Anton Hart
Anton Hart (* 12. Juni 1914 im Neukinsberg, Böhmen; † 15. September 2004 in Waldsassen[1]) war ein sudetendeutscher Unternehmer und Ingenieur. Er erwarb sich herausragende Verdienste um den Erhalt und die Pflege deutschen Kulturgutes in Böhmen und um die deutsch-tschechische Verständigung und Versöhnung nach dem Zusammenbruch der 40-jährigen kommunistischen Herrschaft.
Biografie
Familie
Anton Hart wurde als Sohn des Unternehmerehepaares Anton und Eva Hart (geb. Sommer) geboren und in der Wallfahrtsstätte Maria Loreto im Egerland getauft. Er wuchs mit vier Schwestern in Neukinsberg bei Eger auf. Die älteste war Marie (1906–1968), es folgte Hermine (1909–2000),[2] die später das Original-Gnadenbild Maria Loretos von 1665 retten konnte, dann Sr. M. Illuminata Hart mit dem Geburtsnamen Margareta (1912–2008), eine Ordensschwester der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz,[3] und Erna (1913–2001).[4] Anton Hart heiratete die Unternehmertochter Felizitas Steiner-Hart, eine geb. Ziegler. Aus der Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor[5].
Werdegang
Anton Hart besuchte die Egerer Oberschule und die keramische Schule in Bechyné/Tschechien, studierte an der Ingenieurschule Zwickau und übernahm, bis er zum Wehrdienst in die deutsche Wehrmacht eingezogen wurde, leitende Aufgaben in der Neukinsberger Tonwarenfabrik seines Vaters Anton Hart sen. Nach der Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung aus dem Egerland im Jahr 1946 ließ er sich in Waldsassen nieder und baute sowohl dort als auch in Schirnding zwei neue Werke der „HART Keramik“ auf.
Wiederaufbau von Maria Loreto
Anton Hart war ein Initiator des Wiederaufbaus der Wallfahrtsstätte Maria Loreto. Seine tschechischen Sprachkenntnisse erleichterten die Zusammenarbeit mit den tschechischen Medienvertretern und kirchlichen Behörden, wie dem damaligen Pilsener Bischof František Radkovský, dem damaligen Pfarradministrator von Eger und heutigen Abt Filip Zdenek Lôbkowicz O.Praem. Die zehnjährige Bauzeit schloss das Hebefest des Glockenturmes und die Einweihung der wiederhergestellten Gnadenkapelle 1994, die Wiedereröffnung des früheren Wallfahrtsweges und Grenzüberganges Mammersreuth-Altkinsberg, die Einweihung der wiederhergestellten Wallfahrts- bzw. Heilig-Geist-Kirche 1996, in den Folgejahren die Wiederherstellung verschiedener Kreuzwegstationen und Figuren sowie der Außenanlagen mit dem Friedhof ein.
Die Liebe zur alten Heimat bewog Anton Hart, 1992 in Waldsassen den „Verein zur Erhaltung und Förderung der Wallfahrtsstätte Maria Loreto in Altkinsberg; Egerland e. V.“ zur gründen. Der Förderverein stellte die Ausgangsposition für eine Zusammenarbeit mit den tschechischen Behörden, voran Otakar Mika, Oberbürgermeister von Eger/Cheb und der dortigen Kirche.
Ehrung durch die Stadt Cheb
Der frühere tschechische Staatspräsident Václav Havel zeigte sich bei seinem Besuch in Eger am 3. Mai 1996 beeindruckt von der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit in Maria Loreto.[6] Am 20. Juni 2002 ernannte die Stadt Eger den Waldsassener Unternehmer aufgrund seiner hervorragenden Verdienste um den Wiederaufbau der Wallfahrtsstätte Maria Loreto zu ihrem Ehrenbürger.[7]
Firma „Hart-Keramik“
Das grenzüberschreitende gesamtgesellschaftliche Engagement und die Kulturförderung spielen für die Unternehmerfamilie Hart nach wie vor eine wichtige Rolle. Auch Sponsoring-Aktionen zur Finanzierung des Erhalts kulturell wertvoller Kirchenbauten sind ein weiterer Aspekt.
