein Berufs- und Qualifikationsschutz; nur in Luxemburg, Deutschland und den Niederlanden muss jede „angemessene“ oder „zumutbare“ Tätigkeit angenommen werden.
Zur Finanzierung des Arbeitslosengeldes siehe Arbeitslosenversicherung.
Vereinigte Staaten
2002 haben nur 42 % aller Arbeitslosen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen. Dieser Prozentsatz ist noch geringer in den unteren Lohngruppen.[3]
Literatur
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Sozial-Kompass EUROPA. Soziale Sicherheit in Europa im Vergleich. Bonn: Oktober 2006.
Weblinks
- Arbeitslosigkeit, aus: Zahlen und Fakten: Die soziale Situation in Deutschland, umfangreiches Online-Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb (2008)
Einzelnachweise
- Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl. I, S. 2954
- Peter Hartz et al.: Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Vorschläge der Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Stand: Oktober 2002, S. 123 ff.
- Roger Bybee: Cast Adrift: America’s Jobless Cope With Shredded Safety Net. In These Times, 20. März 2010.