Akkusativ
Der Akkusativ ist ein grammatikalischer Fall (lateinisch Casus), in der traditionellen deutschen Grammatik wird er als 4. Fall eingeordnet. Als Test zum Nachweis eines Akkusativ-Objekts dient im Deutschen die Frage Wen oder was? (Beispiel: Ich gebe dem Mann seinen Hut zurück. → Frage: Wen oder was gebe ich dem Mann zurück? → Antwort: den/seinen Hut). Aus diesem Grund wird er in der Schulgrammatik auch als Wen-Fall bezeichnet.
Der Akkusativ dient auf der Satzebene vor allem zur Markierung eines direkten Objekts, daneben tritt er im Deutschen an Ergänzungen von Präpositionen und (seltener) Adjektiven auf, oder an adverbialen Bestimmungen.
Die Bezeichnung „Akkusativ“ leitet sich vom lateinischen casus accusativus („die Anklage betreffender Fall“) ab, was wiederum von accusare, „anklagen“, abstammt. Es handelt sich um eine Übersetzung von altgriechisch αἰτιατική, aitiatikḗ, von αἰτία, aitía, „Ursache, Grund“, aber auch „Anklage“. Die meisten Gelehrten halten letztere Übersetzung für falsch.[1] In der Antike war die Übersetzung casus causativus („der Ursachenkasus“) bekannt;[2] allerdings war die Herkunft und eigentliche Bedeutung der griechischen Benennung den antiken Grammatikern selbst unklar.
Akkusativ im Deutschen
Der Akkusativ wird im Deutschen öfter im Artikel als im Substantiv angezeigt, außerdem hat das Fragepronomen eine eigene Akkusativform für belebte Objekte. Daher kann das Erfragen eines Satzteils als Test auf das Vorliegen eines Akkusativobjekts benutzt werden (zumindest an Stellen, wo ein belebtes Objekt denkbar wäre):
- Satz: „Maurizio soll man fragen, weil er es weiß!“
- Frage: „Wen (oder was) soll man fragen?“ — „(Den) Maurizio.“
- Satz: „Wenn man etwas nicht weiß, kann man Wiktionary fragen.“
- Frage: „Wen (oder was) kann man fragen, wenn man etwas nicht weiß?“
- Antwort: „Das Wiktionary!“
Artikel
Beim definiten und indefiniten Artikel ist der Akkusativ nur im Maskulin Singular vom Nominativ äußerlich unterscheidbar. Beispiele:
Genus/Numerus | Nominativ | Akkusativ |
---|---|---|
Neutrum Singular | „Ein Haus ist ein Gebäude.“ | „Er sieht ein Haus.“ |
Femininum Singular | „Die Lehrerin kauft Blumen.“ | „Die Schüler begrüßen die Lehrerin.“ |
Maskulinum Plural | „Die Äpfel stehen auf dem Tisch.“ | „Er hat die Äpfel gekauft.“ |
Maskulin Singular | „Ein Lastwagen ist ein Fahrzeug.“ | „Er sieht einen Lastwagen.“ |
Substantive
Nur einige belebte maskuline Substantive haben im Akkusativ Singular eine eigene Form:
Nominativ | Akkusativ |
---|---|
„Ein Rabe ist ein Vogel.“ | „Er sieht einen Raben.“ |
„Mein Freund war ein Fürst.“ | „Alle mochten diesen Fürsten.“ |
Weitere Beispiele: Bär, Affe
Regierter Akkusativ
Der Akkusativ kann durch die Rektion von Verben, Präpositionen und Adjektiven verlangt werden.
- Präpositionen:
- durch: Alles, was ich bin, bin ich durch mich selbst geworden.
- für: Etwas von dem Herrn Professor Fichte und für Ihn.
- gegen: Er rannte gegen den Baum.
- ohne: Ich kann nicht ohne meinen Teddy schlafen.
- um: Der Weg um den See ist sehr idyllisch.
Bei einigen Präpositionen des Ortes können sowohl Akkusativ als auch Dativ stehen. Der Akkusativ bezeichnet dann die Richtung auf ein Ziel, der Dativ gibt einen unveränderten Ort an. Beispiel: Wohin geht er? Er geht in die Stadt (Akkusativ). Wo wohnt er? Er wohnt in der Stadt (Dativ). Die Präpositionen, bei denen entweder Dativ oder Akkusativ stehen kann, sind in, an, auf, vor, hinter, über, unter, neben, zwischen.
- Verben:
- sehen: Er sieht den Mann.
- lesen: Susanne liest ein spannendes Buch.
- nennen: Sie nennt ihn einen Dummkopf (vgl. hier ist einen Dummkopf kein Objekt, sondern ein Gleichsetzungsakkusativ; siehe nächster Abschnitt).
- Adjektive:
- wert: Das Ergebnis ist diesen Aufwand wert.
- gewohnt: Er ist den Lärm gewohnt.
