50Hertz Offshore
Die 50Hertz Offshore GmbH ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Berlin, das Offshore-Windparks in der Ostsee an das Übertragungsnetz anschließt. Das Unternehmen ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission. Die Gesellschaft wurde 2007 als Vattenfall Europe Baltic Offshore Grid GmbH gegründet und 2010 umbenannt. Im Ostseeraum ist die 50Hertz Offshore GmbH für die Netzanbindung der deutschen Offshore-Windparks (OWP) zuständig.
50Hertz Offshore GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 8. August 2007 |
Sitz | Berlin Deutschland |
Leitung | Frank Golletz, Marco Nix |
Umsatz | 198,9 Mio. Euro (2016)[1] |
Branche | Energieversorgung |
Website | 50hertz.com |
Unternehmensgeschichte
Das Energiewirtschaftsgesetz legt fest, dass Übertragungsnetzbetreiber, in deren Regelzone die Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll, die Offshore-Anbindungsleitungen zu errichten und zu betreiben haben (§ 17d Absatz 1 Satz 1 EnWG) (§ 17 Absatz 2a alte Fassung). Da die Netzanbindung für Offshore-Windparks in der deutschen Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern erfolgt, ist 50Hertz Transmission gesetzlich zuständig. Um mehr Transparenz bei der Umwälzung der Kosten zu schaffen, die im Offshore-Bereich entstehen, wurde die 50Hertz Offshore GmbH als Zweckgesellschaft gegründet. Rechtsvorgänger war die Vattenfall Europe Baltic Offshore Grid GmbH, die am 6. August 2007 ins Handelsregister beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg eingetragen wurde. Infolge des Verkaufs des Übertragungsnetzes der Vattenfall AG an den belgischen Netzbetreiber Elia System Operator wurde auch die Vattenfall-Offshore-Gesellschaft in 50Hertz Offshore GmbH umfirmiert.[2]
Offshore-Anbindungssysteme
Die Netzanbindung der Offshore-Windparks ist der Ostsee durch 50Hertz erfolgt in Dreiphasenwechselstrom-Technologie.
System | Name | Netzverknüpfungspunkt | Übertragungskapazität | Offshore-Windpark(s) | Spannung | Status | Fertigstellung |
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OST-1-1 | Ostwind 1[3] | Lubmin (bei Lubmin) | 250 MW | Wikinger | 220 kV | in Betrieb | 2018 |
OST-1-2 | 250 MW | Arkona-Becken Südost | in Betrieb | 2019 | |||
OST-1-3 | 250 MW | Wikinger, Arkona-Becken Südost, Wikinger Süd (geplant) | in Betrieb | 2019 | |||
OST-1-4 | Ostwind 3[4] | Suchraum Brünzow / Kemnitz | 300 MW | Windanker (geplant) | in Planung | 2026 | |
OST-2-1 | Ostwind 2[5] | Lubmin (bei Lubmin) | 250 MW | Arcadis Ost 1 (geplant) | in Bau | 2023 | |
OST-2-2 | 250 MW | Baltic Eagle (geplant) | in Bau | 2023 | |||
OST-2-3 | 250 MW | 2024 | |||||
OST-3-1 | Bentwisch (bei Bentwisch) | 338,6 MW | EnBW Baltic 1 | 150 kV | in Betrieb | 2011 | |
OST-3-2 | EnBW Baltic 2 | in Betrieb | 2014 | ||||
OST-7-1 | bei Papendorf | 300 MW | Testfeld Nordwest Warnemünde (geplant) | 220 kV | in Planung | 2024 |
Quelle: Netzentwicklungsplan der Übertragungsnetzbetreiber, bestätigt durch die Bundesnetzagentur.[6]
Netzanbindung von Baltic 1
