Akademischer Segler-Verein in Berlin
Der Akademische Segler-Verein e. V. (ASV) in Berlin ist einer der ältesten Segelvereine Deutschlands mit etwa 300 Mitgliedern (Stand 2019). Er gehört zu den Begründern des Hochseesegelns in Deutschland und ist dieser Tradition bis heute verpflichtet. Die aktuelle Hochseeyacht Walross IV repräsentierte Berlin[1][2] bei den olympischen Spielen 2008 in Peking und 2016 in Rio de Janeiro. Der Verein ist Mitglied im Verband Akademischer Seglervereine.
Geschichte
Zehn Studenten der Königlich Technischen Hochschule zu Charlottenburg gründen am 7. Januar 1886 den Akademischen Segler-Verein. Die Gründung wird vier Tage später vom Rektor der Hochschule bestätigt. Der Verein konzentriert sich von Anfang an auf drei wesentliche Prinzipien:
- das Segeln auf vereinseigenen Schiffen,
- die Ausrichtung auf das Hochseesegeln und
- das Lebensbundprinzip, also die lebenslange Mitgliedschaft der Mitglieder.
Durch das Lebensbundprinzip kam zum Ausdruck, dass sich der ASV als eine studentische Verbindung begriff. Dass jedoch Sport (und insbesondere Segelsport) das verbindende Element sein sollte, war zur damaligen Zeit mehr als ungewöhnlich in der Berliner und auch in der deutschen Korporations-Landschaft.
Der junge und noch recht kleine Verein vollbrachte schon sehr früh beachtliche seglerische Leistungen. 1888 erreichte das erste hochseetaugliche Schiff des Vereins, die Matador, als erste deutsche Segelyacht Stockholm. Im gleichen Jahr begründete der ASV zusammen mit neun anderen Vereinen den Deutschen Segler-Verband (DSV).
1896 kaufte der Verein, nach einigen wechselnden Unterkünften am Stößensee, das Grundstück an der Scharfen Lanke, bis heute Sitz des Vereins. Ein Jahr darauf wurde die Anschaffung von Prosit II als Nachfolge der ersten eigenen seegängigen Yacht beschlossen. Der Neubau erfolgte nach dem Entwurf und auf der Werft des ASVers Max Oertz, der später die kaiserlichen Meteor-Yachten baute[3]. 1898 wurde das Schiff in Dienst gestellt.
Im gleichen Jahr kaufte der Verein auch noch zwei Häuser im Zentrum, und zwar in der Englischen Straße. Eins davon diente dem Verein, auch durch die Nähe zur Hochschule als Stadthaus, in dem sich die Studenten zum Mittagstisch und auch sonst zu geselligen Zusammenkünften trafen.
1914 wurde die Neptun Werft in Rostock mit dem Bau von Prosit III beauftragt; durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde der Neubau aber zunächst zurückgestellt. 1919 wurde Prosit III schließlich fertig gebaut und über die Oder nach Berlin überführt. Das Boot unternahm in den 1920er Jahren zahlreiche Seereisen auf Ostsee, Nordsee, Skagerrak und Kattegat.
Ab 1933 wurde der ASV vom Nationalsozialismus erfasst. Alle studentischen Verbindungen waren gezwungen, sich in die NS-Volksgemeinschaft einzupassen. Durch die gleichzeitige Mitgliedschaft im ASV e.V. und der von den Nationalsozialisten aufgezwungenen Kameradschaft „Ernst Lehmann“ des NS-Studentenbundes (benannt nach dem ASVer, der 1938 als Kapitän des Zeppelins „Hindenburg“ beim Absturz in Lakehurst/USA ums Leben kam) gelang es dem Verein als einer der wenigen Korporationen, seinen Charakter als Sportverein und Verbindung zu bewahren und der Auflösung zu entgehen.
1957 kaufte der Verein ein Stahlschiff und nennt es in Walross II um. Die Finanzierung erfolgte durch den Verkauf des alten Walross I und des Grundbesitzes in der Englischen Straße. 1969 stellte der Verein den Neubau Prosit IV in Dienst. Das Schiff diente der Ausbildung auf der Havel. Es war das größte Segelboot Berlins. Walross II unternahm 1972 eine Spitzbergenreise, die mit dem Schlimbach-Preis ausgezeichnet wird.
1974 kaufte der ASV die 55er Swan Jan Pott und taufte sie in der Tradition seiner Boote Walross III. Das Hochseesegeln im Verein nahm neue Dimensionen an und zwei Jahre später segelte der ASV zur 200-Jahr-Feier der USA erstmals über den Atlantik und zurück. 1975 beschloss der Verein, ab sofort auch Frauen im ASV aufzunehmen.
