Adlerfarn
Der Adlerfarn (Pteridium aquilinum) ist ein weltweit verbreiteter, auffälliger Farn. Er gehört zur Gattung der Adlerfarne (Pteridium) und zur Familie der Dennstaedtiaceae.
Adlerfarn | ||||||||||||
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Adlerfarn (Pteridium aquilinum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Pteridium aquilinum | ||||||||||||
(L.) Kuhn |
Merkmale
Der Adlerfarn besitzt ein im Boden kriechendes, verzweigtes Rhizom, das sehr ausgedehnt und alt werden kann.
Am Rhizom entstehen jedes Jahr die einzeln stehenden, leicht überhängenden Wedel. Diese sind im Gegensatz zu anderen in Mitteleuropa vorkommenden Farnen 3- bis 4-fach gefiedert[1] und in der Regel 0,5 bis 2 Meter hoch. Unter günstigen Bedingungen, sich anlehnend, können sie allerdings auch Höhen von bis zu 4 Meter erreichen.
Die Sori stehen am Rande der Unterseite der Blattfiedern und werden nicht nur von einem Schleier (Indusium), sondern zusätzlich vom umgerollten Blättchenrand bedeckt.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 104.[2]
Ökologie
Der Adlerfarn ist ein frostempfindlicher Rhizom-Geophyt, ein Spreizklimmer und der größte heimische Farn. Er bildet eine VA-Mykorrhiza aus, eine besondere Form der Symbiose mit einem Pilz, der mit dem Feinwurzelsystem der Pflanze in Kontakt ist.
Abweichend von den übrigen heimischen Farnen finden sich die Sporenanlagen (Sporangien) unter dem umgerollten Blattrand und es entstehen keine voneinander getrennten Sori. Die Sporen bilden sich allerdings nur in sonnigen, milden Klimalagen; sie breiten sich als Körnchenflieger durch den Wind aus. Sporenreife ist im Oktober.
Bei der geschlechtlichen Vermehrung entsteht aus der Spore zunächst noch kein neuer Farn, sondern ein blattförmiger grüner Vorkeim mit einfachem (haploidem) Chromosomensatz, das Prothallium. Das Prothallium bildet dann die eigentlichen Keimzellen aus. Bei Anwesenheit von Wasser als Medium, in dem sich die reifen Keimzellen fortbewegen können, findet dann eine Befruchtung statt. Aus der befruchteten Eizelle des Prothalliums entsteht eine neue diploide Farnpflanze mit wieder vollständigem Chromosomensatz.
Die vegetative Vermehrung erfolgt durch die langen unterirdischen Kriechsprosse (Rhizome). Es wurden in Finnland Rhizome bis zu 60 m Länge gefunden, entsprechend einem angenommenen Alter von 1.500 Jahren.[1] Der Adlerfarn ist kalkmeidend.
Giftigkeit
Die gesamte Pflanze ist giftig. Die jungen Blätter enthalten den höchsten Gehalt an Wirkstoffen wie Blausäureglycoside. Im Erwachsenenalter stellt die Pflanze eine größere Bandbreite an Giftstoffen her, unter ihnen das Enzym Thiaminase, Ptaquilosid, ein instabiles Glykosid, und ein Saponin, Pteridin.
Reaktionen auf die Pflanze ergeben sich aus den Verzehrgewohnheiten und der damit verbundenen konsumierten Menge sowie den Empfindlichkeiten der Konsumenten. Auch welcher Teil der Pflanze und zu welcher Jahreszeit er konsumiert wird, kann einen Einfluss auf die Art der Schädigung haben.
