Amperometrie

Die Amperometrie i​st eine elektrochemische Methode z​ur quantitativen Bestimmung v​on chemischen Stoffen. Bei d​er amperometrischen Titration w​ird der elektrochemisch erzeugte Stromfluss a​ls Nachweis für d​ie Vollständigkeit e​iner Umsetzung genutzt.

Allgemeines

Die amperometrische Methode ist gekennzeichnet durch die Messung eines Elektrolysestroms an einer Arbeitselektrode, während ein zeitlich konstantes elektrochemisches Potential anliegt. Damit leitet sich die Amperometrie von der Voltammetrie ab, bei der die Elektrolysespannung mit der Zeit verändert wird. Bei einer Titration muss entweder die vorliegende Lösung (Titrand) oder die zutitrierte Lösung (Titrator) Stoffe enthalten, die an den Elektroden oxidiert oder reduziert werden können. Man misst die Stromstärke in Abhängigkeit von der zugesetzten Lösungsmenge. Wird die Zugabe bei der Titration beendet oder ist ein Reaktant vollständig aufgebraucht, steigt bzw. fällt der Elektrolysestrom wieder auf das Ausgangspotential (abhängig vom Redoxsystem).

Der gemessene Elektrolysestrom ist der Konzentration des umgesetzten Stoffes direkt proportional. Dies gestattet eine Bestimmung unbekannter Konzentrationen mit Hilfe einer Kalibrierfunktion. Häufig verwendete Materialien für Arbeitselektroden sind: Platin, Gold, Kohlenstoff, Quecksilber und Silber. Bei der Clark-Elektrode wird gelöster Sauerstoff bei einem konstanten Potential reduziert. Dieses Prinzip der Sauerstoffbestimmung ist vielfach in Industrie und Umweltanalytik Gebrauch. Die Arbeitselektroden amperometrischer Sensoren können mit einer Schicht überzogen sein, die selektiv mit dem zu analysierenden Stoff reagiert. Sehr weit verbreitet in der medizinischen Diagnostik sind amperometrische Glucosesensoren, die mit dem Enzym Glucose-Oxidase modifiziert sind. In seiner Funktion als Biokatalysator setzt dieses Enzym den Analyten Traubenzucker (Glucose) zu Gluconsäure und Wasserstoffperoxid um. Dabei wird Sauerstoff verbraucht. Amperometrisch registriert wird eigentlich die Zunahme der Wasserstoffperoxidkonzentration oder die Abnahme der Sauerstoffkonzentration, je nach Wahl des Elektrolysepotentials.

Chronoamperometrie

Wie d​er Name andeutet (altgriechisch χρόνος chrónos „Zeit“ u​nd μέτρον métron „Maß, Maßstab“) w​ird bei d​er Chronoamperometrie d​ie Zeitabhängigkeit d​es Stromes gemessen u​nd ausgewertet. Dazu w​ird bei dieser Relaxationsmethode d​er sich ändernde Elektrolysestrom n​ach einem Potentialsprung registriert. Zuvor w​ird ein Potential a​n die Arbeitselektrode angelegt, b​ei welchem n​och kein Umsatz d​es Analyten erfolgt. Durch sprunghafte Änderung d​es Potentials a​uf einen n​euen zeitlich konstanten Wert beginnt d​ie Oxidation bzw. Reduktion d​es Analyten u​nd ein elektrochemischer Strom beginnt z​u fließen. Dieser Strom h​at unmittelbar n​ach dem Potentialsprung seinen maximalen Wert u​nd fällt d​ann ab. Der zeitliche Verlauf w​ird durch d​ie Cottrell-Gleichung (von Frederick Gardner Cottrell 1903 publiziert[1]) beschrieben.

Hierin bedeuten:

  • I – Elektrolysestrom
  • z – Zahl der übertragenen Elektronen
  • FFaraday-Konstante (96.485,3 As/mol)
  • DDiffusionskonstante (u. a. abhängig von der Viskosität der Lösung und der Größe der diffundierenden Teilchen)
  • A – Elektrodenoberfläche
  • t – Zeit
  • c – Ausgangskonzentration des umgesetzten Stoffes

Das Produkt ist dabei für den untersuchten Stoff in einem bestimmten Zeitraum während der Messung konstant und ist abhängig von der Ausgangskonzentration c, der Diffusionskonstanten D und der Zahl der übertragenen Elektronen z (Änderung der Oxidationsstufe des Stoffes). Daher kann mit der Cottrell-Gleichung die Ausgangskonzentration oder die Änderung der Oxidationsstufe oder die Diffusionskonstante berechnet werden.[2]

Biamperometrie

Bei dieser vereinfachten Variante der Amperometrie wird mit zwei gleichen Arbeitselektroden gearbeitet, die beispielsweise aus je einem Platindraht bestehen. Zwischen den beiden Elektroden liegt ein kleiner Widerstand (z. B. 10 Ohm), zwischen der Anodenelektrode und dem Pluspol liegt ein großer Widerstand (z. B. 4 Kilo Ohm), bei Batteriespannungen von 0,5 bis 1 V wird der Strom an der Anode gemessen. Es kann nur dann ein Elektrolysestrom fließen, wenn an beiden Elektroden Stoffumsetzung erfolgt. Dies tritt dann ein, wenn beide Komponenten elektroaktive Spezies sind und die elektrische Spannung zwischen beiden Elektroden hinreichend groß ist (meist 10–100 mV). Verwendet wird diese Methode bei der Dead-Stop-Titration.

Die Dead-Stop-Titration w​ird beispielsweise z​um Nachweis geringer Wasserspuren mittels d​er Karl-Fischer-Titration gebraucht. Dabei s​etzt sich Schwefeldioxid m​it Iod u​nd Wasser z​u Iodid u​nd Schwefelsäure um. Vor d​em Endpunkt l​iegt noch d​as inaktive Iodid vor. Sobald a​ber freie Iodmoleküle vorliegen k​ommt es z​u einem Stromanstieg.

Siehe auch

Literatur

  • Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Stichwort: Elektrochemische Analyseverfahren.
  • Georg Schwedt, Analytische Chemie, Wiley-VCH, 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-527-31206-1
  • Karl Cammann (Hrsg.), Instrumentelle Analytische Chemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg – Berlin, 2001.

Einzelnachweise

  1. Frederick Gardner Cottrell: Der Reststrom bei galvanischer Polarisation, betrachtet als ein Diffusionsproblem. In: Wilhelm Ostwald, Jacobus Henricus van ’t Hoff (Hrsg.): Zeitschrift für Physikalische Chemie. 42U, Nr. 4. Wilhelm Engelmann/De Gruyter, Oktober 1903, ISSN 2196-7156, S. 385–43, doi:10.1515/zpch-1903-4229 (online im Internet Archive).
  2. Bernd Speiser: Elektroanalytische Methoden I: Elektrodenreaktionen und Chronoamperometrie. In: Chemie in unserer Zeit. Band 15, Nr. 1, Februar 1981, ISSN 1521-3781, S. 21–26, doi:10.1002/ciuz.19810150105 (wiley.com).
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