1981/82 segelte die Walross III als einzige deutsche Yacht im Whitbread-round-the-World-Race mit.[4] 1987/88 waren Schiff und Besatzung die Botschafter Berlins zur 200-Jahr-Feier Australiens. 1992 nahm das Schiff an der Columbus-Regatta teil. Neben den ständigen Seereisen auf Nord- und Ostsee segelte die Walros III erneut in den Jahren 1999/2000 und 2002/2003 über den Atlantik in die Karibik und über Nordamerika wieder zurück nach Europa.
Hochseeyacht Walross IV
Nach dem Verkauf von Walross III 2005 folgte für den Verein ein Jahr ohne ein hochseegängiges Boot. Die historische Ausbildungsyacht Prosit IV unternahm einige Ostseereisen. 2007 wurde die neue Hochseeyacht Walross IV, welche in Berlin und Glückstadt gebaut wurde, fertig gestellt.[5] Die Jungfernreise führte über den Atlantik und den Pazifik nach Peking, um dort als Botschafter Berlins die Stadt zu vertreten. Auf der Rückreise nahm die Walross IV am Rolex Sydney Hobart Race teil[6] und umrundete Kap Hoorn.[7][8] Es folgten Teilnahmen an der Ostseechallenge des Akademischen Segler-Vereins in Kiel (2011, 2013)[9], der Cowes Week und dem Rolex Fastnet Race (2011 und 2017), der St.-Maarten-Heineken-Regatta (2012), der Regatta Rio-Horta-Hamburg[10] des Hamburgischen Vereins Seefahrt (2016) sowie des 50. Rolex Middle Sea Race (2018).
Daneben führte der Verein viele Törns auf allen Weltmeeren durch, zum Beispiel 2012 und 2013 über den Atlantik in die Karibik[11], 2014 nach Island, 2015 in der Ostsee nach St. Petersburg und Haparanda, 2016 über den Atlantik nach Rio de Janeiro und zurück und 2018 und 2019 ins Mittelmeer.[12]
Regatten
Der ASV richtet jährlich zu Ehren von Max Oertz den Max-Oertz-Preis[13] aus. Außerdem wird jedes Jahr im Juni mit der Havel Klassik[14][15] die größte Klassikerregatta im deutschen Binnenrevier organisiert. Darüber hinaus werden Jollenregatten wie z. B. die Fuxjagd, eine Regatta für Schwertzugvögel, vom Verein ausgerichtet.
Bekannte Vereinsmitglieder
Einzelnachweise
- "Walross IV" beendet Törn in Cuxhaven. Abgerufen am 5. Januar 2019.
- Weltreise: Auf den Spuren von Kolumbus. In: Die Welt. 10. Oktober 2007 (welt.de [abgerufen am 5. Januar 2019]).
- Freundeskreis Klassischer Yachten: Max Oertz. Abgerufen am 5. Januar 2019.
- Dolf Straub: Nichts wir hinterher! - Die härteste Regatta der Welt. Hrsg.: Akademischer Segler-Verein e.V. ISBN 978-3-9805874-6-4, S. 352.
- Nina Brodbeck: Studentisches Segeln: Lehrmeister Meer. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. Januar 2019]).
- Nils Günter: Berliner Bär in Down Under. Yacht, 25. Februar 2009, abgerufen am 5. Januar 2019.
- Kai Müller: Über den gefährlichsten Ozean der Welt. Der Tagesspiegel, 1. März 2009, abgerufen am 5. Januar 2019.
- Johannes Erdmann: SKWB würdigte herausragende Reisen. Yacht, 9. November 2010, abgerufen am 5. Januar 2019.
- Hauke Schmidt: Studienreise: ASV 102 Ostseechallenge. Yacht, 31. Juli 2012, abgerufen am 5. Januar 2019.
- Pascal Schürmann: Deutscher Dreikampf am Äquator. Yacht, 1. September 2016, abgerufen am 5. Januar 2019.
- Bernhard Jaeger: Start des Karibik-Projektes der „Walross 4“ in Cuxhaven. Trans-Ocean e. V., abgerufen am 5. Januar 2019.
- „Walross IV“ wird an diesem Wochenende fit gemacht. Berliner Morgenpost, 31. März 2018, abgerufen am 5. Januar 2019.
- Max-Oertz-Preis. Akademischer Segler-Verein e. V., abgerufen am 5. Januar 2019.
- Havel Klassik. Akademischer Segler-Verein e. V., abgerufen am 1. Mai 2019.
- Jozef Kubica: Havel Klassik 2018. 6. Juli 2018, abgerufen am 5. Januar 2019.