Wigwam und Wickiup
Wigwam und Wickiup bezeichnen zwei traditionelle Behausungen verschiedener nordamerikanischer Indianerstämme, deren Bezeichnungen einer sprachlichen Wurzel entspringen.
Der Wigwam wurde vor allem von Indianern der Kulturareale Subarktis und Nordosten verwendet. Der Wickiup hingegen stammt aus den Kulturarealen Südosten, Großes Becken und Kalifornien.
Für beide typisch ist die Kuppelform mit runder, aber auch rechteckiger Grundfläche. Das Gerüst der Behausung bestand aus gebogenen Holzstämmen und wurde mit Materialien wie beispielsweise Grasmatten bedeckt.
Wortherkunft
Das Wort wigwam wurde aus der Sprache der Abenaki,[1] einer der Algonkin-Sprachen, wahrscheinlich erstmals um 1628, aus dem Ost-Abenaki wìkəwαm, ins Englische[2][3] und dann weiter ins Deutsche entlehnt.
In den meisten Algonkin-Sprachen lautet das Wort für „Haus“ sehr ähnlich:
- *wi·kiwa·ʔmi im rekonstruierten Ur-Algonkin
- wigwôm im West-Abenaki
- wiigiwaam im Anishinaabe, auch kontrahiert zu wiigwaam
- wiigiwaam im Algonkin (im engeren Sinne) kann auch miigiwaam lauten (mit nX-Präfix m- statt n3-Präfix w-)
- ookóówa im Blackfoot (ohne Possessiv-Themensuffix -m)
- mâhëö'o im Cheyenne (mit nX-Präfix m- statt n3-Präfix w- und ohne Possessiv-Themensuffix -m)
- wiikiaami im Miami-Illinois
- wikuom im Mi’kmaq
- ȣichiȣam im Nipmuck
- wikëwam im Unami-Lenape
Die Abenaki nannten ihre Behausungen je nach Dialekt auch Wetu, Witu, Wetoun oder Wekuwomut. Die genannten Bezeichnungen in den Algonkin-Sprachen, die alle Wohnung, Haus oder Behausung bedeuten, wandelten die Weißen gegen 1660 in die Bezeichnung Wigwam um, womit sie alsbald unterschiedslos alle Wohnstätten der Indianer bezeichneten, ob diese nun in einem Wigwam wohnten oder nicht.[4] In populärwissenschaftlicher Literatur wird Wigwam sogar manchmal für alle mobilen Behausungen der Indianer verwendet, inklusive der Tipis.
Auch das Wort wickiup stammt aus den Algonkin-Sprachen und ist wahrscheinlich eine Variante von wikiwam ohne das Possessiv-Themensuffix -m, aber dafür mit dem Suffix ap(i) „sitzen“):
- wiikiyaapi im Fox (="Haus")
- mekewāp im Cree (mit nX-Präfix m- statt n3-Präfix w-)
- mīciwāhp im Montagnais (mit nX-Präfix m- statt n3-Präfix w-)
- wikiop im Menominee
- wekeab im Saki
Im Gegensatz zu den vorgenannten algonkinsprachigen Ethnien wurde die Bezeichnung „Wickiup“ nicht von den Indianern des Südwestens verwendet. Die weißen Amerikaner wendeten sie für deren Behausungen an, die z. B. bei den Apachen „Gowah“ hieß oder „Ba-ak“ bei den Karankawa.
Bauweise der Wigwams
Wigwams unterscheiden sich von den ansonsten ähnlichen Tipis im Wesentlichen dadurch, dass die vertikalen Stämme gebogen sind. Außerdem können sie eine runde wie auch eine rechteckige Grundfläche besitzen.[5]
Die Grundstruktur des Wigwams war kreisförmig (meist 4,5 bis 6 Metern Durchmesser[4]) oder oval. Für die tragende Konstruktion wurden junge Bäume mit einem Durchmesser von etwa einem Zoll oder mehr am dickeren Ende angespitzt. Am späteren Eingang beginnend wurden diese vertikal jeweils in einem Abstand von zwei Fuß im Boden verankert. Nun wurden die gegenüberliegenden Stangen in der Mitte zusammengeführt, um einen Bogen zu bilden. Diese wurden mit Streifen aus Lindenrinde oder Tauwerk verschnürt. Nachdem alle Stangen verbunden waren, wurden horizontale Querstreben angebracht, um den Rahmen zu verspannen und ein Traggerüst zu bilden, an dem die Außenhülle aus Rindenstücken oder Mattenabdeckungen befestigt werden konnte. Die Außenhaut wurde nun beginnend an der Basis an der ersten Ebene der Querstreben befestigt. So wurde auch mit den weiteren Ebenen verfahren, wobei diese immer die darunter liegenden Matten überlappten. Von innen wurden weitere Matten zur isolierung und Abdichtung angefügt. Die Schlafstätten und Vorratsbereiche wurden auf Plattformen angelegt. Als Unterlage für die Betten dienten Felle oder Matten.[6] Für die Schlafplattformen, die etwa eine Hälfte des Wigwams füllten, wurden Harthölzer wie Ahorn, Eiche, Hickory verwendet.[7] Die Matten bestanden aus geflochtenen Binsen, Rindenstreifen,[4] Tierhäuten, Schilf oder anderen geeigneten Gräsern. Im Winter bestand die äußere Bedeckung zumeist aus Tierhäuten beziehungsweise aus Rinde (von Birken, Ulme oder Kastanien). Das Wigwam konnte, genau wie das Tipi, innen mit offenem Feuer beheizt werden und hatte im Zentrum des Daches eine Öffnung für den Rauchabzug. Das Auffliegen der Matten wurden durch zusätzliche dünne Holzstangen verhindert, die außen um die Abdeckung gelegt wurden.