Vergiftungen bei Pferden, Ziegen und Schweinen zeigen sich durch eine Vitamin-B1-zerstörende Wirkung, hervorgerufen durch das Enzym Thiaminase. Folgen für das Tier sind Störungen des zentralen Nervensystems, von außen wahrnehmbar durch resultierende Störungen im Bewegungsablauf bzw. motorische Störungen. Bei Rindern zeigen sich andere Reaktionen. Vergiftungen werden sichtbar durch das Auftreten von Blutungen in Maul, Nase und Stoffwechselorganen – Blut findet sich in Stuhl und Urin („Blutharnen“).[3] Auch die Entstehung von Blasen- und Darmkrebs bei Rindern, die die Pflanze fressen, gilt als nachgewiesen.[4] Da die oberirdischen Pflanzenteile ihre Giftwirkung auch nach dem Trocknen noch beibehalten, besteht durch die Kuhmilch auch eine Gefahr für den Menschen. Bei kleinen Wirbeltieren wie Hasen sind auch Erblindungen und das Auftreten von Krebs bekannt.
In einigen Gebieten der USA, in Japan und Neuseeland sowie in Afrika wird trotz alledem der Adlerfarn von Menschen jung als Wildsalat gegessen. Ein verstärktes Auftreten von Tumoren der Speiseröhre und Magenkarzinomen in diesen Gegenden wird damit in Verbindung gebracht.
Die jungen Sprosse werden in Japan vor dem Verzehr über Nacht in eine heiße Natronlösung gelegt, bevor sie am nächsten Tag in frischem Wasser gekocht werden. Sie weisen eine schleimige Konsistenz auf und werden meist kalt mit Sojasauce gegessen. Auch wird Stärke durch Auswaschung aus den zerkleinerten Rhizomen gewonnen, die für Süßspeisen verwendet wird, aber mehr und mehr durch ein Surrogat aus Süßkartoffelstärke ersetzt wird.
Verbreitung
Der Adlerfarn kommt weltweit vor. Lediglich in den polaren Gebieten und in Wüsten fehlt er. In Mitteleuropa ist er überall verbreitet und häufig. In manchen regenreichen Gegenden wie Irland oder Schottland prägt der Adlerfarn ganze Landschaften.
In den Allgäuer Alpen steigt er am Söllerkopf bei Oberstdorf bis zu 1600 m über Meereshöhe auf.[5]
Er wächst gerne in lichten Wäldern, an Waldrändern und von solchen Waldrändern unterirdisch in Wiesen und Weiden hinaus hohe und dichte, den Graswuchs verdrängende Bestände bildend oder in Gebüschen auf bodensaurem Untergrund. Auf nährstoffärmeren Böden kann er nach Kahlschlägen oder Waldbränden Massenbestände bilden. Auch in lichten Kiefern-Wäldern breitet er sich häufig dominierend in der Krautschicht aus. Er kommt in Mitteleuropa in Pflanzengesellschaften des Pruno-Rubion, des Quercion roboris und des Luzulo-Fagenion vor.[2]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3w+ (mäßig feucht aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch).[6]
Für die Forstwirtschaft werden dichte Bestände des Adlerfarn problematisch, da sie „verdämmend“ wirken, nämlich so gut wie jede Naturverjüngung der Bäume unmöglich machen und auf Forstkulturflächen gepflanzte Bäume rasch verdunkeln können. Bei nicht genutzten landwirtschaftlichen Flächen kann sich Adlerfarn gelegentlich ebenfalls stark ausbreiten und eine erneute Nutzung verhindern. Deshalb werden bei Bedarf Herbizide mit Glyphosat gegen den Adlerfarn eingesetzt. Mechanische oder biologische Bekämpfungen zeigen geringere Erfolge.[7]
Im Landkreis Lörrach, beiderseits oberhalb des Wiesentals zwischen Todtnau und Zell, breitet sich der Adlerfarn zum Teil auf bereits hektargroßen, nicht mehr genutzten höher gelegenen Weideflächen aus und verdrängt insbesondere Futtergräser und -kräuter in diesen historischen Kulturlandschaften. Im Rahmen eines Naturschutzgroßprojektes im Südschwarzwald wird versucht, den Farn ohne chemische Unterstützung durch Mähen und Mulchen sowie durch die Wiederaufnahme der Beweidung zurückzudrängen.[8] Dabei soll auf sehr steilen und eher südwärts exponierten Hängen ein dichter klonaler Adlerfarn-Bewuchs als Erosionsschutz erhalten bleiben.
