Abtei Andlau
Die Abtei Andlau war ein um 880 gegründetes und während der Französischen Revolution aufgelöstes Stift der Benediktinerinnen in einem Tal am Ostrand der Vogesen. Sie ist der Ursprung der Gemeinde Andlau im französischen Département Bas-Rhin. Die Abtei Andlau unterstand in weltlichen Fragen unmittelbar dem Kaiser, solange sie dem Heiligen Römischen Reich angehörte, und in geistlichen Fragen unmittelbar dem Papst.
Geschichte
Die Abtei Andlau wurde um 880 von der Kaiserin Richardis, der Ehefrau von Karl dem Dicken, auf Familiengut gegründet. Als Klosterlegende gilt die Geschichte von der Bärin, die der Kaiserin die Stelle zeigte, an der die Abtei gegründet werden sollte. Richardis widmete die Abtei dem Erlöser (Saint-Sauveur), entwarf die Statuten des Klosters selbst, die wenig später von Papst Johannes VIII. (872–882) genehmigt wurden, und stattete das Kloster mit reichem Grundbesitz aus. Richardis zog sich, nachdem sie von ihrem Ehemann des Ehebruchs beschuldigt worden war und nach dessen Absetzung 887, in die Abtei Andlau zurück, wo sie um 900 starb und in deren Klosterkirche sie bestattet wurde.
In der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts wurde die Abtei vollständig neu gebaut; die zugehörige Krypta ist heute der älteste Teil des Bauwerks (ausgenommen ein Loch im Fußboden der Krypta, von dem behauptet wird, es stamme von der genannten Bärin). Als Papst Leo IX. (Bruno von Egisheim) im November 1049 auf dem Rückweg von der Mainzer Synode in Andlau Station machte, ließ er den Leichnam Richardis‘ aus der alten in die neue, romanische Kirche umbetten. Gleichzeitig gab er ihn zur Anbetung frei, was einer förmlichen Heiligsprechung gleichkam.
Die Äbtissin Hadewig ordnete um 1130 den Bau des Portals und des Frieses im Westwerk der Abteikirche an. In der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag 1160 brannte die Kirche nieder, die daraufhin neu gebaut wurde. Der Richardis-Schrein wurde Ende des 12. Jahrhunderts überwölbt.
Zwischen 1178 und 1212 ging die Vogtei über die Abtei Andlau von den Grafen von Egisheim-Dagsburg auf den Kaiser über, so dass Andlau nunmehr reichsunmittelbar war. Unter König Rudolf I. ging die Burgherrschaft Andlau und das Amt des Schultheißen von Andlau an die Herren von Andlau über, die dadurch als ursprüngliche Ministeriale der Abtei mächtiger wurden als die Äbtissin selbst. Als Kompensation erhielt die Äbtissin im Jahr 1288 Sitz und Stimme im Reichstag; in den Reichsmatrikeln des 15. und 16. Jahrhunderts findet man sie aber nicht mehr. Auch war der reiche Besitz der Abtei nicht reichsunmittelbar. Ab der Zeit des Kaisers Karl V. waren die Äbtissinnen Reichsfürstinnen – auch nach Übergang der Souveränität auf die französische Krone.
Aus der Zeit um 1350 stammt das Richardis-Grabmal, das sich heute in einer Barockkapelle aus dem Jahr 1707 befindet. Ein erneuter Brand im 15. Jahrhundert erforderte den Wiederaufbau der Kirche. Am 19. April 1499 wurde die Abtei in ein weltliches Damenstift umgewandelt. Die Versuche der Herren von Andlau, während der Reformation das Stift zu säkularisieren, konnten abgewehrt werden. Der Friede von Münster schrieb 1648 die Selbstständigkeit der Abtei dann noch einmal fest.
Als Andlau im Jahr 1680 unter französische Herrschaft kam, behielt die Abtei durch einen Vertrag von Juli 1686 ihr Recht, die Äbtissin selbst zu wählen, anstatt sie wie in Frankreich üblich vom König ernennen zu lassen. Ebenfalls im späten 17. Jahrhundert wurde das mittlerweile baufällige Kirchenschiff neu gebaut. Während der Revolution wurde die Abtei Andlau dann aufgelöst.
Die zahlreichen päpstlichen Bullen, die die Abtei Andlau betreffen, werden im Departementsarchiv in Straßburg aufbewahrt.
Architektur
Von der Abtei steht heute noch die Abteikirche Sainte-Richarde, heute die Pfarrkirche Saints-Pierre-et-Paul, sowie das ehemalige Palais der Äbtissinnen, das heutige Hospital Stolz-Grimm. Das Tor zum Innenhof und die Haupttreppe des Hospitals aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind seit dem 25. April 1935 als Monument historique klassifiziert.[1]
Bekannt ist die Kirche vor allem wegen der romanischen Skulptur des Bär von Andlau in der Krypta und ihres romanischen Frieses sowie des Sargs der heiligen Richardis aus dem 14. Jahrhundert.
Siehe auch
Literatur
- Abbé Philippe André Grandidier: Histoire de l'Eglise et des princes-évêques de Strasbourg, jusqu'à nos jours. 2 Bände, Strasbourg 1776, Lorenz und Schüler (Band 1), Levrault (Band II)
- H. Büttner: Kaiserin Richgard und die Abtei Andlau. Archives de l’église d’Alsace 23 (1956), S. 83ff
- Christian Wilsdorf: Andlau. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1. Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 597.
- Alfred Baudrillart: Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques. 2. Band, Alcaini-Aneurin, Paris 1914, Spalte 1575 Digitalisat bei Gallica
Weblinks
Einzelnachweise