Alfred von Gescher (Politiker, 1844)
Clemens Karl Alfred Maria Gescher, ab 1900 von Gescher (* 20. Juli 1844 in Koblenz-Ehrenbreitstein; † 29. Oktober 1932 in Münster) war ein deutscher Verwaltungsjurist und Politiker. Er saß im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag (Deutsches Kaiserreich).
Leben
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Koblenz studierte Alfred Gescher ab 1864 Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er wurde Mitglied des Corps Isaria.[1] Als Inaktiver wechselte er an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. 1867 wurde er Referendar und 1872 Assessor. Im folgenden Jahr wurde Gescher Richter in Kreuznach, 1875 bis 1880 war er Staatsanwalt in Köln.
Von 1881 bis 1889 war er beurlaubt, um die Leitung der Rechtsabteilung im Auswärtigen Amt des Osmanischen Reiches zu übernehmen, ab 1883 gehörte er zusätzlich der internationalen Finanzkommission in Konstantinopel an.[2]
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er 1889 zunächst kommissarisch, ab 1890 offiziell Landrat im Kreis Rees. Als katholischer Konservativer konnte er bei der Reichstagswahl 1893 den Wahlkreis Düsseldorf 7 (Moers – Rees) gegen einen Zentrumskandidaten gewinnen; jedoch schloss er sich im Reichstag nicht der Fraktion der Konservativen an.[3] Am 2. Dezember 1894 legte Gescher wegen seiner Ernennung zum Oberregierungsrat und zum Vizepräsidenten der Bezirksregierung in Düsseldorf sein Reichstagsmandat nieder.[4] Bis 1896 blieb er in diesem Amt, war kurzfristig Vortragender Rat im Innenministerium und wurde 1897 zum Regierungspräsidenten von Münster ernannt. Im Alter von 65 Jahren ging er 1909 in Pension.[5]
Während seiner Zeit als Präsident des Regierungsbezirkes Münster leitete er 1898 den Prozess der Eingemeindung umliegender Dörfer in die Stadt Münster ein. Als der Eingemeindungsprozess 1903 beendet war, war die Fläche der Stadt Münster von 10,8 Quadratkilometern auf 65,9 Quadratkilometer angewachsen.[6]
Von 1908 bis 1918 gehörte er dem Preußischen Abgeordnetenhaus als Vertreter des Wahlkreises Münster 1 (Kreis Tecklenburg) an. Innerhalb der Fraktion der Deutschkonservativen Partei blieb er jedoch als Katholik stets Außenseiter.[7]
Durch die Heirat 1884 mit Johanna Lucia Franziska Pfeifer (1857–1934), der Tochter des Kölner Kommerzienrates und Zuckerfabrikanten (Pfeifer & Langen) Emil Pfeifer vermögend geworden, verbrachte er die Jahre nach seiner Pensionierung in Münster, wo er als Mäzen zahlreicher sozialer, geselliger und gemeinnütziger Vereine das gesellschaftliche Leben der Stadt mit prägte. Aus der Ehe mit Johanna gingen vier Kinder hervor: Martha Lucie Theodore Kérimé (1887–1923), Karl Theodor Emil (* 1891), Eugen Norbert Alfred Maria (* 1892), Alfred Josef Emil Maria (1893–1979). Die Geschers wohnten in Münster im Haus Mauritzheide.
Das Grab der Familie ist in Münster auf dem St.-Mauritz-Friedhof. Umbettung 1984 auf den Friedhof Haus Lotten in Haselünne/Emsland. Das Gut Lotten wurde 1902 von dem Regierungspräsidenten von Münster, Alfred von Gescher, erworben. 1905 wurde das Herrenhaus niedergelegt und durch ein neues Gebäude ersetzt. Das Gut Lotten ist noch heute im Besitz der Familie von Gescher.
Ehrungen
- Nobilitierung durch Wilhelm II. als König von Preußen (1. Januar 1900)[8]
Literatur
- Bernd Haunfelder: Die münsterischen Regierungspräsidenten des 20. Jahrhunderts. Hrsg. von der Bezirksregierung Münster. Selbstverlag, Münster 2006, S. 11–13
- Wolfgang Gernert: Regierungspräsident von Gescher genoss hohe Wertschätzung. In: Heimatpflege in Westfalen, Münster, 23. Jahrgang, Heft 4/2010, S. 10–13 (als Digitalisat, PDF)
- Heinrich Philip Bartels: Chronik der Familie Pfeifer, um 1975 (nur im Familienkreis veröffentlicht)
Weblinks
- Literatur von und über Alfred von Gescher im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Alfred von Gescher in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Biografie von Alfred von Gescher. In: Heinrich Best: Datenbank der Abgeordneten der Reichstage des Kaiserreichs 1867/71 bis 1918 (Biorab – Kaiserreich)
Einzelnachweise
- Kösener Corpslisten 1960, 109, 516.
- Bernd Haunfelder: Die münsterischen Regierungspräsidenten des 20. Jahrhunderts. Hrsg. von der Bezirksregierung Münster. Selbstverlag, Münster 2006, S. 11
- Fritz Specht, Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 168; vgl. auch: Reichstags-Bureau (Hrsg.): Amtliches Reichstags-Handbuch. Neunte Legislaturperiode 1893/98. Berlin: Verlag Crowitzsch und Sohn, 1893, S. 168f
- Reichstags-Bureau (Hrsg.): Nachtrag zum amtlichen Reichstags-Handbuch für die neunte Legislatur-Periode 1893/98 nebst Mittheilungen über das neue Reichstagsgebäude. Berlin: Reichstagsdruckerei, 1896, S. 14
- Bernd Haunfelder: Die münsterischen Regierungspräsidenten des 20. Jahrhunderts. Hrsg. von der Bezirksregierung Münster. Selbstverlag, Münster 2006, S. 12
- Bernd Haunfelder: Die münsterischen Regierungspräsidenten des 20. Jahrhunderts. Hrsg. von der Bezirksregierung Münster. Selbstverlag, Münster 2006, S. 13
- Mann, Bernhard (Bearb.): Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus. 1867–1918. Mitarbeit von Martin Doerry, Cornelia Rauh und Thomas Kühne. Düsseldorf : Droste Verlag, 1988, S. 144 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien : Bd. 3); zu den Wahlergebnissen siehe Thomas Kühne: Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 6). Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5182-3, S. 585–588.
- A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 115.