Der Offshore-Windpark Baltic 1 mit der vollständigen Bezeichnung „EnBW Baltic 1“ war nach Angaben von EnBW der erste kommerzielle Offshore-Windpark Deutschlands in der Ostsee. Er liegt etwa 15 Kilometer nördlich der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst innerhalb der 12-Seemeilen-Zone der Ostsee. Seinen Netzanschluss führte 50Hertz Offshore an das nächstgelegene Umspannwerk Bentwisch bei Rostock. 21 Windenergieanlagen erzeugen jährlich eine Leistung von 185 Gigawattstunden, womit rechnerisch 50.000 Haushalte versorgt werden können. Im Umspannwerk Bentwisch bei Rostock wird der erzeugte Strom hochtransformiert und von 50Hertz an das Überlandnetz angeschlossen. EnBW Baltic 1 ist seit dem 2. Mai 2011 in Betrieb.[7]
Für den Netzanschluss von Baltic 1 verwendet 50Hertz Offshore eine Übertragung mittels 150-kV-Drehstromtechnik. Hierfür setzt man ein Kabel ein, das mit dicht vernetzten Polyethylen (VPE) isoliert ist. Wegen der dreiphasigen Drehstromübertragung handelt es sich um ein Dreileiterkabel. Neben seinen drei Kupferleitern ist zusätzlich ein Lichtwellenleiter für die Mess- und Steuerdaten im Kabel integriert. Ummantelt von einem mit Bitumenlack beschichteten Metallschirm erhält das Kabel seinen Schutz vor Beschädigungen und Korrosion. Das eingegrabene Kabel von Baltic 1 erstreckt sich über eine Länge von 77 Kilometer, wovon 61 Kilometer als Seekabel in der Ostsee verlaufen.
Um das Seekabel verlegen zu können, waren folgende Schritte nötig:
- Bergung
- Detektierung und ggf. Bergung von Anomalien oder Munition am Meeresboden
- Pre-Trenching
- Stellen mit hartem Meeresgrund wurden durch Grabungen aufgelockert
- Ökologische Baubegleitung
- Genehmigungsauflagen bezüglich Bauzeitbeschränkungen und Feintrassierung im Bereich von Riff-Biotopen
- Jetting
- Nachdem ein Unterwasserroboter eine Rinne am Meeresgrund gespült hatte, wurde das Seekabel in den Boden eingelassen und daraufhin eingeschlossen
- Anlandungsdüker
- Der Küstenbereich wurde ebenso wie andere sensible Bereiche durch horizontale Bohrungen unterquert
Auf der Umspannplattform im Windpark stellt 50Hz Offshore eine Schaltanlage bereit, die für die Verteilung der Energie sorgt. Um den Stromfluss zu gewährleisten wurden für die Kabelleitungen zusätzlich Kompensationsdrosseln angebracht, die die verlustbehafteten Blindströme reduzieren sollen. Auf der anderen Seite der Leitung errichtete 50Hz Offshore analog die Schaltanlage und Kompensationsspule im Umspannwerk Bentwisch. Dazu kommt ein weiterer Transformator, der die meerseitige Spannung zur verlustärmeren Übertragung auf Höchstspannung hochtransformiert. Ausgehend vom Umspannwerk wird die Energie des Windparks in das deutsche Netz gespeist.
Netzanbindung von Baltic 2
Der Offshore-Windpark Baltic 2 (ehemals „Kriegers Flak 1“) liegt 32 Kilometer nördlich von Rügen am Rand der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone. Mit einem Areal von 27 Quadratkilometern ist die Fläche viermal so groß wie „EnBW Baltic 1“ und kann sechsmal so viel Strom erzeugen. 80 Siemens SWT-3,6-120-Windenergieanlagen können 288 MW erzeugen. Der Windpark wurde am 21. September 2015 offiziell in Betrieb genommen.[8] Aufgrund der geografischen Lage und aus Effizienzgründen wird das Seekabel von Baltic 2 mit der Leitung von Baltic 1 gebündelt. Die Einbindung in das Übertragungsnetz erfolgt damit wiederum über das Umspannwerk Bentwisch.