Besonders die Waldlandindianer um die Großen Seen sowie an der Atlantikküste, meistens Algonkin und Sioux, verwendeten das Wigwam. Es war auf eine längere Verweildauer am selben Ort ausgerichtet, konnte aber auch ohne große Einbußen an Material abgebaut und dank des überall vorhandenen Baustoffs auch schnell wieder neu errichtet werden. Bei Stämmen, die ihr Wohngebiet jahreszeitlich bedingt wechselten, wurde die Deckung des Wigwam abgenommen, eingerollt und auf den Wanderzügen mitgenommen. Die Skelettstruktur ließ man zurück, um sie bei der Rückkehr wieder zu benutzen. Die Konstruktion des Wigwam variierte bei den verschiedenen Stämmen in Größe und Detail. Die größten Strukturen wurden von den Algonkin-sprachigen Kickapoo im Gebiet der Großen Seen gebaut, deren Wigwams Grundflächen von 25 m² und Höhen von beinahe 3 Metern erreichten. Man unterschied je nach Größe und Nutzung auch das „Kleine Wigwam“ (oft als Schwitzhütte genutzt) und das „Große Wigwam“.
Wickiup
Das kuppelförmige Wickiup (auch Wickeyup), eine Grashütte, wurde von den Paiute, Apachen sowie den zu den Hochland-Yuma zählenden Yavapai und Walapai in den Bergen, Wüsten und Halbwüsten von Arizona, New Mexico, Nevada sowie Nordmexiko genutzt. Das Wickiup konnte innerhalb von wenigen Stunden aufgebaut und noch schneller abgebaut werden, was für den nomadischen Lebensstil dieser Stämme wichtig war. Besonders für die kriegerischen und räuberischen Apachen kam es oft darauf an, ihre rancherias schnell in vor Feinden sichere Gebiete verlegen zu können. Das Wickiup stellte zwar eine der einfachsten Wohnformen in Nordamerika dar, trotzdem nutzten die Stämme, besonders während des Sommers, auf ihren Wanderungen oft nur einfache Windschirme, sog. ramadas. Zur Errichtung des Wickiups wurde ein Flechtwerk aus den Ästen und Pfählen von Eichen und Weiden in den Boden getrieben. Die Stützen waren ungefähr drei Handbreit auseinander und wurden an den Pfahlspitzen mit Seilen aus Yucca-Fasern zusammengebunden. An dieses Gerüst wurden nun Grasbüschel befestigt, über die Tierhäute gelegt und festgebunden wurden. Manchmal wurden sie statt mit Tierhäuten durch geflochtene Matten aus Gras abgedeckt. Kinderlose Ehepaare bei den Apachen erbauten ein Wickiup von knapp 3 Metern Durchmesser und 2 Metern Höhe, Familien ein entsprechend größeres. Genauso wie Wigwam leitet sich auch das von den Europäern eingeführte Wort Wickiup aus den östlichen Algonkin-Sprachen ab. Die tatsächlichen Bezeichnungen in den nicht-algonkinischen Sprachen der Völker zwischen Kalifornien und Texas lauteten vollkommen anders.
Weitere Grashütten
Grashütten waren nicht nur im trockenen Südwesten und im nordöstlichen Waldland vorhanden. Auch im südlichen Kalifornien (Tipai, Chumash und Gabrielino) errichteten verschiedene Stämme Grashütten, die kegelförmig gebaut waren oder wie Bienenstöcke wirkten. Sie hatten Durchmesser von bis zu 6 Metern und Höhen von 4,5 – 6 Metern. Die Chumash besaßen sogar Fensteröffnungen, die Türöffnung wurde mit einer Tulematte verschlossen. Zudem verwendeten die Stämme Tulematten, um den Innenraum in einzelne Bereiche aufzuteilen.
Auch die Caddo und Wichita auf den Südlichen Plains lebten in Grashütten, die allerdings mit einem Durchmesser von bis zu 12 Meter bedeutend größer waren. Die Hütten bauten auf einem kreisrunden Grundriss auf und hatten entweder die Form einer Kuppel oder einer Spitzkuppel. Ein oder zwei Eingänge führten in das Innere. Im Gegensatz zu den anderen Grashütten sowie den Wigwams und Wickiups war meistens keine Rauchöffnung im Dach vorgesehen. Der Rauch musste durch die Grasdeckung entweichen.
Siehe auch
Weblinks
- Native American Houses native-languages.org
Einzelnachweise
- Wigwam, m. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 29: Wenig–Wiking – (XIV, 1. Abteilung, Teil 2). S. Hirzel, Leipzig 1960, Sp. 1639 (woerterbuchnetz.de).
- Merriam-Webster Dictionary: wigwam
- Dictionary.com Unabridged: wigwam. Random House Inc.
- Wickiup – Native American dwelling. In: Encyclopædia Britannica. (englisch, britannica.com).
- Grosser Wigwam. tuwien.ac.at.
- Wigwam – Housing and Architecture – Milwaukee Public Museum mpm.edu (englisch).
- Wigwams – Basic Wigwam Construction nativetech.org (englisch).