Alles Roger?
Alles Roger? war ein über Excalibur Media von dem österreichischen Unternehmer Ronnie Seunig herausgegebenes Monatsmagazin,[1] dessen Artikel zum Teil auch online abrufbar sind. Es erschien erstmals im Mai 2015. Kritiker bezeichneten es als verschwörungstheoretisch, anti-emanzipatorisch, tendenziell antisemitisch und dem Rechtsextremismus nahestehend.[2][3][4]
Die Erstauflage betrug 200.000 Exemplare, die gratis verteilt wurden. Als Verbreitungsgebiet wurde ganz Österreich angestrebt.[1] Später wurde ein kleiner Teil der Auflage im Abonnement vertrieben. 2017 startete der Vertrieb des 76-seitigen Magazins über den Zeitschriftenhandel.[5]
Zu den Mitarbeitern des Magazins gehörte auch der BZÖ-Politiker Peter Westenthaler (Ex-FPÖ).[6] 2018 war er im Impressum des Magazins als Verlagsleiter benannt.
Im Oktober 2019 wurde die Einstellung des Magazins bekanntgegeben.
Rezeption und Kontroversen
In der Erstausgabe des Magazins ließ sich Herausgeber Ronnie Seunig selbst interviewen. Er äußerte, die USA seien „hauptverantwortlich“ für die Flüchtlingswelle, denn sie würden den Plan verfolgen, „die Europäer so zu vermischen, dass der IQ deutlich sinkt und die Identität verlorengeht“.[7] Die USA hätten zu diesem Zweck den IS gegründet und würden vermutlich auch Schlepper organisieren, um Flüchtlinge nach Europa zu bringen.[8]
Im Artikel „Die größten Lügen der USA“ behauptete das Magazin, die USA hätten den Angriff auf Pearl Harbor in Kauf genommen und die Türme des World Trade Center sprengen lassen, um einen Vorwand zum Krieg zu haben. In einem weiteren Artikel wurde „den Rothschilds“ und der „geheimen Weltelite“ vorgeworfen, okkulte Orgien und Rituale abzuhalten. Man müsse „die richtigen Fragen […] stellen, um den Rothschilds die Maske vom Gesicht zu reißen“.[8][9]
Das Mauthausen Komitee Österreich bezeichnete das Magazin als „tendenziell antisemitisch“.[2]
Das Wochenmagazin Falter berichtete, das Magazin gehöre zu einem „Mediennetzwerk im Dunstkreis der FPÖ“ und befeuere Verschwörungstheorien. Der Herausgeber Seunig habe 2003 in einem Interview Adolf Hitler verteidigt und angegeben, er habe in seinem Haus ein Hitler-Porträt an die Decke gemalt, weil dieser „so viel verändert“ habe. Ferner habe das Magazin sich wiederholt an dem umstrittenen rechtsextremen „Kongress Verteidiger Europas“ beteiligt,[10][4][11][12] einem großen „Meet and Greet der rechtsextremen Szene“.[4]
„Alles Roger?“ veröffentlichte wiederholt Interviews mit Prominenten, deren Authentizität zweifelhaft ist. So wurde ein Interview mit Kevin Spacey veröffentlicht, in dem dieser geäußert haben soll, westliche und auch europäische Politiker würden seit Jahren auf einen „größeren Krieg“ hinarbeiten. Spaceys Sprecherin bestritt jedoch, dass dieses Interview jemals stattgefunden hat. Sie bezeichnete es ausdrücklich als „gefälschtes Interview“. Auch die Echtheit eines Interviews, das der Musiker Sting dem Magazin gegeben haben soll, wurde von dessen Plattenfirma Universal Records bestritten. Die Filmproduktionsfirma Netflix, deren Gründer Reed Hastings sich in „Alles Roger?“ angeblich zu seinem privaten Pornografiekonsum geäußert haben soll, lehnte eine Stellungnahme ab.[13]
Das Magazin Vice bezeichnete „Alles Roger?“ als ein „rechtes Magazin […], das unter anderem Verschwörungstheorien über 9/11 verbreitet und an die geheime Weltherrschaft der Rothschilds glaubt“.[4]
Die Wiener Zeitung schrieb, das Magazin mische unter seine „Society-Berichte“ und Interviews „beiläufig wohlwollende Beiträge über die rechtsextreme Identitäre Bewegung oder über eine befürchtete Invasion aus Afrika“. Abgerundet werde der „Mix“ mit „Analysen über […] die von PR-Strategen und der Politik manipulierten Massenmedien“.[11]
Im Jahr 2018 geriet das Magazin durch Regierungsinserate in den Fokus der Öffentlichkeit. Die FPÖ-geführten Ministerien für Sport und Inneres ließen Inserate im Magazin abdrucken und sorgten damit für Diskussionen, ob derartige Inserate den umstrittenen Inhalt legitimieren würden. Die Grünen warfen den FPÖ-Ministern Strache und Kickl Förderung antisemitischer Medien vor und reichten daraufhin eine parlamentarische Anfrage zum Thema ein.[14]