Aktuelle Projekte
Zuletzt hat 50Hertz Offshore im Rahmen des Übertragungs-Projekts "Ostwind 1" die ersten beiden Windparks im sogenannten Cluster "Westlich Adlergrund" ans Netz angeschlossen. Dabei handelt es sich um ein Gebiet 42 Kilometer nordöstlich der Insel Rügen, das als besonderes Eignungsgebiet für die Errichtung von Windparks ausgewiesen wurde. Es hat eine Fläche von 109,2 Quadratkilometern und befindet sich in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Die zwei Windparks – Arkona-Becken Südost und Wikinger – sind in Betrieb.[9] Für weitere Windparks im Cluster Westlich Adlergrund laufen die Genehmigungsverfahren.[3] Im Rahmen von „Ostwind 1“ wurden 90 Kilometer lange Seekabel gelegt, die bei Lubmin die Küste erreichen und an das dortige Umspannwerk von 50Hertz angeschlossen sind. Für den Windpark Wikinger wurde die Umspann-Plattform mit dem Namen Andalucia aufgestellt.
Für die vorgesehenen OWP „Arcadis Ost 1“ (Cluster „Westlich Arkonasee“ innerhalb der 12-Seemeilen-Grenze) und „Baltic Eagle“ (Cluster „Arkonasee“ in der Ausschließlichen Wirtschaftszone) besteht das Übertragungs-Projekt „Ostwind 2“, das parallel zu „Ostwind 1“ nach Lubmin verläuft.[5]
Rechtliche Verpflichtung und Genehmigungen
Durch § 17 Abs. 2a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) wird der Übertragungsnetzbetreiber für den Anschluss und Betrieb der anliegenden Offshore-Windparks zuständig gemacht. Im Fall der Ostsee ist dies die 50Hertz Transmission. Sie hat ihre Tochter 50Hertz Offshore GmbH mit der Netzanbindung aller der Windparkprojekte beauftragt, die bis 2015 mit dem Bau beginnen (§ 118 EnWG). Der gesetzliche Rahmen dieser Verpflichtung wurde 2006 im Zuge des Infrastrukturbeschleunigungsgesetzes festgelegt. Dies erfordert den rechtzeitigen Anschluss, d. h. bis zum Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft der Offshore-Windenergieanlagen, der technisch und wirtschaftlich effizient hergestellt sein muss. Die besondere Aufgabe liegt daher im Risikomanagement, das die hohen Kosten und Engpässe am Markt berücksichtigt.
Über die Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone entscheidet das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Für die Genehmigung von Anlagen innerhalb der 12-Seemeilen-Grenze sind dagegen die jeweiligen Bundesländer zuständig. Für die Ostsee sind dies die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.[10]
Die Überprüfung der Effizienz erfolgt durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) als zuständige Regulierungsbehörde nach dessen Vorgaben sich 50Hertz Offshore orientiert. Die 50Hertz Offshore GmbH knüpft ihre Investitionstätigkeit an den jeweiligen Projektfortschritt und Genehmigungsstand der zukünftigen Windparks (Investitionskriterien). Zur Beurteilung des Projektfortschritts bedient sich die Gesellschaft eines seit 2007 beauftragten Konsortiums von externen Gutachtern.
Weblinks
Einzelnachweise
- Geschäftsbericht 2016, Seite 84 (Memento vom 14. Dezember 2017 im Internet Archive)
- Verkauf des ostdeutschen Übertragungsnetzes (Memento vom 28. Dezember 2010 im Internet Archive)
- 50Hertz Ostwind 1. Abgerufen am 20. Januar 2020.
- 50Hertz Ostwind 3. Abgerufen am 24. Oktober 2021.
- 50Hertz Ostwind 2. Abgerufen am 20. Januar 2020.
- Bestätigung des Netzentwicklungsplans Strom für das Zieljahr 2030. (PDF) Bundesnetzagentur, Dezember 2019, abgerufen am 20. Januar 2020.
- 50Hertz Baltic 1. Abgerufen am 24. Oktober 2021.
- EnBW-Seite zu Baltic 2
- Pressemitteilung auf 50hertz.com: Netzanbindung Ostwind 1 bringt Offshore-Windstrom zu Verbrauchern
- Genehmigungsprozedur der 50HzO [Zulassung von Offshore-Windenergieanlagen in der Ostsee]