Der heutige Verwaltungsstandort der Firma „Hart Keramik“ in der „Klosterstadt“ Waldsassen wurde 1928 als „Ziegelwerk Waldsassen AG“ gegründet. Das beginnende Wirtschaftswunder in der Nachkriegszeit sorgte für kräftiges Wachstum und Aufschwung. Das Ziegel- und Tonwerk in Schirnding wurde in das Unternehmen von Anton Hart eingegliedert und bald schon nahm in Waldsassen der erste moderne Tunnelofen seinen Betrieb auf. Das Streben nach Technologieführerschaft und der Fokus auf die Entwicklung von neuen Produkten und Vertriebsaktivitäten kennzeichnen das Unternehmen. 1977 trat der heutige Firmenchef Anton Wolfgang Hart, der älteste Sohn von Anton Hart, als Prokurist in die Firma ein und wurde einige Jahre später zum Vorstand ernannt.[8]
Das Waldsassener Werk gilt als Keimzelle für den wirtschaftlichen Aufstieg des Unternehmens nach dem Zweiten Weltkrieg. Ursprünglich wurde dort die gesamte „HART Keramik“-Produktpalette gefertigt. Durch den Hinzukauf des Ziegelwerkes Schirnding und die Errichtung der neuen Produktionsanlage für Poroton-Ziegel zu Beginn der 1990er Jahre verlagerte sich die Ziegelherstellung nach Schirnding. Das ursprüngliche Werk I in Schirnding wurde seit Mitte der 1980er Jahre auf eine rationelle Keramikrohrproduktion ausgelegt. Das Werk Waldsassen wurde neben der Herstellung von Keramikrohren auf Zubehörteile, Hafnerschamotte, Klinker, Radialklinker für Industrie-Schornsteine und keramische Spezialanfertigungen ausgerichtet. Aus Umwelt- und energiepolitischen Gründen entschied man sich im Jahr 2010 für den Bau eines neuen Werkes III mit Verlagerung der Produktion aus Waldsassen nach Schirnding. Seither sind alle Produktionsstätten dort vereint.[9]
Ehrungen
- 1997: St.-Wolfgangs-Verdienstmedaille des Bistums Regensburg
- 1998: Verdienstmedaille des Heimatkreisverbandes der Stadt Eger und Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
- 1999: Auszeichnung von der „Euregio Egrensis“ und der Frankenpost mit dem Preis für besondere Verdienste um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
- 2002: Ehrenbürger von Eger
- 2003: Ernennung zum Ritter des Ordens des Hl. Silvester durch Bischof František Radkovský im Auftrag von Papst Johannes Paul II.
Einzelnachweise
- Elfriede Bidmon: Eine kleine Wallfahrt durch 350 Jahre Maria Loreto, Gnadenstätte im Egerland – Altkinsberg/Hrozňatov. Hrsg.: Elfriede Bidmon. 7. Auflage. Helmut Preußler Verlag Nürnberg, Waldsassen 2013, ISBN 978-3-934679-53-5, S. 99.
- Elfriede Bidmon: Eine kleine Wallfahrt durch 35 Jahre Maria Loreto. Hrsg.: Elfriede Bidmon. 7. Auflage. Helmut Preußler Verlag, Nürnberg 2013, ISBN 978-3-934679-53-5, S. 67–69.
- Elfriede Bidmon: Eine kleine Wallfahrt durch 350 Jahre Maria Loreto. Hrsg.: Elfriede Bidmon. 7. Auflage. Helmut Preußler Verlag, Nürnberg 2013, ISBN 978-3-934679-53-5, S. 85.
- MAINPOST REGIONAL (10. Juni 2008): Große Trauer um Schwester Illuminata.
- Konrad Rosner: Krönender Abschluss des Gedenkens an Anton Hart. In: Onetz Oberpfalz. 28. Oktober 2019, abgerufen am 3. Mai 2020.
- Elfriede Bidmon: Aus Maria Loreto anlässlich der Einweihung der Heilig-Geist-Kirche am 6. Oktober 1996. Hrsg.: Elfriede Bidmon. 7. Auflage. Helmut Preußler Verlag, Nürnberg 2013, ISBN 978-3-934679-53-5, S. 104.
- Elfriede Bidmon: Das Wunder von Maria Loreto. Ing. Anton Hart aus Waldsassen erster sudetendeutscher Ehrenbürger der Stadt Eger. Hrsg.: Verein zur Erhaltung und Förderung der Wallfahrtskirche Maria Loreto in Altkinsberg, Egerland e.V. 6. Auflage. Wittmann Druck & Werbung, Waldsassen 2002, ISBN 3-00-004492-2, S. 88.
- HISTORIE - 300 Jahre HART Keramik. In: hart-keramik.de. Abgerufen am 3. April 2019.
- Standorte Waldsassen & Schirnding. Abgerufen am 3. April 2019.