Der Gleichsetzungsakkusativ
Der Gleichsetzungsakkusativ erscheint an prädikativen Satzteilen und wird von bestimmten Verben verlangt wie nennen, bezeichnen (als), schelten, taufen. Er schreibt dem Akkusativobjekt eine zusätzliche Eigenschaft oder einen Namen zu, und stimmt deswegen mit diesem Objekt im Kasus überein. Beispiele:
- Susanne nannte ihren Kollegen einen Lügner.
- Da Robinson seinen Gefährten an einem Freitag getroffen hatte, nannte er ihn Freitag.
- Er bezeichnete das als einen Glücksfall.
- Er hieß ihn einen Lügner.
Der adverbiale Akkusativ
Der adverbiale Akkusativ (auch Adverbialakkusativ) bezeichnet eine Zeitdauer (Beispiele 1 und 2) oder Strecke (Beispiele 3 und 4) und kann nicht durch ein Pronomen ersetzt werden. Er wird nicht vom Verb verlangt und kann also auch bei Verben stehen, die keine Ergänzung im Akkusativ haben (2). Bei der Umwandlung eines Aktivsatzes (3) in einen Passivsatz (4) bleibt er erhalten.
Beispiele:
- Sie besucht ihn jeden Monat. (1)
- Sie hat den ganzen Tag geschlafen. (2)
- Er hat den Hund den ganzen Weg getragen. (3)
- Der Hund wurde den ganzen Weg getragen. (4)
Der absolute Akkusativ
Als absoluter Akkusativ werden Satzglieder im Akkusativ bezeichnet, die nicht durch das Prädikat (Verb oder Adjektiv mit sein) verlangt werden, wie der adverbiale Akkusativ. Häufig wird der Begriff aber eingeschränkt verwendet und bezeichnet nur solche Satzglieder, die nicht unter die Definition des adverbialen Akkusativs fallen und meistens als elliptische Konstruktionen gedeutet werden.
Beispiel:
- Er stand hinter der Tür, den Dolch in der Hand, und bewegte sich nicht (etwa anstelle einer nicht elliptischen Konstruktion wie: den Dolch in der Hand haltend).
Akkusativ in anderen Sprachen
Englisch und Niederländisch
Im Englischen und Niederländischen können Reste des Akkusativs bei den Pronomina gefunden werden, wie him und hem (zu he und hij) und whom (zu who). Allerdings sind die Bezeichnungen „Dativ“ und „Akkusativ“ für diese zwei westgermanischen Sprachen aus heutiger Sicht nicht mehr geeignet, da im Englischen die Formen des Akkusativs völlig mit jenen des Dativs zusammengefallen sind und im Niederländischen der Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ nur noch die Verwendung von „hen“ oder „hun“ in formellem Stil betrifft. Im Altenglischen wurde noch der Dativ him vom Akkusativ hine unterschieden. Für das moderne Englisch spricht man besser von einem einzigen, allgemeinen Objektskasus, Objektiv.
Lateinisch
Im Lateinischen steht der Akkusativ unter anderem bei einigen Präpositionen, z. B. bei apud, ad, contra. Er fungiert aber auch als Richtungskasus (Lativ). So heißt zum Beispiel „Romam ire“ so viel wie „nach Rom gehen“.
Polnisch
Polnisch ist eine westslawische Sprache, die keine Artikel hat. Die Endungen des Substantivs im Akkusativ und Nominativ unterscheiden sich hier immer im Femininum Singular, aber im Maskulinum Singular nur bei belebten Substantiven (Menschen oder Tieren). Außerdem wird auch hier die Verwendung des Akkusativs nach bestimmten Verben und Präpositionen durch die Rektion bedingt.
Türkisch
Im Türkischen wird unterschieden, ob ein unbestimmter oder bestimmter Akkusativ vorliegt. Der unbestimmte Akkusativ hat wie der Nominativ keine eigene Endung, während der bestimmte Akkusativ nach der Vokalharmonie ein -i/-ı/-u/-ü als Endung (Suffix) erhält. Nach einem Vokal wird vor der Endung der Bindekonsonant -y- eingeschoben.
- Beispiele
- Hasan bir elma yiyor. – „Hasan isst einen Apfel.“ (unbestimmt)
- Hasan Cem’i görüyor. – „Hasan sieht Cem.“ (bestimmt)
Literatur
- Frans Plank: Direkte indirekte Objekte, oder: Was uns lehren lehrt. Leuvense, Bijdragen 76 (1987), 37–61, Universität Konstanz (PDF; 1,13 MB).
- Paavo Numminen: Das lateinische in mit Akkusativ bis zu Augustus' Tod. Druckerei A.G. der Finnischen Literaturgesellschaft, Helsinki 1938, DNB 361272839, Dissertation Universität Helsinki, Philosophische Fakultät 1938, 255 Seiten.
Weblinks
Einzelnachweise
- Anton Scherer: Handbuch der lateinischen Syntax (= Indogermanische Bibliothek, Reihe 1: Lehr- und Handbücher), Winter, Heidelberg 1975, ISBN 3-533-02373-7, S. 44.
- Siehe Priscian, Inst. V 72 S. 185, 25.