2019 kam es zu einer juristischen Auseinandersetzung mit dem SPÖ-Politiker Thomas Drozda. Dieser hatte das Magazin als „Neonazi-Postille“ bezeichnet. In einem Teilvergleich verzichtete Drozda im Februar 2019 auf diese Äußerung.[15] Die Klage des Magazins gegen Drozda, er solle es unterlassen, das Blatt als „rechtsextrem“ zu bezeichnen, wurde allerdings im August 2019 vom Handelsgericht Wien mit Urteil abgewiesen.[16] Verantwortliche des Magazins kritisierten das Urteil und kündigten Berufung an.[17]
Am 9. Februar 2019 distanzierte sich das Magazin in einer Kolumne seines Verlagsleiters Peter Westenthaler, in der „ein für allemal“ klargestellt wird, dass Antisemitismus jeglicher Form strikt abgelehnt wird und es dafür in „Alles Roger?“ keinen Platz gibt, eindeutig von jeglicher Form des Antisemitismus.[18]
Am 12. Juni 2019 wurde eine Kolumne von Felix Baumgartner publiziert, in der unter anderem Jan Böhmermanns Vater Pädophilie vorgeworfen wird, weil seine Mutter bei seiner Geburt 18 Jahre alt war.[19] Es war eine Reaktion auf Böhmermanns Interview in einem ORF-Magazin, wo er unter anderem sagte, dass in Österreich acht Millionen „Debile“ lebten.[20]
Am 30. Oktober 2019 gab Herausgeber Ronnie Seunig bekannt, dass das Magazin eingestellt wurde.[21]
Einzelnachweise
- Ronny Seunig steigt in Medienbranche ein. In: meinbezirk.at. Regionalmedien Austria, 12. Mai 2015, abgerufen am 25. März 2018.
- Mauthausen-Komitee: Magazin „Alles Roger?“ tendenziell antisemitisch. In: derStandard.at. 4. November 2015, abgerufen am 25. März 2018.
- Nina Horaczek: Wie gedruckt. In: Falter. 3. Mai 2017, abgerufen am 28. März 2018.
- Paul Donnerbauer: Die Teilnehmer des „Kongress der Verteidiger Europas“ nach Rechtsextremismus-Faktor sortiert. In: Vice. 6. Oktober 2016, abgerufen am 28. März 2018.
- Magazin „alles roger?“ startet voll durch! Austria Presse Agentur, 28. Juni 2017, abgerufen am 28. März 2018.
- Neo-Journalist Westenthaler führte mit Hofer Interview. In: Die Presse. 6. Oktober 2016, abgerufen am 28. März 2018.
- Karl Oberascher: Die Konkurrenz aus dem digitalen Untergrund. In: Kurier. 12. August 2016, abgerufen am 28. März 2018.
- „Alles roger?“ mit Antisemitismus - Neues von ganz rechts - November 2015. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, November 2015, abgerufen am 28. März 2018.
- Sebastian Fellner: Niederösterreichs ÖVP inseriert in rechtem Magazin „Alles Roger“. In: derStandard.at. 25. Januar 2018, abgerufen am 28. März 2018.
- Benedikt Narodoslawsky: Alles Roger im Dunstkreis der Rechtsextremen? In: Falter. 12. Oktober 2016, abgerufen am 28. März 2018.
- Werner Reisinger: Rechte Medien: „Was Sie über die Medien nicht erfahren können“. In: Wiener Zeitung. 26. November 2016, abgerufen am 28. März 2018.
- Paul Donnerbauer: Das große VICE-Lexikon zu den rechten Ausstellern am „Kongress der Verteidiger Europas“. In: Vice. 2. März 2018, abgerufen am 28. März 2018.
- Markus Sulzbacher, Fabian Schmid: Rechtes Magazin "Alles Roger?": Zweifel an Echtheit von Interviews. In: derStandard.at. 24. November 2016, abgerufen am 28. März 2018.
- „Alles Roger“: Grüne stellten Anfragen an Strache, Kickl zu Inseraten. In: derStandard.at. 4. Mai 2018, abgerufen am 4. Mai 2018.
- Teilvergleich: Drozda nennt "Alles Roger?" nicht "Neonazi-Postille". In: Der Standard. 8. Februar 2019, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Handelsgericht Wien, Aktenzeichen 19 Cg 18/19x - 23
- Urteil: Drozda darf Magazin "Alles roger?" rechtsradikal nennen. In: Der Standard. 21. August 2019, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Peter Westenthaler: Ein für allemal: Kein Platz für Antisemitismus! In: allesroger.at. 9. Februar 2019, abgerufen am 2. April 2019.
- Felix Baumgartner: Ein deutscher Satiriker namens Jan Böhmermann beleidigt ganz Österreich. Darf er das? In: allesroger.at. 12. Juni 2019, abgerufen am 21. Juni 2019.
- Böhmermann von Wiener Anwalt angezeigt. In: tagesspiegel.de. 19. Mai 2019.
- Ronnie Seunig: Magazin „Alles roger?“ ist eingestellt. In: derstandard.at. 31. Oktober 2019, abgerufen am 31. Oktober 2019.