Nutzung
Trotz seiner Giftigkeit wird junger Adlerfarn regional als Salat oder Gemüse gegessen.[9][10]
In der Weißkrain wurde in sogenannten Steljniki (Einstreuwälder, von slowenisch stelja ‚Streu‘) Adlerfarn als Einstreu kultiviert.[11][12]
Systematik
Die Systematik des Adlerfarns ist ziemlich unklar. Er wird manchmal als einzige Art seiner Gattung angesehen, manchmal werden der Gattung Pteridium auch noch einige andere, tropische Arten zugeordnet. Je nach Autor gehört er zu einer der Familien Dennstaedtiaceae, Hypolepidaceae oder Pteridaceae. Deren Einordnung in eine Ordnung wird wiederum unterschiedlich gehandhabt.
In Mitteleuropa werden zwei Unterarten unterschieden:
- Pteridium aquilinum subsp. aquilinum: Mit behaarter Blattspindel. Vorkommen im ganzen Bereich der Art.
- Pteridium aquilinum subsp. latiusculum (Desv.) Underw. ex A. Heller: Mit fast kahler Blattspindel und stets ungewimperten Blattfiedern. Nördliches Mitteleuropa und Nordeuropa, Asien und Nordamerika.[13] Nach M.Hassler kommt diese Unterart nur in Nordamerika vor.[14]
Literatur
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
- Thomas Gaskell Tutin et al.: Flora Europaea. Volume 1: Psilotaceae to Platanaceae. Zweite Auflage, Cambridge University Press, Cambridge (UK) 2010, ISBN 978-0-521-15366-9
- Christiane Volger: Der Adlerfarn und seine Bekämpfung mit Aminotriazol. Schriftenreihe der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen und Mitteilungen der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt (Band 41). Sauerländer, Frankfurt am Main 1969, 104 Seiten.
- Bernhard Marbach und Christian Kainz: Farne, Moose, Flechten. Zweite Auflage, BLV Buchverlag, München 2010, ISBN 978-3-8354-0664-3, S. 18.
Einzelnachweise
- Bernhard Marbach und Christian Kainz: Farne, Moose, Flechten. Zweite Auflage, BLV Buchverlag, München 2010, ISBN 978-3-8354-0664-3, S. 18.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001. Seite 74. ISBN 3-8001-3131-5
- Adlerfarn Pteridium aquilinum. Botanikus.de, abgerufen am 24. August 2018.
- Ed. M. Potter und Mark S. Baird: Carcinogenic effects of ptaquiloside in bracken fern and related compounds. In: British Journal of Cancer. Band 83, Nummer 7, Oktober 2000, S. 914–920, doi:10.1054/bjoc.2000.1368, PMID 10970694, PMC 2374682 (freier Volltext).
- Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 65.
- Pteridium aquilinum (L.) Kuhn In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 30. März 2021.
- Maxi Boronczyk, Andrea Hahne, Kristin Hess und Bianca Rau: Problempflanze Adlerfarn: Die Auswirkungen auf die Artenvielfalt und verschiedene Strategien zur Bekämpfung. (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) In: Pulsatilla. Heft 8, 2005, S. 33–39 (PDF, abgerufen am 29. November 2015).
- Maßnahmen: Adlerfarnbekämpfung. Naturschutzgroßprojekt Feldberg-Belchen-Oberes Wiesental, abgerufen am 8. Juni 2019.
- Theodor C.H. Cole: Wörterbuch der Lebensmittel - Dictionary of Foods (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Michael Ashkenazi, Jeanne Jacob: Glossareintrag warabi. In: The Essence of Japanese Cuisine: An Essay on Food and Culture (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- The Land of Birch Trees :: Prvi interaktivni multimedijski portal, MMC RTV Slovenija. rtvslo.si, abgerufen am 25. September 2018.
- Metlika - Slovene regions and municipalities in numbers. stat.si, abgerufen am 25. September 2018.
- Pteridium im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
- Michael Hassler: Taxon in Suchmaske eintragen bei World Ferns. - Synonymic Checklist and Distribution of Ferns and Lycophytes of the World. Version 12.10 vom Februar 2022.